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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040412029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904041202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904041202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-12
- Monat1904-04
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Anzeigen-PretS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gesvalten) 7b /H, nach den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 25 Vxtra-Beilagcn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ./L 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbräche» geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von V. Potz in Leipzig Hnh. vr. V., R. L W. Kiinthardt). Nr. 185. Dienstag den 12. April 1904. 98. Jahrgang. Var llsicktigrte vom Lage. * Reichstag und preußisches Abgeordnetenhaus haben heute ihre Beratungen wieder ausgenommen. * Die Vorlage betr. Entlastung des Reichsgerichts sieht eine besondere Verständigung mit Bayern über die bisher dessen oberstem Landesgericht vorbehaltenen Revisions sachen Vox. * In dem französischen Fabrikorte Darnstal bei Rouen kam eS zv einem blutigen Zusammenstöße zwischen ausständigen Webern und der Genvarmere. * In der Südmandschurei sind infolge starker Regenfalle die Eisenbahnen und Straßen über schwemmt, die Feldtelegraphen unterbrochen, der Bekehr gehemmt. Oatstrasircke Urteile. Die „Nordd. Allg. Ztg." hat in ihrer letzten „Rundschau im Auslande" mit einem gewissen Wohlgefallen darauf hin gewiesen, daß der von gegnerischer Seite ausgespielte „Triumph des Vatikans" über die Iesuitenmaßregel Graf Bülow- in Wirklichkeit gar nicht zu tage getreten sei. „Auf merksame Beobachter haben in der betr. klerikalen Presse Italiens von einer irgendwie lebhafteren Beschäftigung mit der Aufhebung des tz 2 nichts entdecken können. Leitaussätze, in denen die Ausführung des betreffenden ReichstagSbeschlusseS als ein Erfolg für den Vatikan gefeiert worden wäre, sind überhaupt nicht erschienen" usw. Dieser Versicherung muß denn doch widersprochen werden. ES versteht sich von selbst, daß der Vatikan klug genug ist, seine Presse nicht allzu demonstrativ in das Triumphhorn blasen zu lassen. Der Schein muß doch gewahrt werden, daß eS sich bei allen staatlichen Konzessionen Deutschlands immer nur um einen „Zugang zum Frieden" handelt, und daß zum Rühmen noch längst nicht genug Anlaß ge boten sei. Wie aber die offiziöse Presse des Vatikan- sich in der Beurteilung der Jesuiten - Angelegenheit den noch aufs hohe Pferd setzt und in dem Erfolge des Grafen Bülow einen Sieg der gerechten Sacke und des sich überall Anerkennung verschaffenden Katholizismus zu preisen beflissen ist, das darf dem deutschen Publikum doch nicht vor enthalten bleiben. Ein richtiger „Leitaufsatz" ist es, in welchem der „Osservatore Romano" (Nr. 70) mit einem fast unver schämten Behagen sich über die Angelegenheit äußert. Natür lich ist nach ihm der Katholizismus der Vertreter der Toleranz, und das Vorgehen der BundeSratsmajorität nur die unaus bleibliche Frucht der allmählich durchdringenden toleranten Grundsätze und Bestrebungen Roms. „Das heutige friedliche (!) Zusammenleben" (der Konfessionen in Deutschland) „ist das logische Ergebnis der letzten Phasen des BiSckarckfchen Kulturkampfes", heißt es in dem Artikel. „Die Regierung und die Protestanten mußten sich überzeugen, daß der zu bekämpfende Feind gar nicht vorhanden war, daß die vermuteten Gefahren nicht die geringste Begründung hatten, und daß endlich die Fernhaltung der friedlichen Mitarbeit so vieler Millionen Katholiken Deutschlands einen unheilbaren Schaden für die Gesamt heit bedeutete. Regierung und Protestanten hatten den löblichen Mut, den Kurs zu ändern, ohne sich um das intolerante Geschrei einiger weniger Rückschrittler zu kümmern, die noch immer an den veralteten Vorurteilen eines aus der Mode gekommenen JntolerantismuS festhielten." „Die Beseitigung der die Jesuiten betreffenden Paragraphen" (die Zeitung meint, auch tz 1 sei abgeschafft; ein für Rom verzeih, licher einstweiliger Irrtum» „ist die letzte Konsequenz des veränderten Systems, der Beweis dafür, daß die deutschen Protestanten von dem Aufhören des Kulturkampfes nur Vorteil gehabt haben, und daß gegenwärtig weniger wie je die Eintracht und das friedliche Zusammenleben der zwei großen Fraktionen im Deutschen Reiche fehlen darf." „Die hundert Stimmen des Zentrums würden nicht genügt haben, das neue Gesetz durchzubringen. Man muß daher annehmen, daß auch viele Protestanten ebenso denken, wie wir es dargestellt haben, und die Tatsache, daß im Bundesrate gerade die entschieden protestantischen Staaten es waren, die zuerst für das Gesetz ge stimmt haben, liefert den Beweis für das hohe Vertrauen, das sich die Katholiken allerorten zu erwerben gewußt haben." „Wohl ist es sehr natürlich, daß es in den alten protestantischen Synoden und unter den Anhängern vergilbter Kasten« und Reli gionsprivilegien Unzufriedene gibt. Aber sie können nur eine völlig verschwindende Minorität bilden, deren Einfluß nirgends ins Gewicht fällt. Verkehrt ist also die Vermutung, als ob es sich bei der Angelegenheit um eine Art von Interessen- Konkordat zwischen dem Reichskanzler und dem Zentrum gebandelt babe. Im Gegenteil, das Zentrum hat sich Achtung und Rücksicht nahme verschafft durch eine Politik, die, innerhalb der Grenzen des Rechts und der Gerechtigkeit und auch wohl mit der Absicht, sich beides zu erkämpfen, seinen heilsamen Einstuß dokumentiert." Es ist nun an der sog. „verschwindenden Minorität" der 35 Millionen Protestanten in Deutschland, zu zeigen, daß sie über die heilsamen Einflüsse des Zentrums und des Ultra- montanismus auf die deutsche Politik ganz anders denkt, als das päpstliche Preßorgan, und daß sie nicht gewillt ist, diese Einflüsse sich länger gefallen zu lassen. ver Zufrtana Oer Herero. Da» Gefecht bet Okaharui. Von dem Gefecht bei Okaharui entwirft die „Köln. Ztg." folgende, die bisherigen Angaben in einzelnen Punkten noch ergänzende Schilderung: Die Abteilung des Majors v. Glasenapp bestand aus etwa 500 Mann, den Kompagnien Fischel uud Lieber der Marine-In fanterie, der Ersatzkompagnie der Schutztruppe unter Leutnant v. Winkler, 4 Maschinenkanonen unter Oberleutnant z. S. Maus- Hott und 2 Maschinengewehren. Nur wenige Retter hatten von der Schutztruppe der Abteilung beigegeben werden können und ein großer Teil der Berittenen fiel in dem Gefecht am 13. März bei Owikokorero. Der Aufklärungsdienst wurde dadurch außerordentlich erschwert. Nun ist das Gelände, in welchem unsere Truppen operieren, ganz unübersichtlich. Dichtes Dorngebüsch, das sich nur auf den engen Wegen durchschreiten läßt, dehnt sich überall aus und verhindert die Umschau. Durch diesen Buschwald war am ersten Ostertag Major v. Glasenapp im Marsch von Okaharui nach Onjatu. Er hatte von Owikokorero den Gegner südöstlich bei dem 16 km entfernten Otjikuoko gesucht und sich dann nach Nordosten über Okaharui auf Onjatu gewandt. Während die Herero bis zum Gefecht von Owikokoreo den Rückzug immer tiefer in das Damara- land fortgesetzt hatten, waren sie jetzt plötzlich wieder nach Nord osten abgeschwenkt, im rechten Winkel zu ihrer bisherigen Marsch richtung. Major v. Glasenapp suchte sie zn erreichen und zum Steben zu bringen. Vor der Kolonne befanden sich die wenigen Berittenen, um einige besonders schlimme Wegestellen zu erkunden, vermutlich unter Oberleutnant v. Winkler, dann folgten die Kompagnie Lieber des Marine-Jnfanterie-Balaillons, die Geschütze, die Schutztruppe, die anscheinend in zwei Kompagnien geteilt ist, der Train, und den Schluß machte die Kompagnie Fischel des Marine-Infanterie« Bataillons. Durch den Zustand der Wege muß nun die Marsch kolonne recht lang geworden sein. Die Herero scheinen gleichzeitig die Vorhut und die Nachhut angegriffen zu haben, die Beschaffen heit des Geländes gestattete ihnen, wenn man aus der Zahl der Toten schließen kann, eine Art Feuerüberfall auf den Nach trupp zu unternehmen und den Deutschen schwere Verluste beizu bringen. Es wird als ihre Absicht bezeichnet, sich der Proviant wagen zu bemächtigen, eher ist jedoch anzunehmen, daß sie suchten, die Patronenvorräte zu erbeuten, da allmählich ihr Schießbedarf aus die Neige gehen wird. Durch das Eingreifen der Maschinen- geschüye, welche auf einer Lichtung auffabren konnten, und einer von Oberleutnant Graf Brockdorff vom Seebataillon geführten Kompagnie der Schutztruppe konnte der überlegene, zum Teil berittene Gegner geworfen und verfolgt werden. Er zog sich nach Nordosten auf Otjikuara zurück, das von dem Gesichtsfeld etwa zehn Kilometer entfernt ist. Aus der Richtung des Rückzugs kann man schließen, daß der Angriff auf die rechte Flanke der Marsch kolonne erfolgte. Die Spitzenkompagnie unter Hauptmann Lieber war nicht in so schweres Gefecht verwickelt worden, der Gegner hat wohl mehr die Absicht gehabt, sie zu beschäftigen, um sie zu verhindern, der Kompagnie Fischel zu Hülfe zu kommen. Die Nachhut hat jeden falls eine geraume Zeit allein sich der Feinde erwehren müssen, da das Kehrtmachen einer schmalen Kolonne lange dauert. Major v. Glasenapp folgt den Herero; dadurch ist seine Mitwirkung an den Bewegungen des Hauptkorps unter Oberst Dürr gegen die Herero in den Onjatibergen ausgeschlossen. Der in diesem Gefecht gefallene Reserveleutnant Noerr ist aus Kassel gebürtig; er war früher Zollpraktikant beim borstigen Hauplsteueramt, seit August Zollverwalrer in Windhoek. Vor einigen Tagen erst erhielt seine Mutter einen Bries, worin er schrieb, daß er voll Mut und Hoffnung in den Kampf ziehe. Der Vamps bei Gnganjira. Daß in Onganjira, 30 Kilometer westlich von Okahandja, die Hauptmacht der Herero stände, hatten deutsche Streif wachen bereits vor einiger Zeit gemeldet. Die Wasser versorgung ihrer großen Herden war dort im Gebiet des obern Swakop verhältnismäßig leicht, ihr Viehbesitz fesselt sie ja an die Wasserstellen. Oberst Leutwein hat nun die starke Stellung, in welcher der Gegner stand, von der linken Flanke aus angegriffen, während er seinen eigenen linken Flügel zunächst zurüahielt, was die Heroro ru Gegen stößen veranlaßte, die abgewiesen wurden. Nach langem Feuergefecht wurde dann die feindliche Stellung durch brocken. Anscheinend sind die geringen Verluste daraus zu- rückzusühren, daß eine gründliche Vorbereitung des entschei denden Stoßes durch Artilleriefeuer erfolgte, welches die Herero erschütterte. Die Verwundeten und Toten gehören der 1. und 4. Feldkompagnie, sowie der 3. Batterie an, sind danach sämtlich Angehörige der Schutztruppe, während die Kompagnien des Marine - Jnfanteriebataillons und der Maschinenkanonenabteilung nicht genannt werden. Wie eS bei den Kämpfen mit den Eingeborenen in Cüdwestafri_a in der Regel der Fall ist, gelang es nickt, dem Gegner die Rückzugslinie abzufchneiden. Er löst sich durckweg in Gruppen auf, die sich später wieder zusammenfinden. Immerhin berichtet Oberst Leutwein, daß größere Abteilungen nach Osten und Nordosten abgezogen sind, er gibt aber nicht an, ob und wieviel Vieh erbeutet worden ist. Sollten die Herero ihre Herden vor dem Geseckt in Sicherheit gebracht haben, so läge die Hoffnung vor, sie leichter zum Sieben zu bringen, als wenn sie ohne die hem mende Last des Viehs sich zurückziehen. Von den in diesem Kampfe gefallenen Offizieren ist der Oberleutnant v. Estorfs ein Bruder des mehrfach erwähnten Majors v. Estorfs, des Führers der Westabteilung. Leutnant v. Erffa, ein Sobn des Abg. v. Erffa und ein entfernter Verwandter des Reichskanzlers, war erst im Herbst vom Vizewachtmeister zum Offizier befördert worden. vrr stizsizck-japanirche Weg. Der künftige Aampf in -er Mandschurei. Aus London wird gemeldet: Baron Hayas chi erklärte einem journalistischen Anfrager, eS würde der japanischen Kriegsleikung kein gutes Zeugnis ausstellen, wenn es ihr nur darauf angekommen wäre, möglichst schnell mit einigen Regi mentern den Jalu zu erreichen. Man habe in Tokio längst gewußt, daß Rußland vorläufig keinen ernsten Angriff gegen Korea versuchen werde. Man rechne vielmehr aus russischer Seite damit, innerhalb der Mandschurei der japanischen Armee mit überlegenen Kräften entgrgentreten zu können. Deshalb werde der japanische Vorstoß über den Jalu erst dann erfolgen, wenn Japan ebenfalls seine gesamte Kraft in der Mandschurei entfalten könne. Vie sibirisch« Vahu in» Arieg»rustan-e. Aus Petersburg: Nachdem durch einen Ukas vom 20. Februar die sibirische Bahn in den Grenzen des ent eigneten Areals in Kriegszustand erklärt worden ist, ordnet ein am Montage in der Gesetzsammlung veröffent lichter Ukas vom 4. d. M. die Ausdehnung des Kriegszustandes auch auf das an die Bahn grenzende Gebiet an. Acberschwemmungen in -er Man-schurei. Die „Times" melden aus Niut schwang vom 8. d. M. In der ganzen SüdmanbsHurei sind durch starke Regen fälle die Eisenbahnen überschwemmt und die Straßen unwegsam. Die Feldtelegraphen sind unterbrochen, der Verkehr durch das Land ist lahmgelegt. politische lagrrrcha«. * Leipzig, 12. April. Ein Rudiment des Mittelalters. In der „Psychiatrisch-Neurologischen Wochenschrift" veröffentlicht vr. Weygandt - Würzburg einen Aufsatz über die Leitung von Jdiotenan st alten, in dem er mitteilt, daß es in Deutschland Pflegeanstalten für schwachsinnige Kinder gibt, die nach den behördlich ge- nehmigten Prospekten Straflisten führen, nckU; denen die Kranken für gewisse Vergehungen mit Schlägen und Feuilleton. n Das TeKament des Bankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck verboten. „Hast du noch mehr gesehen oder gehört?" „Nein." „Halt, noch eine Frage", rief Herr Merrick, als der Junge sich der Tür zuwandte. „Wie sahen denn die Leute aus, die am Mittwoch abend auf Brown warteten?" „Es waren drei. Einer war ein großer Mensch mit Schielaugen; einen hielt ich für 'nen Ausländer, weil er so dunkel anssah, und einer hatte Haare gelb wie Stroh." „Wie lange trieben sie sich in der Nähe der Stallung umher?" „Nu, 'ne halbe Stunde kann's schon gewesen sein. Als es neune schlug, waren bereits alle fort." „Host du gehört, wovon sie sprachen?" „Viel nicht, bloß daß sie vom Herrn red'ten." „Von dem verstorbenen Herrn Mainwaring?" „Ja, der Kutscher war nämlich noch fuchswild, weil der Herr ihn am Nachmittag ausgeschimpft hatte, und als die drei Kerle sich dann, nachdem er mit ihnen gesprochen hatte, fortmachtcn, hörte ich den einen so was sagen wie: „Teufel, das kann 'n gutes Geschäft für uns geben."" „Wie ist das, Hardy?" fragte Herr Whitney. „Wissen Sie etwas von einem Aergernis zwischen Herrn Main waring und Brown?" „Jawohl. Der Junge hat ganz recht. Mir war der Vorfall nur entschwunden, sonst hätte ich ihn im Verhör erwähnt. Jetzt erinnere ich mich aber genau. Bei der Rückkehr von der Ausfahrt am Mittwoch schalt der Herr den Kutscher und dieser gab so unverschämte Antworten, daß der Herr ihm nut Entlassung drohte. Mehr weiß ich von der Sache nicht." Hiermit endete die Vernehmung, und Hardy und der StaNzunge wurden wcggeschickt. . Meiner Seel'!".rief Thornton, „d i e Sache ist wichtig und müßte gleich rveiter verfolgt werden!" „Ja, es ist ein wahres Verhängnis, daß gerade der Junge bei dem Verhör fehlen mußte", fiel Herr Whitney ärgerlich ein. „Schade, schade — wie hätte man Brown mit ihm in die Enge treiben können. Wer weiß, was da herausgckommen wäre!" Es wurde noch darüber gesprochen, als Hardy wieder erschien und die Ankunft des inzwischen telephonisch be stellten Wagens des Hotels Arlington meldete. „Nun denn, so wollen wir fahren", sagte Ralph. „Wir können unterwegs die Sache weiter besprechen." „Ich habe mich jetzt anders entschlossen", bemerkte Herr Merrick. „Ich werde hier bleiben." „Also plötzlich auf eine neue Spur gekommen — he?" fragte Ralph mit einem gespannten Blick, während er sich eine Cigarre anstcckte. Der Detektiv schüttelte lächelnd den Kopf. „Durch aus nicht, nein, ich will nur einer alten Spur noch ein mal nachqcben." Während der Fahrt bildete das Verschwinden des Kutschers im Zusammenhänge mit der Aussage des Zeugen das ausschließliche Gespräch der Herren. Skott beteiligte sich nur wenig daran, hörte aber um so auf merksamer zu. Nach Beendigung der Geschäfte im Bankhause Mainwaring L Co. begab sich Skott zu Herrn Sucher- land, mit dem er eine längere Unterredung hatte, die sie beide sehr zuversichtlich stimmte. Ehe sie sich trennten, erzählte noch Skott von seiner Begegnung mit Hobson und dessen dringender Einladung, ihn in seinem Bureau aufzusuchen. Herr Sutherland lachte. „Ziemlich das, was ich er wartete", sagte er. „Einzelne Bemerkungen des Kerls bei dem Verhör ließen es mich gleich vermuten, daß er von irgend jemandem — wahrscheinlich von Fran La Grange -- über Sie unterrichtet worden war. Nun hat er Angst, daß Sie sein Geheimnis kennen." „Ja, ich habe mich auch schon gefragt, ob es das ist oder ob eS möglich ist, daß er mein Geheimnis kennt." „Ganz gewiß nicht", entgegnete der Anwalt nach kurzem Nachdenken. „Wenn er auch nnr eine Ahnung von Ihrem Geheimnis und dem Trumpf hätte, den Sie gegen ihn ansipielen können, würde er sich schwer hüten, Ihnen unter die Augen zu kommen, geschweige denn, Sie Mich noch zu einem Besuch auszusorder». Nein, den Schurken traben Sie völlig in Händen!" „Ich will es hoffen, es fragt sich aber, ob dieser aal- glatte Schuft sich halten läßt. Na, jedenfalls kann es nicht schaden, wenn ich ihn einmal besuche." „Gewiß, ganz meine Ansicht, nur müssen Sie gehörig auf der Hut sein, daß der schlaue Fuchs Sie nicht über listet, dönn natürlich will auch er Sie nur aushoxchen." „O, mich fängt er nicht", lachte Skott. „Ich denke, ich bin ihm gewachsen und werde schon vorsichtig sein." Sich erhebend, reichte er dem Anwalt zum Abschied die Hand. „Nun, dann gut Glück!" rief dieser heiter. „Lassen Sie noch bald hören, wie die Sache verlief." Etwa um zwei Uhr nachmittags betrat Skott ein altes, verfallen aussehendes Häuserviertcl und bald auch das auf Hodsons Karte bezeichnete Haus. Eine schmale, schlechte Treppe führte auf einen langen, dunklen, von Schmutz starrenden Flur, der an einer Tür mit dem Schilde: „R. Hobson, Anwalt" endete. Skott trat ein und sah einen als Diener funktionierenden jungen Schwarzen von etwa siebzehn Jahren, der — mit einer Cigarette im Munde, die Füße auf dem Tisch — ein altes Buch las. Er sprang auf und starrte den Eingetrete nen so unverschämt und sichtlich verwundert an, daß auch Skott das ihn anglotzcnde ausgesprochene Galgengesicht erst einen Augenblick betrachtete, ehe er nach Herrn Hobson fragte. „Er ist drin", antwortete der Schwarze, „hat aber noch mit einem Klienten zu tun, ich will jedoch Ihre Karte hineintragen." Skott gab ihm diese, und der Junge verschwand im Nebenzimmer. Gleich darauf kehrte er mit der in unterwürfigstem Benehmen erstatteten Meldung zurück, daß Herr Hobson in wenigen Minuten zu Diensten stehen würde. Skott unterhielt sich einstweilen damit, sich in dem kleinen, schlecht möblierten Vorzimmer umzuschen, während der Neger ihn mit großer Neugier betrachtete, da ihm dieser Klient — wenn es überhaupt ein solcher war — doch gewaltig verschieden von der Sorte vorkam, die sonst hier verkehrte Jung und unwissend, aber schlau, hatte er doch gelernt, in den Gesichtern zu lesen, und der Ausdruck von Hodsons Augen beim Blick auf die Karte hatte ihm gesagt, daß diesmal die Dinge umgekehrt lägen, und sein Herr --- ganz im Gegensatz zu feinem Verhalten den gewöhnlichen Besuchern gegenüber — vor diesem Besucher eine gewisse Furcht verspüre. Nach einigen Minuten öffnete sich geräuschlos die Tür des Nebenzimmers, und Hobson erschien in einem roten Schlafrock und lud Skott schweigend, aber mit verbind lichem Grinsen ein, näher zu treten. Tas Zimmer war etwas größer als das erste, aber ebenfalls sehr spärlich und armselig möbliert; mit Ausnahme eines kleinen Büchergestells, das einige abgegriffene Bände enthielt, war kein sichtbares Zeichen vorhanden, das auf das Bureau eines Anwalts hingedentet hätte. Hobson begann erst zu sprechen, nachdem er sorgfältig die Tür verschlossen hatte, dann sagte er leise: „Da unsere Unterhaltung wahrscheinlich sehr vertrau licher Natur sein wird, dürfte Ihnen vielleicht ein abge- legenerer Raum als dieser erwünscht sein — bitte, hier einzutreten." Er öffnete die Tür eines Seitenzimmers, das von so dickem Tabaksqualm erfüllt war, daß Skott zunächst nicht das geringste deutlich zu erkennen vermochte. „Meine Höhle!" sagte Hobson lächelnd und mit ein- ladender Handbcwegung. „Zwar kein Prunkraum, aber für unseren Zweck geeignet." Skott schritt vorwärts. Er hatte — wie er später er zählte — das Gefühl, als wenn Mephistopheles ihn in fein Reich einführte. Das erste, was seinem Blick ent gegentrat, waren ein paar weiße Totenschädel, die ihn durch die rauchige Atmosphäre angrinsten. Das Zimmer war nicht größer als eine kleine Kammer, besaß nur ein Fenster, dem die kable Gicbelwand eines Hofgebäudes pegenübcrsiand, und zeigte außer einen« mäckstig großen Schreibtisch mit hohem Aufsatz keine anderen Möbel als zwei Stühle. Hobson stellte einen davon für seinen Be sucher.an das Fenster, trat dann hastig vor seinen Schreib tisch und verdeckte dort etwas mit Papieren. Als er sich Skott wieder zuwandte, bemerkte er, wie dessen Blick neu gierig auk den auf dem Schreibtischaufsatz stehenden Schädel ruble. „Sie wundern sich wohl über den etwas seltsamen Zimmerschmuck", sagte er, „aber ich interessiere mich sehr für Phrenologie und widme ihrem Studium einen aroßen Teil meiner Mußestunden. Ich finde darin nicht nur eine ansprechende Unterhaltung, sondern auch eine große Hülse zur schnellen Beurteilung der Menschen, mit denen
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