Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040331029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904033102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904033102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-31
- Monat1904-03
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
vkzugS-Pret- A dir Hanpt«rp«vttto» oder deren An-gabs- stellen aogeholt: vstrtrljLhrltch S.—, bei zweimaliger täglicher Zu stell »na in» Hau« S.7K. Durch die Post bezogen für Denlich. land n. Oesterreich vierteljährlich ^il 4.50, für di« übrig« Ander laut ZrUungdpretS liste. Mrdrktta« und Erpedttta«: Johannidgafst 8. Fernsprecher 158 «. L2L. Aittnlerpedtttanrn: Alfred Lahn,Buchhandlg.,Univerfttat»str.8 sFernspr. Rr. 4046), L. Lüsche, Lathannen- striche 14 (Fernsprecher Rr. 8985) n. Königs» plag 7 (Fernsprecher Rr. 7505). Hnnpt-Filtale Dresden: vrarienstratz, »»(Fernsprecher Amt IRr. 1712). Hnupt-Mtale Vertin: LarlDnn cker, Herzgl.vaqr^ofbuchband1a- Lützowstraße l0(Ferufprrch«rAmtVIRr.46v8.) Abend-Ansgabe. UrWMr.TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rotizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prel- die «gespaltene Petitzeile 25 Rekln««« n»t«r de« Redokt1on«strtch (Lgespaltra) 7S ^4, nach den Famili.uuuch. richt« («gelvalt«) SO >ch. Dadellarischer nnd Ziffernsatz entsprechend höher. — piedukrrn für Nachweisungen and Offerten« nähme 2b Rtztrn-Veilagen (gefalzt), nnr «it der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefbrderung 60.—, mit Postbefvrderung 7V-—. «mmtzmeschlutz für Anzeigen: Lbend-Ausgab«: vormittag« 10 Uh«. Morgen-Au-gabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen find stets an di« Expedition zn richten. Dir Srvrdition ist wochentags un unterbrach« geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pilz in Leipzig lZah. vr. R. ch W. »ltnthardtt. Nr. M. Donnerstag den 3t. MLe, 1904. 98. ZühlMNg. Var Mchiigrie vsm läge. * Lo» der König!. Krei-bLuptmannschaft zu Leipzig sind m dem Streit« zwischenOrtSkrankenkasse und Aerzten »eue Vermittlung-Vorschläge gemacht worden, d,e in der Hauptsache auf freie Zulassung der Aerste, Bezahlung «ach der Minimaltaxe, aber auf Beibehaltung der neu- augestellten Bezirksärzte hinauSliefen. Diese Vorschläge sind voa dea Aerzten jedoch ab gelehnt worden. * Es darf al- sicher angenommen werden, daß dem Reichstage m der gegenwärtigen Tagung die Handels verträge nicht mehr unterbreitet werden. Wenn auch der Handelsvertrag mit Italien vorläufig abgeschlossen ist, so ist doch anzunehmen, daß die Regierungen an den Reichs tag mit dieser Materie nicht herantreten, wenn verschiedene solcher neuen Verträge ebenso weit gefördert sind. * Die Russen ließen bei der japanischen Regierung durch den französischen Gesandten Einspruch gegen die beim vierten Angriff auf Port Arthur erfolgte Zer- störuug der Quarautäuestatio» auf der Insel «an- schautau erhebe». Weg <lem Militär. LuS Bern, 28. März, wird unS geschrieben: Die Sozialdemokraten hassen alles, was ans Militär wesen erinnert. Sie hassen selbst das schweizerische Miliz, system, daS ihre politischen Brüder im deutschen Reichs tage sonst so sehr zu loben wissen und zur Einführung in Deutschland empfehlen. Zwar direkt abrüsten wollen auch die schweizerischen Sozialdemokraten nicht, denn da für wäre das Volk, selbst der dümmste Teil desselben, nicht zu haben, dagegen suchen sie dem Staat die Finanzmittel für daS Militärwesen zu entziehen und so eine Verkümme rung dieses Teiles der Vaterlandsverteidigung herbei zuführen. Für das laufende Jahr sind die Ausgaben für das Militärwesen auf 29 311 689 Francs festgesetzt. Dazu kommen aber noch außerordentliche Ausgaben im Betrage von 23 Millionen Franc, welche jedoch auf mehrere Jahre zu verteilen sind. Die Sozialdemokraten wollen nun das Jahresbudget auf 20 Millionen Francs nominieren und nur in außerordentlichen Fällen Mehrausgaben ge statten. Gegen diese rein mechanische finanzielle Ein schnürung der Heeresausgaben haben selbst Sozialdemo kraten Einspruch erhoben, so daß sich die Parteileitung gezwungen sah, von diesem Mittel der Erdrosselung der Landesverteidigung Umgang zu nehmen und einen Vor schlag auszuarbeiten, der weniger plump aussieht. Da nach sollen die jährlichen Reinausgaben des Bundes für das Militärwesen, bei einem Minimalsold von 1 Franken pro Tag, den Betrag von 7 Francs pro Kopf der Wohn bevölkerung nicht übersteigen. Ausnahmen sollen nur in außerordentlicher) Fällen gestattet sein. Dieser Vor schlag sicht schon etwas vernünftiger auS, da er die Aus gaben nicht unverrückbar festnagelt, sondern der Bevöl kerungsbewegung anpatzt, allein auch in dieser Form ist der Antrag ausgesprochen militärfeindlich und höchst unpopulär. Der Schweizer ist von Natur aus dem Militärwesen freundlich gesinnt, denn er ist Chauvinist, liebt seine Berge auch in der einsanren Ferne und läßt es sich gerne große Opfer kosten, wenn eS gilt, dem Schlitze des Vaterlandes sich zu weihen. Und auch die vernünf tigen Sozialdemokraten können sich dieser Einsicht nicht verschließen und setzen diesem Begehren der partiellen Aushungerung des Milizheeres offenen Widerstand ent gegen. Ein Parteitag, der eigens zur Erörterung dieser Militärfrage auf Ostersonntag nach Luzern einberufen wurde, soll darüber entscheiden, ob diese finanzielle Be schneidung der Militärausgabcn in Form einer Imitative vor die Volksabstimmung gebracht, oder aber definitiv fallen gelassen werden soll. Die bürgerlichen Parteien würden einer Volksabstimmung zuversichtlich entgegen sehen, und das Volk fände aufs neue Gelegenheit, zu sehen, wie sehr die Sozialdemokraten darauf bedacht sind, das Ansehen des Vaterlandes zu lockern, seinen Bestand zu erschüttern, nur um Parteiinteressen dienen zu können. Der russisch-japanische Krieg. Dl« japanisch« Lanönng in Aar«« wird vom neuesten „Militär-Wochenblatt* mit Rücksicht auf die bald zweimonatige Kriegsdauer als von einem dürftigen Ergebnisse begleitet angesehen. Die Ursachen dafür dürfe man wohl nicht in zu langsamer Mobilmachung oder in TranSvort- schwierigkeitcn, sondern in operativen Gründen suche», deren Beurteilung sich dem Nichteingeweihten zunächst noch entgeh«. Betreffs der japanischen Kriegsgliederung nimmt das „Mil.-Wochenbl." an, daß man mit 3 bis 4 Armeen zu rechnen habe, und daß die japanischen Armeen nicht mehr als je 3 bis 4 Divisionen — 40 000 bis 52 000 Kom battanten zählen werden. Was den russischen Auf marsch anlangt, so unterscheidet daS „Mii.-Wochepbl." t. Di? Nvrdo st armer in, einer Stärke von 50 noo bis 55 000 Kombattanten, mit der Verpsiegungodau» in NikolSk-UssuriSki; ihr Aufmarschgebiet liegt folglich zwischen diesem Orte und der koreanischen Grenze; 2) unterscheidet das „Milit.-Wochenbl." die mandschurische Operations armee in Stärke von 60—65000 Kombattanten, mit Ber- pflegungsbasis in Chardin, ihr Aufmarschgebiet liege zwischen dem unteren Aalu und der Bahn Mukden-Daschidsao; 3)unterscheioetdas „Milit.-Wochenbl." die westliche Rücken armee in der Nahe von Cbarbin. Diese Rückenarmee jede der von Clausewitz so scharf gegeißelten strategischen Reserve recht ähnlich. Die Situation begründe aber Wohl ein Zurückhalten von Krätten. Denn die russische Heeresleitung müsse damit rechnen, daß der japanische Angriff erfolge, bevor der russische Aufmarsch erfolgt sei. Rückwärtige Bewegungen könnten dem nach gegen Anfang des Krieges möglich werden. Der Auf marsch der spät eintreffenden Verstärkungen müsse daher der Einwirkung des Feindes entzogen werden. Aufgabe der Rückenarmee möge eS daher sein, die langsam eintreffenden Unterabteilungen zu den erst durch die Mobilmachung ge schaffenen geschlossenen Verbänden zusammenzuschweißen und dann erst zur Front zu senden. Möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich, sei eine selbständige Verwendung der Rückenarmee. N*tei,»>«chf«l. Die Russen haben bei der javanischen Regierung durch den französischen Gesandten Einspruch gegen die wahrend de« vierten Angriffs aus Port Arthur erfolgte Zerstörung der O:«ar"n!änestatw'n auf der Insel Sanschantau erheben kaffen. De» Einspruch stützt sich aus Artikel 25 der Haager Konvention. Der japanische Minister de- Auswärtigen, Äaron Komma, sagte in Beantwortung der Protestnote zum französischen Gesagten, die Javaner hätten keine Nachricht von Admiral Togo < die Zerstörung der fraglichen Station. Ob nun a er die Darstellung auf Wahrheit beruhe oder nicht, jeden- "llS komme der angezogene Artikel der Konvention einzig für 8 mdschlachten in Betracht, denn die Konvention habe die Fra»* der Beschießung von der Seeseite aus offen gelassen. Da» S«f«cht bet Lschtzn-dsch«. * Tokio, 30. März. Ueber da- Gefecht bei Tschöngdschu werden von maßgebender Seite noch folgende Einzelheiten be richtet: Der »ff der japanischen Kavallerie- und Jnfan- terieabtrilung erfolgte iu der Nähe des südlichen Tore- von Tschöngdschu. Den Japanern gelang eS, wie bereit- gemeldet, die Ruffen zurückzuwerfen. Diese zogen sich in der Rich tung auf Widschu zurück. Die japanischen Truppen besetzten hierauf die Stadt. Ihre Infanterie hatte kerne Verluste, während die Kavallerie den Oberleutnant Kano und vier Reiter verlor. Rittmeister Kurokawa und elf Reiter wurden verwundet. Nach dem Gesecht wurden zwei Ruffen tot auf dem Felde gefunden. Außerdem sollen sich noch sieben oder acht gefallene Russen in der Stadt befinden. Während des GefecbteS wurde beobachtet, wie die Russen mit großer Ge schicklichkeit ihre Verwundeten und Toten auf Pferden oder Ambulanzen wegführten. Zwei Russe«, anscheinend Offiziere, wurden vom Schlachcfelde getragen. * Tokio, 29. März. (Meldung de- Renterschen vureauS). Die von dem Landtage angenommene» finanziellen Gesetz entwürfe umfassen fast daS ganze von dem Kabinett vorgelegte Programm, obwobl mehrere Aenderungen vorgeuommeu find. Der jährlich mittelst besonderer Steuern zu erhebende Betrag wird von 68 auf 82 Millionen Pen herabgesetzt. Die Regierung schlägt vor, daS hierdurch gegenüber dem Boranschlag entstehende Defizit durch eine Herabsetzung der Verwaltungsausgaben zu decke». Eine wriiere Aenderung des Programms ist die Weigerung, die Schaffung <>i> Salzmon -olS zu sanktionieren. Ein die Fiuauzgesetzgebung angehender Punkt ist die Annahme eines Gesetze-, welche» die Banken ermächtigt, eine Art Losobligationen im Gesamtbeträge von 30 Millionen Den zu emittieren und zwar während eines Jahres. Die Aenderungen des Zolltarife- sollen nach sechs Monaten in Kraft treten. Das Tabaksmonopol wird angenommen und den Fabrikanten wird eine Entschädigungssumme gezahlt werden, die dem Ertrage auS dem Verkaufe während dreier Jahre entspricht. politische Tagesschau. * Leipzig, 31. März. Ueber die deutsch.ostafrikanische Eisenbahn, d. h. über die Uebernahme einer Zinsgarantie seitens deS Reiches für die Mrogoro-Bahn, äußert sich jetzt der Zentrumsführer Abg. Spahn überraschend; er führt in der Monatsschrift „Hochland" ganz zutreffend u a. an: „Bei den Erwägungen über die Bewilligung der Zinsgarantie sollte auch nicht außer acht gelassen werden, daß ohne die baldige Uebernahme deS in der Zinsgarantie gelegenen geringen Risikos für das Reich da- Wirtschaftsleben unserer Kolonie durch die Schuld deS Reiches dauerndem Rückgänge verfallen wird, nicht nur zum Nachteil unserer Eingeborenen, sondern auch zu uuserni Nachteil und zum Vorteil unserer europäischen Nachbarn in Uganda, am Kongo und am Zambefi. Daß die längere Verschleppung des Bahnbaues nach den längst abgeschlossenen Vorarbeiten bei unseren Grenznachbarn und bei den Bewohnern des Schutzgebiete- den Glauben erwecken mußte und erweckt hat, es sei dem Reiche mit der Aufrechterhaltung seiner Herrschaft nicht mehr ernst, ge- hört zu -en unwägbaren Machteinkküssen, deren uns un günstige Wirkungen nicht zu übersehen und nicht zu unter schätzen sind. Unnützes Zaudern steht überdies nicht weiser Bedächtigkeit gleich. Je länger wir zögern, um so länger werden wir ansteigende Reichszuschüsse zu zahlen baden." — Wie aber stellt sich sein Zentrumskollege, das Finanzgenie Abg Müller-Fulda, zu diesen ganz zu treffenden Bemerkungen, die hoffen lasten, daß wenigstens ein Teil deS Zentrums diesmal endlich die Bahn Dar^s- Salaam-Mrogoro bewilligt? — In letzter Stunde er heben nun Kolonialkreise Bedenken hinsichtlich der Aus führung der Bahn noch dem Regierungsentwurfe; sie ver langen ein? Spurweite von 1,06 Metern, anstatt der be absichtigten Spurweite von 0,76 Meter, und stützen sich mit dieser Forderung auf die Kapbahn unter der weiten Perspektive, daß die Mrogoro-Bahn schließlich doch An schluß an andere (englische) Bahnen erhalten müsse. Dazu liegt aber die Aussicht im weiten Felde, und es ist wohl besser, den Sperling in der Hand sicher zu halten, als sich nach der Taube auf dem Dache zu sehne». Zum Strafvollzüge. In der radikalen Presse sind letzthin wiederholt arrS GefängniSakten Urkunden veröffentlicht worden, auS denen hervoryeht, daß in einzelnen Fällen von Straf gefangenen Arbeitsleistungen gefordert wurden, die sie infolge körperlicher Gebrechen, auch bei gutem Willen, nicht erfüllen konnten. Wenn in Fällen solcher Art die strengen Disziplinarstrafen der Strafanstalten verhängt worden sind, wenn längere Zeit verging, ehe die Gebrechlichkeit der Strafgefangenen erkannt und berück- sichtigt wurde, so bedeutet dergleichen ohne Zweifel eine Härte, die vom Standpunkte der Gerechtigkeit auS nicht gebilligt werd«« kann. Anderseits aber wird man gu geben müssen, daß die Leitung von Strafanstalten zu den schwierigsten Aufgaben gehört, und daß selbst bei der größten Umsicht der leitenden Faktoren Mißgriffe im ein- zelnen auch bei der besten Organisation nicht ausbleiben können. Selbstverständlich jedoch werden Einzelfälle, wie die jetzt bekannt gewordenen, als Material für die künf- tige Reform deS Strafvollzuges Beachtung erheischen dür fen. Bekanntlich haben wir ein Reichsgesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafen zur Zeit noch nicht, nachdem der Entwurf von 1879 gescheitert ist. Zum Ersätze haben die Bundesregierungen, als der Reichstag den Wunsch nach einem einheitlichen Dollzugsgesetze ausgesprochen hatte, im Jahre 1897 einige leitende Grundsätze verein bart, die, da sie nicht selbst Gesetz sind, nur innerhalb der Normen des Strafgesetzbuches sich bewegen. Der „Dor- wärts" erneuert jetzt, anknüpfend an die eingangs er wähnten Veröffentlichungen, das Verlangen nach gesetz licher Regelung des Strafvollzuges. Es ist hierbei je doch ein Gesichtspunkt nicht zu vergessen, den F. W a ch e n f e l d in der neuesten Auflage der Holtzendorff- schen „Encyklopädie der Rechtswissen schaft" hervorhebt, der Gesichtspunkt nämlich, daß ein Feuilleton. Das Testament des Lankiers. Roman von A. M. Barbour. Nartu riuk verboten. Mittlerweile waren der Coroner und die Gerichtskom mission eingetroffen. Ein Diener hatte die Herren empfangen und sie in ein abgesondertes Zimmer des zwei- ten Stockwerks geführt, wohin inzwischen die Leiche des Ermordeten gebracht worden war. Hier besichtigte die Gerichtskommission an der Hand von Erläuterungen des Coroners die Wunde, ihre Lage und ihren Charakter: dann machten die Herren dem Turmzimmer einen kurzen Besuch und begaben sich darauf wieder nach dein ersten Stockwerk, wo der begleitende Diener sie in einen großen Saal führte. Der Coroner nahm auf einen, Armstuhl am Ende eines langen Tisches, der in der Mitte des ZimmerS stand, Platz. Die Mitglieder der Gerichtskommission setzten sich links neben ihn. Die Stühle an den Langseiten des Tisches wurden von einigen bedeutenderen Zeitungsbericht erstattern eingenommen. Andere weniger Begünstigte dieser Herren drängten sich an den Türen und offenen Fenstern. In einem Nebenzimmer des Saales, dessen Portieren zurllckgeschlagen waren, hatte sich die Dienerschaft ver sammelt — das weibliche Personal mit blassen, furcht- samen Gesichtern dicht an der hohen Bogentür — das männliche etwas weiter zurück. In einer Fensternische, halb verdeckt durch die schweren Vorhänge, doch so, daß er den Saal unbemerkt übersehen konnte, stand der Detektiv. Als alles für den Beginn der Verhandlung bereit war, trat Herr Whitney mit dem Herrn, der mit ihm aus der Stadt gekommen war, ein. Diesen beiden folgten Ralph Mainwarmg und sein Sohn. Bei dem Erscheinen des rungen Mannes zeigte sich eine lebhafte Bewegung unter den Berichterstattern: schnell flogen die Bleistifte über da- Papier, um das Aeußere des Erben zu skizzieren. Sein Gesicht sah völlig gleichgültig und unbekümmert aus, daS seines Vaters jedoch düster und abgespannt. Hinter diesen beiden schritten, von Herrn Thornton geführt, Frau Mainwaring und deren Tochter. Die kal ten grauen Augen Fräulein Isabellas schweiften mit einem Blick hochmütiger Geringschätzung über die An wesenden. Den Zug beschloß Frau Hogarth mit ihren beiden Pflegebefohlenen Edith Thornton und Lizzy Carleton; das freundliche Gesicht LizzyS spiegelte das rege Interesse für den sich ihr bietenden eigenartigen Anblick. Als letzte erschienen Harry Skott und Frau La Grange mit ihrem Sohn. Als der Sekretär das stark angefllllte Zimmer betrat, zögerte er einen Augenblick an der Tür, wie überlegend, wo er seinen Platz wählen solle, doch Fräulein Carleton, die in der Nähe der Tür saß, half ihm darüber hinweg, indem sie ihn mit einem Wink auf forderte, einen leeren Stuhl an ihrer Seite einzunehmen. Während er mit einer eleganten Verbeugung dieser Ein ladung folgte, wurde ihm verstohlen, jedoch von dem De tektiv nicht unbemerkt, ein kleines Zettelchen in die Hand gedrückt. Schnell den Kopf wendend, bemerkte er Frau La Grange, die bleich, aber in gewohnt stolzer Haltung, ihren Sohn hinter sich, langsam an den Reportern vorüber schritt und sich — den ihr von dem Anwalt dargedotenen Stuhl unbeachtet lassend — möglichst fern von den Familiengliedern auf einen Platz begab, von wo auS sie die Dienerschaft unter Augen hatte. In der nun eingetretenen Stille rief der Coroner nach einigen kurzen Eingangsworten den ersten Zeugen, George Hardy. auf. Ten, Ruf unmittelbar folgend, trat aus der Reihe der Dienerschaft ein junger Mann mit offe nem Gesicht und bescheidenem Wesen an den Tisch. Der Coroner richtete an ihn zunächst die gewöhnlichen Gene- ralfragen und fuhr dann fort: „Wie lange haben Sie in Herrn Mainwarings Dienst gestanden" „Beinahe vier Jahre." „Sie haben während dieser Zeit die Stellung eines Kammerdieners eingenommen?" „Sehr wohl." „Heute morgen fanden Sie Ihren Herrn tot. Um welche Stunde war daS?" „Etwa gegen sieben Uhr." „Erzählen Sie genau den Hergang." „Ich war wie immer ins Badezimmer gegangen, für Herrn Mainwaring das Bad zu bereiten, und als eS fertig war, klopfte ich an seine Tür, um ihn zu wecken. Er gab keine Antwort. Ich klopfte nun noch mehrere Male, und da sich auch darauf nichts im Zimmer regte, schloß ich endlich die Tür auf und trat ein. Der Herr war nicht da, und das Bett war unberührt. Ohne mir Piel dabei zu denken, ging ich weiter in das Rauchzimmer lind von da in die Bibliothek. Dort sah ich den Herrn in dem Turrnzimmec auf dem Boden liegen. Zuerst dachte ich, er wäre krank und eilte zu ihm, erkannte aber gleich, daß er tot war und bemerkte auch den Revolver neben ihm." „Was taten Sie nun?" „Einen Augenblick war ich vom Schreck wie gelähmt, dann jedoch stürzte ich weg, um Hülfe zu holen." „Wem teilten Sie zuerst Ihre Entdeckung mit?" „Ich wollte zu Herrn Whitney, auf dem Wege zu ihm begegnete ich aber Wilson, Herrn Ralph Mainwarings Kammerdiener, und dem erzählte ich schnell von dem Un glück: dann erst lief ich weiter zu Herrn Whitney und sagte ihm, der Herr hätte sich erschossen." , Woraus schlossen Sie, daß Herr Mainwaring sich er schossen habe? Veranlaßte Sie nur der Revolver zu der Annahme, oder hatten Sie noch andere Gründe, daS zu glauben?" „Nein, nur der Revolver ließ eS mich glauben." „Gut. Nun sehen Sie sich einmal diesen Revolver hier genau on. Erkennen Sie ihn mit aller Bestimmtheit als den, der Herrn Mainwaring gehörte?" Ter Diener nahm die Waffe, betrachtete sie einen Augenblick und erklärte dann fest: „Jawohl, daS ist Herrn Mainwarings Revolver. Ich habe ihn oft gereinigt und kenne jede Schramme daran." „Schön. WaS taten Sie, nachdem Sie Herrn Whit- ncy benachrichtigt hatten?" Herr Whitney schickte mich zu Herrn Ralph Main waring, unterwegs traf ich aber wieder Wilson, der mir sagte, er käme eben von seinem Herrn und Herrn Thorn ton und solle auch zum jungen Herrn Mainwaring. So lies ich also nach unten und begegnete in der Halle dem Portier. Dieser wollte den Herrn gern sehen und bat »nick, mit ihm zu gehen. Das tat ich und blieb dann im Turmzimmer, bis Herr Whitney kam." „Wann sahen Sie gestern Herrn Mainwaring zum letzten Male?" „Kurz nach dem Essen; es wird zwischen sieben und acht 11 br gewesen sein " „Wo war das?" „In der großen Halle. Er ließ mich rufen, um mir zu sagen, daß er nichts mehr für mich zu tun habe und ich - niir einen freien Abend machen könne, wenn ich die Türen für die Nacht verschlossen hätte." „Gehörte das Verschließen der Türen für die Nacht zeit zu Ihren täglichen Obliegenheiten?" „Ja! Ich hatte die Zimmer des Herrn und die HauS- tiir auf der Südseite zu verschließen." „War Ihnen dafür eine bestimmte Zett festgesetzt?" „Neun Uhr." „Und Sie verschlossen gestern abend alles wie ge wöhnlich?" „Jawohl, aber etwas später wie sonst." „Wie kam das?" „Kurze Zeit, nachdem ich beim Herrn gewesen war, bat mich die Haushälterin, den Südeingang bis zehn Uhr offen zu lassen, weil sie noch Besuch erwarte." „Wann schlossen Sie nun ab?" „Gleich nach zehn Uhr. Punkt zehn ging ich vor daS Haus, um zu sehen, ob im Wohnzimmer der Frau La Grang.' noch Licht brenne, und als ich sah, daß alle- dunkel war, verschloß ich die HauStür und stieg die Süd- treppe hinauf, um nunmehr auch die Stuben zu ver- , schließtn." „Haben Sie um diese Zeit irgend einen Fremden in oder vor dem Hause bemerkt?" „Nein." .Auch nicht in dem Wohnzimmer Herrn Main warings?" „Nein, einen Fremden nicht." „Sie betonen daS Wort „Fremden" so, wie wenn doch irgend jemand in den Zimmern gewesen wäre." „Ja. ich fand die Haushälterin in der Bibliothek. Sie toar, wie sie mir sagte, vor einiger Zeit denselben Weg wie ich heraufgegangen, wollte eben durch die große Halle »urückgehen, fand die Tür zu dieser aber verschlossen, und da sie mich kommen hörte erwartete sie mich, damit ich ihr öffnen sollte." „Hatten Eie die Tür zur großen Halle verschlissen?"
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite