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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040411028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904041102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904041102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-11
- Monat1904-04
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Nmtsvlatt des LönigNchm Land- und des Hönigtichen Nmtsgerlchies Leipzig, des Aales und des Volizeiamies -er Ltadt Leipzig. «nzekgen-PretS die 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem Redaktionöflrich (4 gespalten! 7b >N, »ach den Famülenaath« richten (vgrspalteu) 50 Tabellarischer und Hiffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sirr Nachweisungen und Ossertenannahme 25 Dtzftra-Vkilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschlutz sür Anzetge«: Ibeud-Auögabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-Autgab«: nachmiUags 4 Uhr. Anzeige« find stet» an die Lrpedittoo zu richte«. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen grössnet vo« früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag »o« E. Pelz i» Leipzig (Inh. vr. L W. Kltukh.rdU. Sir. 183. Montag den 1t. April 1904. - 88. Jahrgang. Var Aicktigrie vom lagt. * 3n der Zweiten Kammer deS sächsischen Landtages erklärte heute der Abg. Sanitätsrat Or. Brückner, er stelle sein Material zur Beurteilung des Leipziger Aer;testreiks zur Verfügung der Regierung, lehne eS jedoch ab, sich selbst mit der Leipziger Ortskrankenkasse auseinanderzusetzen. * Die Vorlage über die Entlastung des Reichs gerichts ist jetzt soweit gefördert, daß sie nach Einholung der kaiserlichen Ermächtigung demnächst den gesetzgebenden Körperschaft«« des Reiche« zugeheu kann. * lieber den Zustand der Swakopmunder Mole werden von offiziöser Seite beruhigende Mitteilungen gemacht. Die Mole babe trotz der Beschädigungen noch in jüngster Zeit gute Dienste geleistet. Lomber slr vanlreltteaner. Der französische Ministerpräsident Combes und -er Justizminister VallL sind gestern nach Laon ge reist, um an einem Bankett teilzunehmen, das die radikal- sozialistische Bereinigung ihnen zu Ehren veranstaltete. Da die Stadtverwaltung von Laon die Beteiligung an einem festlichen Empfange abgelehnt hatte, lag den radi- kalen Sozialisten auch die angenehme Pflicht ob, für wehende Fahnen zu sorgen. Ob einige Trikoloren dabei waren, welchen daS Weitz und Blau fehlte, verrät der mit grotzer Beschleunigung in die Welt hinaustelegraphierte lange Bericht nicht. Auf diesem Bankett hat nun Combes sein übervolles Ministerherz gründlich erleichtert. Gegen die Anmaßungen verschiedener Parteien der Kammerminderheit erhob er seine Stimme, und als er sie sinken ließ, vernahm man die eindringliche Mahnung, alle Republikaner möchten bei den Munizipalwahlen Zusammenhalten. Die Zu hörer spendeten lebhaften Beifall und kamen herbei, um auf den Sieg der guten und gerechten Sache anzustotzen, auf das unzertrennliche Wohl von Ministerium und Kammermehrheit. Herr Combes legt offenbar großen Wert auf seinen Bratenspeech, denn er hat dafür Sorge getragen, daß seiner Rede Zauberflutz sofort auch über die Grenze Frankreichs hinauSströmte, um sich in Drucker schwärze zu verwandeln. Fast um dieselbe Zeit, als Herr CombeS und sein Kollege von der Justiz, der nichts sagte, die 100 Kilometer-Heimfahrt nach Paris vollbracht hatten, wußte man auch schon in London, Rom und Berlin, was seiner langen Rede kurzer Sinn, nämlich daß „das Land wünsche, mit einer solchen Quelle innerer Spaltungen endgültig aufzuräumen". Mit „Land" meinte er sich und die Mehrzahl seiner Kollegen. Es handle sich um den altey Kampf zwischen dem Geiste deS KlerikaliSmus und deS Laientumk, zwischen KleruS, Adel, Bürgerschaft und Demokratie. DaS Kabinett aber sei entschlossen, unter allen Umständen und trotz aller Prophezeiungen seines baldigen Sturzes am Ruder zu bleiben, nicht aus Ehrgeiz, sondern nur, um daS be gonnene Werk zu Ende zu führen. Wenn eS aber doch fallen sollte, so werde dies inmitten einer re publikanischen Armee geschehen. Sollte diese Aeußerung nicht doch niehr als eine echt französische Bankettphrase sein? Eine Regierung, die sich der Armee so sicher fühlt, daß sie ihr Haupt will kühnlich legen jedem Musketier in Schoß, scheint doch damit ein großes Wort gelassen auszusprechen. Man darf auf die Erwiderung dieser eigentlich nicht mißzuverstehcnden Drohung ge spannt sein. Der Zaunspfahl, mit dem Herr CombeS der „anniahendcn Minderheit" winkte, ist einem Bajonett zum Verwechseln ähnlich. Zur braven Mehrheit de» Herrn Combes gehört nun auch — und das gibt ja der Sache einen besonderen Reiz — die sozialistische Gruppe. Die bösen Progressisten aber ärgern das derzeitige Kabinett beständig durch den Vorwurf, eS stehe bedenklich unter dem roten Pantoffel der internationalen Dame, die sich Herr JaurSs zur Führerin auf seiner parlamentari- fchcn Laufbahn erkoren hat. Der Herr Ministerpräsident erklärte denn auch mit munterer Entschlossenheit, die „Be- hauptung der Progressisten, daß die sozialistische Gruppe eine Tyrannei auf die Regierung ausllbe, sei lächerlich". Dann wandte er sich gegen die Nationalisten, welche immer herausfinden, daß jedes französische Ministerium die Geschäfte des Auslandes besorge. Die Erklärung, die Combes nach dieser Seite hin abgab, wird man überall mit Genugtuung aufnehmen. Er sagte: Frankreich ge nieße bei den anderen Nationen Wertschätzung und allge meine Sympathien. Alle wünschten mit Frankreich freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten. Man höre überall auf Frankreich mit Achtung, weil man die lieber- zeugung habe, daß es fest entschlossen sei, unter allen Um- ständen seine eigenen Interessen mit den berechtigten Interessen der anderen Völker in Einklang zu bringen. Das zärtliche Verhältnis Frankreichs mit Rußland durste natürlich nicht unerwähnt bleiben. Niemand in der Welt, meinte Herr Combes, werde Frankreich die Beleidigung antun, zu glauben, daß es im stände sei, seinem Bündnis mit Rußland untreu zu werden. Niemand dürfe aber auch daran zweifeln, daß es sein Bündnis lediglich im Interesse des Friedens benütze. Das klingt doch sehr schön und beruhigend. Zum Schluß verriet Herr Combes, mit welchen großen Plänen die regierenden Köpfe Frankreichs zur Zeit an- gefüllt sind. Er verhieß militärische Reformen, eine Ab änderung des Steuerwesens durch Einführung einer all- gemeinen Einkommensteuer und sogar eine Altersver sorgung der Arbeiter. Wiederholt aber betonte Herr Combes die Notwendigkeit, den Einfluß des KlerikaliS- mus auf die Regierung mit aller Entschiedenheit fernzu- halten. WaS wird man in Berlin zu solchem Programm sagen? Wir fürchten: nichts Schmeichelhaftes für Herrn Combes. 8- Lslilirchr Lagrrrchau. * Leipzig, 11. April. Die Vorgänge im Ruhrrevier. Wir haben im Leitartikel unserer Donnerstag- Morgennummer unseren Lesern über die Vorgänge im Nuhrrevier berichtet, wo die Maßnahmen des Kohlen syndikats eine Entvölkerung weiter Strecken hervorzurufen drohen. Da uns genaue Ziffern nicht Vorlagen, sprachen wir vorsichtig davon, daß Hunderte, vielleicht tausende von Existenzen entwurzelt würden: jetzt be lehrt uns eine Nummer des „Hörder Volksbl" darüber, daß allein in den Revieren Hattingen und Witten etwa 82 000 Bergleute der Arbeitslosigkeit verfallen werden. Den 6000 Bergarbeitern deS Kreises Hörde steht ein ähn liches Schicksal bevor. Unter solchen Umständen kann eS nicht befremden, wenn radikale Abhülfevorschläge auf tauchen. Die einen empfehlen die Verstaatlichung der Kohlenindustrie, die andern einen allgemeinen Kohlen- arbeiterstreik als Protest gegen die Syndikats- Politik. Wir stehen beiden Eisenbartkuren ab- lehnend gegenüber. Die Verstaatlichung läßt sich nicht von heute auf morgen vollziehen und hier tut ein schnelles Eingreifen not: außerdem aber halten wir es für verfehlt, dem Staat auch noch diese Last aufzubürden. Ein allge meiner Streik aber würde dem Syndikat das Recht geben, jede Einmischung dritter, jede gütliche Verhandlung ab- zulehnen, und er würde den Bergarbeitern die Sym- pathien der öffentlichen Meinung entziehen. Läßt sich nachweisen, - und diesen Nachweis sollte das Syndikat in der Presse zu führen versuchen — daß die Politik der Gesellschaften betriebstechnische und wirtschaftliche Fort schritte in sich schließt, die ihr Verhalten rechtfertigen, so bliebe noch immer die Verpflichtung übrig, angemessene Uebergangsfristen zu schaffen und die Bevölkerung nicht, wie dies leider schon geschehen ist, ahnungslos und ohn mächtig einem kalt «ooowpli gegenüberzustellen. Koloniale Realpolitik. Eine Zuschrift an die „Tägliche Rundschau" beschäftigt sich auf Grund eigener Anschauung deS Einsenders mit der Broschüre des vr. H a r t m a n n : „Die Zukunst Deutsch. Südwestafrikas", deren Inhalt wir kürzlich in einem Leit- artikel skizziert haben. DaS Schreiben gelangt genau zu den gleichen Schlußfolgerungen, die auch wir gezogen haben. Es heißt in ibm unter anderm: „Die neuesten Erfahrungen lehren uns, daß wir mit der Einstellung, Ausbildung und Ausrüstung von Eingeborenen eine entsetzliche Gefahr für unsere Lands- leute heraufbeschwören. Dor einigen Taaen sind z. B. nach Bericht auS dem Süden unseres Schutzgebietes fünfzehn Herero, welche sich bei der Batterie des Hauptmanns v. H. befan den, mit voller Waffenausrüstung de- s e r t i e r t." Das Gefährliche jeder Kolonialpolitik ist das Schwanken zwischen zwei Extremen: das eine ist dasjenige, das man nicht sehr liebevoll mit „Tropenkoller" bezeichnet hat, da§ andere ist der blindeste HumanitätSdusel. Daß so verfehlte Maßregeln, wie die Bewaffnung der Eingeborenen, möglich waren, wäre unbegreiflich, wenn wir nicht an uns selbst die Neigung kennen würden, uns ein nach abstrakten Ge sichtspunkten gezeichnetes Bild zu entwerfen und diejeni gen Züge, die ihm nicht entsprechen, hartnäckig zu igno rieren. ES haftet eben unS allen etwas „Professorales" an, von dem sich die Professoren von heute z. T. längst emanzipiert haben, eine hochmütige Mißachtung unbe quemer Tatsachen und eine Anbetung deS rein theoretisch konzipierten Systems. Die Schwarten richten sich aber nicht nach dem System, sondern daS System muß sich nach ihnen richten. Der Geist de» Orden» Jes«. Der französische Abb 6 Loisy war bekanntlich früher von den Jesuiten beschuldigt worden, „der katholischen Kirche daS verfaulte Blut der Protestanten und Rationa listen einzutrichtern" und der „QsservatoreRomano" hatte diese stilistische Glanzleistung rühmend hervorgehoben. Jetzt ziehen die Väter andere Saiten auf. Im letzten Heft des französischen Jesuitenorgans, der „Ltuck« rsli- eiouooo", wird folgendes ausgeführt: „Die Kirche ver langt von Loisy nur einen Widerruf «n bloo aller Irr tümer, die sich in seinen Werken, die er eins nach dem an dern publiziert hat, finden. Vernünftigerweise kann er nicht behaupten, daß er sich nicht das eine oder andere Mal geirrt habe." Man ersieht auS diesem Pröbchen, daß die Jesuiten, seit Pascal sie geißelte, sich nicht verändert haben. Wollen wir, daß dieser Geist verschlagener Un wahrhaftigkeit unsere Jugend vergifte? Wir wissen, wie die Antwort aller unbefangenen, auch katholischen Deut schen lautet. Angesichts solcher Dokumente wird eS erst ganz verständlich, daß Frankreich sich mit allen Mitteln auS der erstickenden Umklammerung der klerikalen Ein- flüsse loszulösen trachtet. Und wir ziehen diese Dunkel männer ins Land! Wirklich, eS ist schwer, kerne Satire über solche Regierungsweisheit zu schreiben. Eia offener Brief an Herrn Non Plehwe erregt augenblicklich, wie ein Berliner Blatt berichtet, großes Aufsehen in Petersburg. Der Verfasser des Briefes, der sich nicht nennt, ist augenscheinlich ein höherer Beamter, denn er ist ausgezeichnet mit den internen Ver- waltungsangelegenheiten und den einschlägigen Perso nalien vertraut. Ter Brief beginnt mit einigen überaus spitzen Bemerkungen über die Wandlungsfähigkeit deS Herrn von Plehwe, der aus der Dunkelheit einer niedriaen Herkunft ein so einflußreicher Minister geworden sei, daß er jetzt selbst Herrn Witte, den russischen Colbert, in den Schatten stelle. Herr von Plehwe war erst Calvinist, dann katholisch und endlich russisch-orthodox. Er diente erst unter dem liberalen Grafen Loris-Melikow und dann unter dem reaktionären Grafen Tolstoi. Beide wußte er sich zu gewinnen, dann aber blieb er eine Zeitlang im Schatten, bis man einen brutalen Bureaukraten brauchte, um die Finnen zu zermalmen. Als Plehwe ge zeigt hatte, daß er dieser ehrenvollen Mission gewachsen war, wurde ihm nach einer Pause von einigen Jahren der AlOrag, den „inneren Wirren" ein Ende zu machen. Und nun zieht der anonyme Briefschreiber das Fazit der Plehweschen Tätigkeit: Die überwiegend kopflosen und bestechlichen Provinzgouverneure find allmächtig ge- worden, die Fabrikinspektionen sind zu Polizeiorganen herabgewürdigt, die Presse ist geknebelt, die Arbeiterau»- stände haben einen ungeheueren Umfang angenommen, trotz aller Terrorisierung ist Rußland mit revolutionären Schriften überschwemmt, die Negierung war gezwungen, Privathäuser zu mieten, um Räumlichkeiten für alle Gr- fangenen zu bekommen. Und so weiter in tnkinieum. Der Raum verbietet uns, das Sündenregister de» russischen Ministers in aller Ausführlichkeit mitzuteilen. Feuilleton. 141 Das Testament des Lankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck vorbot«». „Da wundere ich mich, daß Herr Hugh nicht den Namen Harold bekam", bemerkte Skott. Der lunge Mainwaring stieß eine Weile, wie über legend, den Rauch seiner Cigarre in Ringeln von sich, dann sagte er langsam: „Ganz recht, aber der alte Qnkel Ralph batte außer Hugh noch einen Sohn, und dieser hieß Harold." „Ah so! Nie hörte ich, baß Herr Hugh einen Bruder besaß," „Ja, er hatte einen Bruder, dieser starb jedoch schon vor welen Jahren. Mit ihm ist übrigens eins ziemlich dunkle Geschichte verknüpft, deren Einzelheiten ich aber nicht kenne, do mein Aster hin und wieder nur einmal eine Anspielung darauf machte. Ich weiß, daß Harald der ältere Sohn war und der Vater ihn enterbte, weil er gegen sein« Wünsche geheiratet hatte. Bald darauf starb der alte Herr auS Gram darüber, und nicht lange nach dem Tode de» Vater» kam Harold auf dem Meere um." „Hinterließ er Kinder?" „Ich habe nie etwa» davon gehört: aber selbst wenn er Kinder gehabt hätte, würden auch sie enterbt worden sein, denn Onkel Ralph war ein harter Mann und er laubte sogar nicht mehr, daß Harold» Name vor ihm ge nannt wurde. Auch Hugh muß gänzlich mit seinem Bruder auseinander gekommen sein, denn auch er duldete nie, daß dieser in seiner Gegenwart erwähnt werde." Nach beiderseitigem Schweigen sagte Skott: „Ich glaube, Hugh Mainwaring fühlt, sich nicht glücklich." „Da haben Sie recht. Ich werde nie di, letzten Worte vergessen, die er zu mir am Abend vor seinem Geburts tage sprach: „Mein Junge", sagte er, „mögest du, wenn du mein Alter erreicht haben wirst, auf «ine glücklichere veragnaenhiit zurückblicken können, al» ich «o zu tun ver mag." Ich bin fest überzeugt, daß diese» Weib, bi« La Gr-nae, Hier dahinter steckt, und sie wird Wohl ganz sicher «Uh hi, Anstifterin all da» jetzt »«fchehenen Unheil« sein." Das Gespräch drehte sich nunmehr eine lange Weile um das Geheimnis, daß di« letzten Ereignisse einhüllte. Alle darüber ausgetauschten Mutmaßungen brachten die beiden jungen Männer aber keinen Schritt der Lösung näber. Als sie sich spät in der Nacht trennten, sagte Hugh Mainwaring: „Mein erster Besuch in diesem Lande hat mir ganz sonderbare Erlebnisse gebracht, und Gott weih, wie alles enden wird; auf eines aber werde ich immer mit Freude zurückblicken, und das ist, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Ich hoffe, daß wir von dieser Stunde ab Freunde sein und es sür alle Zukunft bleiben werden, wenn unS auch der Ozean von einander trennen sollte!" Beide reichten sich die Hand, Skott sprach dabei ernst: „Ja, das ist auch mein Wunsch: sind Sie aber nicht etwa» sehr sanguinisch? Bedenken Sie, wie wenig wir von einander wissen, und unter welchen Umständen wir un» kennen lernten. Die Zukunft könnt« doch noch manche» offenbaren was mir Ihre jetzt so warm angebotene Freundschaft wieder entziehen könnte" „Nein, wen ich «inmal in mein Herz geschlossen hab«, der bleibr auch d'rin. Ich bin Ihr Freund, und wa» auch kominen möge, ich werd« zu Ihnen stehen, da» sollen Sie sehen!" „Nun, so sei e» denn, Hugh", erwiderte Skott, gerührt den jungen Engländer umarmend. „Geien wir Brüder. Ich danke dir und Hofs«, du wirst halten, was du gesagt hast." Ueberraschungen. Ani nächsten Morgen waren die Herren in Schöneiche schon ungewöhnlich früh auf und hielten gleich nach dem Frühstück eine kurze Beratung. S» wurde beschlossen, für die Ergreifung de» Mörder» eine hohe Belohnung auSzusetzen, und ebenso eine geringere für jede Mittei lung, die zur Entdeckung und Habhdftw«rdung de» Täter» führen würde. Nack beendeter Besprechung befahl Ralph die Equi page, um mit Herrn Whitney und dem Sekretär nach dem Bahnhöfe su fahren. „W«nn Gie erlauben, fahr« ich mit", sagt. Harr Merrick. . . „Gewiß, Lie haben noch Platz, vollen Sie m bi, Atom?" „Ja, aber nicht in Gesellschaft der Herren. Auf dem Bahnhofe trenne ich mich von Ihnen." „Wie steht es denn eigentlich mit Ihren Nachfor schungen — haben Sie Fortschritte gemacht?" fragte Herr Thornton. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Unter den gegebenen Umständen läßt sich da» schwer beurteilen." „Ich fürchte", bemerkt« Ralph kopfschüttelnd, „die Dache wird sich noch sehr verwickeln und lange hinziehen." „Na, nur immer kalte» Blut", scherzte Detter Thorn ton: „ich kenne drüben bei un» ein paar verdammt ge- witzte, feine Jungen» von der Kriminalpolizei. Wenn Sie, Herr Merrick, etwa Hüls« wünschen, will ich nach einem kabeln." „Dank, verdindlichst", erwidert» der Detektiv mit ruhiger Würde. „Ich glaube nicht, daß mir ein Beistand nötig sein wird: sollte der Fall aber etntreten, dann finde ich auch hier Unterstützung und brauche mich nicht erst nach England zu wenden. „Na, na! E» kommt doch am End« diel darauf an, wissen Sie, weS Landes Kind der Mürber ist. Sollt« der Schurke zufällig englische» Blut in den Adern haben, so werd«« Sie mir einer Spürnase von drüben gewiß mehr au»richten al» mit einem Ihrer hiesigen Kollegen." „vermutlich nach dem Grundsatz", entgegnet, Merrick lächelnd: „Fange einen Spitzbube« durch einen ander« Spitzbuben." Die Fortsetzung de» Gespräch» wurde durch den Ein tritt de» Kammerdiener» Hardv unterbrochen, der auf- geregt meldete: „Der Kutscher ist nirgend» zu finden, wir haben Überall vergeblich nach ihm gesucht — er mutz fort sein!" „WaS denn — fort? Wohin denn?" fragt« Herr Whitney betroffen. „Ja. da» weih niemand. Der Stalljunge sagt, Brown hält« sich de« ganzen Morgen noch nicht blicken lassen." „Na, da» ist aber doch sonderbar!" sttetz Ralph her- vor. „Bringen Sie den Jungen her!" „Und diese» Verschwinden ist um so auffälliger", stimmte H«rr Wkittnen bei. „wenn man damit die Unver schämtheit de» Kerl» bei dem verhör, sowie seine offen- bare Verwirrung und falsch« Nußsage Zusammenhalt," Während hierüber noch gesprochen wurde, kehrt« Hardy mit dem Stalljungen zurück, «irrem vurschen tzon etwa vierzehn Jahren, nrft struppigem Haar und einem schlauen, weit über seine Jahre alten Gesicht. „Nun also, was weißt du von -em Kutscher?, fragte ihn Herr Mainwaring. „Er hat sich in letzter Zeit Herumgetrieben." „Du meinst, daß er liederlich war?" „Wird vermutlich stimmen." „Wann sahst du ihn zuletzt?" «Gestern abend, und da war er grimmig und sprach nicht viel. Heute früh, als ich kam, war er nicht da: ist überhaupt, schätz' ich, die ganze Nacht nicht dagewesen." „WeShalb denkst du, daß er liederlich geworden ist?" „Nu, ich hab' nur gehört, daß er sich mit 'ner schlimme» Band« eingelassen hat, und hab'auch häßliche Kerle um die Stallung herumlungern sehn. Auch am Mittwoch abend, wo der Herr umgebracht wurde, waren wieder welche do, die ihn ertoarieten." „Mittwoch abend?" rief Herr Whitney. „Um welche Zeit lvar da»? Kennst du den einen oder den andern?" „Gekannt hab' ich keinen, aber so um achte 'rum haben sie gelauert, daß er mitkommen sollte. Letzthin hat er auch viel Geld gehabt." „Woher weißt du da»?" ' „Ich hab'» gesehen. DaS kam so: vorgestern abend geh' ick, um ihm zu sagen, daß ich im Stall fertig wär', und wie ich da in die Nähe seiner Tür komm', hör' ich mit Geld klimpern. Ich schleiche mich sachte 'ran, horche noch 'ne Weile und mach' dann die Tür schnell auf. Da sitzt er am Tisch und zählt Goldstücke. Er warf gleich die Arme d'rüber und schnauzte mich an, ich sollt' mich 'nau»sch«ren: er würd' mich durchwalken, wenn ich noch mal so 'reinplatzte." „Hast du ihn an dem Abend noch einmal gesehen tz" „Ja. Weil er mir so wunderlich vorkam, versteckte ich mich in der Nähe, um aufzupassen. Al» auf dem Hofe alle» still war, kam er au» dem Hause und ging dem Wäldchen,». Ich heimlich hinter ihm her. Am «er blieb er steden und schaute sich um. Dann zog er schnell — ich weiß nicht wa» — unter dem Rock vor und — schwupp — warf er'» in» Wasser und rannte schnell nach der Gtgbt zu." „Fiel der Gegenstand leicht »der schwer auf» Wasser?" „Nu, leicht war er «ich. eß gab 'nen Gchkag, batz daß voller aufspritztr." (yorts.tzuag fotzt.)
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