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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190910116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19091011
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19091011
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- LDP: Zeitungen
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- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1909
- Monat1909-10
- Tag1909-10-11
- Monat1909-10
- Jahr1909
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1909
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yaVs Bell Gesetze» sel 's», Sen Gemeinde» Sen «nschlnß an die Staffel der StaatSetnkommensteuer vorzuschreiben. hierauf «sendet sich Ser Redner Ser Refvr« «sere» Vsttsschulvefeie» »u. Unser jetziges BolkSschulgesetz aus dem Jahre 1873 sei in viele« Teilen auch jetzt noch «in Hute» gewesen, in vieler Beziehung aber durch die Jett überholt. SS müsfe deshalb an die Aufgabe der Schaffung eine» «neuen BoNSfchulgesetzeS herangetreten «Verden. Me diese- Ge setz aussehen solle, damit habe sich d-r vorige Landtag bereit» ausgiebig beschäftigt. Da» neue Gesetz werde selbst verständlich anknützfen müssen an den bestehenden Rechts- zustande ihn erhalten, soweit er gut, ihn umgestalten, soweit er einer Aenderung bedürfe. Reorganisation der Schule und im Unterricht. In äußerer Beziehung sei eine »sichtige Frage die, solle der konfessionell« Charakter der Schule erhalten bleiben oder nicht. Der konfessionelle Charakter liege dem jetzigen Gesetz zugrunde und er «werde auch im Neuen erhalten bleiben müssen« Die Kinder soll ten nach ihrer Religion Unterricht erhalten und auch «im übrigen Rücksicht aus die Religion genommen werden« GS müsse der Unterricht jm Geiste« der bestehenden «Kirche erteilt werden. Ties entspreche auch den Wünschen der Lehrerschaft. Weiterhin «Verde verlangt, den Religions unterricht innerhalb des Bekenntnisses zu erteilen unter Zugrundelegung der Bekenntnisformeln. Darüber gingen die Meinungen auseinander. Auf der einen Sette wolle man innerhalb des Bekenntnisses Religionsunterricht, aber die Formeln sollten als Lernstoff dienen, Redner sei «der Meinung, daß es nicht möglich sein Werd«, einen kon fessionellen Unterricht zu erteilen, ohne Anschluß an die Bekenntnisformeln. Er gebe zu, daß daS eine Frage sei, in der sie Fachleute ein besonders! gewichtige Wort mit zusprechen haben würden. Der Forderung der Lehrer schaft auf Beseitigung der geistlichen Ortsschulaufsicht, eine Frage, die nur die Ort« angehe, die «keinen Direktor haben, stimme der Kandidat zu. Anderer« Meinung könne man sein hinsichtlich der Forderung, die geistliche Schul- aussicht auch im Religionsunterricht zu beseitigen. Diese wolle das neue Bolksschulgesetz beibehalten/Redner er klärt, daß er zu diesem Punkt« eine bestimmte Dtellung- nahme noch nicht aussprechen könne. Was den Unterricht anbelange, so solle dieser vertieft Werden. Me Kinder sollten sich mehr Mssen aneignen und als sichere sSchätze mit durchs Leben nehmen. Daß sie das erreichten, sei in erster Linie Sache der Fachleute. Wer der «Staat könne immerhin dazu beitragen, die Voraussetzungen für die Erreichung dieser Ziele günstiger zu gestalten. Er könne dies dadurch, daß die äußer« Stellung des Lehrer standes gehoben wird. Den ersten Schritt habe der «letzte Landtag getan, indem er die Bezüge der Lehrer «erhöhte. Jetzt biete sich wieder Gelegenheit bei der Umgestaltung der Disziplinarbestimmungen für die Lehrer. Ferner müß ten die Ziele der Lehrerausbildung erhöht werden. Neben diesen mehrfachen Maßnahmen könne der Staat zur Ver tiefung deS Unterrichts auch dadurch beitragen, daß er eine möglichst intensive Einwirkung auf die Schüler her- beiführe durch Verminderung der Schülerzahl. Den Ge meinden erwüchsen hierdurch allerdings neue Lasten. Ter Staat könne aber durch Unterstützung der Gemeinden zur Durchführung der Maßnahmen wesentlich beitragen. Zur MittelftgudSfrage sich zu äußern, habe Redner einen besonderen Anlaß, Idenn er sei ja auch Kandidat der Mittelstandsvereinigung, Diese Tatsache habe auch in Mesa Anlaß zu Zweifeln unk Bemängelungen seiner Stellung gegeben. Man habe gesagt, daß er die konservative Partei verleugne und sich verkrieche«« wolle hinter der Bezeichnung Mittelstands kandidat. Er sei aber nach! wie vor konservativer Kan didat. Weiter sage man, er wolle- Kandidat der Wirt schaftlichen Bereinigung sein. Die Wirtschaftliche Ver einigung sei aber etwas ganz anderes, als die Mittel- stankSVerelnlgung Eie «Selche informatorischen Charakter trage»« und steA allen Kandidaten frei, bilde also keine neue Gruppe. Jin Falle seiner Wahl werde er sich der Wirtschaftlichen Bereinigung aNschlteßen, deshalb aber nicht aufhören, Mitglied der konservativen Partei zu sein. — Heute höre man von allen Parteien, daß sie bereit seien, für den Mittelstand einzutreten. Diese AuSfüh- rungen bewiesen, daß die Erkenntnis von der Wichtig keit und Notwendigkeit de» Mittelstandes und von der Pflicht, in der Gesetzgebung aus ihn Rücksicht zu Nehmen, um sich greise. Die konservative Partei habe die Mtttel- standSfreundlichkeit nicht erst heute auf ihre Fahne ge schrieben. Schon im Norddeutschen Bund habe sie Mittel standsforderungen vertreten, die erst als rückschrittlich und reaktionär verschrien worben seien, sich dann aber doch durchgcrungen hätten. Die übrigen Parteien könn ten solch« Täten noch nicht aufweisen. Beamte, Lehrer schaft, kleiner und mittlerer Gewerbestand bildeten den Mittelstand. Auf sie alle solle sich die Fürsorge «der Mittelstandsvereinigung und auch der konservativen Par tei erstrecken. Tie konservative Partei habe im letzten Landtage eine erhebliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Beamten zustande gebracht. Für die Gemeinde beamten sei die Errichtung einer staatlichen Pensions kasse anzustreben. Was den gewerblichen Mittelstand! an lange, so sei er zweifellos in einer sehr schwierigen Lage. Er bedürfe sowoh. hinsichtlich de;r Altersversorg ung, wie der Konkurrenz im gewerblichen Leben, der Be rücksichtigung durch die Gesetzgebung. Im Programm der Miitelstandsvereinigung sei nichts Reaktionäres enthal ten, es verdiene volle Billigung und Unterstützung. Red ner besprach sodann noch die Reform unseres Brand- Versicherungsgesetzes, die im nächsten Landtag zu erfolgen habe und verschiedene Wünsche der Hausbesitzer berück- sichilge. > Den Schluß seiner Ausführungen bildete die Zurück weisung deS Borwurfs, -te konservative Partei sei iudustriefeivdlich. Die Beschlüsse des Landtags, aus denen man die Industrie- feindlichkeit der Konservativen ableiten wolle, seien iw der Regel von allen Parteien gefaßt worden. Auch Las Wahlgesetz von 1896 sei gemeinschaftlich geschaffen wor den. Wenn also eine industriefeindliche Politik getrieben worden sei, so sei sie getrieben worden von -allen Par- teien. Bezüglich der „Rübenbahn" erklärte Redner, daß für diese auch 13 Nationalliberale gestimmt hätten. Die unzureichende Unterstützung der Handelsschulen werde ebenfalls gegen die Konservativen ins Feld- geführt. Wer auch hier zeige sich bei genauer Bettachtung der Dinge, daß ein verständnisvolles Eingehen aus die Wünsche!der Industrie zu verzeichnen gewesen sei. Endlich wies her Redner noch darauf hin, daß der sächsische Bergbau nur deshalb noch aufrecht erhalten werde, um die ßn ihm beschäftigte Arbeiterschaft zu erhalten. Zu diesem Zwecke würde jährlich eine Million Mark aufgewendet. Dir Debatte. Als erster Debatteredner nahm Herr Rechtsanwalt Fischer für die Nationalliberalen das Wort. Er hielt zu nächst dei« Konservativen ihr Zusammenarbeiten mit Zen trum und Polen bei Ker Reichsfinanzreform vor. Tas Zusammengehen sei im Zeichen des Schnapses erfolgt. Früher habe sich in Sachsen eher eine Einigung zwischen den Parteien erzielen lassen, aber seit der Bund der Land wirte sich breit gemacht habe, sei vieles anders geworden. Daß sich Zentrum und Konservative gefunden hätten, sei nicht zufällig gewesen; das Zentrum sei vielmehr schon längst von den Konservativen als der gegebene Bundes genosse bezeichnet Word««. Es hieße, die sächsischen Kon servativen unterschieden sich vyn den preußischen, aber die sächsischen konservativen Reichstagsabgeordneten hät ten nach der Wlehnung der Erbschaftssteuer für die an deren belastenden Steuern gestimmt, die auch von den Natkonälltberalen abgelehnk worden seien. Gegen dje Korr^ servativen in Sachsen seien viel Borwürfe zu erheben. Redner erinnert daran, daß ein großer Teil der Konser vativen sich seinerzeit gegen die geheime Stimmenabgabe ausgesprochen habe und an die konservative Nebenregie, rung. SS sei auch« heut« noch nicht leicht, wider den kon servativen Stachel zu löten. ES, sei wahr, daß 1896 «auch die Nationalliberalen für das Dreiklassenwahlrecht ge stimmt hätten. Wer es sei bei ihnen der Will« vor herrschend gewesen, das Gesetz soll« kein bleibende- sein. Mittelstand und Mittelstandsvereinigung sei nicht das selbe, die Mittelstandsvereinigung sei mit konservativem Gelds gegründet worden. Redner kommt sodann u. a. noch auf die Warenhaussteuer, die ihren Zweck verfehle, die Wirtschaftliche Vereinigung, die, so wie sie gedacht sei, kein Geschick bekomme, und verschiedene Landtagsausgaben zu sprechen. Bezüglich der SchiffahrtSabgaben bemerkt er, daß sie erst von den preußischen Konservativen auf die Tagesordnung gebracht worden seien. Das Zusammen gehen vor« Konservativer« und Zentrum Werde auch die Ausgestaltung der Volksschulreform ungünstig beein flussen. Herrn Rechtsanwalt Fischer traten Herr Tischler meister Grosch-Leipzig und Herr Generalsekretär Kunze entgegen. Herr Grosch sprach den Nationalliberalen alle Verdienste einer Unterstützung des Handwerks ab unk suchte nachzuweisen, daß sie in den letzten 30 Jahren ian der Vernichtung des Mittelstandes gearbeitet hätten. Die Konservativen seien dagegen diejenigen gewesen, die in der mittelstandsseindlichen Gesetzgebung tüchtig gebremst hätten. Auf das Konto der Nationalliberalen sei auch lder 8 100 g der Gewerbeordnung zu setzen, der den Innungen verbiete, Mindestpreise 'festzusetzen. Zum Schlüsse forderte Herr Grosch die Angehörigen des Mittelstandes auf, am 21. Oktober ihre Stimme Herrn Tr. Seetzen zu «geben. Herr Kunze hatte sich vor allen« die Aufgabe gestellt, Idie Konservativen geger« die Angriffe zu verteidigen, denen sie durch oie Nationalliberalen wegen der Reichsfinanzreform ausgesetzt sind. Er suchte zu beweisen, daß die Mational- liberalen und das Großkapital bei vielen Steuern ein ebenso eigennütziges Verhalten an den Tag gelegt hätten, alF die Konservativen bei der Erbschaftssteuer getan haben sollten. Nach Herrn Kunze nahm nochmals Herr Rechts anwalt Fischer zu einer Erwiderung auf die Ausführungen der bcioen Vorredner das Wort, worauf nach einer kurzen Entgegnung des Herr«« Kunze Herr Tr. Seetzen das Schlußwort erhielt. Ter Herr Kandidat behandelte darin die im Lausoder Debatte gegen ihn erhobenen Einwend ungen und erklärte sich als Gegner der bei sder Reichs- fiiwuzrefprm mit beschlossenen Mühlenumsatzsteuer. Zu dem gegen den Generalsekretär der Mittelstaudsvcreinig- ung Herrn Fahrenbach von Herrn Rechtsanwalt Fischer erhobenen Vorwurfe, daß er früher ein linksstehender Liberaler gewesen sei und'jetzt die Mittelstandsinteressen vertrete, bemerkte er, daß eine Aenderung der Neber- zeugung und damit Austritte in allen Parteien vor- kämen und daß hierin etwas Tadelnswertes nicht zu finden, vielmehr ein Wechsel der Parteistellung nur als die natürliche Folge eines Wechsels in der politischen Ueberzcugung anzusehen sei. Auch wies Herr Tr. Seetzen darauf hin, daß in Preußen! nicht nur die 'Konservativen, sondern auch ein große«? Teil der Nationalliberalen für die Schiffahrtsabgaben eintrete. Tie Versammlung er reichte daraus gegen 12 Uhr mit einem begeistert 'aufge nommenen Hoch auf Kaiser und König ihr Ende,. —l. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Die „Nordd. Allg. Zig." schreibt an der Spitze ihrer Wochenrundschau: „AuS den Ermittelungen deS aus Mulden in Charbin eingetroffenen deutschen Konsul» betr. der Vorgänge bei der Zwangsvollstreckung gegen die Brauerei- Vie Schwarmgeister. Historischer Roman von Gustav Lange. <S. Fortsetzung^ , . ' Nachdruck verboten. - cDer erste Ansturm der Reiter prallte allerdings an den vorgehaltenen Partisanen der Wiedertäufer ab, die schnell eine lebende Mauer . bildeten. Die Reiter wandten ihre Rosse und suchten nach einem anderen Angriffspunkt, um dem Feinde in die Flanke zu fallen. Hierbei gerieten sie auf eine sumpfige Wiese, wobei die Rosse tief einsanken und nur schwer vorwärts kommen konnten. Die mit Mus keten bewaffneten Wiedertäufer eröffneten ein heftiges Feuer auf die Reiter, sodaß diese gezwungen waren, wieder hinter die Schanzen zurückzukehren. Dieser Erfolg der Wiedertäufer war aber nur ein kur zer, denn das Fußvolk der Bischöflichen ging jetzt zum Angriff über. Graf Dhaun selbst kommandierte und nun war das Ringen nur von kurzer Dauer. Die kampfge wohnten bischöflichen Truppen waren im offenen Felde den Wiedertäufer»« überlegen. Matthys, der noch inimer an dm Sieg glaubte, kämpfte wie ein Verzweifelter und ach tete hierbei zu wenig auf seine Person. Er geriet in das heftigste Feuer. David Jöris wollte ihn zurückhalten, aber es war schon zu spät — von mehre»« Kugeln getroffen sank er zu Boden. David Joris sprang noch hinzu, um ihn zu stützen, wurde aber von dem gleichen Geschick ereilt. -Divara!" stöhnte Matthys noch, dann verschied er. ' Als die Kämpfer der Wiedertäufer den Fall ihres Anführes bemerkten, wurden sie von Entsetze»« gepackt und vermochten nun auch nicht länger im Kampfe Stand zu halten, sondern wandten sich zur Flucht, um hinter om Mauern der Stadt Schutz zu suchen. Der Ausfall Var vollständig abgeschlagen und die Wiedertäufer hatten awße Verluste erlitten. Einer vom bischöflichen Fußvolk, der früher in Mün tzer gewesen, später ab» dvqüert war, well ihm dies Regiment nicht behagte, .erkannte zufällig unter den «se- fallenen Matthys. „Ach, da war ja der Harlcmer Bäckergeselle, der Ober prophet von Münster selbst dabei und nun liegt er hier erschossen!" rief er. Diese Kunde verbreitete sich rasch unter den Siegern. Auch der Fürstbischof hörte von dem Tode Matthys und kam in Begleitung des Grafen von Dhaun herbei, um sich selbst von dem Fall des fanatischen Wiedertäufer apostels zn überzeugen, denn dieses Ereignis war sicher nicht ohne Einfluß aus den weiteren Gang der Belager ung Münsters. Als man dem Fürstbischof den Leichnam Matthys zeigte, dessen fahlweißeS Antlitz mit den halbgeöffneten, erloschenen Augen gespenstisch aus der dunklen Umgebung des langen Haupt- und Barthaares hervorblickte, da schau derte er vor diesem Manne, der so viel Unheil angerichtet hatte und nun vernichtet dalag. „Jesus!" flüsterte der Fürstbischof zurücktretend und sich bekreuzigend. „Wahrlich," fuhr der Fürstbischof, welcher sich noch immer von seinem inneren Grauen nicht los machen zu können schien, fort. „Wahrlich, dies ist ein großes Er eignis, Graf Weyrich von Dhaun — dies ist wie ein Zeichen vom Himmel." „Er hat einen solchen ehrlichen Tod eigentlich nicht verdient, brummte der alte Kriegsmann. „Sein Schicksal hat sich erfüllt, er steht vor einem höheren Richter," entgegnete der Fürstbischof dem Oberbe fehlshaber. In tiefes Nachdenken versinkend, zog sich der Kirchen fürst, nachdem er sich noch genau den Hergang des Kani- pfeS hatte erzählen lassen, in sein Zelt zurück. Trompe- tengeschmetter aber verkündete den errungenen Sieg über die Wiedertäufer bald im ganzen Lager und lauten Jubel erweckte diese Nachricht. 26. Kapitel. Wenn die heimlichen Widersacher der Schwarmgeister in Münster, wenn der Fürstbischof Franz von Waldeck geglaubt hatten, mit dem Tode Matthys sei das Ende des Aufruhrs herbeigekommen und Münster werde sich nun ergeben, so war diese Hoffnung eine zu frühe. Jan Do- ckclsohn, der Schneider aus Leyden, der sich bis dahin etwas in« Hintergrund gehalten hatte, trat nach dem Tode Matthys sofort auf und verkündete mit großer Beredsam keit, daß er berufen sei, das begonnene Werk weiter Ms- bauen und wirklich gelang es ihm, die Menge mit seinen wahnsinnigen Versprechungen mit sich fortzureißen. Die Not begann sich in Münster schon recht fühlbar zu machen, daher jubelte die Menge auf, als Jan Bockel- sohn erzählte, daß bald reiche Zufuhr an Lebensmitteln kommen werde; ein bestochener Holländer trat auf und log, daß er sich durch die Belagerer geschlichen und selbst ge sehen habe, wie dieselben vollständig entmutigt seien und die Belagerung bald aufgeben würden. Selbst Knipperdolling ließ sich täuschen nnd beugte sich unter das neue Joch. Jan Bockelsohn ging aber noch weiter als Matthys, indem er die letzten Reste der alüen Orduung vollends bei Seite schob und nannte sich „König von Zion" des „neuen Reiches Jerusalem". Er zeigt« gar bald, daß er nicht im Sinne hatte, sich mit der blo ßen Würde eines Königs zu begnügen. Die schönste der Prälatenkurien am Domplatz ward auf seinen Befehl in einen Feenpalast umgewandelt. Di« kostbarsten Geräte wurden hierhergeschafft und eine Menge von geschickte»« Arbeitern ward aufgeboten, um eine wahr hast königliche Ausstattung des Palastes für den eheina- lagen Schneider aus Leyden herzustcllen. Glänzend ward der Hofstaat des „Königs von Zion" eingerichtet und zuin Hofmarschall kein Geringer», als der ehemalige Bürgermeister der Stadt Münster, TtlbeH ernannt.
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