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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190910097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19091009
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19091009
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1909
- Monat1909-10
- Tag1909-10-09
- Monat1909-10
- Jahr1909
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1909
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161 sehr höjlich, aber auch sehr reserviert empfangen. Ja, hier und dort kam man' ihm mit einer Frage -entgegen, aus der er hecaushörte, daß man seinen Aufenthalt nur als vorübergehend betrachtete oder sich wenigstens den Anschein gab. Auch die Kunde von seinem Mangel an weidmänni schen Qualitäten war schon wie ein Lauffeuer durch den Kreis gegangen, lind wo man ihm sagte: „Schade, saß Sie nicht Jäger sind, ich hätte einen guten Rehbock -für Sie," da konnte er in dem Gutsherrn einen Gegner ver muten. In dieser Zeit war ihm Erich eine wertvolle Stütze. Er Umr schon seit Jahr Md Tag im Landratsamt Als Hilfsarbeiter tätig, kannte den Kreis wie seine Dasche und erledigte in der Hauptsache die laufenden Geschäfte. Er riet dem Freunde dringend, bei der nächsten Ge legenheit eine Einladung zur Jagd, die Wohl nicht aus bleiben würde, anzunehmen und mit dem Jagdherrn über die Felder zu strampeln. Wieviel Löcher er in die Luft schösse, wäre gleichgültig; er müsse nur etwas Passion markieren. ' , „Nehmen Sie das nicht auf die leichte Achsel, lieber Kollege. Sie mögen es für eine große Nebensache halten; aber in unseren Kreisen, mit denen Sie ein langes Leben zubringen wollen, lverden nun einmal weidmännische Qualitäten als etwas Unerläßliches be trachtet. Andernfalls befürchtet man, nne mein Vater Ihnen schon gesagt hat, daß Sie der Wildpslege kein Interesse entgegenbringen. Und, offen gesagt, ich denke auch so. Wir pflegen und hegen unsere Wildbahn und sind dabei immer von den Schießern bedroht, die jede Bauernjagd mit schwerem Gelde pachten, um mit leichter Mühe zu ernten, was wir mit Mühe und großen Kosten herangezogen haben. Mein Programm für Sie wäre: sofortiger Beitritt zum Jagdschutzverein und alle acht Tage mindestens ein Jagdtag." Lächelnd hatte der Assessor die Achseln gezuckt: „Tiefer eindringlichen Vermahnung kann ich mich nicht verschließen. Ich will soviel Löcher? in die Luft schießen, als Sie für nötig halten." „Nehmen Sie sich nur in acht, lieber Kollege, daß Sie dabei nicht die Passion befällt." „Tas halte ich für ausgeschlossen." „Abwarten! Zur Vorbereitung tvill ich Ihnen einige Privatstunden "im Schießen geben. Ich habe noch eine alte Wurfmaschinc stehen, da können wir fleißig Tontauben schießen." An einem der nächsten Tage erschien ein alter Förster auf dem Landratsamt. Erich brachte ihn selbst herein: „Hier stelle ich Ihnen unser» alten Freund Lerche vor. In ganz Ostpreußen unter dem Namen „der alte Adam" als vorzüglicher Schütze mit Flinte und Büchse bekannt. Ec hat mir eben erzählt, daß auf den Neuen dörfer Wiesen noch Pfuhlschnepfen zu finden sind. Tas ist ei» leichter Schuß." ; „Ja, darauf habe ich schon manchen Anfänger ab- gcsührt," meinte der Förster -treuherzig. „Ich bitte, Herr Assessor, versorgen Sie sich mit ganz feinem Schrot, am besten Vogeldunst. Für die neuen Hinter lader genügt es. Also, wenn ich bitten darf, morgen früh um sechs Uhr bei mir!" Mit der Zusage pünktlichen Erscheinens entfernte sich der Förster. Kaum hatte sich hinter ihm die!Tür geschlossen, als sich auf dem Korridor ein fürchterlicher Lärm erhob. Man hörte jemand ganz erregt rufen: „Adam, du verrückter Kerl du! Was hast du mir für Geschichten eingebrockt!" Ter Vorwurf schien den alten Förster ganz kalt zu lassen. MM hörte ihn ruhig erwidern: „Alter Klotz, sei doch nicht so grob! Komm, laß uns lieber bei einem Schoppen Frieden schließen." Man vernahm noch ein paar heftige Worte, dann wurde cs still. Die Gegner schienen sich geeinigt zu haben. Aus der Nebentür kam Erich laut lachend herein. „Tas ist ja köstlich! Wieder ein Stückchen vom „alten Adam", das alle anderen übertrifft. Hören Sie zu! Wir sitzen neulich bei Kelterborn auf der Veranda, als der Förster vorübergeht. Wir rufen ihm zu; er kommt heran und läßt sich ein Glas Bier geben. In demselben Augenblicke sehen wir Klotzkowski auf der Straße. Sie wissen doch, wen ich meine: den Sekretär mit der furchtbaren Nase. Ter arme Kvrl kann wirklich nichts für dieses Monstrum. Er trinkt nicht mehr, als. hierzulande üblich ist. Als Klotzkowski vorübergeht, fragt jemand von der Tafelrunde — ich glaube, es war der Major — was mit dem Manne vorgegangen sei; seine. Nase habe ja ein beinahe menschliches Aussehen er halten. Sie hätten ihn vor sechs Wochen sehen müssen, um diese Frage würdigen zu können: die Nase war snäm- lich damals doppelt so groß und mit einem Dutzend Aus wüchsen bcbastet. (Fortsetzung folgt.) Etwas vom Neinsagern Ein wichtiger PnnN ist der, bei passender Gelegen heit nein sagen zu können. Menn Verlockungen reizen oder Versuchungen an uns herantreten, so sage man so fort fest und entschieden nein. „Nein; dazu bin ich Richt imstande/ Viele besitzen nicht den sittlichen Mut, diesen Weg einzuschtagen. Sie berücksichtigen nur die Befrie digung ihrer Selbstsucht. Sie sind zur Selbstverleugnung nicht fähig. Sie weichen, geben nach und „amüsieren sich". Tas Ende ist oft Bermögensverfall, Betrug, Untergang. Wie lautet in solchen Fällen das Urteil der Gesellschaft? „Ter Mann hat über seine Mittel hinausgeledt." Von denen, die von ihm vielleicht Gutes genossen haben, wird nicht einer ihm danken, nicht einer wird mit ihm Mitleid haben, nicht einer wird ihm helfen. Jedermann hat von dem Manne gehört, der nicht nein sagen konnte. Er war jedermanns Freund, nur sein eigener nicht. Sein schlimmstes Feind war er selbst. Er brachte sein Vermöge» bald durch und wandte sich dann an seine Freunde mit der Bitte um Verschreib ungen, Bürgschaften und Zahlungsversprechen. Nachdem er seinen letzten Tüler ausgegeben hatte, starb er im Gerüche harmloser Tummheit und Torheit. Sein ganzes Leben schien er es sich zum Grundsätze gemacht zu haben, für jedermann zu tun, worum jeder mann ihn bat. Es ließ sich nie feststellen, ob dies des wegen geschah, weil sein Herz so hilfsbereit jedem an deren Herzen entgcgenschlug oder weil es keinen Anstoß geben wollte: aber sicher ist, daß er selten nm seine Unterschrift, um seine Stimme bei einer Wahl, um ein Darlehen oder um sein Indossament hei einem Wechsel gebeten wurde, ohne dem andere» seinen Wunsch zu er füllen. Er konnte nicht nein sagen, und es gab viele, die ihn gut kannten und die von ihm sagten, -er habe nicht den moralischen Mut dazu. Es ist von großer Wichtigkeit für die Ruhe und Wohlfahrt jemandes, daß er zu rechter Zeit nein zu sagen versteht. Viele gehen zugrunde, Weil sie dies nicht sagen können oder nicht wollen. Das Laster faßt oft Fuß in uns, weil wir nicht den Mut aufbringen, nein zu sagen. —fk- Denk- «ud Sinusprüche. Frage nicht, was andre machen. Acht' auf deine eignen Sachen! Robert Reinick. Tas kleine Pfefferkorn sich für gering nicht an, Versuch es nur, und sieh, wie scharf es beißen kann. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. Erzilhler an der Gide. Belletr. Gratisbeilage znm „Riesaer Tageblatt". «r. 41. Ries«, de» S. Oktober 1909. SS. 3-hr». Der Sonntagsjäger. Roman von Fritz Skowronnek. Forsetzung. Der Freiherr hatte sich so in Eifer geredet, daß nach seinen Worten eine unbehagliche Pause entstand, die die Hausfrau mit einer Zwischenbemerkung astzu kürzen suchte. Sie meinte, der Herr Assessor werde auch als Nichtjäger diesem Steckenpferde der Groß grundbesitzer Verständnis cntgcgenbringen. Unterdessen hatte Lotte sich erhoben und gebeten, man möchte sie für das Mittagessen entschuldigen. Sie werde erst später heimkehren. Jetzt schlug Erich vor, das Gestüt und die Heranwachsende Remonte zu besichtige». Tie Herren hatten kaum das Haus verlassen, als Tora auf ihrem Pony ankam, um eine Einladung ihres Vaters für den Abens z» überbringen. Tünte Elvira, das ist eine Großtat von meinem Vater. Tas heißt: in der Hauptsache, ist es mein Werk. Ich habe ihm offen erklärt, daß es völlig aus geschlossen sei — na, wie soll ich mich da km 'besten ansquetschen — er braucht nicht zu befürchten, daß man ihm die Einladung als Spekulation auf einen zukünftigen Schwiegersohn auslegen könnte. Ich habe ihm auch den wahren Grund gesagt, doch den muß «ich Dir noch verschweigen. Vielleicht für immer." Mit einem seinen Lächeln streichelte Frau von Brann ihr die Mange. „Es würde mir sehr leid tun, wenn Tu mir den Grund für immer verschweigen müßtest. Vorläufig hoffen wir das Beste. Du bleibst doch zum Mittag da?" „Wenn es nicht anders geht, mit Vergnügen, liebe Tante. Bis dahin entschuldigst Du mich wohl. Ich bin so furchtbar neugierig, wie es in Eurer Aohlenkoppel aussieht; ich habe Eure Remonteu nun schon ein ganzes Jahr nicht mehr gesehen. OS sie mich noch wiedererkennen werden? Tas Erkennungszeichen habe ich bei mir." Sie griff in die Tasche und holte eine Handvoll Zucker hervor. „Noch eins, Tantchen: Glaubst Tu an Träume?" „Wie kommst Tu darauf, Kind?" „Ach, sieh mal, ich habe früher so owt geträumt, natürlich lauter dummes Zeug, aus dem inan am andern Tage nicht klug ivird, und das man vergißt, wenn Wan aujwacht. Aber gestern habe ich einen Ttaum gehabt — ein richtiges Märchen. Tenk Dir bloß: Im Traum bin ich ein kleines, bescheidenes Gänseblümchen, ganz tvie in Wirklichkeit. Neber, mir steht ein hoher, voller Rosen stock mit einer einzigen, Blutroten BMe. Aber neidisch war ich gar nicht auf die schöne Rose. Ich freute mich mit ihr, daß sie so prächtig aussah und so 'schön duftete. Ta kam ein Prinz gegangen, prächtig gekleidet — er wollte die Rose brechen, aber so oft er die !Hand Rach ihr ausslrcckte, stach sie ihn mit ihren Dornen in die Finger. Endlich hatte er sie gefaßt, brach sie ab Md steckte sic vorn in sein Wams. Als er fortging, befiel mich eine große Traurigkeit. Ich dachte: nach dir, du armes Gänseblümchen, bückt sich nicht einmal der Hirten junge. Kaum hatte ich das gedacht, als mich eine Hand Packte, mich dicht an der Erde abbrach und an iden jHut steckte. Es war wirklich der Hirtenjunge, der mit seinem Fuße mich schon so ost angestoßen hatte — ich 'wollte gerade rufen: Tu Schlingel, was soll ich auf deinem Hut? Na, weiter möchte ich Dir den Traum doch nicht erzählen — er ist ja auch schon zu Ende. Hat er was zu bedenken?" „Tu kleines Dummchen du! Tas ist ein Produkt Deiner ansgcregten Phantasie. Reminiszenzen aus Mär chen, nichts weiter. Vielleicht spielt da auch ein geheimer Wunsch hinein, den Tu im Herzen trägst." Tora wurde rot bis an die Ohren. „Tante, ich glaube. Tu bist furchtbar klug. Tu willst es bloß nicht immer zeigen, daß Tu alle Menschen durch und durch siehst —" Damit sprang sie davon. Tie Baronin sah ihr mit Wohlgefallen nach. „Tu liebe, kleine Einfalt! Du wirst mir eine liebe Tochter werden. Wenn der Hirtenjunge Dich erst au seinen Hut gestckt hat —" Tora war mit den Männern eine Stunde durch die Pferdekoppel gewandert und hatte sich mit ihn« tvie ein alter Sachverständiger unterhalten. Nur Erich ließ sie ganz links liegen. Rach der Rückkehr in» Herrenhaus führte Tora den Assessor in die Halle, die er gestern beim Eintreten nur flüchtig gesehen hatte. Ta hingen rings an den Wänden uralte Jagdtrophäen; Köpfe von riesigen Elch« mit den gewaltigen Schaufeln, auch starke Hirschgeweihe und zierliche Rehkronc». Da zwischen Gewehre von der ältesten Konstruktion mit Rad und Feuersteinschloß bis zu den Perkussionsflinten, mit denen unsere Väter geschossen haben. , Tiefe Trophäen waren das Wahrzeichen eines alten Geschlechts, das mit dem Deutschen Ritterorden zugleich in die Ostmark gekommen war und nun seit vielen Generationen auf dem eroberten Grund und Booen saß. Mit Stolz erklärte der Freiherr die einzeln« Stücke. Jener Elchkopf war das Beutestück eines Vorfahren, der den riesigen Gegner in« Nahkampf mit dem Speer gefällt hatte. Tiefer Eber, dessen Lichter in getreuer Nachbil dung unheimlich funkelten, hatte einen des Geschlecht» mit seinen gewaltigen Gewehren tödlich verwundet. Tie Gewcrhe des vorweltlichcn Riesenhirsches waren bei der Trockenlegung eines Moores ausgegraben worden. Mit einem stillen Leuchten des Auges hatte der Assessor diele Erklärungen «gehört. Es war ihm lieb, als Tora triumphierend fragte: „Haben Sic schon etwas Sehnliches gesehen?" „Etwas Aehnliches wohl nicht, aber etwas in der Bedeutung Gleiches haben wir in meinem elterlichen Hause. Ta hängen von der Decke eines großen Saale viele kleine Schiffe, zierlich geschnitzt, die Nachbildung der Koggen, aus denen meine Vorfahren da» Meer befahren und von fernen Küsten reiches Handelsgut nach Hause gebracht haben. Mit jedem Schiff ist der Name, eines meiner Vorfahren verknüpft." „Weshalb sind Sie dann nicht in die Fußtapfen Ihrer Vorfahren getreten?" „Mein Fräulein, dxs ist leicht zu erklären. Ich. bin nicht dec Aelteste, der die Familientradition tveiter- zuführcn hat sondern dec Zweitgeborne. Und schon seit einigen Generationen wendet mein Geschlecht die Sekundogcnitur, wenn ich mich so ausdrücke« darf, an einen anderen Beruf. So bin ich denn in die preußische Verwaltungskarriere eingetreten." „Schade, daß mein Vater das nicht gehört hat! TÄS haben Sie sehr schön gesagt." Alle lachten, aber sie hatten das Gefühl, daß dem Assessor die etwas taktlose Frage der Kleinen will kommen gewesen war. Und das Selbstgefühl deS auf seine Familie stolzen Mannes gefiel ihn«. Aus sein« Wvrterr klang das Verständnis für die Bedeutung einer
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