1. Abschnitt Der Prospekt im Wandel der Jahre a) Prospekte einer Maschinenfabrik aus den Jahren 1918—1930 Nichts ist mehr dem Wechsel unterworfen als die Mode, „die mit dem Zeitgeschmack wechselnde Art und Weise der äußeren und inneren Lebenshaltung". Aber wenig ist wohl so dem Konservatismus gleichzusetzen wie die grundsätzlich gleichblei bende Art und Weise der äußeren und inneren Prospektgestaltung in der tech nischen Werbung; „Fehlen unserer technischen Werbung schon im allgemeinen frische belebende Motive, so ist der technische Prospekt in seiner gegenwärtigen Form das Zeichen einer Erstarrung. Ein Prospekt ist fast wie der andere. Auf der Vorder seite steht gewöhnlich die genugsam bekannte retuschierte Photographie, die gewiß oft eine Meisterleistung ist. Oder die Vorderseite weist einen meist bunten graphischen Entwurf auf. Auf der Rückseite (auch auf den Innenseiten) führt man dann in einem trockenen Text die Vorzüge oder alle anderen Er zeugnisse der Reihe nach auf. Von einer sorgfältigen, psychologischen Durch arbeitung, von einer Mühe, den Kunden zu gewinnen, keine Spur*)." Diese Kritik wurde 1927 geschrieben. Nun hat sich bis heute in der technischen „Prospekt-Mode" wohl manches geändert und gebessert, doch meist nur in der äußeren, nicht auch gleichzeitig in der inneren Prospektgestaltung. Das heißt, der technische Prospekt ist im Grunde genommen, in seinem innersten Wesenskern derselbe unfreundliche, trockene Berichterstatter geblieben wie der vor -zig Jahren, trotz mancher anerkennenswerten äußeren Aufmachung, die sich aber fast nur auf das Druck-, weniger auf das Werbetechnische bezieht. Da unser Auge, was Komposition, Bebilderung und Textierung anbelangt, beim Durcharbeiten des Kapitels „Die technische Anzeige" schon ziemlich geschult wurde, werden wir zugeben müssen, daß auch bei den meisten der heute herausgegebenen Prospekte zwischen der oft guten äußeren Gestaltung und der inneren geistigen Leere eine Disharmonie besteht (sie besteht allerdings nicht, wenn der Prospekt kubistisch-hypermodern aufgemacht ist). Doch lernen wir jetzt aus der Geschichte des Prospektes, wie man äußere Aufmachung und Inhalt so harmonisch abstimmen kann, daß der technische Prospekt endlich zu einem brauchbaren, gern „gehörten" Verkaufsinstrument entwickelt wird. Bei den Humboldt-Prospekten (Abb. 250—253) — ebensogut hätten Prospekte irgendeiner anderen Maschinenfabrik gezeigt werden können — besteht zwischen den vier Auflagen aus den Jahren 1918,19,24, 25 fast kein Unterschied. Wie bei alt- Abb. 250—253 Seite 66 ’) Wündrich „Der Prospekt", C. Barth-Verlag, Wien und Leipzig, 1927.