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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040409023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904040902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904040902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-09
- Monat1904-04
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gespalten) 75 nach den Familieunach- richten (6 gespalten) 50 /H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 25 Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung .4l 70.—. Annahmeschlutz für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E- Pvlz in Leipzig (Inh. l)r. B., R. L W. Klinkhardt). Nr. M. —' l Sonnabend den 9. April 1904. Var Wchti-rte vom Lage. * Der kommandierende General des XIX. (2. K. S.) Armeekorps, General der Infanterie von Treitschke, wird sich am 15. April von der Leipziger Garnison verabschieden. * Die württembergische Regierung hat einer Kommission der Abgeordnetenkammer zugesagt, im Bundesrate für unverzögerte Einbringung und Beratung eines Gesetzentwurfes, betreffend Errichtung einer ge ordneten Arbeitervertretu-ng (Arbeitsamt), wirken zu wollen, * Die ausständigen Schlossergehülfen von Bukarcst erhielten von der Eisen- und Metallarbeiter- Genossenschaft aus Deutschland 10 000 und die Zusage, daß, solange der Ausstand dauert, weitere Hülfs- beiträge gesandt werden. Zorialäemostlalirche «na chnrMche 6emttrrch<Men in aer Zcblveir. Ll.-O. Bern, 7. April. Die gewerkschaftliche Organisation in der Schweiz ist jüngeren Datums. Sie ist deutschen Ursprungs; denn es waren deutsche Arbeiter, welche, nach der Schweiz gerufen, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Vereine zu bilden begannen, die aber nie längeren Bestand hatten. Dagegen bestehen die Speiseassoziationen, welche der ehr same Schneidermeister Wilhelm Weitling und der Revo lutionskopf Philipp Becker in der Westschweiz gründeten, zum Teil noch fort. Auch der schweizerische Arbeiterbund, welcher im Jahre 1873 wieder einschlief, war das Werk deutscher Arbeiter. Auf diesen Trümmern baute sich die moderne Arbeiterbewegung auf, die heute, obwohl sie noch in -en Anfängen steyr/nutzezu 20—25 Prozent'Ml?rFr- beiter umfaßt, dagegen politisch und konfessionell in un gezählte Duodezvereinc und Verbände zerschlagen ist. Die stärkste Organisation ist der schweizerische Gewerkschaftsbund, der 26000 Mitglieder zählt, iiber die ganze Schweiz sich ausdehnt und wahr scheinlich sozialdemokratisch ist. Nicht viel schwächer sind die katholischen Arbeiter organisiert, die in den katholischen Männer- und Arbeitervereinen, Piusvereinen, Gesellen vereinen, Krankenkassen usw. tätig sind. Speziell frei sinnige Vereine oder konservative Verbände, die sich vor- herrschend aus Arbeitern zusammensetzen, gibt es wenige, da hier der Klassencharakter der Arbeiter nicht zum Aus- druck kommt. Nun ist seit Jahren der Versuch gemacht worden, die sozialdemokratischen und christlichen Gewerkschaften zu i. reinigen und zu einem konfessionell neutralen Verbände zusammen zu schweißen. Dieser Versuch ist aber jetzt gründlich gescheitert. Der Gewerkschaftskongreß, der gestern in Luzern tagte, hat diese Allianz mit 147 gegen 73 Stimmen von der Hand gewiesen. Auf sozialdemo kratischer Seite waren es Arbeitersekretär H. Greulich und Oberrichter Lang-Zürich, welche dieser höchst unnatür lichen Verbindung das Wort redeten, während auf katho lischer Seite der katholische Pfarrer und Professor Jos. Buk in Freiburg und Nat.-Rat vr. C. Decurtius den Zu sammenschluß mit den christlichen Gewerkschaften befür worteten. Es bleibt danach beim alten Zustande, die sozialdemokratischen Gewerkschaften werden fortfahren, die christlichen Brudervereine zu hassen, zu verfolgen und einander die Erfolge abzujagen, während die katholischen Arbeiter unter der Führung ihrer Geistlichen der ultra montanen Partei nach wie vor Heercsfolge leisten und der konfessionellen Verhetzung dienen. Es scheinen jene kon fessionellen Besonderheiten zurückzukchren, welche vor 1798 im Kanton Glarus herrschten, wo die Parität derart ins Extreme ging, daß der Kanton reformierte und katho lische Pompierkorps, Lohnkutscher, Briefboten, Militär kontingents und Pulvcrtürme aufwics und die Leitung der Staatsgeschäfte abwechselnd in reformierten und katholischen Händen ruhte. Der Konfessionalismus feiert heute Orgien, weil überall da, wo die Katholiken die Mehrheit haben, ihnen die Interessen Roms näher liegen als das Wohl des eigenen Vaterlandes. Der Zulrtanä clrr Herero. Die Einkreisung der Herero macht weitere Fortschritte. Die einzelnen Stämme haben sich in größere oder kleinere Gruppen zusammengezogen, die bei Owikokorero, Oganjira, am oberen Swakop, Oruware, am Brandberg, Waterberg und mittleren Omuramba sitzen. Die Verteilung der deutschen Streitkräfte ist gegenwärtig folgende: Ostabteilung: Major v. Glasenapp, 9 Offiziere, 497 Mann, 4 Geschütze, 2 Maschinengewehre, seit 2. April in Otjikuoko. Hauptabteilung: Oberst Dürr, 30 Offiziere, 612 Mann, 8 Ächtzütze^L Maschiueu-ewehir «» P April Bon Okahandja aus Otjosasu vorgerückt. Westabteilung: Major v. Estorfs, 7 Offiziere, 250 Mann, 4 Geschütze in Okahandja. Besatzungs- und Etappentruppen: an der Ostgrenze in Epukiro, Gobabis und Oas 1 Offizier, 50 Reiter und Reservisten. An der Eisenbahn in Windhoek, Okabandja, Karibib, Kubas, Swakopmund stärkere, in allen kleinen Stationen schwächere Be satzungen, im ganzen 16 Reserveoffiziere, 804 Reiter und Reservisten. Jn Otjimbingwe: 1 Reserveoffizier, 3 Reiter, 32 Wehrfähige. An der Westgrenze in Omaruru und Outjo: 6 verwundete Offiziere, 100 Reiter und Reservisten. An der Nordgreuze in Grootfontein, Otjituo zur Sperrung des Omuramba: Oberleutnant Vollmann, 60 Reiter und Reservisten, 40 Wehrfähige. Verstärkungen: im Anmarsch von Süden seit dem 20. Februar Oberleutnant Graf Stillfried, 75 Weiße, 25 Eingeborene, 2 Ma schinengewehre, 7 Maultierkarren. Hauptmann von Heydebreck, 80 Weiße, 40 Eingeborene, 4 Gebirgsgeschütze, 180 Pferde und Maultiere. — Aus der Heimat mit Dampfer „Feldmarschall" ab Hamburg, den 25. März, an Swakopmund voraussichtlich 15. April: Major von der Hehde, 16 Offiziere, 400 Mann, 6 Postbeamte, viel Eisenbahnmaterial (10 Lokomotiven, 20 Wagen), Funken-Tele graphenwagen, Verpflegungs- und Futtervorräte. Mit den Dampfern „Markgraf" und „Entrerios" ab Hamburg, den 30. März, an Swakopmnnd voraussichtlich den 24. April: Hauptmann Stahl, 15 Offiziere, 2 Aerzte, 300 Artilleristen und Kavalleristen, 1200 Pferde (darunter 300 Kavalleriepferde, 900 Bauernpferde) und das Material von 2 Feldbatterien zu 6 Geschützen. Mit Dampfer „Lucie Woermann" ab Hamburg, den 7. April, an Swakopmund voraussichtlich 2. Mai: Major v. Mühlenfels, 20 Offiziere, 6 Aerzte, 400 Mann. Anfang Mai werden sich also im mittleren Teile des Schutz gebietes befinden: 103 Offiziere, 3434 Mann (einschließlich der Reservisten und Landwehrleute), 31 Geschütze, 12 Maschinengewehre. Im Namaland steht die dritte Feldkompagnie, Hauptmann v. Fiedler, 4 Offiziere, 156 Mann, 2 Geschütze. Die Hauptkämpfe werden in nächster Zeit in dem Dreieck Okahandja-Windhoek-Onjatiberge zu erwarten sein. * Verlustliste. Das Oberkommando der Schutztruppen teilt mit: Soeben folgendes Telegramm aus Okahandja hier ein gegangen: Seesoldat Joseph Ziegelmayer, 3. Komp. II. See bataillon aus Eidorf-Köln (Rhein) heute am 4. vormittags 10 Uhr an Malaria in Omaruru gestorben, gez. Leutwein. * Tas Kaiser-Gedenkblatt, welches nach einem Entwürfe des Monarchen von dem Marinemaler Hans Bohrdt ausgesührt worden ist und an die Hinterbliebenen der in den Kämpfen gegen die Herero Gefallenen verteilt werden soll, weist ein ungemein stim mungsvolles Motiv auf. An der linken Seite des in Großformat gehaltenen Blattes erblickt man eine gewappnete Germania, die Kaiserkrone auf dem Haupte, die rechte Hand leicht auf den mit dem Reichsadler geschmückten Schild gestützt, die linke west vorge- streckt und einen Lorbeerkranz leicht herabneigend. Ein von dem Kranze herabwallender Schleier trägt die Widmung: „Gedenkblatt zur Erinnerung au . . . (folgen Name, Geburts- und Todestag des Gefallenen). Er starb für Kaiser und Reich. Ehre seinem An denken." Auf dem unteren Drittel des Gedenkblattes erblickt man das leicht gekräuselte Meer. Auf ihm nähert sich in langsamer Fahrt ein vollgetakeltes Segelschiff mit der halbmast gesenkten Flagge und dem langen Heimatswimpel, dem heimischen Gestade, von dem das Licht des Leuchtturmes herüberstrablt. Stirn und Fuß des Blattes schmücken die Symbole des christlichen Glaubens: oben das Kreuz mit der flammenden Sonne, unten der Christus- kops «vit per Dornenkrone. Daurb« Ürhb dir Tröstung des Evan gelisten Johannes: „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben lässet für seine Freunde." Der imzkch-japatlkcbe Krieg. Lhina al» Bundesgenosse Japan»? Ueber die chinesischen Truppen in der Mandschurei und Petschili bringen die japanfreundlichen „North China Daily News" folgende Nachrichten: In der Mandschurei befinden sich 24 000 Mann, zum großen Teil beritten. Außerdem stehen dort rund 40 000 Milizen zum Schutz der Städte gegen Khungusische Banden. Etwa die Hälfte davon ist leid lich bewaffnet und mit Munition versehen. Im Norden von Petschili an der Grenze der Mandschurei stehen etwa 50 000 Mann unter den Generalen Juan-Chi-Kai und Ma. Diese haben außerdem das notwendige Material, um weitere 20 000 zu bewaffnen. Unter ihren Offizieren sollen sich 150 japanische Offiziere befinden, tue ihre Nationalität verbergen und chinesische Kleidung tragen. Somit würde China etwa über 100 000 Mann verfügen, wovon etwa dreiviertel reguläre Truppen und die Hälfte auf europäische Weise aus gebildet ist. Immerhin würde Rußland, falls Chinasich eines Tages für Japan erklären sollte, mit 50000 modern ausgerüsteten und einigermaßen ausgebildeten chine 98. Jahrgang. fischen Truppen rechnen müssen, wenn diese auch an KriegS- wert den russischen und japanischen erheblich nachstehen. Zensur -er «riegsberichterstattung. Wie streng und gründlich die japanischen Behörden die Preßzensur handhaben, geht aus einer Aufzählung dessen hervor, worüber der in Kobe erscheinende „Herald" nicht berichten darf. Es ist verboten zu berichten: 1) Einzelheiten oder Berichte von taktischen Bewegungen. 2) Be richte über zukünftige militärische Bewegungen. 3) Formationen von Geschwadern und Torpedoflottillen. 4) Verluste auf japanischen Kriegsschiffen und in japanischen Transporten. 5) Tragungsfähig keit der Geschütze und Angaben über verbrauchte Munition. 6) Position und Namen der zur Operationsbasis benutzten Orte. 7) Aufenthaltsorte von Schiffen und Transporten. 8) Einzelheiten betreffend Kohlen, Zufuhr von frischem Wasser, Munition usw. Auf russischer Seite wird der Nachrichtendienst nicht minder streng überwacht, so daß man sich nicht wundern darf, wenn die Berichterstattung tagelang wenig neues zu bieten vermag. Diesmal scheint es aber die Stille vor dem Sturme zu sein. sernwirkungen de» Kriege». AuS Washington wird gemeldet: Das Staats departement ist entschlossen, vor Beendigung des Krieges keine neuen Konsuln auf die Posten in der Mandschurei zu berufen. Die bereits ernannten Konsuln werden vorläufig die konsularischen Vertretungen in Peffng, Niutschwang und Shanghai übernehmen. politische Lagerrchau. * Leipzig, S. April. „Den E-len zieret die Umkehr". In dem Organ des „Centralverbandes deutscher In dustrieller" begegnen wir der folgenden, ersichtlich offiziös inspirierten Darlegung über die Kündigung der Handels verträge: „Nach unseren Informationen liegt kein Grund zur Beun ruhigung vor. Die Reichsregierung ist von der Notwendigkeit einer ausreichenden Uebergangszeit, von den jetzigen in die neuen Ver tragsbeziehungen durchaus überzeugt und es ist wohl nur da« Mißverstehen einzelner Wendungen in der Rede des Reichs kanzlers bei dem Festessen des deutschen Landwirtschaftsrates vom 11. Februar d. I. gewesen, das zu einer gewissen Erregung Anlaß gab. Tatsächlich darf man darüber beruhigt sein, daß die Reichs regierung als eine ihrer ersten Aufgaben bei den Vertrags verhandlungen die Vermeidung von schroffen Ueber« gängen ins Auge gefaßt hat." Der Standpunkt, den die Reichsregierung augenblicklich einnimmt, ist durchaus vernünftig, so vernünftig, daß wir ihn selbstverständlich^ nennen möchten. Aber die Wahrheits liebe erfordert die Feststellung, daß der Reichskanzler diesen Standpunkt durchaus nicht immer eingenommen hat, sondern daß dieser Standvunkt ihm erst durch den energischen Ein spruch, den Handel und Industrie übten, suggeriert worden ist. Keineswegs hatte die Presse und die Bevölkerung die Rede des Reichskanzlers beim Festessen des Landwirtschaftsrates miß verstanden, das ist eine Entstellung des wahren Sachverhaltes. Der Kanzler hat vielmehr klipp und klar gesagt, es sei „das Beste, wenn sich die neuen Handelsverträge unmittelbar an die bestehenden Handelsverträge anschlössen". Unter gewissen Umständen „werde eine Kündignng überhaupt nicht erfolgen, vielmehr werden die alten Abkommen durch die neuen Ver einbarungen ohne weiteres ersetzt oder modifiziert werden". Feuilleton. 13) Das Testament des Bankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck verboten. „Sagen Sie, Herr Whitney, was halten Sie von der Geschichte, die Frau La Grange von ihrer heimlichen Heirat erzählte?" Der Anwalt schüttelte den Kopf. „Gar nichts! Ist der reine Humbug. Sie war niemals mit Hugh Main- Waring legitim verheiratet — aber freilich", setzte er zögernd hinzu, „Ihnen kann ich es ja sagen, Walter ist in der Tat sein Sohn. Mainwaring hat mir das gelegentlich einmal so gut wie eingestanden. Indessen bin ich über zeugt, daß das nicht der einzige Grund war, der dem Werbe die gewaltige Macht gab, die sie über ihn hatte. Aas das aber gewesen ist, dahinter bin ich nie gekommen. Nebenbei, Herr Skott, wissen Sie etwas Näheres von der Sache, auf die in jenen Briefen, die Sie erwähnten, hin gedeutet wird und auf die auch Hobson heute hinzielte?" „Ja." Der Anwalt sah den jungen Mann scharf an. „Sie hatten schon Kenntnis davon, ehe Ihnen noch die be- wußten Briefe zu Gesicht kamen?" „Ja." „Na, das dachte ich mir. Wissen Sie, Herr Skott, ich würde die ganze Geschichte für einen groben Schwindel dieser Abenteurerin und ihres Helfershelfers Hobson halten, wenn ich nicht aus Ihrem Verhalten die Heber- zeugung gewonnen hätte, daß Sie über das Vorleben Hugh Mainwarings mehr wissen, als Sie bis jetzt gesagt haben." Falls Herr Whitney gehofft hatte, mit dieser indirekten Frage etwas herauszulocken, sah er sich getäuscht. Das gleichgültige Wesen Skotts änderte sich nicht, er schien nur aufmerksam zutzuhören. Der Anwalt fuhr daher fort: „Mögen Sie aber auch erfahren l-aben, was Sie wollen, ich glaube, daß es in Ihrem Interesse liegen wird, das, was Sie aus der Vergangenheit des Toten wissen, für sich zu behalten." Skott, der bisher mit halb nach dem Fenster ge wandtem Gesicht wie träumerisch zugehört hatte, drehte sich jetzt plötzlich dem Anwalt voll zu. Eine auffallende Veränderung war mit ihm vorgegangen. Noch niemals hatte Herr Whitney einen ähnlichen Ausdruck auf diesem Gesicht gelesen, das ihm plötzlich sonderbar bekannt vor kam. Es schien ihm gar nicht mehr der Sekretär, der da vor ihm stand und mit kaltem Spott in den Augen und in der Stimme zu ihm sprach: „Ich bin Ihnen für den freundlichen Rat, den Sie mir erteilen, fehr verbunden, doch glaube ich selbst zu wissen, was in meinem Interesse liegt. Mich dünkt, Sie werden vollauf zu tun haben, Ihre ganze Aufmerksam keit und Sorge den Interessen Herrn Ralphs Main warings zuzuwenden." Damit schritt er, ohne eine Antwort abzuwarten, in stolzer Haltung durch die nach der Veranda führende Glastür ins Freie. Herr Whitney stand einen Augenblick wie versteinert. Dann murmelte er, dem sich Entfernenden starr nach blickend: „Donnerwetter, das war unverschämt! Und dieser Blick! Wo in aller Welt habe ich den schon gesehen? Wahrhaftig, Ralph Mainwaring scheint am Ende doch eine ziemlich feine Nase zu haben und nicht mit Unrecht hinter dem Menschen etwas zu wittern." Aehnliches dachte auch Herr Merrick. Er war gerade an die Tür der großen Halle gekommen, als Skott nach der Veranda schritt, und hatte unbemerkt dessen letzte Worte gehört. Die Treppe zur Bibliothek hinaufsteigend, sprach er zu sich: „Ja, Whitney ist gewiß ein Heller Kops, aber dieser junge Mensch ist ihm doch über und wird noch allen eine Nuß zu knacken geben. Mir ahnt, er wird mit dem, was er weiß, zu einer Zeit zum Vorschein kommen, wo die andern es am wenigsten erwarten." Eine halbe Stunde später, als der Detektiv die Biblio- thek verließ und durch die südliche Halle die Treppe hin- unterging, drangen Töne an sein Ohr, die aus dem Zimmer von Frau La Grange zu kommen schienen. Un mittelbar diesem Zimmer gegenüber befand sich eine tiefe, durch einen Vorhang verdeckte Fensternische. In diese huschte er hinein. Zunächst vernahm er nur durch die nicht fest geschlossene Tür eine sanfte Stimme. In der einen erkannte er die Stimme von Frau La Grange, in der andern die Hodsons. Dieser schien auf und ab zu gehen, denn der Klang seiner Stimme änderte sich fort während. Frau La Grange war offenbar sehr aufgeregt, denn sie sprach immer lauter und lauter und endlich ganz verständlich. „Sie sind durchaus nicht unverwundbar", hörte Merrick sie plötzlich in vollen: Zorn sagen. „Sie können nicht leugnen, daß Sie ein Mitschuldiger in dec Sache waren!" Hobson war jetzt jedenfalls dicht an der Tür stehen geblieben, denn deutlich vernehmbar klang es zurück: „Damit werden Sie mich nicht einschüchtern. Sie wissen ganz genau, daß Sic keinen Beweis gegen mich haben. Wozu denn also eine solche Drohung? Wir kennen uns doch wahrhaftig schon zu lange, als daß Sie Lust ver spüren sollten, eines Ihrer kleinen Kunststückchen an mir zu versuchen. Sie spielen ein hohes Spiel, Madame, aber noch halte ich die Trümpfe in Händen!" „Pah! die fürchte ich nicht. Vielleicht habe ich meine Karten besser gemischt, als Sie denken. Geben Sie sich keinen Illusionen hin; Sie dürften eine starke Gegnerin in mir finden!" „Sehr schöne Worte, verehrte Frau, sie führen aber zu keinem Ende. Verstehen wir doch einander: Sie wün- schen meine Dienste in dem bevorstehenden Prozeß und stellen mir Bedingungen. I ch lehne diese entschieden ab und erkläre, nicht anders Ihre Sache zu übernehmen, als wenn Sie sich meinen Forderungen fügen. Darum allein handelt es sich!" Die Erwiderung war unverständlich, offenbar jedoch für Hobson befriedigend, denn als er die Tür öffnete und vorsichtig, ehe er hinaustrat, den Flur entlang lugte, lag ein triumphierendes Lächeln auf seinem Gesicht. Frau La Grange begleitete ihn bis zur Haustür. Hobson blieb hier noch einmal stehen und zischelte: „In zwei oder drei Tagen komme ich wieder zu Ihnen. Sollten Sie mich früher brauchen, so senden Sie mir emen Boten oder telephonieren Sie in mein Burau." Sie nickte und er ging. Auf dem Rückweg nach ihrem Zimmer murmelte sie mit zornsprühenden Augen: „Schurke! Wenn mir erst meine Rechte gesichert sind, dann sollst du mich kennen lernen!" Hobson vermied sorgfältig die Vorderfront des Hauses und schlug den Kiesweg ein, der durch den Hain nach dem See und von da nach außen führte. Als ec diesen ziemlich einsamen Weg entlang eilte, kam ihm plötzlich Skott ent gegen. Obgleich persönlich noch einander fremd, hatten sie sich bei der letzten Verhandlung gesehen, und Hobson hatte erfahren, daß dies der Sekretär sei, der den Brief wechsel zwischen ihm und Hugh Mainwaring verraten hatte. Augenblicklich schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, daß es seinen Interessen dienen könnte, nähere Be kanntschaft mit dem jungen Mann zu machen. Rasch, wie der Gedanke ihm gekommen, zog er eine Karte aus der Tasche, und seinen eiligen Gang unterbrechend, sagte er mit tiefer Verbeugung: „Bitte um Verzeihung! Wenn ich nicht irre, habe ich die Ehre, Herrn Skott zu begegnen." „Allerdings", erwiderte der Sekretär kalt. „So möchte ich mir erlauben. Ihnen meine Karte zu überreichen und ergebenst hinzuzufügen, daß Sie es viel leicht nützlich finden dürften, mich — falls Sie die Mühe nicht scheuen — aufzusuchen." Skott blickte von der Karte mit forschendem Auge auf den vor ihm Stehenden. „Ah, ein ganz unerwartetes Interesse für meine Person; könnte mir sonst kaum einen anderen Beweggrund für Ihre freundliche Aufforderung denken." Hobson schien den Sarkasmus zu überhören. „Es könnte nämlich der Fall sein", fuhr er in unterwürfigem Tone fort, „daß ich im Besitze von Schriftstücken wäre, die kennen zu lernen möglicherweise von Vorteil für Sie sein würde." „Sollte dies zutreffen, so würde ich für die Ge- stattung einer Durchsicht allerdings sehr dankbar sein", entgegnete Skott ziemlich von oben herab, „setze aber voraus, daß Ihr Anerbieten ganz ohne Eigennutz, das heißt ohne jeden Gedanken an eine Entschädigung gemacht wurde." In Hobsons Augen zuckte es; eine gewisse Unruhe schien ihn erfaßt zu haben. „Augenblicklich kann ich mich nicht weiter erklären", sagte er, „denn ich habe Eile. Morgen nachmittag um zwei Uhr bin ich in meinem Bureau zu treffen. Vielleicht finden Sie dann, daß ich nicht so eigennützig bin, als Sie zu glauben scheinen; ich denke. Sie werden die Ueberzeugung gewinnen, daß ich nicht zu viel gesagt habe, sondern Ihnen in der Tat von großem Beistand sein kann. Also, wie ich hoffe, auf Wiedersehen." Hiermit verneigte er sich in seiner kriechen- den Art und setzte schnellen Schrittes seinen Weg fort.
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