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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040402028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904040202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904040202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-02
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Anzeigen-PreiS die «gespaltene Petitzeile 25 Reklame» unter de« Redottion-stcich (4gespült«) 78 »ach den Famittenuach- richte» (Sgespalt«) 80 Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisung« und Ossertruannahme 28 »z. ßktra-veUa«« (gefalzt), nur mtt der Morgen »Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^l 7V.—- AtM«H«efchl»sz für Anzeis«: Lbrnd-Lll-gab«: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeige» sind stet» au die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen gröjfuet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Paiz in Leipzig tJnh. vr. R. » «. Kltnthardt). Nr. 18S. Sonnabend dm 2. April 1904. 88. Jahrgang. Var Mchtigrte vom Lage. * Die Nachrichten der „Braunschw. LandeSztg." über die Vorgänge am Kopenhagener Hofe und du gescheiterten Annäherungsversuche des Kaisers an den Herzog von Cumber land werden jetzt auch von welfischxr Seite bestätigt. * Handwerker der Militärwerkstätten in Spandau werd« dieser Tage nach Südwestafrika abgehen; sie haben die Aufgabe, die Fahrzeuge, die Ausrüstungsgegenstände in stand zu halt« und unsre Truppen auf ihren Expeditionen geg« die Herero zu begleiten. * Das russische Geschwader verließ Port Arthur, »ahm einen japanischen Dampfer und versenkte ihn. sptererrame -ksttchlütre. (Die Swakopmunder Bürger über den Ausbruch deS Herero-AufstaudeS.) Die in der Presse verbreiteten Nachrichten, daß der AuSbruch des Herero-Aufstandes auf das rücksichtslose Vorgehen der Händler und Kaufleute zurückzuführeu sei, hat, wie man uns aus Swakopmund schreibt, die angesehensten Bürger, darunter die Mitglieder des Beirats, die Vertreter der hervorragendsten Firmen, veranlaßt, ganz energisch dagegen zu pro- testieren. Die Versammlung fand im Hotel zum Fürsten Bismarck am 15. Februar statt. Herr Schleuk- Werder eröffnete die Versammlung und verbreitete sich kurz über ihren Zweck; er beklagte es, daß der Gouver neur Oberst Leutwein, als er aus dem Süden wieder in Swakopmund eingetroffen sei, keine Fühlung mit der Bürgerschaft genommen habe. Herr v. Michaelis, der lange unter den Herero gelebt und deren Sprache, wie er betonte, vollkommen versteht, erklärte, daß es jedem klar sein müsse, daß die Regierung viel zu vertrauensselig gegen die Herero gewesen sei. Sie seien nicht das friedliche und zufriedene Volk, als welches es oon der Regierung stets bezeichnet und behandelt wäre; nie hätten die Herero den Gedanken, bei gün stiger Gelegenheit die verhaßte Herrschaft der Weißen abzuschütteln, aus den Augen verloren, und für diesen Fall hätten sie sich schon längere Zeit vor bereitet. Der Munitionsschmuggel von Angola sei ihm längst ausgefallen; er habe mit seinem Kompagnon bereits im Oktober 1902 der Bezirkshauptmannschaft Windhoek über diesen Schmuggel Mittellungen gemacht, aber keinen Glauben gefunden, und als sie Jahr später zur Bekräftigung ihrer Meldungen protokollarisch der Re gierung zu Windhoek aussagten, wie viel Munition sie einer kleinen Truppe Ovambos abgenommen, sei seitens der Regierung wenig dagegen getan worden. Nach dem Bericht der „Deutsch-Südwestafr. Ztg." führte Herr von Michaelis noch aus, daß in der letzten Zeit unter den Waterberger Herero die Festlegung der Reservatgrenze große Erbitterung hervorgerufen habe. Er glaube, daß die Herero die Absicht' gehabt hätten, mit möglichst viel geraubtem Vieh über die Grenze zu gehen und sich in Britisch-Betschuanaland eine neue Heimat zu gründen. Der bekannte Farmer Schlettwein aus Warmbad gab zu, daß wohl einzelne gewissenlose Händler lieber- griffe gemacht hätten, aber es sei Pflicht der Regierung gewesen, solche Fälle streng zu bestrafen; den redlichen Händlern würde dadurch nur gedient. Die Herero seien aber im allgemeinen viel zu schlau, um sich betrügen zu lassen, sie seien Meister in der Kunst des Lügens und Be trügens; er glaube, daß die Herero in der letzten Zeit die vielen Schulden deshalb gemacht hätten, um auszu kneifen, auch die Meinung sei nicht von der Hand zu weisen, daß sie vielleicht die Schulden gemacht hätten in dem Glauben, in dem beabsichtigten Kriege die unbe quemen Gläubiger bei Seite zu schaffen. Lächerlich wäre es, in den Uebergriffen einzelner Händler die Ursache für den so wohl überlegten und so vorzüglich organisierten Aufstand zu erblicken. Es wäre töricht zu glauben, daß ein Volk wie die Herero, das fest Jahrhunderten als freies Nomadenvolk ungehindert umhergezogen sei, in wenig mehr als 10 Jahren seine frühere Freihell und Un gebundenheit vollkommen vergessen habe. Die Regierung habe eine verkehrte Eingeborenenpolitik betrieben; es sei ein Fehler gewesen, das Damaraland von fast allen Truppen zu entblößen. Der Abzug der zweiten Feld- kompagnie von Omaruru nach dem Süden sei das Signal zum Aufstande gewesen, die Wellen des Hasses und der Erbitterung seien nunmehr über die Dämme geschlagen. In demselben Sinne sprachen sich die Herren Werke und Denker aus; der erstere war darüber unzufrieden, daß die Regierung, welche sich den Alleinverkauf der Patronen Vorbehalten hatte, auf einzelnen Hauptstationen nicht genügend Vorrat gehabt hätte. Herr Denker gab folgende Darstellung von der Auf fassung der Christenpflicht mancher Missionare. Im Be ginn des Aufstandes hätte sich Händler Friedrich in das Haus des Missionars zu Otjosazu geflüchtet. Die Herero hüllen ihn gesucht und den Missionar gefragt, ob Fried rich sich im Hause befinde. Der Missionar hätte erwidert, ja,denn er dürfe nicht lügen, und Fried- rich veranlaßt, das schützende Haus zu verlassen. Friedrich sei dann von den Herero e r - schlagen worden. Am nächsten Tage hätte er in ähn licher Weise den Händler Franke den Herero ausgeliefert, der ebenfalls ermordet worden sei. Definitive Beschlüsse wurden nicht gefaßt, es wurde nur beschlossen, die falschen Meldungen über die Ursachen des Herero-Aufstandes zu widerlegen. Da diese Herren bis zu einem gewissen Grade Partei sind, werden wahrscheinlich ihre Ansichten auch der Kor rektur bedürfen. Als Material sind ihre Aeußerungen aber von größtem Werte, denn Kenntnis von Land und Leuten ist ihnen sicher in höherem Maße eigen, als den meisten Regierungsbeamten. Der russisch-japanische Krieg. Verhängung de» V«lagerung»rnstande» über Rtnffcheoang. AuS Niutschwang meldet das „Reutersche Bureau": Der Konsul der Vereinigten Staaten Miller hat den hier wohnenden Amerikanern bekannt gegeben, daß die Vereinigten Staaten die russische Erklärung, die den Belagerungszustand über Niutschwang verhängt, annehmm. DaS amerikanische Kanonenboot „Helena" geht heute ab; daS englische Kanonen boot „Espiegle" wird neue Instruktionen abwarten. Die Uebernakme der Gewalt durch die Ruff« ist ohne Zwischen fall vor sich gegangen. Die Bewohner verhalten sich ruhig, wenngleich einzelne ihre Habe in Sicherheit bringen. Es verlautet, sobald die gegenwärtig hier liegend« 11 Dampfer geladen und die Zollformalitäten erledigt hab« werden, sollen Hasen und Fluß geschloffen und Minen gelegt werden. Die Vorbereitungen für die Verteidigung der Stadt werden eifrig betrieben. Erfolg« der Japaner zu Lande. * Japanische Privatnachrichtea auS Tokio be sagen, die japanischen Trupp« hätten, nachdem sie am 28. März die Russen au» Tschöngdschu verdrängt hätten, einen Tag Rast gemacht und seien am nächst« Tage nach Jöngtschu vorgerückt, von wo sie nach kurzem Gefecht die Russe» weiter nach Nord« gedrängt hätten. Die Ruff« zögen sich jetzt auf Un;an zurück. An» V«rt Arthnr. Der „Ruff. Telegr. Agentur" wird aus Port Arthur gemeldet: DaS vereinigte russische Geschwader verließ am 26. März Port Arthur und nahm Kurs aus die Miantan-Juseln. Dabei wurde vom „Novit' aus ein Dampfer bemerkt, der eine chinesische Dschunke schleppte. Er machte erst nach dem zweite» Schuß d«S Torpedo boots „Knimatrluy'Halt. ES war der japanis che Dampfer ,Humien Marn", auf dem man 10 Japaner, 11 Chinesen, .verschiedene Papiere und Depeschen »ud außerdem zwei Wbitehead- TorvedoS vorsand. Die Mannschaft wurde a» Bord der russisch« Schiffe genommen, der Dampfer ins Schlepptau genommen und später versenkt. Darauf schloffen sich der „Novit" und die Torpedo boote dem Geschwader wieder an, daS nach Port Arthur zurück- kehrte. Am 29. März wurde die 6. Wiederkehr deS Jahrestags der Besetzung von Port Arthur durch die Russen durch ein« Gottesdienst und Trupvenparade be gangen. Am 30. März wurden die bei dem nächtlich« Seegefecht vom 27. März gefallenen Mechaniker Aoerer und 7 Matrosen vom Torpedoboote „Silny" unter zahlreicher Beteiligung bestattet. — Großfürst Boris Wladimirowitsch ist am 30. März in Port Arthur eingetroffen und von den Behörden, sowie von der Be völkerung festlich empfang« worden. Am Donnerstag ist der Statthalter Alexejew mtt General DhilinSky in Port Arthur eingetroffeu, um die Schiffe des Geschwader» zu besichtigen. Im Rayon ist alles ruhig. Chinesen ««ter japanischer flagge. „Reuters Bureau" meldet aus Petersburg: Die Untersuchung über die durch russische Torpedoboote bei den Elliot-Juseln erfolgte Auffindung und Wegnahme eine» unter japa nischer Flagge fahrenden Schiffe- mtt chinesischer Mannschaft, Munition und Proviant ergab die Bestimmung dieser Kontre- bande für eine japanische Truppenabteilung, die kürz lich auf der Insel Haiudo gelandet wurde, die gleichzeitig mtt Port Arthur und Dalny von China au Rußland abgetreten war und aus der die Russen ein Kohlendrpot hab«. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2. April. Eine ultramontane Stttprobe. Ueber den sittlich« Tiefstand der ultramontan« Preffe ist schon vielfach, auch von ultramontanen Führe« selbst, Klage geführt Word«. Man sollte annehmen, daß die Ton art dieser Presse sich etwa» heb« würde, je weniger Ursache zur Unzufriedenheit in ultramontanen Kressen vorhanden ist. Anstatt dessen geht zur Zeit ein Artikel durch die klerikale Preffe, der u. a. auch im Straßburger „Elsässer" zum Abdruck kam und folgend« Wortlaut hat: Der Jesuitenkoller. „Im Deutsch« Reich«, dessen dauerndes Heil, wie mänuiglich bekannt, nur von der Friedens- und Kulturarbeit de« Evange lischen Bundes zu erwart« ist, gibt e« wvndersame Propheten, der« Gebaren die Satire förmlich herausfordert. Seitdem, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, die Nachricht von der Aufhebung de» 8 2 deS JesutteugesetzeS sie getroffen, biet« gewiss« Kreise da» Bild einer mtt Kaulquappen bevölkerte» Pfütze, in der ein plötzlich hineingeworfruer Stet» hell« Aufruhr hervor gerufen ... I» gewöhnlichen, ruhig« Zett«, d. h. Wen» die Sonne der Regierungshuld ihn« leuchtet, und die bös«, frieden störenden Ultramontau« kräftig niedergehalt« werd«, fühl« sie sich pudelwohl. In den anmutigst« Bewegung« plätschern sie in de» Waffe« der Voraussetzungslosigkeit der GlaubrnSlosig- keit und der „Toleranz". Senn ab« die Sonne höher« Gnade sich zu verfinst«» scheint, weun eS d« Anschein hat, als solle den Katholik« auch einmal ihr Recht werde», wenn gar das Gespenst d« völkerverheereude» Jünger Loyola fich nähert, daun gerät der ganze Schwarm in Aufruhr, und die hocherlruchtete Gesellschaft verfällt de« Jesuiteukeller. Eine merkwürdig, Krankheit I 40 Prozent Unwissenheit, 40 Pro zent Lutherzor», IS Prozent ftn« Eigenschaft, der« ko»tra- diktorischeS Gegenteil Gescheitheit gemmut wird, etliche Prozente Bosheit und Lächerlichkeit, da- stad die kow- stituierenden Bestandtelle des Nährbodens, auf dem der Bazillus dies« mörderisch« Seuche gedeiht, die seit 30 und mehr Jahr« gerade die „gebildet« und besitzend«" Klaff« des deutsch« Volke» in schreckmerregender Weise Heimsucht. Bazillen sind im allge mein« recht ungemütliche Geschöpfe. Während ab« ge wisse Art«, wie der Hühnercholera- und der RotzbazilluS allenfalls noch mtt sich red« lass«, ermesst sich der Bazillus deS Jesuitenkoller» als jeder therapeutischen Behandlung völlig unzugänglich. W« « einmal erfaßt hat, der ist und bleibt verseucht. Uud so «leb« wir deuu die eigentümliche Erscheinung, daß liberal« Professoren, die doch soust auf 99prozentige Weisheit geaicht sind, schon beim bloß« Klange des Wortes .Lesutt" au Denkstarr« zu leiden beginn«: daß ge wisse liberale ZettungSkomponisteu, in denen der Geist der Toleranz in Permanenz residiert, in dies« Tag« ihr« Mund nur mehr öffnen, um da» zu tu», was Bileam ursprünglich hätte tu» wolle», daß sogar die Kerntruppe» deS Liberalismus, die abgebrühteste« Bierphilister, vor d« viel« Gänsehäute», die sie überlauf«. Feuilleton. sj Das Testament des Bankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck verboten. Sie waren gestern während des größten Telles des Tages und auch abends mit Herrn Mainwaring zu sammen; stimmt das?" „Bezüglich des Tages, ja; abends indessen sah ich ihn nur bei Tisch und dann noch einmal auf kurze Zell zu später Stunde." „Ist Ihnen im Laufe des gestrigen Tages etwas Un gewöhnliches in seinem Wesen aufgefallen?" „Allerdings. Es war dies gleich nach dem Früh- stück, als das Testament niedergeschrieben wurde. Da erschien er mir öfter nicht ganz bei der Sache und offenbar bedrückt. Nach einiger Zell gab sich das aber wieder." „Hegten Sie irgend eine Vermutung betreffs dieser Stimmung?" „Ja. Ich schrieb sie dem Gespräch beim Frühstück zu, das Herr Whitney schon in seinen Mitteilungen er wähnte." „Sie meinen das Gespräch bezüglich eines gewissen Richard Hobson?" „Ganz recht." „Können Sie Auskunft geben, ob Beziehungen zwischen diesem Manne und Herrn Mainwaring bestanden und, zutreffenden Falles, welcher Art diese Beziehungen waren?" Die schwarzen Federn des Fächers von Frau La Grange zeigten plötzlich eine leise zitternde Bewegung, ihr Busen begann zu wogen und ein nervöses Zucken ging über ihr Gesicht. Sie bezwang indessen diese Zeichen innerer Aufregung schnell und erlangte ihre äußere Ruhe vollkommen wieder, als Herr Skott antwortete: „Ich habe keine Kenntnis, ob in letzter Zeit noch Be ziehungen stattbatten, das aber weiß ich bestimmt, daß Herr Mainwaring vor Jahren mit dem Manne in engster Beziehung gestanden hat." „Erklären Sie sich deutlicher", sagte der Coroner ziemlich unwirsch, während ein Gemurmel, gemischt von Ueberraschung. Staunen und Unwillen, den Saal durch lief, sogleich aber wieder verstummte, als der Zeuge mit fester Stimme fortfuhr: „Hobson wurde, ehe Herr Mainwaring hierher kam, von ihm in England als Anwalt benützt und hat seitdem mehrmals Geld von Herrn Mainwaring durch die Drohung erpreßt, ihn im Weigerungsfälle „der be wußten Sache wegen" an den Pranger zu stellen." Die Stille, die nach dieser Aussage eintrat, sprach deutlicher, als irgend eine Kundgebung es vermocht hätte. Jedes Auge hing an dem jungen Manne. Er fühlte das, obgleich sein Blick nur auf das Gesicht des Coroners ge richtet war, und darauf erkannte er, wie in einem Spiegel, den Eindruck, den seine Worte auf die ganze Versamm lung gemacht hatten — den Unglauben und die Ent rüstung, womit seine Enthüllung ausgenommen worden war. Trotzdem bewahrte er seine vornehme Haltung und seinen Gleichmut und sah dem Coroner fest ins Auge, als dieser mit einer gewissen Strenge sagte: „Herr Zeuge, Sie sprechen da eine schwere Beschuldi gung gegen einen Mann aus, der sich nicht mehr ver teidigen kann und der in den weiten Kreisen seiner Be kanntschaft allgemein für einen Ehrenmann galt und als Geschäftsmann über jeden Vorwurf erhaben dastand." „Dessen bin ick mir vollständig bewußt", entgegnete Skott geniessen, ,-ich sagte aber nichts, was ich nicht ver antworten kann. Unter der Privatkorrespondenz Herrn Mainwarings wird man den Beweis für meine Aussage finden. Sic verlangten eine nähere Erklärung, weshalb ich den Grund von Herrn Mainwarings Verstörtheit in dem plötzlichen Auftauchen dieses Hobson vermutete, und ich habe daher angegeben, worauf sich meine Vermutung stützt." „Wann hat Hobson zum letzten Male den Versuch einer Erpressung gemacht und mit welchem Erfolge?" „Aus den mir zu Händen gekommenen Briefschaften habe ich ersehen, daß das etwa vor drei Jahren der Fall war und er daraufhin fünftausend Dollars erhielt. Auf diese Sendung bezieht sich ein im unverschämtesten Tone gehaltenes Schreiben HobsonS, worin er sagt, daß ihn daS Geld zwar eine Zeit lang über Wasser halten und er nicht gleich wieder schreiben würde, Herr Mainwaring sich aber nicht einbilden solle, ihm jemals entwischen zu können, da er, Hobson, sich stets über seinen Aufenthalt auf dem Laufenden erhalten und ihn künftig auch einmal besuchen würde." „Können Sie den Mann beschreiben?" „Nein; ich habe ihn nie gesehen." „Wie sah der Fremde aus, der gestern nachmittag bei Ihnen gewesen sein soll?" „Er war eine vornehme Erscheinung, etwas über Mittelgröße, ziemlich blaß, mit dunklem Haar und Schnurrbart; er trug einen schon etwas fadenscheinigen Anzug von leichtem Wollstoff und eine dunkle Brille." „WaS wollte er?" „Er wünschte Herrn Mainwaring in wichtigen Ge schäften zu sprechen. Zuerst schien er eS sehr dringend zu haben, als ich ihm aber sapte, daß Herr Mainwaring nicht zu Hause wäre und sich auch die nächsten beiden Tage kaum geneigt finden würde, Geschäftsbesuche zu empfangen, entschloß er sich, die beabsichtigte Besprechung auf einen gelegeneren Tag zu verschieben und eine Be nachrichtigung Herrn Mainwarings abzuwarten." „Er hinterließ also jedenfalls seine Adresse?" „Ja, seine Karte mtt dem Namen I. Henry Car ruthers auS London und der Notiz Arlington-Hotel." „Fiel Ihnen in dem Wesen deS Herrn oder sonst irgend etwa» auf?" „Nichts, als der mich befremdende Umstand, daß Herr Carruthers sowohl von der Aussetzung deS Testa ments wie über den Erben vollständig unterrichtet zu sein schien, während sein Name Herrn Mainwaring durch aus unbekannt war." Dem Coroner kam bei dieser Aussage augenschein lich ein plötzlicher Gedanke, denn er schrieb schnell einige Zeilen auf einen Zettel und reichte diesen Herrn Whitney, worauf dieser zu George Hardy trat und ihn mtt einem Auftrage fortschickte. Dann begann der Coroner wieder: „Herr Zeuge, Sie gaben vorhin an, gestern zu später Stunde noch einmal bei Herrn Mamwaring gewesen zu sein. Was führte Sie zu ihm und wo sprachen Sie ihn?" „Kurz vor elf Uhr verließ ich mein Zimmer, um im Park noch eine Cigarre zu rauchen. Lu» der HauStüre tretend, traf ich Herrn Mainwaring, der im Begriffe war, sich durch die große Halle nach seinen Zimmern zu be- geben. Er bat mich, ehe ich schlafen ginge, noch einmal in die Bibliotbek zu kommen, weil er mir noch einige An- Weisungen für den nächsten Tag zu geben hätte. Etwa eine halbe Stunde später schlug ich den Rückweg ein und schritt nach der Bibliothek, hörte aber darin eine Stimme sehr laut und zornig sprechen und wartete deshalb auf dem Korridor, bis Herr Mainwaring wieder allein war. Er gab mir nur mrz seine Befehle und entließ mich dann wieder." „War Ihnen die Stimme, die Die hörten, fremd oder bekannt, und konnten Sie verstehen, waS gesprochen wurde?" „Es war die Stimme der Haushälterin; sie sprach so laut, daß ich alle» hören mußte, und da das, was sie sagte, durchaus nicht für meine Obren bestimmt war, zog ich mich außer Hörweite zurück und wartete, bis sie heraus kam." „Wurden Sie von ihr bemerkt?" „Im ersten Augenblick schien mir das nicht, da sie, ohne mich anzusehen, in großer Aufregung an mir vor überstürmte, dann aber, als ich an die Tür der Bibliothek klopfte, sah ich, wie sie sich plötzlich umdrehte und meinen Eintritt beobachtete." „Sie sagten, daß Frau La Grange so laut und zornig sprach, daß, so lange Sie an der Tür standen. Die jedes Dort deutlich vernommen hätten. Sie werden also anzu geben vermögen, um was eS sich bei dem Gespräche zwischen ihr und Herrn Mainwaring handelte. Wollen Die sich darüber näher äußern?" „Frau La Grange stieß schwere Beschuldigungen gegen Herrn Mainwaring auS. Die warf ihm vor, seinen Bruder schmäblich hintergangen und betrogen, sowie seinen eigenen Sohn verleugnet yu haben, und nun diesen sogar zu Gunsten eines Fremden seines Erbes berauben zu wollen. „Tas aber", rief sie drohend — und diese letzten von mir aebörten Worte haben sich mir besonder» eingeprägt — „da» aber soll dir nicht gelingen. Ich habe dich in meiner Gewalt. Du und deine hochnäsige, geld gierige Sippschaft — ihr sollt das Werk dieses TageS noch bereuen!" Der Sekretär sprach diese Worte mit einer fast un natürlichen Rübe, aber da» Bewußtsein, den Beweis für die Verbrechen seine» Prinzipal» in der Tasche zu haben — ein Geheimnis zu besitzen, wovon kein anderer sich etwas träumen ließ, verlieh dem Feuer seiner Auge« einen besonderen Glanz. lyorsse-ung folgt.)
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