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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191111037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19111103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19111103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1911
- Monat1911-11
- Tag1911-11-03
- Monat1911-11
- Jahr1911
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 03.11.1911
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-em vorgeben, den Ehemann v« drwußtlosen Frau von dem Vorkommnis tn Kenntnis setzen zu wollen. Das hat sie aber nicht getan, sondern die Flucht ergriffen, di« ihr auch gelungen war. Die schwrrkranke Frau wurde auf ärztliche Anordnung in da» Krankenhau» zu Pirna über- geführt, «o ft« noch tn derselben Nacht gestorben ist, ohne da» vewußtsetn wieder erlangt zu haben. Nach dem Be- fund über di« Seltton de» Leichnam» wurd« «in an ihr brgangene» Vrrbrechen grgrn tz 218 de» Vtrafg«f«tzbuchr», da» den Tod zur Folge hatte, festgrstellt. Durch di« von der Krlminalbrigade Dresden ausgenommen«« Erörterungen wurde die Geflüchtete tu Böhmen tn der Person einer au» Rockyzan gebürtigen 51 Jahr« alten Frau ermittelt «ad mit Hilfe der österreichischen Gendarmerie verhaftet. Die verhaftete hat nach längerem Leugnen ein umfassende» Geständui» abgelegt. Pirna. Die Summe der diesjährigen Manöverstür schäden in der Stadtflur Pirna ist von der Königlichen ÄbschätzungNommtsfton aus 3363 M. SL Pf. festgtstellt worden und demgemäß ist auch bereit» die Auszahlung der En1schädtgung»beträg« an die betreffenden Besitzer in diesen Tagen erfolgt. — Durch die Untreue eine» Kollegen wurden vier Arbeiter schwer geschädigt. Die vier spielten zusammen rin Zentel-Lo« in der Königlich Sächsischen Landrslottrrte, da» tn der 5. Klaffe mit 3000 M. gezogen wurde. Al» man den Gewinn entgegennehmen wollte, stellte sich herau«, daß der Arbeiter G. di« Anteil« für die 4. und 5. Klaffe nicht bezahlt, sondern da» rinkassterte G«ld zu seinem Nutzen verwendet hatte. vischof»w«rda. Tödlich verunglückt ist in Groß harthau der bet der Firma .Sachsenwerk' in Niedersedlitz bet Dre»den in Arbeit stehend« Schloff« Zscharnack au» vautzrn. Der Mitte der 30er Jahre stehende Mann ist von einem Maste der elektrischen Leitung herab auf einen Zaun so unglücklich gefallen, daß der Tod bald darauf eingetreten ist. Radeberg. Auf der Landstraße von Seifersdorf »ach Radeberg, unweit d« Ziegelei Wachau, scheuten Donnerstag früh die Pferd« eine» Lastgeschirres. Die Pferde rasten mit dem Gefährt davon; ein« mitfahrende Fran aus Setfersdorf versuchte abzuspringen, .fiel aber dabei so unglücklich, daß ft« schwere Verletzungen erlitt. Sie wurde in bedenklichem Zustande in ihre Wohnung gebracht. Kamenz. Infolge vu»gl«iten» kam der hiesig« Branddirektor und Hauptmann der Feuerwehr, Schmiede meister Techritz, so unglücklich zu Fall, daß er sich an einer Hausrcke einen Schädelbruch zuzog und bald darauf verstarb. Plauen i. 0. Di« Psychologie de» Selbstmörder« hat der Büchsenmacher Gustav Weidner, Fürstenstraße Nr. 4, hier, gut studiert. Zu ihm kam am Reformationsfest rin in den 20 er Jahren stehender jung« Mann und kaufte sich «inen Revolver mit Munition. Das aufgeregte Wesen de» jungen Manne« ließ Weidner nicht« Gute« ahnen, und vorsichtshalber lud er dem Käufer die Waffe nur mit Platzpatronen. Nachmittag« gegen Uhr schaffte man denselben jungen Mann tn« Krankenhaus; « hatte sich mit dem Revolver tn die recht« Schläfe geschossen. Der Schuß wirkte natürlich nicht wie gewollt tödlich, sondern der Lebensmüde «litt nur stark« Verbrennungen der einen Geficht«hälfte. Wie sestgestellt wurde, handelt «» sich um den 24 Jahr« alten Kelln« Fritz Koch au» Plauen, der zuletzt in Tegel bet Berlin tn Stellung war. Er hatte hier nur an d« Hochzeit feine» Bruder» tetlgenommen. Zwischen ihm und seinen Angehörigen war es zu Zwistig- ketten gekommen, di« sich der etwa» nervös« junge Mann »u Herzen genommen haben mag, sodaß er beschloß, seinem Leben «tu Ende zu machen. i LeLsstzig. Gestern früh ist auf dem Magdeburg- TWringer Bahnhöfe der 49 Jahre alte Eisenbahnober assistent Wilhelm Kilian von einem Güterzuge Überfahren Und getötet worden. —' Am Dienstag kam daS einjährige Söhnchen eines Glasermeisters, als «S sich kurze Zeit allein tn der Wohnung befand, dem geheizten Ofen zu ockhe, wobei seine Kleidung Feuer fing. Das Kind erlitt am ganzen Oberkörper srytvere Brandwunden, denen es im Krankenhaufe nach kurzer Zeit erlag. Die auf den hiesigen Landstraßen verkehrenden Führer und Bremser der Lastautomobile hatten im vergangenen Sommer viel über die Unsitte der Radfahrer zu klagen, sich an die Wagen zu hängen und sich ziehen zu lassem Diese Un sitte Hot auf der Chaussee Leipzig—Zöschen, unweit Rück- marSdorf, am Wend des 16. Juli 1911 den Dod des Bauarbeiters Moritz zur Folge gehabt. Moritz hatte sich an den Motorwagen des Lastzuges der Zöschener Cha- mottewerke angehängt, sein Rad geriet in eine ausge fahrene Wagenspur und kippte um, Moritz kam zu Falle und geriet unter die Räder des AnhängewagenS; er wurde überfahren und war auf der Stelle tot. Jetzt hatte sich der Bremser Robert Günther Haupt auS Aschen vor der 6. Strafkammer des Leipziger Landgerichts! zu verant worten, und zloar wegen fahrlässiger Tötung und Ueber- tretung der Bestimmungen des Gesetzes, betreffend den öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen. Entgegen der Vorschrift, auf dem Bremsersitze zu bleiben, hatte Haupt sich des' scharfen Windes wegen hinter dem' Sitz auf den Wagen gelegt und war so nicht imstande gewesen, den Moritz zu hindern, sich an den Dorderwagen anzuhängen. Das Urteil lautete aus Freisprechung von der Anklage der fahrlässigen Tötung/ da Moritz durch eigenes Verschul den umgekommen ist; wegen Uebcrtretung der Be stimmungen des angczogenen Gesetzes erkannte das Ge richt gegen Haupt auf 30 Mark Geldstrafe. Halle a. S. Am Mittwoch wurden hier 2 Kinder von der Straßenbahn überfahren. DaS «ine Kind, da» 4jährige Söhnchen de« Postschaffner» Hake, war sofort tot; e« wurde mitten durchgeschnitten. Da» andere Kind, ein 4jährige» Mädchen, erlitt schwere Verletzungen. Luftschiffahrt. Gestern nachmittag gegen 2 Uhr stieg tn JohanniS- hal der ZeppeUnkreuzer ^Schwaben" zu einer Fahrt über 'Potsdam und Berlin auf. An der Fahrt nahmen teil: >ie Prinzen Eitel Friedrich, August Wilhelm mit Gemah lin, OSkar «nd Joachim, ferner Prinz Friedrich Siegis- mund und Prinz Friedrich Karl von Preußen, der Erb prinz von Hohenzvllern, Prinz Georg von Griechenland, Gtsenbahnmtnister von Brettenbach, Unterstaatssekretär Richter, Rittmeister Freiherr von Mirbach und Direktor ColSmann. Gleichzeitig kreuzte auch der „Parseval" über verttn. Die Fahrt der „Schwaben" führte über Groß- lichterfelde und Teltow nach Potsdam, wo das Neue Palais zweimal umkreist Wurden Sodann flog die „Schwa ben" über Wildpark nach dem vchwielocher See, wo «in« Wasserlandung vorgenommen wurde. Die Rückfahrt fand über Werder, Charlottenburg und Berlin nach Johannis thal statt, wo die Landung um 3»/« Uhr so glätt erfolgte, daß nicht einmal da» Landungsseil benutzt zu werden brauchte. Ein neuer deut scherRe ko rd für den Dauer flug ist durch den Flieger Oelertch der Deutschen Flug- zeugwerke in Leipzig-Lindenthal mit 3 Stunden 39 Mi nuten ausgestellt worden. Der bisherige Rekord betrug 3 Stunden 16 Minuten und wurde von Euler gehalten. Aviatiker Schimnek ist in Pilsen mit seinem Aeroplan au» 20 Meter Höhe herabgestürzt und erlitt schwere Rippenbrüche «nd Verletzungen am Kopf. Der AjParat wurde vollständig zerstört. Bermlfchtes. Tin neuer Explosivstoff. Der frühere Pro fessor an der Newyorker Harwart-Universität Wright hat einen neuen Explosivstoff erfunden, dessen Wirkung drei mal so groß ist wie die des Dynamits. Dieser neue Ex plosivstoff soll den wichtigen Vorzug besitzen, daß er ohne Gefahr gehandhabt werden kann, daß keine Er schütterung ihn zur Explosion bringt und daß er «ine Hitze von 275 Grad Fahrenheit aushält. Dombenattentat aus verschmähter Liebe. Einem Racheakt infolge unerwiderter Liebe fiel am Mon tag in Zürich ein Fräulein Blickli -um Opfer, die bereits seit mehreren Jahren in einem dortigen Restaurant als Kassiererin angestellt war. Das-Mädchen hatte durch seine Schönheit eine große Anzahl von Herren in das Lokal gezogen, unter denen wieder einige sich um die besondere Gunst der Kellnerin stritten. Als sich am Montag das junge Mädchen nach Geschäftsschluß in ihr Schlafzimmer begeben hatte, explodierte dort plötzlich eine Bomb«, wo bei das Mädchen sehr schwere Verletzungen davontrug. Man vermutet, daß ein Verwandter der Kellnerin in einer an Wahnsinn grenzenden urierwidert gebliebenen Leiden schaft das Attentat auf daS Mädchen aussührte. Durch die Explosion der Bombe wurde das Schlafzimmer total de moliert und auch sonst in dem betreffenden Stockwerke arge Verwüstungen angerichtet. Der Verwandte des Mäd chens wurde sofort in Hast genommen. Der Zustand der Kellnerin selbst ist sehr besorgniserregend. Ein 300-Millionen-ErbschaftS-Prozeß gegen den französischen Staat. Ein sensatio neller Erbschastspvozeß, der wegen der Höhe seines Ob jektes — 300 Millionen Franken — den Rekord aller ihm voraufgegangenen schlägt, wird in einigen Tagen die Pariser Justizbehörde beschäftigen. Es handelt sich um den Nachlaß der Witwe deS Generals Charles Huette. General Huette, der Sohn unbemittelter Eltern, stammte auS der Bretagne. Vor einigen Jahrzehnten wanderte er nach Kanada auS, erwarb dort durch großen Fleiß ein beträchtliches Vermögen, das er durch geschickte Finanz- operationen auf die Höhe der jetzt angefochtenen Hinter lassenschaft steigerte. Später kehrte er nach Frankreich zurück und starb hiet nach kurzer Zeit. Nach dem zehn Jahre nach seinem Ableben erfolgten Tode seiner Gattin belegte der französische Staat das 300 Millionen Franken betragende hinterlassene Vermögen mit Beschlag, da weder direkte Erben, noch ein rechtsgültiges Testament vor handen waren. Seit einiger Zett haben verschiedene Leute, die sich für erbberechtigt halten, eine Klage gegen den französischen Staat zwecks Herausgabe des von Huette hinterlassenen Vermögens vorbereitet. Es handelt sich allein um 30 in der Normandie ansässige Familien, die die Klage gegen den Staat angestrengt haben. Die Pa riser Blätter bringen Über die Vorgeschichte des Prozesses bereits spaltenlange Artikel, und man sieht dem Aus gang des Monsterprozesses mit größter Spannung ent gegen. CK. Die Ncgerfrage im Theater. Aus New- hork wird berichtet: Soll den Negern das Recht gewährt werden, im Theater gleich den Weißen in einer Orchester loge Platz nehmen zu dürfen? Das ist die Frage, die jetzt in Amerika lebhaft erörtert wird und voraussicht lich vor den Schranken des Gerichtes beantwortet werden wird. Der Anlaß ist ein Zwischenfall, der sich Montag abend im Newyorker Lyrie Theatre abspielte. Ein schwar zes Ehepaar hatte sich -wet Billetts zu einer Orchester loge besorgen lassen. MS sie aber am Wend zur Vor stellung ihre Plätze einnehmen wollten, legte sich die Theaterdircktion ins Mittel und verbot den Negern, die Loge zu betreten, mit der Begründung, daß ein Theater, das Neger zu allen Plätzen -»lassen wollte, dem sicheren Ruin ausgeliefert werde. Der in seinem Selbstgefühl verletzte Schwarze, Mr. Baldwin, wird nun vor Gericht sein Recht suchen, aber es bleibt zweifel haft, ob er dabei Erfolg haben tvird. Erst kürzlich be schäftigte ein ähnlicher Fall die Richter: ein reicher Neger wollte in einem fashionablen Restaurant speisen, aber man wicS ihm die Tür. Unter Berufung auf die Ver fassung Amerikas, die allen Staatsbürgern gleiche Rechte zubilligt, reichte er Klage ein; die schlauen Richter aber stellten zwar fest, daß er unzweifelhaft die gleichen Rechte zu beanspruchen habe wie jeder weiße Bürger, daß es aber aus der anderen Seite der Restaurantbe- sitzer vollkommen berechtigt sei, unerschwinglich« Preise zu berechnen, um damit in der Praxis Negern sein Lokal zu verschließen. Der Fall hat in ganzs Amerika unter den Millionen von Negern große Erregung hervorge rufen, und man behauptet, vonvStandpunkt der Schwar zen auch vielleicht mit einer gewissen Berechtigung, dich unter solchen Umständen die amerikanische Unabhüngig- kettSerklSrung, die alle Menschen sret und gleich geboren nennt, nur ein „riesenhafter Humbug" sei. " CK. Eine Vvgelplage in England. San- England steht in diesen Tagen im Zeichen einer furcht baren Vogelplage, wie sie die moderne Geschichte bis her noch nicht zu verzeichnen hatte. In Littleport und in der Gegend von Barmouth haben sich gewaltige Schwärme von Staren niedergelassen, die nach Millionen zählen und jetzt auS der Nachbarschaft der großen Städte in riesenhaften Wolken sich über das Land ergießen. Schon in den letzten Jahren mußten die Landwirte über die Herbstplage der Starenschwärme Klage führen, die Vögel scheinen sich aber immer Mehr zu vermehren. Aus einer Reihe von landwirtschaftlichen Distrikten kommt die trostlose Meldung, daß in diesem Jahre die Wintersaat und der neugewachsene Weizen von diesen gefiederten Millionenheeren vollkommen vernichtet sind. Die Stare kratzen die Erde aus, und genauere Untersuchungen über ihre Ernährungsweise haben gezeigt, daß sie bei so zahl reichem Auftreten wie in diesem Herbste in der Tat die ganze Saat zerstören. Ter Versuch, mit Flinte und Gewehr die schlimmen Feinde zu vertreiben, bleibt an gesichts der Größe der Plage fruchtlos. Eine Reihe von milden Wintern hat offenbar die Vermehrung der Vögel sehr gefördert, während sonst dem Froste ein großer Teil der Starenbrut zum Opfer siel. Der Grafschaftsrat von Mibdlefex hat bereits den Antrag gestellt, den Vogelschutz bis auf tveiteres zu beschränken, und insbesondere die Stare aus der Liste der geschützten Vögel zu streichen, bis die Natur selbst wieder das Gleichgewicht hergestellt und die übermäßige Vermehrung einschränkt. CK. Wie Alphonse Allais keine Miete zahlte. Eine lustige Erinnerung an den vor einigen Jahren dahingegangenen berühmten französischen Humo risten Alphonie AllaiS erzählt Leon Le Clero .in der Revue politique et literaire. Durch einen amüsanten Ein fall brachte cs der lachende Philosoph sogar dahin, sei nem gefürchteten Hauswirt die Miete schuldig bleiben zu können. Er war bereits dreimal die Mietsrate schul dig geblieben, aber dieser Umstand verstärkte in ihm keineswegs die Sehnsucht, das Versäumte nachzuholen. Der 1. Januar stand vor der Tür. Als höflicher Mieter beeilte sich der fröhliche Alphonse, seinem Hausherrn, einem alten Gerichtsvollzieher, „der durch das Unglück und die Geldnot seiner Landsleute reich geworden war", als Neujahrsgratulätion eine Visitenkarte zuzuschickcn. -Auf dem Kärtchen las man: „Alphonse Allais, Sprengo- linfabrikant". Zu gleicher Zeit tapezierte Allais sein Zimmer mit großen Plakaten: „Rauchen streng verboten." Dann legte er ein großes Blatt weißes Papier auf die Mitte seines Tisches und schüttete darauf ein Pfund Stärkemehl. Seelenruhig harrte er nun dessen, was kom men sollte. Es dauerte auch nicht lange. Eines schönen Morgens hörte Allais die alte Treppe unter den gewich tigen Tritten des „alten Büttels" knarren. Der Herr des Hauses kam selbst, um endlich dis Miete zu er- halten. Die Glocke tönt, der Hausherr tritt ein, glück licherweise mit einer Zigarre im Munde. Wie ein Tiger stürzt sich Mais mit entsetzter Miene auf den unwill kommenen Besucher, entreißt ihm in wilder Hast die Zigarre und schleudert sie die Treppe hinunter; dann lehnt er, wie von der Aufregung überwältigt, atemlos an der Wand und weist nur stumm mit dem Finger auf die Plakate „Rauchen streng verboten". Verblüfft fragt der Hauswirt: „Wer warum diese Rauchverbote?" „Wer um Gotteswillen, Sie Unglücksmensch: wenn ein einziger winziger kleiner Teil ihrer Zigarrenasche auf dies „Sprengolin" gefallen wäre, Menschenskind, dieses Sprengolin! wir alle miteinander. Sie, Ihr Haus, das ganze Viertel wären in die Luft geflogen!" Der Rest ist zu erraten: der Hausherr beeilte sich, möglichst schnell einen so gefährlichen Mieter los zu werden, er erließ ihm die rückständige Miete unter der Bedingung, sofort aus zuziehen, und er war dem listigen Humoristen von Herzen dankbar, als Alphonse sich schließlich bereit erklärte, so fort seine Siebensachen zu packen. CK. Ein Besuch in Abdul Hamids Schatz kammer. Zu dem großen Katalog von Abdul Hamids Juwelen, die im Auftrag der türkischen Staatsregierung im November in Paris Versteigert werden, hat Jean Richepin «in interessantes Vorwort geschrieben, das ein farbenreiches Bild entwirft von den gewaltigen Schätzen an Edelsteinen und kostbaren Metallen, Ne der Exsultan in seinen Schatzkammern zusammenhäufte. Richepin stellte die Bedingung, die Schätze, die er beschreiben sollte, vorher besichtigen zu dürfen, und so sührte man ihn denn in die unterirdischen geheimen Gewölbe der kaiser lich vttomanischen Bank, wo die Juwelen gegenwärtig noch verwahrt liegen. Durch eine lange Kette von Gängen und Zimmern sührte der Weg bis zu einer mächtigen Kellerwölbung, hinter der eiserne Gitter und stählerne Türen die Schritte hemmten. „Mit meiner Eskorte wurde ich in diesen Riesenkassenschrank eingeschlosien," so er zählt Richepin, „und hinter mir rasselten schwer wieder die Stahlgitter hernieder. Gleichmütige türkische Beamte öffneten Küsten und Schatullen und ließen die Schätze vor mir auf die Tischplatte rollen. Mein Nebenmann bemerkte flüsternd: „Monsieur Richepin, in wenigen Mi nuten werden auf dieser Tischplatte für 4 Millionen Mark Edelsteine Herumliegen." Ich schwieg, während die wür digen Türken langsam Perlenbänder und lose Perlen, ganze Nein« Hügel im Lichte glitzernder und zitternder Diamanten auf dem Tische auftürmten, mächtige Rubine, in denen cs wie von lebendem Mut zu glühen schien, und
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