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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040421029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904042102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904042102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-21
- Monat1904-04
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gesvalten) 75 nach den Kamiliennnch- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Extra-Vetlape« (gefalzt), nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, m i t Postbeförderung .ck 70.—. Anuahmeschluf, für «»zeige«: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 UA. Morgen-AuSgab«: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« an die Expedition zu richte«. Die Expedition ist wochentags ununterbroche« geöffnet von früh 8 bi« abends 7 Uhr. Druck and Berlag von G. Palz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Kliukhardt). Nr. M. 98. Jahrgang. Donnerstag den 21. April 1904. Var Aichfigrle vom tage. * Die Fertigstellung des stenographischen Berichts über di« vom ReichSamt de« Innern veranlaßten Besprechungen über Buchhändlerfragen wird noch einige Zeit in An spruch nehmen. Erst wenn dieser Bericht vorliegt, wird die engere Kommission unter dem Vorsitz des ReichSgerichtsrats Spahn in Leipzig zusammentreten. * Prinz Heinrich von Preußen ist in London eingetroffen. * Durch einen Lawinensturz in Pragelato (Provinz Tarrin) sind 88 Arbeiter verschüttet worden. Bisher sind 26 Leichen und 6 Lebende geborgen. l32 Soldaten sind mit den Rettungsarbeiten beschäftigt. Abends sind 40 Soldaten der Alpentruppen angekommen. * Die Verhandlungen wegen der gemeinsamen Neu tralitätserklärung der drei nordischen Reiche sind nach einer Meldung des Stockholmer „Aston Bladet" zu einem günstigen Abschlüsse gelangt. * Zwischen Schweden und Portugal ist ein Meist- begüustigungSvertrag abgeschlossen worden. * Der König von Portugal unterzeichnete nach An hörung des StaatSrateS ein Dekret, durch wolcheS das Par lament aufgelöst wird. Die neuen Cortes sollen am 29. September zusammentreten. F«r einet kleine« ftanrSrircben ffarniron. Die Herren Bilse und Baudissin machen im Auslande Schule. Es ist sehr natürlich, daß sich Nachahmer finden, denn schließlich ist es nicht schwer, ein militärisches Sitten oder vielmehr Unsittcnbild zu schreiben und höchst an genehm, sich als Patriot feiern zu lassen, und außerdem noch bei der buchhändlerischen Abrechnung ein Paketchen brauner Lappen in die Tasche zu schieben. Wer möchte nicht gern das Nützliche mit dem Angenehmen vereinen! So ist es denn kein Wunder, daß jetzt auch in Paris ein Roman erschienen ist, der den verlockenden Titel „Aus einer kleinen französischen Garnison" trägt. Ter Ver leger hat sich ganz an den richtigen Mann geivcudct: Herr Leutnant Charly hat nichts versäumt, um die franzö sische Armee als einen übelriechenden Sumpf zu schildern. Es wäre kindisch, das Kulturbild des französischen Bilse als Wirklichkeit zu nehmen, und wir würden den Roman nicht erwähnen, wenn er nicht in der Tat in zwei Be ziehungen der Realität zu entsprechen schiene. Abgesehen von der allgemeinen Verlumpung nämlich geißelt der Franzose noch zwei Mißstände, die wir in der deutschen Armee nicht kennen. Es sind dies dieHcrrschaftder Phrase und die Ein wirk ungdcrPolitikauf das Heer. Es wird ein Regimentskommandeur ge schildert, der alltäglich bei der Parole seinem Adjutanten patriotisch geschwollene Befehle in dis Feder diktiert, Be fehle, die meist von seiner Geliebten und deren Galan, einem nicht minder sauberen Früchtchen, in ironischer Ab- sicht verfaßt sind. Es wäre unbegreiflich, daß ein pol ternder Idiot, wie der erwähnte Regimentskommandeur, sich in seiner Laufbahn zu halten vermöchte, wenn die unbegreifliche Tatsache sich nicht dadurch erklärte, daß der Bruder des Kommandeurs ein allmächtiger sozialistischer Abgeordneter ist. Der Verfasser schildert nun mit beißen dem Witz, wie bei Gelegenheit einer schlecht verlaufenen Besichtigung der inspizierende General schon eben drauf und dran ist, dem -Obersten das Genick zu brechen, wie aber sein bärbcißigos Gesicht sich in die geschmeidigsten Falten legt, als der große Agitator den Kaseruenhos betritt. Von jeher war es gute deutsche Sitte, vom Feinde zu lernen, und das können wir selbst aus dieser kümmerlichen Veröffentlichung. Wir müssen uns davor hüten, daß auch bei uns die Phrase zur Herrschaft gelangt und politische Zwietracht die Geschlossenheit des Offizierkorps zerstört. Gewiß liegt diese Gefahr noch in weiter Ferne, indessen haben wir doch in den letzten Jahren mannigfache, be- deutliche Symptome erlebt, die eine Warnung nicht als überflüssig erscheinen lassen. Häufiger als früher hielten auch Militärs tönende Ansprachen, die nicht immer von politischen Anspielungen frei waren und natürlich in der Presse Erörterungen hervorrwfcn. Diese Erörterungen wurden dann im Offizicrkorps gelesen, gaben hier wieder zu Debatten Anlaß, und so drohten sich Ucbelstände ein- zuschleichen, die wir bisher in unserer Armee nicht kannten. Naturgemäß ist es nicht möglich, das Offizier korps heutzutage von der Politik vollständig zu isolieren. Es ist nicht möglich und wir fügen hinzu, es ist nicht ein mal wünschenswert. Der Offizier soll, wie jeder andere Staatsbürger, an allem, was sein Volk bewegt, mit ganzem Herzen teilnchmen. Nur muß er freilich auf eine aktive politische Betätigung verzichten und darf im Streite der Meinungen das Fundament der Vaterlands- liebe und der Kaisertreue, auf dem die Armee aufgebaut ist, nicht verlieren. Glücklicherweise besteht bei uns in Deutschland nicht der ausgesprochene parteipolitische Dua lismus, der in Frankreich Volk und Heer in zwei Lager spaltet. Immerhin werden wir den Gesichtspunkt nicht aus dem Auge verlieren dürfen, daß das innere Leben des Osfizierkorps- nicht von der politischen Diskussion zersetzt werden darf. Der ungamcbe kstenbabnrr-Rumand. Maßnahmen der Regierung. Die Direktion der Staats bahnen hat für den Fall der Fortdauer des Ausstandes folgende Maßnahmen getroffen: An sämtliche Truppen kommandos des Landes ist der Befehl ergangen, sich unbe dingt den Weisungen der Betriebsleitung zur Verfügung zu stellen. Auf allen Stationen wird demnach Militär ausgestellt werden, welchem die Aufgabe zufällt, die Sta tionsgebäude und Dienstapparate, hauptsächlich aber die Telegraphen- und Telcphonverbindungen zu sichern und Arbeitswillige gegen die Aus ständigen zuschützen. Bei der Direktion sind Hunderte von Tele grammen von Bahnbeamten eingetroffen, die ihre Dienste anbieten. Infolgedessen hat die Direktion die Hoffnung, daß schon morgen wenigstens teilweise der Verkehr ausge nommen werden kann. Es wird beabsichtigt, auch das Korneuburger Eisenbahn- und Tele grap h c n r e g i m c n t zum Eisenbahndienst heranzu ziehen. In diesem Falle könnte schon am Freitag der Be trieb mit den Schnellzügen wieder ausgenommen werden In Ermangelung von Lokomotivführern werden ganze Ingenieur ko rps der Eisenbahnen, deren Angehörige sämtlich geprüfte Lokomotivführer sind, sowie zahlreiche andere fachkundige Beamte der Betriebs leitungen der Direktion zum Dienst als Lokomotivführer herangezogen werden. Mit diesen Lokomotivführern und mit den Mannschaften des Eisenbahn- und Telegraphen regiments hofft die Direktion der Staatsbahnen den Ver kehr auch im Falle der Fortdauer des Ausstandes in kürzester Zeit gänzlich wieder aufnehmen und sicherstellen zu können. Verhandlungen mit den Ausständigen. Gestern nachmittag ersuchte der Abgeordnete Vas- zony den früheren Staatssekretär Vörös um Vermittlung zur Einleitung von Verhand lungen mit den A u s st ä n d i g e n. Auf eine Ein ladung zur Zusammenkunft im Demokratenklub erklärte das Streikes mit«, nicht früher verhandeln zu wollen, als bis die Verhafteten freigelassen sind. Vörös und Vaszony begaben sich zum Obcrstahthauptmann Ruednay und erwirkten die Freilassung der Ver hafteten. Dann gingen Vörös. Vaszonv .Lengyeel und Hoek in das Streiklager. Vörös erklärte, daß er als Ver trauensmann, der mit Intentionen der Regierung komme, erschienen sei. Im Laufe der Beratungen zwischen dem Abgeordneten Vörös und dem Streikcomits trugen die Ausständigen ihre Forderungen vor. Der Abgeordnete VörössuchtcumMitternachtden Handels- ministerauf und kehrte dann zur Fortsetzung der Be ratung zurück. Ueber den VcrlaufderKonferenz wird folgendes bekannt: Abgeordneter Vörös teilte mit, daß die Regierung geneigt sei, den Ausständigen völ- ligeStraflosigkeit zu gewähren. Die Abhaltung der zu morgen cinberufenen Landesversamm lung würde gestattet und der Gesetzentwurf über die Gehaltsregelung bis narb der Abhaltung der zweiten Landcsversanmiluug verschoben werden. Die Regierung sei auch geneigt, die Gründung eines Landes verbandes den Eisenbahnbeamteu zu genehmigen und werde über die Regelung des Dienstes Vorschläge machen. Die Forderung der im Mai auszuzahlenden Zuschläge soll bewilligt werden. Die Mitglieder des Streikcomitös erklärten, daß sie von diesen Mitteilungen Kenntnis nähmen, jedoch keinerlei Garantie für Beendi gung des Streiks übernehmen könnten. Wie ferner ver lautet, war ein Teil des Streikcomitös geneigt, für An nahme dieser Bedingungen einzutreten, die Mehrzahl er klärte aber, der morgen stattfindenden Versammlung diese Bedingungen nicht unterbreiten zu können. Sie verlangten die Bewilligung sämtlicher im Memorandum von 1901 aufgestellten Forderungen. Zahlreiche Eisenbahnangestellte, die in benachbarten Sälen versammelt waren, bestürmten die zeitweise aus der Konferenz zurückgekehrten Comitömit- glieder, keinesfalls nachzugeben, da das Comitö sonst durch den Unwillen der Ausständigen hinweggefegt wer den würde. Unter dem Eindrücke dieser Erklärung be schloß auch die Minderheit des Comites alle Forderungen aufrecht zu erhalten. Die Konferenz dauerte um !44 Uhrfrüh noch fort. Erklärung der Mlnlfterxräfiventen Im ungarischen Abgeordnetenhause er- klärte Ministerpräsident Graf Tisza mit Be zug auf den Eisenbahnerausstand, die R e g i e r u n g sei lunsichtlich der Gehaltsaufbesserung der Eisenbahnbeamten biszuräußerstenGrenzegegangen,so daß die übrigen Staatsbeamten Grund hätten, diese glück- sicheren Kollegen zu beneiden. Die Eisenbahnbeamten irrten, wenn sie meinten, durch den Ausstand mehr zu er reichen, als gewährt worden fei; man könne gar nicht von einem Ausstande sprechen, da die Eisenbahn - beamten die Dien st pflicht verletzt hätten, die sie mit ihrem Eide gelobt haben. Der Ministerpräsident erklärt weiter, man könne eigentlich nur den Anstiftern und Agitatoren grollen, die sich hinter der verleiteten Menge verkriechen und sich auf eine Solidarität berufen, deren Hauvtelemente die Leichtgläubigkeit der Menge und die Feigheit der Anstifter bildeten. (Beifall rechts, Un ruhe links.) Die Regierung hält den Wegoffen für diejenigen, die auf den Weg der Pflicht z u r ü ck k e h r e n w o l l t e n , sie wolle den Schleier des Vergessens über daS Geschehene breiten. Falls die Streikenden die Arbeit nicht aufnehmen, so würde der Be- trieb, mit welchen Mitteln auch immer, wenngleich an- fänglich im beschränkten Umfange, abgewickelt werden. (Beifall.) —— Der Ruklsnck Sek Herero. Von Her Aolonne Glasenapp. Ueber den Marsch der Abteilung Glasenapp läßt sich aus Privatmitteilungen, die der „Kreuzztg." in diesen Tagen zugegangen sind, ein etwas klareres Bild ge winnen. Die Kolonne verließ Windhoek am 17. Februar; am IS« hatte sie Ondekeremba erreicht, in der Luftlinie 42 Icm Ost zum Nord von Windhoek, am Wege nach SeeiS gelegen. Ihr Weg führte dann weiter über diesen Ort und von ihm aus in ost nordöstlicher Richtung bis Owingi-Kanganferm daS Mischen Gobabis und Epukiro liegt, 70 Icm in der Luftlinie nördlich von ersterem und 44 von letzterem. Der Ort Otvingi ist, ebenfalls in der Luftlinie gemessen, 152 «cm von SeeiS ent fernt, den Windungen des Weges nach gegen 200 lrm. Dies« 200 Icm wurden in sieben Tagen zurückgelegt. Die Trupp« stand bei Owingi am 26. Februar. Am 4. März war sie in Kanduwe, das 40 Icm fast direkt nördlich, am Epukiro-Flusse, 17 Km aufwärts von dem gleichnamigen Orte, liegt. In de« sechs Tagen zwischen dem 26. Februar und 4. März hatte aber eine berittene Mteilung einen großen Erkundigungszug nord wärts über den Epukiro-Fluß hinaus bis zum Eiseb-Fluß unternommen, also einen Marsch, der hin und zurück min destens 1501cm ausmacht. ES wurde festgestellt, daß die Herero westwärts ausgewichen seien, und daraufhin am 5. März de« Vormarsch in dieser Richtung in Mei Kolonnen unternommen, von denen die ejinc dem Epukiro-, die andere dem Nosob-Tal« folgen sollte Am 10. März war Okandjesu erreicht, das in der Mitte zwischen diesen beiden Flußtälern, von Kanduwe gegen 80 »cm entfernt, liegt. Auch auf diesem Marsche bekam man keine Herero zu Gesicht. An diesem Tage wird geschrieben; „Tic Schwarzen reißen überall aus und wir laufen hinterher."" Von Okandjesu liegt Owikorero 110 1cm in der Luftlinie, gegen 130 der Wegstrecke nach entfernt. Diese ganze Entfernung ist am 11., 12. und einem Teile des 13. März durchmeßen wor den, an welchem letzteren Tage ja die Katastrophe bei Owiko« korero erfolgte. In den 25 Tagen, die zwischen dem Abmarsch von Windhoek und dem Gefecht von Owikokorero verfloßen sind. Feuilleton. 23) Das Testament des Bankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck verboten. „Ich habe das Schriftstück in Händen gehabt und sehr sorgfältig untersucht, Herr Mainwaring. Es trägt nach jeder Richtung hin den Schein der Echtheit." „Herr, wollen Sie mir sagen, daß Sie auch nur einen Augenblick an solchen Blödsinn glauben?" schnaubte Ralph, mit langen Schritten das Zimmer messend. „Ich sage Ihnen, das Ganze ist eine bodenlose Frechheit! Man weiß wirklich nicht, was man mehr be- wundern soll — die Dreistigkeit, ein Testament, das nie existiert hat, überhaupt zum Vorschein zu bringen, oder die Unverschämtheit, noch zu behaupten, daß es all die Jahre unterschlagen und gerade jetzt erst entdeckt wurde. ES ist der durchsichtigste Schwindel, der mir je vorge kommen ist, und eine Schande für ener Gericht, eine der artig monströse Sache nicht kurzweg abzuweisen!" „Das konnte wohl nicht gut geschehen", antwortete Whitney lächelnd. „Nach dem jetzigen Stande der Dinge bleibt uns eben nichts anderes übrig, als uns auf den neuen Gegner gründlich vorzubereiten." „Hole der Teufel alle Gegner?" stampfte Ralph heftig mit dem Fuße; bevor er jedoch weiter fluchen konnte, klopfte ihm Hugh auf die Schulter. „Papa, du würdest besser tun, dich etwas zu beruhigen und darauf zu kören, was Herr Whitney zu sagen hat. Venn es eine Fälschung ist, so werden wir es sicher be weisen können, wenn aber nicht — nun dann kann alles Zetern und Toben nichts helfen." Ein Blick stechender Verachtung traf den Sohn. . Wenn es eine Fälschung ist! Ich sage dir, ein „Wenn" gibt es hier nicht. Aber freilich, du bist ein solcher Narr, der sich obne Widerstand das Seinige nehmen lassen und obendrein noch eine Entschuldigung stammeln würde, cs brauchte nur einer zu kommen und zu sagen: Erlauben Sie, das gehört mir." „Darin irrst du mm zufällig, Vater. Ich würde offen und ehrlich mit ihm kämpfen, bis er mir bewiesen hat, daß i fein Recht stärker als das meinige ist, und vor allem würde I ich Ruhe und Besonnenheit bewahren, die bei jedem Streit j vorteilhaft sind." „Und uns hier ganz besonders nötig sein werden", fiel Her Whitney ein, „denn wer auch immer unser Gegner fein mag, jedenfalls steht ihm ein vortrefflicher juristischer Ratgeber zur Seite, und das läßt darauf schließen, daß auch gewichtige Beweise vorhanden sein müssen." „Beweise!" höhnte Ralph. „Es ist ja zum Lachen. Ich bin doch begierig, den Burschen kennen zu lernen, der es wagt, mir als Sohn des Harold Mainwaring gegenüber zutreten. Haben Sie dieses merkwürdige Individuum schon geseben?" „Nein. Er wird erst mit der „Umbria" erwartet, die anfangs nächster Woche eintreffen soll." „Sagen Sie, was für ein Mann ist denn dieser Sutherland?" fragte Hugh. „Wohl so eine Art Hobson?" Whitney schüttelte nachdrücklich den Kopf. „O nein. Sutherland ist einer der tüchtigsten Anwälte, ein scharf sinniger Jurist, ein beredter Verteidiger und ein voll kommener Gentleman. Ich sprach ihn heute, und er gab mir zu verstehen, daß wir einen harten Kampf nut seinem Klienten haben würden, zumal dieser sich als zweiten An walt noch den jüngeren Barton aus London mitbringt." „Donnerwetter!" rief Hugh, „da scheint die Sacke doch schlimm für uns anszusebenl" und sein Vater schrie: „Was? Barton? Unmöglich! Nichts als Wind macherei! Die Partons, die seit fünfzig Jahren die Ge schäfte der Mainwarings besorgt haben, sollten jetzt gegen uns anftrcten? Die Komödie wird ja immer toller. Noch wenige Tage vor meiner Abreise hierher war ich bei ihnen, und als ich ihnen erzählte, daß Hugh meinen Jungen zu seinem Erben einsctzen wolle, da gratulierten sie mir — und jetzt sollten dieselben Partons auf einmal Gemein schaft mit diesem hergelaufenen Indnstrieritter machen? — Tas ist doch zu abgeschmackt!" Herr Whitney schüttelte bedächtig den Kopf. „Suther land ist nicht der Mann, der für faule Geschäfte zu ge winnen oder leicht zu düpieren wäre. Er weiß ganz genau, was er tut. Und wenn er und Herr Barton die ! Sache übernommen haben, so muß sie unbedingt haltbar ! fein. Vorläufig können wir nichts anderes tun, als ihr Vorgehen abwarten und sehen, welche Beweise sie bei bringen. Dann werden wir in Ruhe unsere Verteidigung erwägen und, wie ich hoffe, zuletzt gewinnen." „Zum Henker mit Ihrer Verteidigung, Whitney. Wir haben uns nicht zu verteidigen, wir haben anzugreifen, und bei meiner Seele" — ein mächtiger Faustfchlag dröhnte auf der Tischplatte — „ich will die Bande gleich an dem Punkte treffen, der bier einzig und allein den Ausschlag gibt, ich werde den Betrüger entlarven! Harold Skott Mainwaring besaß nie einen Sohn, der länger als vierundzwanzig Stunden gelebt hätte. Das kann ich' schwarz auf weiß beweisen!" „Was? Das könnten Sie?" rief der Anwalt. „Jawohl, das kann ich", triumphierte Ralph, mit Augen, die wie polierter Stahl glänzten. „Wenn jemand glaubt, ich hätte die letzten einundzwanzig Jahre ge schlafen, so ist er gewaltig im Irrtum. Lieber Whitney, am Tage der Geburt meines Sohnes habe ich mir das Gelübde geleistet, es als meine höchste Lebensaufgabe an- zufehen, für ihn den alten Familienbesitz der Main warings mit seinen Millionen zu erwerben. Nicht ein Tag war seitdem vergangen, wo dies nicht mein erster Gedanke war — nicht ein Tag, an dem ich nicht den ganzen Horizont nach dem kleinsten Wölkchen abgesucht hätte, das mein Lebensziel bedrohen könnte. Nichts ließ ich unbeachtet. Als die Nachricht vom Tode Harold Main warings nach London gelangte, strengte ich ungesäumt die eifrigsten Nachforschungen an, ob er Kinder hinter lassen habe. Nach vielen Mühen erfuhr ich, daß er nur einen Sohn gehabt, dieser aber vierundzwanzig Stunden nach seiner Geburt gestorben war. Und hierüber besitze ich die Todesurknnde, ausgefertigt von dem Arzte, der bei der Geburt des stindes zugegen war und dann dessen Tod feststellte." „Haben Sie die Bescheinigung hier?" fragte der An walt lebhaft. „Nein, in London." „Kabeln Sie sofort danach. Lieht der Tod dieses Kindes über jeden Zweitel fest, dann spielt das Testament, mag es auch echt sein, keine Rolle mehr." „Das Testament", schrie Ralpb Mainwaring, „das wird in keinem Fall eine Rolle spielen, weder so noch so. Das Testament, vergessen Sie nicht, ist eine Fälschung! Wenn nötig, werde ich es beweisen, sollte es mich auch meinen letzten Schilling und den letzten Tropfen meines Herzblutes kosten. Verstehen Sie mich?" Ter Rechtsanwalt verstand, war aber im Herzen fester als je von der Echtheit des alten, heute eingereichten Testamentes überzeugt. Inzwischen saß in einem anderen Teile der Stadt Frau La Grange allein in ihrem Zimmer und erwartete Hobson. Die für sein Kommen festgesetzte Zeit war längst vorüber, und die Abenddämmerung schon eingetreten, doch war es noch hell genug, die Veränderungen zu er kennen, die die letzte Zeit in dem Gesichte der Frau her- vorgebracht hatte. Ihre Züge sahen verkniffen und ver zogen aus, und das sonst so prächtige Kolorit ihrer brünetten Haut batte eine wachsfarbene Blässe ange nommen; die dunklen Augen aber funkelten wie immer wild und kalt. Sie schauderte, als sie jetzt von ihrem Fenster aus sah, wie Hobson sich dem Hause näherte. Gleich darauf börtc sie seinen schleichenden, katzen artigen Tritt auf dem Korridor, dem ein leises, eigen- tümliches Klopfen folgte, und Hobson trat ein. Seinen Gruß kalt erwidernd, ging sie ihm langsam entgegen, und auf einen Stuhl deutend, setzte sie sich ihm so gegenüber, daß ihr Gesicht sich im Schatten befand. „Sie kommen spät", sagte sie. „Ja, verehrte Frau", näselte er in seinem gewöhn- sichen salbungsvollen Ton, „aber ich wünschte natürlich, so viel als möglich über diesen plötzlichen Zwischenfall zu erfahren. Was halten Sie von der neuen Wendung der Dinge, meine Teuerste?" „Die ganze Geschichte ist einfach albern; die vollendetste Frechheit, die mir je vorgekommen ist." „Aber kühn angelegt und fein gesponnen, das muß ich sagen. Läßt fich'S auch ein schönes Stück Geld kosten, der Erbe", betonte er. „Er hat sich die Partons ange nommen, und die alten Vögel lassen sich mit Spreu nicht fangen." „Was sagen Sie? — Die PartonS? — Unglaub lich! Tann ist der Prozeß von vornherein für Ralph Maintt'aring verloren!" (Fortsetzung folgt.)
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