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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040505017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904050501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904050501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
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Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 75 -H, nach den Familiennach richten (6 gespalten) 50 -H. Tabellarischer nnd Ziffernjntz emjprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 Extra-Beilagen (gesalzp, nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen find stets au die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Klinkhardt). Nr. 227. Donnerstag den 5. Mai 1904. S8. Jahrgang. Var Wichligrle vom Lage. * Die Nachricht von der Ernennung des Generalleutnants v. Trotha zum Oberkommandierenden in Südwest- afrika wird amtlich bestätigt. * Der Reichstagsabgeordnete Menck-Altona, bekannt durch seine Erklärung gegen das Reichstags wahlrecht, ist der freikonservativen Partei als Hospitant beigetreten. * Die braunschweigische Lotterieverwaltung ist bereits infolge der verschärften Absperrungömaßregeln gezwungen worden, ihre Lose za hl beträchtlich zu ver ringern. m stäupt «na Wellern.*) Wohl mag die Regierung Sartos sich ihres deutschen Besitzstandes, der approbierten päpstlichen Zentrums fraktion, der jesuitischen Machtpermehrung freuen: denn der Abtrünnigen Zahl wird groß. Felonie ist im Schwange. Ungetreue Söhne des Romanismus enthüllen seine Gebrechen, und kirchliche Beamte, denen der stille Schutz der Gläubigkeit anvertraut ist, sagen, weniger ruchlos, doch nicht minder fatal als jene, daß sie zweifeln, ihrer Aufgabe gewachsen zu sein. In isie Kate gorie der Lästerung gehört der Zwischenfall des franzö sischen Katholiken Josephin Päladan. welcher jetzt in einer Broschüre den zehnten Pius «„geherrscht hat. Sehr dreist sind die Melodien dieses „mystischen" Snobs, der als „Sär", als '.Kaiser" der Rosenkreuzer, ehemals den Weihwedel schwang. Wenn irgend ein Eombes die römische Kirche beleidigt, so läßt sich die Sache durch das Anathema regeln: anders ist es mit diesem Ketzer, der auf die heilige Dreieinigkeit und das katholische Credo schwört, der selbst 1881, weil er für die vertriebenen Mönche sich erklärt hatte, auf die Bank der Strafkammer spazierte. Herr Pt'ladan möchte das Wiederverheiratungs recht Geschiedener frei vom zelotischen Fluche. Er redet uns, die wir von Rom nichts wissen, ein, daß die Priester Frankreichs für Geld alle Gnadcngütcr verkauften, daß ein Gesetzbuch nötig sei, ihre Ehrlichkeit zu prüfen, er spricht von Simonie und Sodomie, die früheren Päpsten zur Last falle, von den römischen Höflingen, dem un heiligen Prunk des apostolischen Sessels. Und Herr Peladan gelobt, daß er gegen die Mißbräuche schreien werde im Namen aller derer, die von kirchlicher Satzung um ihr Glück betrogen worden sind. Bei den deutschen Reformkatholiken herrscht, der Art unseres Volkes gemäß, nicht diese kreischende Dringlich keit: langsamer, gründlicher, wissenschaftlicher gehen sie ans Werk. Mit Hermann Schell, Professor der Apologetik und zeitweise Rektor der Würzburger Hoch schule, begann cs: in seiner Schrift „Der Katholizismus als Prinzip des Fortschritts" hat er die Behauptung, jene Form des Christentums sei „inferior", untersucht. Von *) dlostra maxirna culpa! Die bedrängte Lage der katho lischen Kirche, deren Ursachen und Vorschläge zur Besserung. Wien und Leipzig 1904, Hofverlags-Buchhandlung Karl Fromme. ihm ist die Inferioritätsdebatte herzuleiten. Dann kam die Schrift des vr. Ehrhard, der „Die katholische Kirche im 20. Jahrhundert" zur Neubegründung ihrer Einrich tungen mahnte. Wissenschaftlicher Streit ist es auf dem Boden des Deutschen Reiches geblieben; die Bischöfe stellten sich entgegen, die Priester taten, als hätten sie sich nie dem kirchlichen Gedankenkreis entfremdet, die Laien wählten ihre Zentrumsabgeordneten nach wie vor. Das „Los von Rom!" ist, trotz des Grafen Hoensbrocch, eine nur österreichische Parole. Tort, in den deutschen und slawischen Alpenländern, hat denn auch, während die all deutschen Turner ihre Sonnenwendfcuer entzündeten, während der Volksdichter Peter Rosegger durch seine be dächtigen Bücher die Herzen weckte, der Klerus sich an dem katholischen Zeitkampf beteiligt. Beratungen wurden abgehalten, Bittschriften wurden verfaßt, und man hörte, daß die Gesamtheit des slowenischen Klerus radikal auf trete. Soeben hat sich ihr ein neuer Dolmetsch gefunden, der Pfarrer Anton Vogrinec im kärntischen Leibling, der das Buch „l^ostra rnaxiina culpa" schrieb. Erst un geduldig ob der Schwierigkeit, dann aufmerksamer durch blättert es der Leser; und es zeigt sich, daß Vogrinec der Beachtung würdig ist, daß sicherlich seine Broschüre sogar die Ursache heftigen Zwistes oder religiöser Gesundung sein wird. Ein kleinster Reformator erhebt laut seine Stimme. Wer. nach der Gewohnheit unseres Freisinns oder des Grafen Bülow, die römische Kirche nicht sehr ernst niinmt, wer die üblen Erfahrungen eines Schell und Bercmun- dus-Muth vergessen hat, wird über die Bestimmtheit staunen, womit auch dieser slowenische Pfarrer gegen die Drohungen der klerikalen Mehrheit von vornherein sich verteidigt. Nach außen hin tritt er bescheiden auf, er entschuldigt sich, daß er schlecht, rhetorisch ungewandt schreibe, ordnet sich der Wissenschaft, welche seine bäue rischen und kleinbürgerlichen Amtsbrüdcr verachten, unter und zollt dem geistig-kulturellen Streben der Gegenwart,' deren „materialistische Sumpskultur" von der Kanzel ver wünscht zu werden Pflegt, ehrerbietigste Anerkennung. Indes für die, welche Gehorsam von ihm fordern, ihn finden wollen, hat er eine mannhafte Deutlichkeit. Er meint, daß er eine „Kritik" durch Aechtung wohl nicht mehr zu befürchten habe, er Provoziert sie, indem er sagt, daß er ihnen im Vergleich zu Ehrhard wohl ein Wolf im Vergleich zum Lamm dünken werde. Von seiner Lauf bahn erwartet er nichts mehr, weil in dieser Weise von Reform „eben das traurige in unserer Kirche, der Hemm schuh des religiösen Fortschritts" liegt. Er scheut nicht den Namen des wittenbergischen Mönches, der „stabet prokuuäoa oculos": „Heutzutage haben wir keinen Luther ast anno 1517 zu fürchten, der sich auf die Macht der Fürsten stützen und samt den Herrschern auch das Volk für die Sache gewinnen würde; jedes Dorf hat dafür genug Luther im kleinen." Das mag dem höheren öster reichischen Klerus, der erst im Falle Kohn den Haß und die Unbotsamkeit der Unteren wahrnehmcn konnte, ärger lich klingen. Und Vogrinec spricht nicht weniger scharfe Sätze über die Untern selbst, die „klerikalen" Kapläne, die sich ver bündet haben, um jeden geistig Interessierten mit ihrem „Er tut nichts" zu beargwöhnen. Die „Sklaven des Systems", die geistlos kompilierenden, klerikalen Buch macher haben ihn empört, die politischen Agenten im schwarzen Psarrerrock, die, bei allem Kulturkampflärm, nach „oben" sich zu ducken wissen nnd den nicht parierten Schlag an die Untergebenen leiten, die kirchlich-offiziösen Schönfärber, die bei den Diplomaten sitzen und nach Titeln trachten, die von ihrer Unfehlbarkeit überzeugt sind wie Metternich, zu dem am Vorabend der Revolution nnd seiner Flucht der Wiener Polizeipräfekt sein histori sches Wort: „Excellenz, alles ruhig" stammelte. Mit äußerlichen Triumphen, niit „herrlichen" Reden begnügt man sich, und während die Frömmigkeit des Volkes zer rüttet wird, pflegen Gebetsvereine den Schein, Vereine mit Obmann und Kassierer, mit dem Statutenwerk eines christlichen Talmud, eine „Claque für den lieben Herr gott", die nichts taugt. In Vogrinec lebt ein dumpfer Unwille gegen das Metier, wie nur der empfinden kann, dem es selbst den Glauben aus der Seele riß, der sich und seine Amtsbrüder bei den zurechtgemachten Visitationen mit gedrillten Schülern, angesichts des „kontrollierenden" Oberhirten im violetten Talar gesehen hat. Er weiß, wie mechanisch sie die Bildungsbedürftigen lehren, er wagt sich ihrer aus Bossuet und Faber abgeschriebenen, dem Predigtblatt entnommenen Predigten zu schämen, von denen ein Teil eher in den Circus als auf die Kanzel gehöre. Er kennt diejenigen katholischen Studenten, die, trotz ihrer vorzüglichen Religionsnoten, mit Stöcken auf einander einhauen, er kennt die Stellenjäger, die Jagd nach Pfründen, zu der viele Geistliche sich verstehen. Er hat ja in seiner nächsten Nähe den Prozeß gegen den Priester Maschek erlebt, der zum Meßwein Gift mischte, um einen anderen Pfarrer zu ermorden, und 1901 zu 15 Jahren schweren Kerkers verurteilt worden ist; ihm ist also bewußt das „Horuines sruuusl", daß auch im priesterlichen Stande nicht alles tadellos blieb. Und darum muß er von den die Fehler bemäntelnden Priester- lichen Politikern sich trennen. Desto erfreulicher scheint es, daß Vogrinec über den Hader hinaus, und um nicht den Niedergang noch zu be günstigen, praktische Ideen äußert, die der Kirche sein sollen, was für Juristen und Aerzte die auf ihren Kon- greifen bekundeten Anregungen sind. An den Grund wahrheiten zu rütteln, fällt auch diesem slovenischen Pfarrer nicht ein, der für die Erziehung der Andacht zum Weltgcbäude die kopernikanischen Lehren unbedenklich empfiehlt. Hier und da kommt der um Dogmen ängstlich sorgende Geist zum Ausdruck: „Nicht Sucher der Wahr heit, sondern Besitzer der Wahrheit" sind nach ihm die Gymnasialabiturienten, deren einziges Vorrecht die un ruhige Wahrheitssuche für unsere Laienmeinung doch ist. Phrasenhafte Kirchenfeindschaft, die ihm in den Leit artikeln kleiner marxistischer Schreiber begegnet sein mag, verletzt ihn, und „Volksverdummer, Reaktionäre, Finsterlinge" will er die Geistlichen nicht schelten lassen. Fürsichtig zieht er Grenzlinien gegen den Protestantis mus. Die Geschlossenheit des Evangelischen Bundes, des Gustav Adolf-Vereins imponiert ihm, aber er bedauert, daß durch die gewaltsame Großjährigkeitserklärung die totale religiöse Befreiung verhindert worden sei, und er schätzt die Kunst des Katholikentums, die ihm teuer ist. Nichtsdestoweniger hat auch Vogrinec mit allem Be rührung, was im protestantischen Christentum nicht rationalistisch, sondern evangelisch, innerlich, wahrhaft ist. Denn auch er setzt voraus, was in Luther als starke, individualistische Sicherheit aufbrach, in Schleiermacher mit individualistischer Feinheit gepflegt wurde, die An- sckxiunng, daß der religiöse Mensch sich selbst bestimmt, daß er von Gott selbst inspiriert sei. Auch dem Pfarrer von Leibling, der sich auf Tertullian und Rousseau be zieht, ist das religiöse Gefühl, die religiöse Anlage nichts Verständiges, sondern etwas Unmittelbares. Auch außer halb des Christentums ist für ihn der Glaube möglich, den nicht die Vernunft diktiert, sondern Gemüt und Wille. Aus der kirchlichen Armut möchte er, und sein Lands mann Rosegger würde ihn begrüßen, den einfachen Katholiken helfen, indem er in ihrem Namen ein Brich, ein volkstümliches Organon der Religiosität verlangt. Und nicht ein Buch, sondern das Buch, jenes Buch, mit dem Luther sein geistig hungerndes deutsches Volk beschenkte, um dessentwillen Kriege geführt worden sind. Die Bibel ist es; ihre Macht soll das Volk begeistern, wie es von „Wilhelm Tell" begeistert wird, und ihre Echtheit soll es vor den Zweifeln bewahren, die jetzt verwüstend wirken, weil die einmal hingenommene Autorität versinkt. Nicht mit deni Klerus, der selber der Frömmigkeit oft ermangelt, will Vogrinec paktieren. Er urteilt, daß das „Kunst werk" des Meßopfers durch ihn geschädigt werde, ein Anstoß ist seiner Innigkeit die tote Routine, die holprige Pseudogelehrtheit des Seminarlateins, die Seminare mit ihrer Kerkerhaft, den rußigen Lampen, der Zu- sammcnpferchung in den Schlafsälen, die Verwahrlosung des Chorgesanges. Das Katholikentum des Katechismus, das nicht fragen darf, ist hinfällig, weil in der neuen Zeit „Warum?" gefragt wird. Vogrinec begehrt eine Revision der Liturgie und der Sakramente, zumal die Beichte greift er an, die Beschaffenheit des Beichtstuhles, den er durch eine mit Glastür und Vorhang ab geschlossene Beichtzelle ersetzen möchte. Sodann trifft seine Kritik den Cölibat, der von jeher in den Kon ferenzen freigesinnter österreichischer Priester, in ihren Blättern befehdet worden ist. Hier lesen wir die Worte: „Man lockt das arme Vöglein in den Käfig, und wenn es klagt und fast unter der Last zusammensinken will, ruft man ihm zu: Bete und arbeite, ohne zu bedenken, daß gerade der Brand ihn am Beten und Arbeiten hindert." Solche auf die Wieöerherstallung des Familien gefühls hinzielende Forderungen müßten die Situation des Klerus von Grund auf ändern. Neues bereitet sich vor. Nach der Verbindung mit dem Volksleben sehnt sich der Pfarrer Vogrinec in seinem ländlichen Pflicht dienst, in der Abgeschiedenheit seiner Berge, die ikm die Naivetät eines Ländlers bewahrt haben, in seiner Feuilleton. Kunst. Arrnftsalon Beyer und Sohn. L. Kubin — F. Hecker — L. von Jordan Der bekannte Münchener Symbolist A. Kubin ist em origineller Kopf; vielleicht ist seine Phantasie etwas überhitzt, immerhin sind ihre Produkte originell. Ueber Welt, Mensch. Kultur und Schicksal hat er seine eigenen, streng persönlichen Ansichten, und was er gedacht und empfunden, daß vermittelt er uns mit Stift und Griffel. Eine ganze Anzahl seiner Blätter liegen gegenwärtig bei Beyer L Sohn aus, zum Teil sehr tüchtige Arbeiten, in denen mit einem feinen Gefühle für die Anatomie von Tier und Mensch, auch da, wo der Künstler sich ganz seiner Phantasie überläßt, überall das formal Mögliche über zeugend dargestellt ist. Es mag ein besonderer Genuß, eine seelische Wollust sein, wie ein Schöpfer neue Formen zu finden. Aber dabei rückt die Gefahr nahe, daß man sich dieser Lust zu weit hingcbc, und alle Blätter Kubins beweisen, daß der gedankliche Gehalt seiner Opera ihm zur Hauptsache geworden, daß er diesem zu Liebe die rein malerischen Errungenschaften nicht so weit in sich ausge nommen hat, wie sie von Bahnbrechern wie Klinger der Kunst bereits gegeben worden sind. Die Form ist ihm die Hauptsache, sie wird auf Kosten des Lichtproblems in erster Linie gepflegt, und so muten uns seine Blätter, trotz der neuen und eigenen Formen, die er menschcn- und tierähnlichen Wesen zu geben weiß, doch zuweilen etwas altmodisch an. Wir sind verblüfft durch die ins Riesenhafte und Häßliche gezerrte Erscheinung eines Menschen („Karneval"), wir erschrecken vor der ins Gigantische gesteigerten Kröte, die die Großstadt versinn bildlichen soll. Schwachnervige könnten Hallucinationen bekommen, und wie Hallucinationen muten uns schließlich die exzentrischsten der künstlerischen Gedanken Kubins an. Originell ist er auf jeden Fall, aber nicht wie z. B. Otto Greiner, der ja auch in seinen Kreuzigungen das Bild des Satans als Karikatur des Menschen gibt. Aber Greiner stellt diese Karikatur neben normale Menschen. Kubin dagegen gibt nur das Zerrbild als solches, und wie dem oft allzu tiefsinnigen Sascha Schneider, kann man auch Kubin gegenüber schließlich sich der Einsicht nicht er wehren, daß derartige Darstellungen letzten Endes doch auf die Sensationsmalerei hinauslaufen. Aber Kubin ist auch rein künstlerisch genommen stimmungsvoller Blätter fähig geworden. Man sehe den „Alten Turm" und „Tie Stadt gen Osten". Interessante Blätter unter den sym bolistischen sind die „Epidemie" mit dem riesigen, einen Sack voll Bazillen über menschliche Wohnungen aus schüttenden Tode, ferner „Der Krieg", wie er mit furcht barer Energie mit seinem riesenhaften Klumpfuß die Heere niederstampft, ferner „Des Menschen Schicksal", die „Promenade", und die anatomisch hervorragend schöne und charakteristische „Salome". Andere Blätter dagegen, wie „Hungersnot", „Todesstunde", das „Grausen", der „Angstschrei" und die „Angst" sind stark äußerlich und zum Teil mit Titeln bedacht, die aus fal schen psychologischen Vorstellungen hervorgegangen sind. F. Hecker - Osnabrück ist ein passabler Landschafter. Zwei Phänomene interessieren ihn besonders, die Farbe und die räumliche Tiefe. Aber es ist auffällig, wo er uns Farbe zeigen will, wie in der sonst stimmungsvollen großen „Landschaft", dem „Winterabend" oder dem „Sommerabcnd am Berge", da erscheinen seine Effekte noch etwas beabsichtigt, seine Farbe selbst hart und teichisch, dort aber, wo es ihm auf die Tiefe der Landschaft ankommt und er die Farbe nicht gerade als Hauptsache geben will, wie in dem schönen, blau gehaltenen „Sonnen blick" mit dem hohen Himmel, dem „Sommertag" (Pastell) und dem „Acker", da ist ihm alles geraten, die Farbe, die tiefe Landschaft und der erhabene, ernste Himmel darüber. Ein schönes, in manchen Stücken an den Liebermann der zweiten Epoche (der Uebergangsepoche vom Realismus zum konsequenten Impressionismus) erinnerndes Bild ist „Der alte Schäfer". — Bei den In terieurs kommt es Hecker mehr auf die Beleuchtung selbst, als auf die genaue Darstellung der in eine gewisse Be leuchtung gesetzten Menschen an, „Das Märchen" dagegen, ein am Spinnrad sitzendes Mädchen, zeigt porträtscharfe Züge. Auf den schönen „Studienkopf" (Pastell), Porträt eines jungen Mädchens, sei besonders hingewicsen. Von L. vonJordan- Weimar sind einige hübsche Landschaften, Aquarelle, Zeichnungen und Oelbilder vor handen. Die große Naturauffassung und die Farben schönheit liegen ihm am Herzen. „Park im Herbst", „Jlmblick", „Brockenlandschaft" verdienen hervorgehoben zu werden. vr. Imäwis V7sbcr. * 8 Die Londerausftellung deutscher Künstler in Lt. Louis. Man schreibt uns: Die Frage der Beteiligung der deutschen Kunst an der Weltausstellung in St. Louis har zu recht wenig erfreulichen Vorgängen geführt. Auf Anregung des Kgl. preußischen Hofmalers C. Arnold in Weimar hat sich eme größere Anzahl deutscher Künstler veranlaßt gesehen, eine „Sonderausstellung deutscher Künstler" in st. Louis in die Wege zu leiten. Sie sind hierbei in Beziehung zu dem „Zentral bureau zur Vertretung und Förderung deutscher Interessen auf der Weltausstellung in 'St. Louis 1904 zu Berlin" getreten. Das Ergebnis der gepflogenen Verhandlungen ist, daß in dem deutschen „Künstlerhcim" des Kunstmalers Johannes Schumacher in St. Louis eine Londerausstcllung statt finden wird, zu welcher schon heute etwa 25 .Künstler ca. 50 Bilder angemeldet haben. Die Ausstellung soll Ende Mai er öffnet werden und während der Dauer der Weltausstellung dem Publikum zugänglich sein. Tas Künjtlerheim liegt über aus günstig unweit des Zentralbahnhofes in einer der Haupt straßen, die direkt zur Ausstellung führt. In den gut be lichteten, besonders hierzu hergerichteten Räumen ist Platz zur Aufnahme von ca. 500 Bildern. Der Leiter des Künstlerheims leistet für eine sachgemäße Durchführung der Ausstellung alle Gewähr und seine Beziehungen nicht nur in St. Louis, wo er seit langen Jahren ansässig ist, sondern in ganz Nord amerika werden fm Hinblick auf den Verkauf der Kunstwerke — es sollen neben Bildern auch plastische Darstellungen Auf nahme finden — die denkbar besten Chancen bieten. Die Zoll frage ist durch Entgegenkommen der amerikanischen Behörden in gleicher Weise für diese Sonderausstellung wie für die Weltaus stellung geregelt, so daß kein Betrag bei Eingang zu depo nieren oder zu zahlen rst, sondern der Zoll erst fällig wird, wenn die Kunstwerke zum Verkaufe gelangt sind Da nun das „Kunstlerheun" alle Unkosten der Ausstellung selbst trägt, so würden die sich weiterhin beteiligenden Künstler nur die ver hältnismäßig geringen Spesen für Fracht und Versicherungen zu tragen haben. Nur im Falle des tatsächlichen Verkaufes beansprucht das „Zentralbureau" bezw. das „Künstlerheim" eine Provision von 10 Prozent. Die Vorstände der „Kunst genossenschaft in Darmstadt, Dresden, Karls ruhe, München, Weimar, des „Vereins Berliner Künstler", des „Deutschen Künstlerbundcs", der „Sezession" in Berlin, der „Luitpoldgruppe", der „Sezession", des „Künstler vereins Scholle" in München sowie des „Malkasten" in Düssel dorf sind in der Lage, weitere Auskunft zu geben, vor allem den Entwurf eines Vertretungsvertrages, wie solcher mit den bisherigen Künstlern vereinbart ist, vorzulegen. — Wir bringen die tatsächlichen Mitteilungen, ohne daran ein Urteil zu knüpfen. Daß eine solche „Sondcraussdellung" ohne jede Jury erfolgen muß, ist nach dem bisherigen Gange der Drnge verständlich. Dies führt aber anderseits zu dem lebhaften Wunsch, daß die Ausstellung noch von vielen ersten Künstlern beschickt werde, damit sie ein richtiges Bild des Teiles der deutschen Kunst gibt, der, aus welchen Gründen es auch sei, cs für geboten hielt, sich nicht an der Weltausstellung selbst zu beteiligen und doch den Wunsch hat, Nordamerika, sa der ganzen Welt, seine Arbeiten zur Kritik zu stellen. 8 Professor Lessings Shakespeare-Statue in Weimar. Im kunstsinnigen Weimar ist am 23. April Otto Lessings Shake speare-Statue enthüll: worden. Die weimarischen Hofkunst- vcrleger G. Heuer und Kirmse in Halensec, denen wir bereits eine vortreffliche Goethe-Gravüre verdanken, haben dieses erste deutsche Monument des Dramatikers in Kupfer druck vervielfältigt und das Kunstblatt zum Preise von 3 und 10 publiziert Die Darstellung des genialen Briten ist lebensvoll und charakteristisch. Die Gestalt zeigt sich graziös in malerischer Tracht Die rechte, eine Rolle haltende Hand in die Seite gestemmt, die linke Hand einen Rosenzweig um schließend, gibt sich das Ganze als eine echt künstlerizch un gezwungene Personifikation des Gewaltigen, der Ernst nnd Scherz in Worte zu prägen wußte, wie keiner vor und nach ihm. Das Antlitz mit seinem durchdringenden Blick, dem
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