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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.04.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192404253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19240425
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19240425
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1924
- Monat1924-04
- Tag1924-04-25
- Monat1924-04
- Jahr1924
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.04.1924
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Riesaer H Tageblatt und AHrretser iLlbtblatt »nd Ameiger). und Anzeiger Meblatt »«r A»Mg«r). D-s »N-I«r OWII dl« -mM»m Bk!«»»Im»«»»«c« -er AmtShauptmaunschaft Grobenhain, -es Amtsgerichts, der Amtsanwaltschaft beim Amtsgerichte «nd des Rates der Stadt Riesa, -eS MnamamtS Riesa und des HanptzollamtS Melken. S7. Freitag, SS. April 1SS4, adends. rr. Jahr«. durch Post, 2 M. 25 Pf. durch Boten. Für den Fall des Eintretens von ProduktionSverteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir un» da» Recht der Preiserhöhung und Rachforderung vor. Anstigen sür die Nummer de» Ausgabetage» sind bi» 9 Uhr vormittag» aufzugeben und im oorau» zu bezahlen; «ine Ärivähr für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plagen wird nichi übernommen. Grundpreis für di« 39 ww br«ite, 8 mm hohe Grundschrift.Zeile <ü Silben) 25 Gold-Pfennige; die 89 mm breite Neklamrzeile 109 Gold-Pfennigr; zeitraubender und tobellari'cher Latz 59«/. Aufschlag. Feste Tarife. Bewilligter Rabatt erlischt, wenn der Betrag versällt, durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Kontur» gerät. Zahlung», und Erfüllungsort: Riesa. Achttägige llnkeil.aliungsbeilnge „Erzähler an der Elbe". — In; Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen de» Betriebes der Truckerei, der Lieferanten oder der Besöroeru igsrinrichiungen — hat der Bezieher tsinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreise». Rotationsdruck und Verlag: Langer t Winterlich, Riesa. Geschäftsstelle: Goethestrake 59. Verantwortlich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa: sür Anzeigenteil: Wilbelm Dittrich. Riesa. Is. AUU kl« Mer »er WWMjM. ff Bellinzona. Wie von uns gestern bereits be richtet, hat ter deutsche Konsul in Lugano mitgeteilt, daß auf Grund der aufgesundenen AuSweiSpapiere festgestcllt wer de» konnte, daß sich Dr. Helsferich und seine Mutter unter den Opfern des Eisenbahnunglücks befinden. v * Ein schwerer Verlust bat das politische Deutschland be- troffen. Dem wirtschaftlichen Führer Stinnes ist Dr. Selsferich als Opfer des entsetzlichen EiscnbahnnngliickS bei Bellinzona gefolgt. Mitten aus der Arbeit, ans dem Wege zn einer Wahlversammlung nach einer kurzen Ruhepause an den Ostcrtagen, hat der Tod den Mann abbernfen, sür den die nächste Zukunft ein: weitere, wenn auch nicht die volle Erfüllung seiner Wünsche und seines Strebens bringen sollte. Kämpfer fallen ans dem Felde der Ehre und der Arbeit; Tr. Helsferich teilte dieses Los, denn er war eine Kampfnatur, durchdrungen von der Nichtigkeit seiner Ziele, oder besser seines Zieles, der Wicderansrichtnng eines starken, durch die Not gestählten und gehärteten Deutschland. So ist Dr. Helsferich über sein ureigene? Gebiet, das der Wirtschaft, insbesondere ter Währungspolitik, hinanSgewachscn zn einer politischen Führer- und Kampsnatnr, voll Temperament und Rücksichtslosigkeit, wenn auch manchmal gerade dieses Temperament den Blick sür die politischen Realitäten getrübt haben mag. ES gab für ihn kein Lavieren und keine Kom promisse, nur zähes Verfolgen der als richtig anerkannten oder als richtig angenommenen Linie. Für diese Art der Politik hatte er kein Gefühl und konnte es nicht haben, denn was die Zeit, die Franzosenherrschait in seiner Pfälzer Hei mat in diesen; von Vaterlandsliebe glühenden Herzen ge weckt hatte, das war der Hast, der Hast gegen den Bedrücker, der Hast gegen jede Politik, in welcher er weichliche Nach giebigkeit oder schwächliche ErfüllnngSpolitik zu erblicken glaubte. So paarte sich dieser lodernde, man möchte fast sagen heilige Hast mit dem Pfälzer Temperament, beherrscht nnd geführt von reichem, tiefgreifendem Wissen. Dr. Helsferich war als WirtschastSpolitiker, als Politiker, als Parlamen tarier eine markante Persönlichkeit, die glaubte an den Sieg ihrer Idee, ein Glaube, der keine Schwierigkeiten kennt und sie überwindet, wo immer sie sich erheben. Eine unermüd liche Arbeitskraft schien in diesem Manne zn leben, von dessen Feder noch in den Morgenzcitnngen des Tages Ab handlungen erschienen, dessen Abend die sähe Todesnachricht brachte. Dies war besonders auch im Reichstag zn sehen, wo er zn Len eifrigsten Mitgliedern gehörte. Seine Rede war scharf, vielleicht nicht immer unpersönlich dem Gegner gegenüber genug, nm noch mehr sachlich zu wirken; in der Diskussion zeigte er sich als geschickter Beherrscher der Si tuation. Helsscrichs Verantwortung während seiner Minister tätigkeit erstreckte sich vor allem auf das Gebiet der Finan zen. Seine Politik war die der Anleihen auS der Gewißheit heraus, das; Deutschland Sieger bleiben würde. Auf einen anderen Fall war HelsferichS Finanzpolitik nicht eingestellt. AnS der Gegnerschaft der republikanischen Kreise erwuchs helfserichs Stellung nach der Revolution. Ausgeschlossen ms den führenden Schichten, wandte er sich, von stärkstem Impuls zur Arbeit getricbcu, der Opposition zu. Der Kon trast zwischen dem alten nnd dem neuen höchsten Beamten tum reizte ihn znm Kampf gegen KorruptionZerscheinungen, schwere persönliche Gereiztheit kam hinzu, und so griff er leidenschaftlich und unbedenklich den Minister Erzbcrger an, -er trotz schwerer Anklagen nicht ans der Negierung ausschci- den wollte. Ein ungünstiges Geschick liest Erzberger wenige Wochen nach Beendigung des Kampfes von Mörderhand fallen und liest wiederum den Minister Nathenan einen Tag später ermordet werden, nachdem Helsferich dessen Politik im Reichstage angegriffen hatte. Helsscrichs Werdegang räumt ihm einen beachtlichen Platz im politischen Leben ein. Er wurde am 22. Juli 1872 geboren. Seine Studien der Staats wissenschaften vertiefte er durch weitere Reisen, und als er sich 1899 als Privatdozent in Berlin habilitierte, ging ihm auf Grund seines mehrbändigen Werkes „Reform des deut schen Geldwesens nach Gründung des Reiches" der Ruf eines besonders besähigten Mannes voraus. Noch nicht 3» Jahre alt, war er ausserordentlicher Prosessor und Referent sür wirtschaftliche Fragen in der Kolonialabteilung des Aus wärtigen Amtes. 1802 wurde er Legattonsrat und drei Jahre darauf Vortragender Rat, bis er am 10. Januar 1915 an die Spitze des NeichsstaatssekretariatS trat. Nachdem er vorher als Staatssekretär zurückgetreten war, verlor er auch 'm; November 1917 die Stellvertretung des Reichskanzlers und arbeitete seitdem an dem Problem der Uebersührung der Wirtschaft auf die Friedenszeit. Nur vorübergehend und wenig erfolgreich war er nach -er Ermordung deS Grasen Mirbach als Vertreter deS Deutschen Reiches bei der Sowsctregierung tätig. Nach der Revolution trat er, veran laßt durch einen Angriff Erzbergers, innerhalb der Deutsch nationalen Partei als heftiger Gegner der neuen Negierung auf. Im Herbst 1923 beteiligte sich Helsferich an den vielen Entwürfen zur Stabilisierung der Währung, wie er schon während der Negierung Enno inoffiziell an mancherlei Ne- gicrungshandlungen tätig mitgewirkt hat. TaS Gesetz, wel ches die Nentenmark schuf, verdankt Helfserichs Plan einige wertvolle Anregungen, wenn auch dem Neichsfinanzminister Tr. Luther das entscheidende Verdienst an der Durchführung der Stabilisierung gebührt. An der Bahre deS Verunglückten mag der parteipoliti sche Meinungsstreit schweigen. Ter Verlust trifft besonders schwer die Dentschnationale Nolkspartci, welche mit Helsierich den gewandten, befähigten Führer und wirckchastspolitckchen Fachmann entraten must. Sein Verlust trifft aber auch — man mag zu Helsferich stehen wie man will — bas politische Deutschland, das gerade in der nächsten Zeit wirtschaftliche Fachleute mehr denn je braucht, da die Entscheidungen über das Sachverständigen-Gutachten zu fällen sind. Tenn auch her Widerspruch bedeutet Mitarbeit, wenn er sich erhebt über die reine Verneinung. Dieser Verlust wird besonders herb durch die unglücklichen Umstände, unter Lenen er einge treten ist. Tas Wort GoetheS, dast Mensch sein, Kämpfer sein heiße, trifft für Tr. Helsferich in besonderem Maße zu. Und so mag dieser Schicksalsschlag über die parteipolitischen Anschau ungen und Meinungskämpse den Blick erheben zn dem Zu kunftsbild Dr. Helsscrichs, dem befreiten und freien Ba» terlande! Veileidskundgebung des RelchStzrSstdeirten. )l Berlin. Der Reichspräsident hat an Frau Staats minister Helsferich folgendes- Beileidstelegramm gerichtet: „Sehr verehrte gnädige Fran! Die Nachricht, daß JOr Herr Gemahl und seine Mutter dem furchtbaren Eisenbahn unglück in der Schweiz zum Opfer gemllen sind, hat mich tief ergriffen. Ich bitte Sie, die Versicherung meines herz lichen Beileids entgegenznnehmen. Möge die allgemeine Teilnahme, die dieser Schicksalsschlag findet, Ihnen einigen Trost in Ihrem Unglück bringen. Der Reichskanzler an Frau Helsferich. - )l Berlin. Der Reichskanzler hat an Frau Staats minister a. D. Helsferich ein Beileidstelegramm gerichtet, in dem es heißt: Die Geschichte, deren Blick nicht durch die Kämpfe der politischen Tagesmeinung getrübt ist, die vor allem Ziel und Wille des Schaffens prüft, wird in dem Ver blichenen einen Mann sehen, der mit seiner ganzen starken Persönlichkeit bas Glück seines Volkes erstrebte. Ich bitte, die Versicherung meiner und der Reichsregierung aufrich tigen Trauer entgegenzunehmen. § Das Beileid der Deutschuatioüaleu. Der Vorsitzende der Deutschnationalen Volkspartei Hergt hat an die Witwe Dr. Helfserichs folgendes Telegramm ge sandt: Unter dem furchtbaren Eindruck von dem Hinscheiden unseres unersetzlichen Freundes, Führers und Vorkämpfers, der Zukunft Hoffnung unseres Vaterlandes, bas seiner besten und größten einer in ihm verliert, gedenken wir in mitfüh lendem Schmerz Ihres unendlichen Leids. Gott schütze Sie und Ihre Kinder. Möge Helfserichs Sohn einst im Geiste seines unvergessenen Vaters wirken und die Früchte der Lebensarbeit des ihm und uns zu früh Entrissenen reifen sehen. - Der Eindruck in Paris. * Paris. Tie Nachricht von dem tragischen Tode Helfserichs hat in Paris, wo die Abendblätter das anfangs ungläubig aufgenommene Gerücht bestätigt haben, tie'en Eindruck gemacht. Die Zeitungen veröffentlichen die Mel dung in Fettdruck ohne jeden Kommentar. Einige Blätter bringen das Bild Helfserichs und autographische Notizen. M WMnlMkM W SMMllMl. Amtlich« Darstellung. )( Basel. Zu dem Eisenbahnunglück auf der Gotthard- bahn veröffentlicht die Generaldirektio« der schweizerischen Bundesbahn«- folgendes amtliches Commnniquü: Sim Mor gen des 23. April zirka 2 Uhr 80 Minuten sand zwischen dem um 2 Uhr 28 Minuten in Bellinzona abgeferttgten Zuge öl u (direkte Wagen des Nachtschnellzuges aus Italien) und dem fahrplanmäßig verkehrenden Zuge 70 (Nachtschnellzug Frank furt-Basel—Mailand—Genua mit zwei Wagen aus Zürich) bei Weiche 1 im Rangierbahnhof Dan Paolo ein Zusammen stoß statt. Beide Züge hatten Borspann. Vom Zuge öl S geriet der erste nach dem Heizwagen kursierende badische Bier- «rtter und »weiter Klaffe Mailand—Botel—Berkin. der Gasbeleuchtung führte, in Brand. Eine «och nicht genau festgestellte Anzahl von Reisende» dieses Wagens verbrannte. Ferner verbrannte der nachfolgende italienische Vierachser erster und zweiter Klasse Mailand—Basel; die Reisenden die ses Wagens konnten sich retten. Schwerverletzt sind bis jetzt sieben Personen im Spital untergebracht. Vom Lokomotiv- personal sind zwei Führer, und drei Heizer tot, verletzt wur den zwei Führer und vier Heizer. Der Materialschaden ist sehr groß. DaS Communiquü der Kreisbirektion 2 der Bundesbah nen in Luzern spricht von einem Neberfahren des geschlosse nen Einfahrtssignals der Station Bellinzona, von fünf Toten des Personals und zehn toten Reisenden, welche Zahl sich aber noch ändern könnte. Ueber den Hergang des Unglücks können noch folgende Einzelheiten berietet werden: Der Mailänder Ngchtschnell- zug traf mit einer Stunde Verspätung in Ehiasso ein und wurde rasch abgefertigt. Dieser fahrplanmäßige Zug ist in Bellinzona mit dem Schnellzug aus Arth-Goldau zusammen gestoßen. In Brand geraten sind zwei Wagen; in einem dci deutschen Wagen explodierte der Gasbehälter, sodaß der Wa gen in wenigen Augenblicken lichterloh brannte, und die in diesem Magen befindlichen Reisenden, deren Zahl ncch nickst festgestellt werben konnte, umkamen. Ter Brand griff aus einen weiteren Wagen über, doch konnten die Reckenden die scs Wagens rechtzeitig gerettet werden. DaS Unglück ist dadurch entstanden, daß das Personal des Nachtschnellzuges Basel—Mailand das geschlossene Eiu- fahrtslignal des Bahnhofs Bellinzona nicht beachtet hat Eine Nachprüfung der Weichen hat einwandfrei ergeben, daß die Weichen vorschriftsmäßig gestellt waren. Tie beider Züge waren mit je zwei elektrischen Ma-chinen bespannt, die in voller Fahrt ineinander lieien. T-ie beiden vorderen Lo komotiven wurden in die Höhe gehoben und auer über daS Gleis geschoben. Tie beiden Führerstände wurden vollkom men zerquetscht. Ter verantwortliche Lokomotivführer, der das Nnfakrtsiignal nicht beachtet hat, ist getötet. Tie größte Zahl der Opfer ist in den beiden verbrannten Magen zu be klagen. Von dem deutschen Wagen ist nur noch das Räderge stell übriggeblieben, von dem italienischen Wagen blieben noch einige Wandteile stehen. Beide Züge waren autzerordent, lich stark besetzt. Tie italienische Paßkontrolle verzeichnet eine Besetzung mit 15 Schweizern, 45 Deutschen, 52 Italie nern, 4 Amerikanern. 2 Norwegern, 2 Tschechen, 2 Franzosen und 2 Engländern. Unter den italienischen Reisenden be fand sich auch der italienische Gesandte in Kopenhagen Gras Della Torre mit keinem Sekretär, ferner einige Studenten, die an deutsche Universitäten reisen wollten. Tie Gesamt- zahl der Reisenden des Zuge- aus dem Süden wirb aus rd. 250 geschätzt. Die Jderrtifirterimz der Opfer ter Eisenbahnkatastrophe ist nach wie vor sehr schwierig. Tie Prüfung des Handgepäcks, das nur auS unförmlichen Ueber- retten besteht, hat keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Heut« werden nun die Koffer, die in einem anderen Wagen lagen, einer erneuten Prüfung unterzogen werden. Vielleicht wird daraus etwas Greifbares zu ermitteln sein. Im Verlaus« deS Donnerstag Vormittag wurden die Ueberrette von drei, zehn Reisenden geborgen. Ter deut'che Konsul in Lugano erhielt zahlreiche Telegramme von deutschen Familien, die bringend Auskunft über das Schicksal ihrer Angehörigen erbitten. )s B ellinzona. Bis jetzt sind -rnter den Todesopfer« bei dem Eisenbahnunglück außer dem ReichstagSabgeordneceu Dr. Helsferich nud seiner Mutter folgende dent'che Reichsan- gehSrige identifiziert worden: Tirekior Viktor Wertheim vom Stahlwerk Becker A.-G. in Eharlorienburg, Römer straße 14, Professor Rheinlogel, Berlin-Cbarlotieirburg. Edita Godet, 40 Jahre alt, aus Altrahlstedt bei Hamburg, Um die Ursache deS Unglücks. . )( Berlin. Von unterrichteter Seite hören wir zu dem Unfall in Bellinzona: In der Prelle wurde mehrfach der Umstand besonders hervorgchoben, daß der erste der sc schwer verunglückten Personenwagen ein deutscher Wagen mit Gasbelenchtung gewesen sei. Hierdurch wurde teilweise der Eindruck erweckt, als ob die ungeeignete Beschaffenheit dieses Wagens das schwere Unglück vc/.-ckuldet Halle. während Loch die Zerstörung der Gcisbe leuchte? ^asi'lagc lediglich eine Folge des Zugzusammenstoßes ist. de'^.M-f rwchc und Schuld frage im übrigen noch nicht aufgeklä.^ zu sein scheint. Nach dem maßgebenden Uebereinkommen über die gegenseitige Benutzung der Personen- und Gepäckivagcn im lnrernatio- nalcn Verkehr «Reglements Internationale Earoi a abge- kürzt R. I. E.) sind Gas- und elektrische Beleuchtung greiS mäßig zugclasscu. Allerdings nicken die Eiienöahuverwal- tuugcn in internationalen Zügen möglichst Wagen mit clcl- trischer Beleuchtung zu verwenden, da die Füllung der Gas bchältcr außerhalb der einzelnen Heimatsnerwaltungeu viel fach schwierig ist und zweckmäßige Anlagen o't fehlen. Seit dem Jahre 1912 bereits hat man in Deuckchlaud D-Zugs- Wagen nur noch mit elektrischer Beleuchtung bc chassr. Heute haben bereits zwei Drittel aller deutschen D Zugs Wagen diele Velcuchtnng. Der Umbau des ganzen deut chcn Pcrso- nenwagenparks aus elektrische Beleuchtung wurde einen Aufwand' von rund 300 Millionen Goldmark erfordern. Außerdem sind die Betriebskosten für Sleiukohlcngas nur zwei Sechstel dec Kosten der elektrischen Batterie — oder Maichineubclcuchtung. Daß auch bei cleltri cher Beleuch tung furchtbare Unsallsolgen eintrelen können, hat ein Unfall in Frankreich gezeigt, bei dem die Reisenden durch die Schwe felsäure der Battericbeleuchtnng verbrüht wurden. Auch die Behauptung, daß der verunglückte deutsche Wagen leicktcr als die ausländischen gewesen sei und dadurch besondere schlimm zertrümmert wurde, ist uuwahrichcinlich. Das Durchschnittsgewicht deS deutschen Schncllzugswagcns ist 44 Tonnen, während cs im Auslände mit Gebirgsslrcckcn nur 36 Tonnen ist. Zudem führen die Schnellzüge in Deutsch land grundsätzlich nur vicrachslge Wagen, ausnahmsweise in Eilzügen dreiachsige, während im Auslände auch zweiachsige Wagen in Schnellzügen fahren. ES dürfte zweckmäßig sein, das Ergebnis der amtlichen Untersuchung der Schweizer Bundesbahnen abzuwarten, bevor man sich in weitere Mnt» wahungen. über den bedauerlichen Unfall «rgehi',
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