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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 05.07.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192407053
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19240705
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19240705
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1924
- Monat1924-07
- Tag1924-07-05
- Monat1924-07
- Jahr1924
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 05.07.1924
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r. Kapitel Erich Karstens schritt an der Seite seiner Tochter heim. Er schien noch gebückter zu gehen als sonst und seins Züge spiegelten hohe Erregung. Besorgt schaute Dora den Vater an. — Was machte ihn nur veranlaßt haben, dem Fremden so schroff, in solcher unerklärlichen Weise zu begegnen? Sonst war der Vater die Güte und Liebe selbst; kein hartes Wort kam je über seine Lippen. Und nun heute Abend? Sie stand vor einem Rätsel, dessen Lösung sie nicht sand, so viel uiü> angestrengt ihr klarer Sinn auch darüber grübelte. Endlich gab sie es auf, darüber weiter nachzudenkcn. Hatte der Vater nicht gesagt: »Tas wirst Du später erfahren?" Nun gut, wartete sie also ab, bis der Vater es für gut befand, ihr seine Gründe zu enthüllen, die ihr» bewogen hätten, Fritz Dornberg nicht aufznnehmen. — Fritz Dornberg! Ja, ob der wohl glücklich die einsame Lehmkate fand? Oder ob er die ganze Stacht aus der Heide Uwherirren mußte? Tiefes Bedauern zog durch Doras Herz. — Armer Mann, daß Dir solches widerfahren ruichlck Sie sieht ihn wieder vor sich, als sie so unerwartet ihm begegnet war. > Wie stolz aufgerichtct er vor ihr gestanden, wie die schlanke Tanne daheim im Garten! Wie kühn sein graues, kluges Auge geblickt! Wahrlich, jeder Zoll ein Mann! Und wie herzlich er lachen konnte! So herzlich, daß sie ohne weiteres davon angesteckt worden. Nein, persönliche Abneigung konnte den Vater nicht ver» anlaßt haben, diesen» Manne die Gastfreundschaft zu ver» »veigerin . ... - !"° Da war sie schon wieder beim Grübeln! Sie wollte jsa> doch nicht grübeln! — Uebrigens fand sie dazu auch garuicht mehr die nötige Zeit; denn eben erreichten sie die Gartenpforte, sie waren daheim. — Die letzten Lichter des verglimmenden Tages ließen die Umriffe eines einfachen aber stilvollen Häuschens nur noch ungenau erkennen. Hohe, alte Bäume umrauschten sein Dach. Ein kleiner Vorgarten breitete sich vor dem Gebäude aus. Der Kies auf dem breiten Hauptwege knirschte als Vater und Tochter dem Hause zuschritten. — Hinter den Fenstern huschte ein Licht eilfertig bin und her. Die alte Hanne, Karstens Haushälterin, traf sie Vor» bereituugen zur Abendmahlzeit. Da gellte die Hausglocke mit schrillem Tour i ...ch die stillen Räume. Hanne nahm die Lampe, eilte zur Haustür und blieb einige Sekunden aufhorchend stehen. Dann kraate sie: .Herr Doktor, sind Sie's?" vcyervcrgen. Rechts vom Wege «egt das Hans, Sie können unmöglich fehlen." Damit drehte er sich kurz um und sagte nur noch: „Dora komm!" Diese wußte nicht, was sie von dein sonderbaren Wesen des Vaters denken sollte und stand noch einen Augenblick zögernd. Dann aber nickte sie Fritz Dornberg mit einem um Ver zeihung bittenden Lächeln freundlich doch bedauernd zu und folgte dem Vater. Dornberg stand wie betäubt. Erich Karstens, Erich Karstens?? Er ließ alle ihm bekannten Namen Revue passieren. Doch war unter ihnen nicht Erich Karstens. Kopfschüttelnd schaute er dem Paare nach, er iah nnr noch seine Silhouetten; — jetzt waren auch diese verschwunden. — Fritz stand allein. — Ueber die weite Heide senkte sich die Nacht, über Nähen und Weiten breitete sich die Dunkel heit. — Hier konnte er unmöglich bleiben; es blieb nichts anderes übrig, als die Lehmkate auszusuchen, von der Doras Vater gesprochen. »Sonderbarer Kauz," murmelte er, sich zum Gehen anschickend, »scheint Marotten im Kopf zu haben der Alte." Der nächste Gedanke aber galt der lieblichen Heideblume, die heute so plötzlich und unerwartet ihni begegnet. Und diesen Geoanken spann er weiter, als er dann ein sam aus dem unbekannten Wege dahinschritt. Unzählige Sterne funkelten auf die stille Heide hernieder. Heller aber als alle Lichter des Himmels glänzte ihm in seiner Seele das Augenpaar Doras. Und als er sich endlich m der ärmlichen Hütte, wo er freundliche Aufnahme gefunden hatte, auf das einfache Lager streckte, da flüsterten seine Lippen ihrem Namen« i »Vkun, wenn auey nicht dre Königin, so doch ein Kind der Heide!" „Das daher auch gewiß Weg und Steg weit und breit kennt," ergänzte er heiter, »und so gütig ist, dem landfremden Fritz Dornberg," beim Nennen seines Namens verbeugte er pch leicht gegen sie, »freundlichst zu verraten, wie weit es noch dis zum nächsten Hcidedorfe ist." Bei seine» letzten Worten war er einige Schritte näher getreten und stand nun dicht vor dem Mädchen. „O, bis dahin wollten Sie noch heut?" fragte sie er staunt, bis Lüttenhagen find noch zwei Stunden tüchtiger Marsch. Aber die Sonne ist untergegangen, bald wirds dunkel sein und unmöglich können Sie weiter wandern. Sie würden sich ganz sicher verlaufen." »Ja, aber, was soll ich denn tun, ich kann doch un möglich ans der Heid« nächtigen ?" „Nein freilich, das geht nicht," entgegnete fie lachend, »da Würden Eie sich schön erkälten. Doch will ich Ihnen einen Vorschlag machen: Wenn Sie meines Vaters Gastfreundschaft anuehmrn wollen, so steht Ihnen sein Hans zur Verfügung. Sehen Eie dort drüben jene Baumgruppr? Dort ist's, in etwa zehn Minuten sind wir dort." Frch Dörnberg war der Bewegung ihres Armes gefolgt und erbkckte die ungewissen Konturen einiger Bäume. Er überlegte, sein Blick ging von der freundlichen Einladen» zur immer mehr in der zunehmenden Dunkelheit verschwindenden Baumgruppr. Gewiß, er wär« gern dem schönen Mädchen gefolgt, um den Zauber ihrer Näh« noch länger auf sich Micken zu lassen, aber «Z deuchte ihm doch zu unbescheiden. Fremd« zu belästigen. Entschieden, immerhin aber mit einer aufrichtig bedauernde« küancierung im Ton, sagte er deshalb: „Sie find sehr gütig, aber das wäre doch ein wenig zu diel verlangt, daß Eie mir wildfremdem Mann, der, wenn er Nicht seinem eigensinnigen Kopfe gefolgt wäre, jetzt wohl aufgehoben in L. fitzen könnte, — aber dennoch nie den so leichtsinnig angetretenen Weg bedauern wird —, die Gast freundschaft Ihres Hauses angedeihen lassen sollten." »Nun, wildfremd freilich, aber was tut's? Sie befinden ich m einer unangenehmen Lage, und Sie daraus zu be- reien, ist doch «ur Pflicht. Uebrigens wird sich mein Vater ehr freuen, wenn ich ihm einen Gast in feine Einsamkeit ühr«. Doch — l-»puo in tabu!» — dort kommt der Vater, kr ist um seine Tochter besorgt und sucht sie." Dornberg erblickte aussckauend in geringer Entfernung .»inen gebückt rinherschreitenden Mann. Die zunehmende Dunkelheit verhinderte ein genaueres Erkennen. »Vater," rief das Mädchen, hier bin ich." Dirser hob den Kops und blieb erstaunt stehen, als er dir Gesuchte in der Gesellschaft eines Fremden gewahrte. Die Tochter schritt schnell auf den Vater zu und Dorn berg folgte. »Ich ängstigte mich schon, Dora, weil Du so lange auS- blicbst," hätte Dornberg den Vater sagen. Doch vernahm er aus dem Klang der Watte keinen Vorwurf. „Ja, und nun mußtest Du mich Langebleiber noch kucken, Väterchen," sagte entschuldigend Dora, liebkosend den Arm um den Hals des Vaters legend, „doch habe ich mich »hne meine Schuld verspätet." »Herr Dornverg," fuhr fie jort, auf Fritz weisend, »erkundigte sich nach dem Weg ins nächste Dorf und da es bis dorthin noch weit ist und der Weg kaum für Eingeweihte in der Dunkelheit erkennbar ist, ^abe^ich Herrn Dörnberg eingeladen, bei uns über Nacht zu Der Vater war beim Nennen des Namens Dornberg zu- kmmsngezuckt, als empfinde er einen körperlichen Schmerz, kr richtete sich hoch auf und musterte den bisher nur flüchtig betrachteten Fremden vom Scheitel bis zur Sohle, als wollte er ihn mit seinen Blicken töten. Fritz trat unwillkürlich einige Schritte zurück und die Tochter griff angstvoll nach »em Arm des Vaters. Der aber schüttelte sie schroff ab unv sagte langsam, jedes Wort betonend: »Ein Dornberg tritt mcht über meine Schwelle." »Baler, Vater, was hast Du? rief Dora erschreckt, ihn mit fragende», ungewissen Blicken bettachtend. »Was ist's?" »Das wirst Du später erfahren, jetzt komm heim, Dora, eS ist dunkel geworden und der Abend ist kühl; ich stiere." „Sie werden über meine Unhöflichkeit erstaunt, empört sein, mein Herr," wandte er sich schon halb im Gehen noch ünmal ku« zu dem sprachlos dastehenden Dornberg. „Viel- Dicht find Sie in der Lage, sich später mein Verhallen erklären u können. Damit Ihnen dies leichter werde, nenne ich Ihnen meinen Namen. Ich heiße Erich Karstens. Run geben Sie. Dieser Weg führt Sie in einer kleinen -alben Stunde zu einer alten, von einem Imker bewohnten kebmkatr. Der alte Jensen^ wird. Sie für_dies« Nacht-wohl „Ja, za, Hanne, sssne nur," er;cyon von vraußcn Dora» Helle Stimme, »der Herr Doktor und sein wirdergesundeu Töchterlein." Ter Riegel wurde von drinnen rasch znrückgeschoben und . die Tür geöffnet. Hanne hielt die Lampe hoch, sodaß den beiden Ankömmlingen der grelle Schein hell ins Gesicht siel. Sie beschatteten unwillkürlich einen Moment ihre Augen mit der Hand. „Göttchen doch, Fräulein Dorchen, wo bleiben's denn so lang? Da muß sich ja unsereins die Seel' ans dem Leib ängstigen. Erst wollens um spätestens 6 hier sein, und nun hat unser Kuckuck schon lang sieben gerufen," sprudelten die Worte über die Lippen der Allen, „wollt' erst selbst suchen gehen, aber der Herr Doktor habens partout nicht znge- lassen. Ist nur gutchen, daß Sie wieder da sind." Doktor Karsten hatte das Ende des langen Redeschwalls garnicht abgewartct, sondern war gleich in sein Studierzimmer getreten. Dora hing ihren Hut an den im Flur stehenden Kleider ständer, nestctkr den Kranz ans ihrem Haar und legte chn mit dem Strauß zusammen auf ein kleines Tischchen, das unter einem oval geformten Wandspiegel stand. Dann sagte sie be schwichtigend, indem sie vor dem Spiegel stehen bleibend, sich das braune Haar glattstrich: »Nun, Hanne, ich meine, ich bin schon öfter in der Heide gewesen und Du brauchst um mich nicht solche Angst zu haben, wie um ein Baby. Du sollst ein ander Mal erfahren, warum ich so spät komme. Jetzt nur schnell, damit wir gleich Abendbrot essen können. Ist der Tee schon aufgebrüht?" Hanne machte ein ticfgekränktes, beleidigtes Gesicht und sagte nur: »Schon lange!" Damit zog sie sich brummend in ihr Reich, die Küche, zurück, wo sie die unumschränkte Herr schaft führte. — Eine halbe Stunde später hatte man die einfache Mahl zeit eingenommen. Hanne räumte schweigend den Tisch ab und hantierte dann in der Küche umher. Die gute Seele war höchlichst ver stimmt. Das hatte man für alle Sorge und Liebe. Am besten, man sagte garnichts mehr. — Jil dem traulichen Wohnzimmer saßen sich Vater und Tochter schweigend gegenüber. Das vom grünen Schirm ge- dämpste Licht der kupfernen Hängelampe beleuchtete einen einfachen aber höchst gemütlich und anheimelnd eingerichteten Raum. Auf den ersten Blick überzeugte man sich davon, daß er hauptsächlich dem Zwecke eines Studierzimmers diente, daß hier ein Gelehrter wohnte. An den beiden Längswänden waren fast bis zur Decke reichende Bücherregale ausgestellt. Hunderte von vergilbten und zerlesenen Folianten waren in langen Reihen peinlich geordnet in ihnen aufgereiht. Hin und wieder blitzte auch der Golddruck auf den» Rücken eines neueren Buches unter den alten Kameraden auf. Zwischen den beiden von blütenweißen Gardinen eingerahmten Fenstern hatte ein großer eichener mit Manuskripten besäter Schreib tisch seinen Platz. Neben ihm lagen dickbauchige Herbarien und verschiedene Psianzenprcssen. Rechts vom Schreibtisch des Vaters stand auf einen: Fenstertritt der zierliche, un Nokokostil zehaltene Nähtisch Doras. Oft fanden sich hier beide zu gemeinsamer »Arbeit ein, der Vater schreibend und Pflanzen bestimmend, Dora mit einer Handarbeit beschäftigt, dem Vater Gesellschaft leistend. — Erich Karsten hatte sich in den bequemen Lehnstuhl weit znrückgelegt und sah sinnend in die Helle Flamme der Lampe bis ihm die Augen schmerzten. Den klugen Kopf mit den durchgeistigten Zügen bedeckte schon gelichtetes graues Haar. Die hohe Stirn verriet den Denker und das scharf zu sammen gemeißelte Kinn zeugte von großer Energie. Jetzt ging ein müder Zug durch sein Gesicht. „Du bist müde, Väterchen," brach Dora endlich das Schweige», „willst Du nicht schlafen gehen?" " »Nein Dora," sagte er, sich aus seiner zusammengesnnkenen Haltung straf aufrichtcnd, »ich bin Dir iwch die Erklärung schuldig für mein Dir gewiß undefinierbares Verhalten heute Damit Du mich verstehst, muß ich weit ausbolen." Dora sah den Vater gespannt und erwartungsvoll an. ' Dieser fuhr sich leicht mit der Hand über die Stirn, starrte noch eine Zeitlang vor sich hin und begann, zuerst nach Worten suchend, stockend, wie, wenn er mit seiner: Gedanken weit abwesend sei, allmählich schneller und lebhafter werdend: „Was Du jetzt hören wirst, Dora, wußten außer mir nur roch zwei Menschen: Deine Mutter, die schon lange Jahre auf oem Friedhöfe der fernen Stadt schlummert und der Vater des Mannes, den Du heute Abend sahst, den: ich die Schwelle Meines Hanfes nicht zu überschreiten gestattete. Du würdest es vielle:cht nie erfahren haben, wenn Dich der Zufall «richt heute nrit den» Fremden zusammengesührt hätte. — Müc waren dabcim drei Geschwister, «ne Sckwelle» und zwei ge vergötternde Brüder. Mein Vater bekleidete, wk« Du weißt, das Amt eines Geistlichen in einem kleiner ponirnerschcn Landstädtchen. Unsere Jugendzeit floß heiter und ungetrübt dahin, rvie ein sonniger Frühlingstag. Di« Schwester, sie trug Deinen Namen, wurde vor: urrs Brüdern geliebt, wie wohl selten Brüder ihre Schwester lieben. Weh« dem, der es rvagte, ihr auch nur einen scheeler: Blick zuzuwerfen, er bekam sicher unsere Fäuste zu spüren. — Mein Bruder starb früh: Er badete «IS Gymnasiast in dem Flüßchen, das durch unsere Stadt floß; --- dabei ertrank er. Nun hing ich mit doppelter Liebe au der Schwester. —- Die Jahre schwanden, ich bezog die Universität. — Daker und Mutter hatten nicht mehr die Freude, mich in Amt und Würde:: zu sehen; sie starben schnell hintereinander, eh« ich meine Studien vollendet. Jetzt war die Schwester ganz aus mich angcwiese«, ich mußte ihr alles sein: Baker, Mutter und Bruder. Und Gott weiß es, daß ich mich der Pflichten gegen sie im vollsten Maße bewußt, ihr Halt und ihr« Stütze wurde. — Nach dem Tode der Eltern fand sie ein vorläufiges Unterkommen vei entfernten Verwandten, und als ich meine erste Anstellung als Lehrer in Brodenhausen an der dortige« höheren Töchterschule erhielt, nahm ich Dora zu mir. — Sie war zu einer herrliche» Schönheit erblüht. Kein' Wunder, daß man sich die Augen nach ihr ausdrehte, daß sie der Stern in allen Gesellschaften, auf allen Bällen war. — Ein halbes Jahr nach meiner Anstellung bekam Broden hausen einen neuen Amtsrichter. — Und wenn ich nicht wüßte, daß, wenn er noch lebte, er heute ein alter Mann sein müßte, ich hätte geglaubt, ihn wieder vor mir zu sehen, als ich Deinen Fremden erblickte — der Sohn ist das getreue Abbild seines Vaters. — Dornberg war ein Mann von Welt und Bildung, «'n ausgezeichneter Gesellschafter, ein kluger Jurist, dem man Karriere prophezeite. — Bei einem Wohltätigkeitskonzert trafen wir zum ersten Mal zusammen. Dora sehen und sich für sie begeistern war eins. Dieser ersten Begegnung folgten rn Kürze andere. Bald merkte ich, daß auch Dora der schöne Mann nicht gleichgiltig war. Sie erwiderte seine Neigung mit der Innigkeit und Aufrichtigkeit ihrer achtzehn Lenze. — Der September ging durch die Lande, just um die jetzige Zeit war cs, da ließ sich Dornberg bei mir melden. Ich wußte, weshalb er kam! »Machen Sie Dora glücklich," war oer eine Wunsch, den ich ihm ans Herz legte. — O, der Elende! Im Dezember, kurz vor Weihnachten, wurde Dörnberg an das Landgericht nach H. versetzt. Im nächsten Frühjahr sollte die Hochzeit sein. — — Dora war den ganzen Winter hindurch eifrig beschäftigt, ihre Ausstattung zu besorgen. Heller und fröhlich sang und jubelte sie. Mir kam sie vor wie ein Vogel, der nun bald sein Nest bauen will. Ich freute mich an ihrem Glück, konnte eS doch für mich keine größere Freude geben, als die geliebte Schwester glücklich zu wissen. — > Ms die ersten Staare zurückkehrten und den «reue»« Frühling anzeigten, wurde Dora von Tag zu Tag stiller und blasser. Ich war damals gerade stark beschäftigt, ich arbeitete an der Dissertation zu meinen« Doktor und hatte nicht Zeit, DoraS verändertes Wesen zu bemerken, legte ihm auch wohl' nicht die richtige Bedeutung bei. Eines Tages aber fand ich sie mit verweinten Augen. Bei meinem Eintritt bemühte sie sich, einen Brief zu verbergen. Das machte mich stutzig Ich drang in sie, und nach langem Quälen und Bitten erfuhr ich alles. — Dornbergs Briefe waren immer kühler und gleichgiltiger geworden, immer seltener hatte er geschrieben, und der Brief, den Dora heute erhalten, teilte ihr mit, daß er ihr sein Wort nicht halten könne, daß er das Verhältnis löse» müsse. »Gründe," meinst Du? Ausreden, Redensarten ist richtiger. Er hatte sich in seiner Neigung zu Dora geirrt, schrieb er, sie möge ihm verzeihen und ihm sein Wort zurückgeben. Ich raste, ich wollte zu ihm, um den Elende» zu züchtigen. Nur Doras inständige Bitten bewöge»« mich, davon abzustchen. — Später erfuhr ich, daß Dornberg schon im Herbst des selben Jahres eine steinreiche Erbin geheiratet hatte. — — M«t tiefem Schinerze sah ich, wie die heißgeliebte Schwester langsam dahinsiechte. Und als der Herbst die erste» welken Blätter streute, da fielen sie auch auf daS Grab der teuren Fortsetzung folaü
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