Einleitung. ,.Es ist eine nicht wenig auffallende Tatsache, daß die Wissen schaft gerade mit denjenigen Erscheinungen, die uns täglich begegnen und unser Nachdenken geradezu herausfordern, am spätesten sich be schäftigt und am schwersten fertig wird. Dieses Schicksal teilt mit vielen anderen auch die Reklame in ihren mannigfaltigen Formen. Man hat sie wohl einmal angeknabbert, wie das Eichhörnchen die Nuß, sie aber als taube Frucht zu Boden fallen lassen. Jmpotentes Aesthetentum hat un% dann noch gesagt, sie sei eklig, widerwärtig und verdiene ausgerottet zu werden. Mil solchen Dingen beschäftige sich eine Wissenschaft höheren Stils nicht.“ Mit diesen Worten charakteriesiert Karl B ü ch e r 1 ) treffend die Beurteilung, die die Reklame damals in weitesten Kreisen der Wissen schaft fand. Und wenn wir heute nach über 10 Jahren der Ent wicklung, und zwar gerade auf dem Gebiet der Reklame einer überaus raschen Entwicklung der Verhältnisse, die Lage überschauen, so müssen wir feststellen, daß sich Wesentliches, Grundsätzliches an dieser Beurteilung noch kaum verändert hat. Gewiß ist inzwischen eine Literatur über das Gebiet der Reklame entstanden, wie sie bei Berücksichtigung der Kürze der Zeit kaum eine andere Matarie auf zuweisen hat. Aber wenn man näher an diese Literatur herangeht, entdeckt man doch, daß hier noch große Unklarheiten herrschen und daß teilweise mit Begriffen gearbeitet wird, die alles andere als einheitlich und scharf umrissen sind. Ein großer Teil der Literatur besteht aus reinen Aufzeichnungen von Reklamepraktikern, und nur wenige Werke bringen eine wirklich wissenschaftliche Durcharbeitung: des Gebietes. Zu diesen gehören vor allem die grundlegenden Arbeiten über Reklamepsychologie. Leider findet gerade in den Werken der Nationalökonomie die Reklame fast gar keine Erwähnung, oder sie wird nur i mRahmen der Handelspolitik kurz gestreift. Sehen wir uns dagegen die praktische Wirtschaft an, so finden wir, wie sich die Reklame in immer weiteren Kreisen einbürgert, wie jährlich Millionen verausgabt werden, und wie auch kleine und keinste Firmen sich heute mit ihr beschäftigen. An dieser Tatsache darf die Wissenschaft nicht länger vorübergehen. Ein Gebiet, das in kurzer Zeit einen so gewaltigen Aufschwung genommen hat wie die Reklame, hat ein Recht darauf, vom wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Standpunkt gewürdigt zu werden. Wenn heute in Fachkreisen immer wieder behauptet wird, daß in der Reklame ein großer, oft erschreckend großer Prozentsatz der aufgewendeten Kosten den gewünschten Erfolg nicht zu erreichen vermag, weil der Hebel an einer falschen Stelle angesetzt wird, so ergibt sich daraus die Notwendigkeit, nach den Gründen hierfür zu suchen. Denn nur wenn man den Grund für eine solche Erscheinung gefunden hat, ist die Möglichkeit gegeben, Abhilfe zu schaffen. Die vorliegende Arbeit hat die wirtschaftliche Bedeutung der Reklame für den modernen Einzelhandel zum Gegenstand. Hier im x ) Die wirtschaftl. Reklame. Zeitschr. f. d. ges. Staatswissen schaft. 1917-18. 1