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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040419017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904041901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904041901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-19
- Monat1904-04
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BezugS-PreiS 1» der Houptexpedittou oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in-Hau- 3.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeituugSpreiSliste. NeAattton und Expedition: Johannisgasse 8. Fernsprecher 153 n. 222. Silialexpedttionen: Alfred Hahn,Buchhandlo , lniversitStSstr.S (Feruspr. Nr. 4016), ä. Lüsche, Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr 2935) u. König--- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden: Marienstraß« 34 (Fernsprecher AmtINr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, Herzg'.Bayr.Hofbuchbandla., Lützowstraße 10(FernsprecherAintVI Nr.4603.) Morgen-Ausgabe. MpMerTaMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates un- -es Volizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Nr. 1S7 Dienstag den 19. April 1904. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeüe 28 Reklamen unter dem RedaktionSflrich (4 gespalten) 75 4, »ach den Familieuaach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 -tz. Extra-Betlkgen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrdrrung 60.—, mit Postbefvrderung 70.—. Annahmeschlub für Auretgear Abend-Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polj in Leipzig (3rch. vr. V., R. L W. KltukhardK S8. Jahrgang. Vas Wichtigste vom Lage. * Der Kaiser wird heute in Korfu mit Mitgliedern der griechischen Königsfamilie Zusammentreffen. * In der gestrigen Sitzung des Reichstags gab Staats sekretär Graf von PosadowSky die Erklärung ab, daß die Reichsverwaltung undPreußen sich mit einer Reform des Submissionswesens beschäftigten. * Die „Times" vom Sonntage bringen die jedenfalls boshaft erfundene Meldung: In den diplomatischen Kreisen Roms glaube man an ein vermittelndes Eingreifen Deutschlands in die ost asiatischen Angelegenheiten zu Gunsten Rußlands. * Eine österreichische Luftschifferabtcilung, deren Ballon in Russisch Milowice niederging, wurde fest genommen und nach Sosnowice in Gewähren gebracht. * Der Prinz und die Prinzessin von Dales sind gestern von London nach Wien abgereist. Var rmeite gesicht Oer Zorialüemoirratie. Theorie und Praxis vertragen sich überall nicht gut. Immer klebt bei der Verwirklichung der schönsten Ge danken den Dingen ein peinlicher Erdenrest an. Aber nur reine Toren sehen darin einen Grund zum Selbst mord; andere Leute finden sich mit der Erkenntnis ab, daß das Leben eine Kette von Kompromissen ist. Wenn freilich zwischen Ideen und Geschehen ein so abscheuliches Mißverhältnis herrscht, wie bei der deutschen Genossen- schäft zur Einrichtung des Zukunftsstaates, so Hilst dieser Erkenntnistrost nicht mehr; dann muß der Baum nach seinen Früchten beurteilt werden, und die sozialdemo kratischen Früchte sind faul. Dex Fall Göhre — oder soll man sagen der Fall Göhres — ist eine solche faule Frucht. Welche bürgerliche politische Organisation eines Wahlkreises ließe es sich gefallen, wenn ihr so die Meinung, die sie zu haben hat, diktiert würde, wie den Genossen in Zschopau-Marien berg? Und dabei wäre es, wenn es geschähe, bei keiner bürgerlichen Partei ein so greller Widerspruch mit ihrem Programm, als bei der sozialdemokratischen, die das Wort Freiheit fett zu drucken und auszusprechen liebt. Hier ist nicht mehr von Divergenz zwischen Wollen und Vollbringen die Rede, sondern von ganz gewöhnlicher Unaufrichtigkeit. Aus den Beschlüssen der Berliner Parteityrannis spricht eine so weitgehende Verachtung der sonst als heilig gepriesenen Masse, wie sie unter der Aristokratie höchstens den Parvenü „auszeichnet". Wenn trotzdem die Obergenossen ihren Willen durchgedrllckt und den mißliebigen Akademiker Göhre zu Fall gebracht haben, so spricht das dafür, wie hochgradig die Provinz, führerschaft durch die Propaganda der sozialdemokrati schen Doktrin versimpelt worden ist oder in welcher Ab hängigkeit sie von Berlin steht. Schließlich haben die 3500 abgesprungenen Wähler mehr Verständnis und Selbstsicherheit bekundet, als ihre Lokalgrößen. Eins aber ist besonders verwunderlich: das Verhalten Göhres. Wir haben schon kurz mitgeteilt, daß Göhre es sich nicht versagen kann, die Vorgänge bei seiner Aufstellung und seinem erzwungenen Rücktritt von der Kandidatur ein gehend und ausführlich zu schildern, um sein Verhalten als korrekt hinzustellen. Das war von Göhre mißgetan, weil absolut überflüssig und geeignet, den Blick von den: allein wichtigen Punkte, dem willkürlichen Eingreifen der Bcbelfchen Oberleitung in die Selbstbestimmung der sozialdemokratischen Wählerschaft, ab- und auf höchst gleichgültige Einzelheiten zu lenken. Göhre zeigt da mit nur, daß er persönlich nicht im stände ist, den Dingen auf den Grund zu sehen, oder daß er nicht gewillt ist, die notwendigsten Konsequenzen zu ziehen. Wer bereit ist, sich derartig behandeln zu lassen unter dem Bruch der selbstverständlichsten freiheitlichen Prinzipien; wer in diesem Einzelfalle nicht den Ausfluß des Systems zu er- kennen vermag, obwohl diese Praxis auch noch die Sank tion eines Parteitages erhalten hat, dem ist nicht zu hel fen. Es gibt leider nur allzu viele und sogar in Einzel disziplinen durchaus befähigte Menschenkinder, denen es nicht gegeben ist, die Welt einigermaßen objektiv zu be trachten. Göhre ist einer dieser Unglücklichen. Der L e i p z i g e r A c r z t c st r e i k hat den neuesten Prüfstein für den ethischen Wert der Sozialdemokratie abgegeben, und abermals hat sich das angebliche Gold der Genossenschaftsidee in der Praxis als Talmi erwiesen. Alles was über Strcikbruch Gehässiges und Uebertriebc- ncs, Dummes und Kluges von den sozialen Demokraten vorher gesagt oder geschrieben war — alles war vergessen, alles wurde in sein Gegenteil verkehrt, als eine nicht der Sozialdemokratie angehörige Organisation sich zu streiken erdreistete. Ja die Tatsache des Streiks an sich wurde den Aerzten als Schuld angcrechnet, nur weil sie nicht „Ge nossen" waren. Sonst ist bekanntlich jeder Streik er laubt, schlechtweg jeder. Wenn die am höchsten bezahl ten Arbeiterkategorien streiken, so ist das gerechtfertigt, wenn durch einen Streik der ganze Verkehr eines Landes unterbunden wird, wodurch die Gesamtheit und unge zählte Individuen noch in besondere Notlage kommen müssen, so ist das immer gerechtfertigt. Ja, die Skrupel- losigkeit geht so weit, daß die Ausbeutung von nationalen Notlagen als der Weisheit höchste Blüte gepriesen wird. Ihre schönste Hoffnung setzen die Gewaltpolitiker der Partei, die noch immer das Heft in der Hand haben, auf einen unglücklichen Krieg Deutschlands. Daß sie dann die Zeit für den großen Entscheidungsstreik gekommen halten, haben sie mehr als einmal verraten. Mögen dann Land und Leute zu Grunde gehen — wenn es zur größe ren Glorie der Sozialdemokratie geschieht, so ist es gut. Aber wenn die Aerzte streiken, so ist das natürlich ein gemeines Verbrechen, die Aerzte haben nämlich der leiden den Menschheit (lies: den sozialdemokratischen Kassen Mitgliedern) zu helfen, und wenn sie dabei verhungern sollten. Und jeder, der den Streik bricht (es lebe die Solidarität!), ist crc» ipso ein Muster von einem Arzte und überhaupt ein famoser Kerl. Tas Böseste an dieser moralpolitischen Verworrenheit, um kein schlimmeres Wort zu gebrauchen, ist jedoch ihre Wirkung aus das Empfinden der Menge. Wir sagen ausdrücklich Empfinden, weil dies bei den Massen viel ausgeprägter ist als das Denken und vernunftmäßige Abwägcn. Es wird auf diese Weise eine heuchlerische, egoistische Parteimoral ancrzogen, die bei den Leuten alles Gerechtigkeitsgefühl, den sichersten und wertvollsten Ausdruck der Volkskultur, unterdrückt. Die Sozial demokratie sollte sich umtaufcn lassen, denn sie führt ihr Firmenschild zu Unrecht. Sie ist in der Praxis weder sozial noch demokratisch: sic ist antisozial und tyrannisch; sic ist nicht einmal eine Proletaricrpartei, sondern nur eine Partei geistig Armer. Der lursisch-sspanircbe ffrieg. Die Seeschlacht vor ssssrt Arthur. (Eine Darstellung nach russischen Informationen.) London, 17. April. In einem lins zugänglich gemachten Briefe aus Peters burg, dessen Autor die besten Verbindungen und Zutritt zu sehr hoch stehenden Informationsquellen hat, werden die Vorgänge, die zu dem schicksalsvollen Untergange des „Pctropawlowsk" führten, in sehr abweichender Weise von den bisherigen Darstellungen folgendermaßen be schrieben : „Admiral Makarew hatte bereits in einem am 11. d. M. gehaltenen Kriegsrate beschlossen, daß die nächste Gelegenheit, wo, wie letzthin wiederholt, eine den, russischen Geschwader nicht wesentlich überlegene japa nische Flottenabteiluug dein Hafen sich nähere, diese so fort verfolgt und möglichst zum Kampfe gezwungen werden sollte. Der Admiral war zu dieser Entscheidung gelangt, weil alle Versuche, den Feind zu einem Kampfe unter den Batterien Port Arthurs zu vermögen, fruchtlos geblieben waren, und es auf der Hand lag, daß Admiral Togo unter keinen Umständen seine Schiffe dem Feuer der Landbatterien aussetzcn würde, und das auch gar nicht nötig habe, da seine Schlachtschiffe ihre Geschosse aus weit größerer Entfernung an ihr jedesmaliges Ziel bringen könnten. Am Spätabend des 12. signalisierten zwei auf Kundschaft ausgcsandtc Torpedojäger vier japa nische Kreuzer, begleitet von einigen Torpedojägern und Booten, die zwischen den. Goldenen Berge und den Miao- taoinseln kreuzten. Bei Tagesanbruch nahm der Admiral deshalb seine ganze verfügbare Flotte und ging mit ihr in nordöstlicher Richtung in See. Nach etwa anderthalb stündiger Fahrt wurden die signalisierten Kreuzer des Feindes gesichtet und deren Verfolgung ausgenommen. Die Japaner «zogen sich langsam zurück auf die Miaotao- inscln, als gegen Z48 Uhr sich auf beiden Seiten von diesen und der russischen Flotte die Schornsteine einiger großer japanischer Schlachtschiffe und kurz darauf einer großen Anzahl feindlicher Kreuzer sich auf beiden Seiten unseres Oieschwaders zeigten und rasch näher kamen, zweifellos in der Absicht, unseren Schiffen den Rückweg nach Port Arthur zn verlegen. Der Admiral erkannte sofort die große Gefahr, in der sein Geschwader sich nun, einer drei- bis vierfachen Uebermacht gegenüber, befand, und befahl die sofortige Umkehr, um nicht dem Feinde in die offenbar planmäßig gestellte Falle zu gehen. Während dieser Vorgänge waren dicht vor dem Hafen von Port Arthur mehrere Torpedozerstörer bemerkt und von der Signalstation und den Forts angerufen und um Abgabe der Stichsignale ersucht worden. Alle hatten dem ordnungsmäßig entsprochen, und so wurde angenommen, daß diese Tarpcdojäger dieselben waren, die Admiral Makarew schon bei Einbruch der Dunkelheit als Kund schafter ausgesandt hatte. Unter jenen befand sich auch „Straschnji". Es besteht jetzt kein Zweifel mehr darüber, daß diese Torpedojäger gar nicht die in ihnen vermuteten russischen Kunöschafterschiffe waren, sondern japanische Boote, die lediglich das ihnen schon einmal in der Nacht zum 9. Februar so verhängnisvoll geglückte Manöver wiederholten, unter dem Schutze verratener russischer Signale bis dicht an die Einfahrt des inneren Hafens heranzukommen, diesmal, um dort schwimmende selbst tätige Minen zu legen. Es war 8 Uhr, als die russische Flotte den Außenhafen glücklich erreichte, von den Japa- nern verfolgt. Admiral Makarew hatte eben die Offi- ziere in seine Kabine zur Entgegennahme weiterer Be- fehle und einer kurzen Besprechung entboten, als vor der ..Petrowalowsk" eine riesige Wassersäule in die Höhe stieg, gefolgt von einer furchtbaren Explosion, der wenige Sekunden später in rascher Reihenfolge drei andere Ex plosionen folgten: der Torpedo hatte die Kessel getroffen, und diese waren explodiert, und da- nach die Munitionskammer in die Luft ge flogen. Das mächtige Schlachtschiff machte eine halbe Drehung um sich selbst, dann barst es auseinander und versank fast gleichzeitig unter dem Donner der feindlichen Geschütze, die eben das Bombardement begannen, dicht neben der westlichen Einfahrt zum inneren Hafen. Einige hundert Meter weiter und das versunkene Schlachtschiff hätte auch noch die innere Hafeneinfahrt versperrt, deren Schließung den Japanern trotz aller Versuche und Opfer nicht ge lungen war. Die fast alle in unmittelbarer Nähe dem Flaggschiff folgenden Panzer- und Torpedoboote eilten sofort zur Rettung der mit den Wellen Kämpfenden her- bei. Viele waren furchtbar verbrüht. Der Großfürst Kyrill war von dem diensttuenden Adjutanten im Augenblicke der ersten Explosion über Bord gedrängt und so gerettet worden. Der Großfürst war einige Zeit bewußt- los und blieb auch, als er bereits völlig in Sicherheit war, noch lange in einem Zustande dumpfer Betäubung. Die Furchtbarkeit der Katastrophe schien sein ganzes Nerven system aufs schwerste erschüttert zu haben. Das Rettungs- werk wurde durch die von den Japanern Mitleids- l o s fortgesetzte Beschießung sehr erschwert. Die Lage war um so schwieriger, als ein Teil der Schiffe bereits den inneren Hafen erreicht-hatte, während ein anderer noch draußen auf der Außenreeoe dem vollen Angriffe der weit überlegenen feindlichen Flotte ausgesetzt blieb und die feindlichen Torpedojäger sich trotz des ununter brochenen Feuers der Forts und Bastionen wie unserer Schiffe mit unglaublicher Kühnheit bis zwischen unsere Schiffe wagten und Tropedos gegen diese schleuderten. So ward die dem Flaggschiff folgende „P o b i e d a" von einem dieser Torpedos gerade auf der Wasserlinie ge troffen und legte sich einen Augenblick schwer auf die Seite. Trotzdem die Japaner ihr Deck gerade in diesem Augenblicke mit einem wahren Geschoßhagel fegten, ge lang es der bewunderungswürdigen Kaltblütigkeit und Feuilleton. Kabel und Krieg. Die Kabelverbindung ist im modernen Krieg einer der wichtigsten Faktoren und im jetzigen Krieg zwischen Rußland und Japan von ganz ungewöhnlich hoher Be deutung. Da das eine der kriegführenden Länder ein Jnselreich ist, so hängt es hinsichtlich seines telegraphischen Zusammenhanges mit der übrigen Welt durchaus von den Meereskabeln ab. Da Rußland die Festlandstele graphen nach dem Kriegsschauplatz in eigener Hand hat, so kommen alle Neuigkeiten aus Korea und Liautung durch Kabel zu uns nach Europa, und zwar durch die zweier Gesellschaften, der Eastern Telegraph Company und der Eastern Extension Company. Die Great Nor thern Company hat allerdings im Februar ihre neue Linie von China nach Kiachta vollendet und sich dadurch von dem Draht über Wladiwostok unabhängig gemacht, aber die Depeschen auch auf der neuen Strecke müssen weiterhin durch russisches Gebiet und werden daher dec Zensur unterworfen. Um so wichtiger ist es, sich über die Kabel zu orientieren, die innerhalb des Kriegsschau platzes vorhanden sind und diesen mit der Außenwelt verbinden. Die beiden Hauptkabel, die den größeren Teil des Depeschenverkehr vermitteln, gehören der Eastern Ex tension Company und münden in Shanghai. Von Hong kong nach diesem Hafen gibt es zwei Linien; die eine über Futschou ist im Besitz der Eastern Extension Com pany, die andere über Amoy und die Gützlaff-Jnsel in dem der Great Northern Company. Ein weiteres Kabel, das von Turan in Annam nach Amoy sich erstreckt und der französischen Regierung gehört, ist schon seit Novem ber vorigen Jahres unterbrochen. Das Kabel von Hong- kong über Futschou ist in den Jahren 1883/84 gelegt, das andere englische Kabel über Amoy schon 1871. Letz- teres wurde in demselben Jahr bczw. 1883 durch 2 Kabel mit dem japanischen Hasen Nagasaki verbunden. Von Nagasaki nach Wladiwostok bestehen 2 Kabel der Great Northern Company von etwa 1250 Kilometer Länge, die aber jetzt durch die russische Behörde für den Verkehr ge schlossen sind. Nagasaki ist durch Landlinien und kurze Kabel mit der Hauptstadt Tokio, mit Hakodate und mit allen wichtigeren Ortschaften der japanischen Inseln ver bunden. Von Ohama führt ein der japanischen Ne gierung gehöriges Kabel über die kleinen Inseln der Lutschou-Gruppe nach Formosa und setzt von dem in Nordformosa gelegenen Hafen Tamsui auf das chinesische Festland über. Es sind bereits Nachrichten aus Ostasien gekommen, denen zufolge sich russische Kriegsschiffe be müht haben, japanische Kabel anzugreifen, und es ist selbstverständlich von höchster Bedeutung für Japan, seine Kabelverbindungen zu schützen. Da die japanische Regierung über ein sehr leistungsfähiges Kabelschiff ver fügt, so wird es ihr zweifellos immer gelingen, wenig stens einige der Linien in betriebsfähigem Zustand zu erhalten, so daß eine völlige telegraphische Abschneidung Japans nicht zu erwarten steht. Die Great Northern Company hat immer ein Kabelschiff in Shanghai, die Eastern Extension Company sogar zwei, gewöhnlich in Singapur, darunter ein ganz neues mit vorzüglicher Aus- rüstung. Rußland hat kein Kabelschiff in Ostasien, aber es ist nicht einzusehen, warum nicht auch Kriegsschiffe die Durchschneidung eines Kabels und gelegentlich viel leicht auch die Ausbesserung eines solchen sollte aus führen können, wie es amerikanische Kriegsschiffe im Krieg gegen Spanien getan haben. Außer den genann ten Kabellinien bestehen noch einige andere in chinesischem und deutschem Besitz. Sie verbinden Wusung (Shang hai) nut Tschifu, eine direkt, die zweite über Kiautschau. Von Tschifu gehen wieder zwei chinesische Kabel nach Taku, dem Seehafen von Tientsin, ein russiches Kabel nach Port Arthur und ein kurzes Kabel der Eastern Ex tension Company nach dem britischen Hafen Wei-hai-wci. Außerdem ist Shanghai durch chinesische Landlinicn mit Tschi.su, Tientsin, Taku, Niutschwang und Port Arthur verbunden, die in Lauyang bei Mukden Anschluß an den Telegraphen nach Korea gewinnen. Die Telegraphen- linien zwischen Söul und dem Haupthafen Koreas be finden sich jetzt selbstverständlich unter militärischer Aus sicht. Auch das Kabel zwischen Tschifu und Port Arthur ist für den Verkehr teilweise gesperrt. Nach den letzten Nachrichten hat die Regierung der Vereinigten Staaten ihre Zustimmung zur Verlegung eines neuen Kabels zwischen der Insel Guan und der japanischen Küste erteilt, wodurch Japan an das große pacifische Kabel angeschlossen und in telegraphischen Ver kehr niit Amerika treten würde. Der Zweck dieses Kabels wird darin gesehen, daß die Isolierung von Japan ver hindert werden soll, falls es Rußland gelingen sollte, alle anderen Kabel abzuschneiden. Es wird behauptet, daß darin keine Verletzung der Neutralität liegen würde, da das pacifische Kabel nicht politischen, sondern Handels zwecken dient. Es ist noch eine offene Frage, ob die Durchschneidung von Kabeln, die sich in fremdem Besitz befinden, durch kriegführende Parteien eine Verletzung des Völkerrechts sein würde, jedenfalls sind solche Fälle während des deutsch-französischen Kriegs und während des Kriegs zwischen Peru und Chile vorgekommen. Allerdings wurde in beiden Fällen Protest erhoben, und die englischen Eigentümer der Kabel haben eine Ent schädigung durchgesetzt. Anderseits nahmen die Amerikaner während ihres Kriegs mit Spanien gewisse Kabel in Besitz, die der Cuba Submarine Company gehörten. Letztere wurde nicht nur dafür nicht entschädigt, sondern die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihr auch die jährliche Unter stützung von 40 000 .< die sie vorher von der spanischen Regierung erhalten hatten, seit 5 Jahren nicht ausgc- zahlt. Auch die Eastern Ertension Company hat infolge der Durchschneidung ihres Kabels bei Manila durch die Amerikaner einen Schaden erlitten, der bsher gleichfalls von der Regierung der Vereinigten Staaten nicht ersetzt wurde. vr. L. D. * Kunst. ** Zum ToHe Waffily Wereschtschagins. Wie wir bereits mitteilten, ist der berühmte russische Wereschtschagin der Kata- stropbe von Port Arthur zum Opfer gefallen Ueber die näheren Umstände seines Todes erfährt man Folgendes: Der Künstler hatte sich nach Port Arthur begebe», um Studien über den Feldzug zu machen, die er wieder für grostc Kriegsbilder zu verwerten gedachte für seine künstlerische Polemik gegen den Krieg u»d dessen Schrecken. Wereschtschagin war einen Tag vor Knropatkin nach dem Osten abgereist. Dieser hatte ihm zwar geraten, erst im Mai zu reifen, der Künstler vermochte aber seine Ungeduld nicht zu zügeln und erklärte, er fürchte, den Sturm auf Port Arthur zu ver säumen. Vom Kriegsminister hatte er die Erlaubnis, der Annec überallhin zu folgen; der Verkehrsminister verschaffte ihm alle mög lichen Begünstigungen während der Reise. Bei der Abreise von Petersburg war der Künstler sehr heiter und hoffte, nach Be endigung des Krieges, dessen Dauer er auf zwei Jahre schätzte, seine gesammelten Skizzen und Studien verwerten zu können. Tie pekuniäre Lage des Malers war nicht glänzend; das Geld, was er für seinen Napoleon-Zyklus erhalten hatte, hatte er zur Tilgung von Schulden benutzt. Wereschtschagin war geboren am 26. Oktober 1842 in Tscherepovets (Gouv. Nowgorod); er ab solvierte erst die Marineschule in Petersburg, wurde 1859 Fähnrich, begann darauf seine künstlerischen Studien auf der dortigen Akademie und begab sich nach einem längeren Aufenthalt in Tiflis und nach Reisen durch Fraukreich und die Pyrenäen nach Paris, wo er im Atelier Gürümes Ausnahme fand und hier zu erst in die malerische Technik eingewciht wurde. Als Maler ist er denn auch ein Zögling der französischen Schule, welcher Sicherheit und Feinheit der Zeichnung und Schärfe der Modellierung mit einem glänzenden, saftigen Kolorit zu verbinden weiß. 1867 schloß er sich der Expedition des Generals Kaufmann nach Turkestan an, und hier eröffnete sich ihm eine neue Welt, die vor ihm nur der Münchener Horschelt gestreift hatte. 1870 ließ er sich in dessen Atelier in München nieder und führte die mitgebrachten Studien und Skizzen zu Gemälden aus, welche weniger Scenen des Krieges als interessante Architekturen der bucharischen Städte Genrebilder aus dem Volksleben in scharfer Charakteristik behandelten. Noch glänzender zeigten sich die kolo ristischen und zeichnerischen Vorzüge Wereschtschagins aus den zahlreichen Bildern großen und kleinen Umfanges, welche die Frucht einer 1874 nach Indien unternommenen Reise sind. Poetische stimmungsvolle Landschaften voll feinsten Farben- rrizes wechseln mit phantastischen, mit wunderbarer Geduld wieder gegebenen Architektursiückcn ab. 1877 nahm er an dem russisch, türkischen Winterfeldzug teil. Die Schrecken dieses Krieges ergriffen ihn dergestalt, daß er beschloß, durch eine malerische Schilderung der entsetzlichsten Greuel daraus eine allgemeine Friedenspropaganda zu eröffnen. Von Paris aus machten z» diesem Zwecke feine Bilder, welche nur Schlachtfelder mit Toten und Verwundeten, Plünderungen, Verbandplätze, auSgestorbene La,zarxtte.vom Schnee begrabene Soldaten, verstümmelten Leichen in krassester Charakteristik und oft roher Aus führung darstellen, 1881 82 eine Rundreise nach Wien, Berlin und anderen Städten 1884 unternahm er eine zweite Reife nach Indien und besuchte auch Syrien und die heiligen Stätten in Palästina, deren Studium ihn zn einer Reibe von Bildern aus dem Leben Christi in naturalistisch ethnographischer Auffassung mit starker Be tonung der Landschaft veranlaßten. Außerdem entstanden in diesen letzten Jahren noch zivei Kolosjalbildrr: Hinrichtung aufständischer Juden durch die Engländer und Hinrichtung russischer Nchilisten,
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