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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040506019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904050601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904050601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-06
- Monat1904-05
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I» da« Hasdelsrrgister ist heut« ass Blatt 11287, betr. di» Firma Tartzamentwerkr, Gesellschaft «tt tzeschräntter Haftung w Leipzig eingetragen worden: Paul Langgut!) ist al« Geschäfts führer au«geschieden. Zu Geschäft-führeru sind bestellt die Kauf- laute August Wassermann in Leipzig und Rudolf Felix Richter in B«liu. Prokura ist erteilt dem Kaufmann Willy Max ThomaS i» Leipzig. Leipzig, de» 4. Mat ISO«. Königliche« Amtsgericht, Abt. lIL. Da« Kon kur-verfahren über da- BermSgrn de- Weinhändler« Krtetzrich August Vetter, Inhaber« einer Weinhandlung in Leipzig, Johanni-Platz 4/5, wird nach Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Leipzig, den 4. Mai 1904. Königliche« Amtsgericht, Abt 11^', JobanniSgaffe 8. G«m»atze«tz, Neu 7. Mat, Var«. 10 Utzr, sollen im ge richtlichen Versteig rrungSlokal r vtze. Metzer« kl. Lextkan vnd 1 Schrank gegen Barzahlung öffentlich versteigert werden. Der GertchtSUelzieher tze« Köntgl. Amtsgerichts. Nachlaß-Auktion. Die zu einem besseren Nachlasse gehörigen Möbel, Betten, Wüsche, Kleidungsstücke, Bold- und Silbersachen, Bucher, Gr- müllx re. solle» Montag, den S. Mat 1S04, vormittags von 9 Uhr an st» Haus« An tzer alte« Elfter Nr. 18, s. Etage, öffentlich versteigert werde». ll. Aurtla, Lokalrichter. Konkursmasse-Verkauf. Die Konkursmasse Marte Wolff iu Leipzig-Kleinzschocher, bestehend au«vaumwollwareu,keinem»aren,vlousen, Schürze«, Wollmare« rc. rc. uud zwar Warrn im Taxwerte von 13851,08 und Inventar im Taxwerte von 143,50, soll am Freitag, den S. Mat ISO«, »achmittag« 4 Uhr. im Panoramarrstaurant, Leipzig, Rohplatz 5 (im Separatzimmer) meistbietend und öffentlich im ganzen verkauft werden. Die Besichtigung kanu am Donnerstag, den 5. Mai. früh von 10 Uhr bi« abeud« 6 Uhr uud am Freitag, den 6. Mai, früh von 10 Uhr bi« »achmittag- 3 Uhr im Geschäft-lokale, Leipztg-Klein- »schocher, Autonieostratze 17, erfolgen. Die Berkauf-bedingungen werden im Termin bekannt gegeben; jeder Bieter hat 2000,— Bietungskaution vorzuzeigeu. kaäl kottaalmlast, Konkursverwalter, Leipzig, Kurprinzstraße 9. venttcher fteichrlag. 84. Sitzung. D Berlin, 5. Mai. (Telegramm.) Dieselbe Interesselosigkeit, die die Signatur der letzten Reichstagsverhandlungen gewesen war, beherrschte auch heute zu Anfang der Sitzung das Haus. Der Reichs tag versagte zunächst in mehreren Fällen die Ge nehmigung zur Einleitung von Strafverfahren und Klagen gegen Mitglieder des Hauses. In Sachen der Zeittrng „Flensborg Avis", in deren Räumen eine Haus suchung stattgefunden hat, wodurch die Immunität des Besitzers, des Abg. Jessen, verletzt sein soll, beschloß das Haus nach einer längeren Auseinandersetzung des Abg. Stockmann (Rp.) Einsendung der bezüglichen Akten. Weiter wurden Nechnungssachen erledigt. Nunmehr wurde die zweite Beratung des Gesetzentwurfes, betr. Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungs haft, fortgesetzt. Abg. Stadthagen (Soz.) trat in längerer Rede für die von seiner Partei gestellten, über die Vorlage hinausgehenden Abänderungsanträge ein und tadelte das Aurückweichen vor dem Bundesrat. In seiner Kritik gegen die Regierung ging er so weit, daß er sich eine Rüge des Präsidenten Grafen Ballestrem zu- zug. Der sozialdemokratische Redner behauptete, daß in keinem Lande so viel ungerechte und so lange Unter suchungshaft verhängt werde, wie in Deutschland. Abg. Storz (d. Blksp.) erklärte, daß bei kräftigerer Haltung der Kommission mehr hätte erreicht werden können. Seine Freunde würden, um überhaupt etwas zu stände zu bringen, für die Vorlage stimmen. Abg. Jt schert (Zentr.) teilte, nach Zurückweisung der vom Ab geordneten Stadthagen an den Kommissions beschlüssen geübten Kritik, mit, daß das Zentrum ebenfalls für die Kommissionsvorlage stimmen werde. Abg. Bargmann (freis. Vp.) gab die Erklärung ab, daß er und seine Freunde für den Antrag der Sozialdemo kraten und im Falle der Ablehnung für den Kommissions- beschluß eintreten würden. Abg. de Witt rechtfertigte die Haltung des Zentrums. Ein Spatz in der Hand sei besser als eine Taube auf dem Dache. Es sprechen noch einige Redner, darunter der Abg. Heine (Soz.) sehr energisch für den Antrag seiner Parteigenossen. Schließ- lich wird 8 1 gemäß dem Beschluß der Kommission ange- nommen, ebenso 8 2, nachdem die vom Abg. Müller- Meiningen und vom Abg. Frohmc begründeten An träge der freisinnigen Volksvartei und Sozialdemokratie abgelehnt worden waren. Zu 8 3 war von der Linken beantragt, daß auch für den Schaden, der nicht Ver mögensschaden ist, ein billiger Ersatz in Geld soll ver langt werden können. Nach kurzer Diskussion, an der sich die Abgg. M ü l l e r - Meiningen, Stadthagen und Bargmann und der Staatssekretär vr. Rie be r d i n g beteiligten, wurde auch dieser Paragraph ge mäß dem Kommissionsbeschlusse angenommen. 8 4 fand die Zustimmung des Hauses mit einem von dem Abg. M ü l l e r - Meiningen beantragten Zusatze, wonach der Beschluß dem Unterhaltungsberechtigten des Verhafteten zugestellt werden muß. Ein Amendement der Sozial demokraten wurde abgelehnt und der Rest des Gesetzent wurfes nach den Beschlüssen der Kommission erledigt. Darauf vertagte sich das Haus auf Freitag 1 Uhr. 6) Berlin, 5. Mai. (Telegramm.) Auf der Tagesordnung stehen zunächst Berichte der Geschäftsordnungskommission. Abg. Gröber (Zentr.) berichtet über einige Gesuche um Genehmigung des Reichstages zur Fortsetzung des eingeleiteten Strafverfahrens gegen die Abgeordneten Fusangel, Hilpert und Pichler. Die Kom- Mission empfiehlt, die nachgesuchte Genehmigung nicht zu erteilen. Das Haus beschließt demgemäß. Bezüglich der erfolgten Haussuchung in der dem Abgeordneten Jessen gehörenden Zeitung „Flensborg Avis" be antragt die Kommission durch den Referenten Gröber, den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage die be treffenden Akten mitzuteilen. DaS Haus beschließt die Einforderung der Akten des Amtsgerichts, des Land- gerichts und der Staatsanwaltschaft zu Flensburg 1) gegen den Redakteur Christiansen und un- bekannt bei der Staatsanwaltschaft in Flensburg, 2) Hegen Christiansen und unbekannt bei dem Amts gericht Flensburg, 3) gegen Christiansen bei dem Landgericht Flensburg. Erst nach Einsicht dieser Akten werde der Reichstag sich ein Urteil über die Rechtskurs- fassung des Flensburger Staatsanwaltes bilden können. Abg. Stockmann (Rp.) ist mit dem Kommissions antrage einverstanden, er ergreift nur daS Wort wegen der Berichterstattung, die in Schleswig-Holstein eine schwere Beunruhigung hervorgerufen hat, weil man an- nimmt, daß die Kommission über die Vorgänge einseitig von dänischer Seite unterrichtet sei. Redner gibt dann eine Schilderung der Vorgänge, die zu dem beanstandeten Zeitungsartikel Veranlassung gegeben haben. Darauf folgt die Annahme deS Kommissionsantrages. Es folgen Rechnungssachen. In Bezug auf den Bericht der Reichsschuldenkommission vom 3. März 1904 beantragt die Rechnungskommission durch den Referenten Hug (Zentr.), anzuerkennen, daß die Reichs schuldenkommission durch die Berichtsüberreichung den ihr obliegenden Verpflichtungen Genüge getan habe. Das Haus beschließt nach diesem Anträge. Ueber die Uebersicht der Reichseinnahmen und Aus gaben für 1901 hat Abg. Schwarze-Lippstadt namens der Rechnungskommission schriftlich Bericht erstattet. Die nachgewiesenen Etatsüberschreitungen von 64 840 000 und außeretatsmäßigen Ausgaben von 2 704 000 werden vorläufig, die außerordentlichen Einnahmen aus Veräußerungen von Grundstücken usw. nachträglich ge nehmigt. Gemeinsam werden in der zweiten Lesung die Uebersichten der Einnahmen und Ausgaben der Schutz- gebiete für 1900/01 auf Grund der Anträge der Rech nungskommission beraten, für welche Abg. Schickert referiert. Das Haus tritt den Kommissionsanträgen diskussionslos bei. Darauf folgt die Fortsetzung der zweiten Lesung der Vorlage, betreffend die Entschädigung für un- schuldig erlittene Untersuchungshaft. Die Kommission hat in der zweiten Lesung die Vorlage unverändert wieder hergestellt. Von dem Abg. Auer und Genossen (Soz.) ist beantragt, den ersten Absatz des 8 1 so zu fassen: „Personen, gegen welche Untersuchungs haft verhängt worden, oder die sistiert, vorläufig fest- genommen oder vorgeführt worden sind, können eine Entschädigung beanspruchen, wenn sie rechtskräftig frei gesprochen oder außer Verfolgung gesetzt worden sind." Eventuell soll die ursprüngliche Kommissionsfassung, die über die Vorlage hinausging, aber in der zweiten Lesung wieder fallen gelassen worden ist, an Stelle der Vorlage treten. Die Kommission hat noch folgende Resolution in Vor- chlag gebracht: «Die verbündeten Regierungen zu et lichen, in den einzelnen Bundesstaaten dafür Sorge zu ragen, daß aus den bereitgestellten Mitteln denjenigen unschuldig Verhafteten, welchen nach diesem Gesetze eine Entschädigung nicht zusteht, unter Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes eine gleichwertige Ent schädigung gewährt wird, sowie bei der bevorstehenden Reform der Strafprozeßordnung darauf Bedacht zu nehmen, daß die Entschädigungspflicht des Staates auch auf vorbezeichnete Verhaftete ausgedehnt werde." Abg. Stadthagen (Soz.) erklärt: Unsere Hoffnung, daß allen unschuldig Verhafteten durch diese Vorlage eine Entschädigung gegeben würde, ist leider in der Kom mission zu Wasser geworden. Es sollen jetzt diejenigen dringendsten Fälle, wo man nicht einmal Anklage er hoben, sondern die Verhafteten vorher auher Verfolgung gefetzt hat, von der Entschädigung ausgeschlossen werden. Dadurch würde eine Verschlechterung des vorherigen Zu standes eintreten. Dem Unfug polizeilicher Sistierungen muß ein Ende gemacht werden. Abschlagszahlungen ge- nügen nicht. Von dem, was heute durchführbar ist, sollte man nichts abhandeln lassen. Man schlägt Resolutionen zum Ersatz vor. Was will das besagen nach den früheren Erfahrungen? Ich erinnere an 8 199, betreffend Er stattung der Reisekosten, auf dessen Ausführung wir seit 1879 vergeblich warten. Man wird, wie bisher, An klagen gegen die Arbeiter erheben, um dem Angeklagten wenigstens die Kosten aufzuerlegen. Durch die Ausnahme in 8 1 wird gerade das schlimmste Unrecht legalisiert. Die allerschlimmsten Fälle des brutalen Mißbrauches der Amtsgewalt bleiben bestehen. Die Regierung will also den bestehenden Zustand durch das Gesetz verschlechtern. Präsident Graf Ballestrem rügt diesen Ausdruck. Redner könne höchstens sagen, daß eine Verschlechterung die Folge dieses Gesetzes sein würde. Abg. Stadthagen fährt fort: Selbstverständlich. (Heiterkeit.) Ich bedauere, daß die Kommission nicht den ersten Beschlug aufrecht erhalten hat. Wir wollen dem Bestreben entgegentreten, politische Tenüenzprozesse zu machen. Schon 1882 sprach der Generalstaatsanwalt v. Schwarze von zunehmender Verflachung in der Be urteilung der Beweise. Seitdem ist es noch viel schlimmer geworden. Nichts ist schlimmer, als Willkür, die sich auf Gesetzparagraphen stützen darf. Durch unverständliche und verkehrte Begriffe wird der Willkür Tür und Lor geöffnet. Ich bitte dringend, nehmen Sie unseren Prin- zipalantrag an oder legen Sie wenigstens dar, warum der Reichstag heute nicht mehr auf dem Standpunkte stehen kann wie 1882. Abg. Storz (südd. Vp.) erklärt: Die Kommissions beschlüsse werden die Wohltat des Gesetzes in vielen Fällen illusorisch machen, das sah man auch in der Kom mission ein. Der Resolution, welche die Limonade der Kommissionsbeschlüsse etwas schmackhafter machen soll, können wir uns nicht anschlicßen. Gegen den sozialdemo- kratischen Prinzipalantrag haben wir mehrfache Be denken. Das Wort „sistieren" muß gestrichen werden; das ist eine populäre Ausdrucksweise ohne Grundlage in der Strafprozeßordnnng. Daraus können sich Unklar heiten ergeben. Trotz der Bedenken kann ich namens meiner politischen Frennde erklären, daß wir die Gesetzes vorlage annehmen. Abg. Jtschert (Zentr.): Wir sind die Angriffe von der äußersten Linken gewöhnt. Wir stimmen für die un veränderte Vorlage ans realpolitischen Gründen, welche gestern hier entwickelt worden sind. Die von Stadthagen empfohlene ursprüngliche Kommissionsfassung können wir nicht für eine Verbesserung der Vorlage halten. Abg. Bargmann (freis. Vp.) will den sozialdemo- kratischen Anträgen beistimnien, wenn sie aber abgelehnt werden, für die Vorlage eintreten. Die Bedenken des Abgeordneten Storz über die technische Mangelhaftigkeit des Prinzipalantrages können wir nicht für durch schlagend ansehen. Ebenso wünsche ich, daß der Absatz 2 des 8 1 entsprechend dem ursprünglichen Kommissions beschlusse formuliert wird. Abg. dk Witt (Zentr.) wendet sich gegen die gestrigen Angriffe des Abg. Mommsen. Mommsen erklärte selbst, er werde in der Beschlußabstinnnung mit uns gehen. Wie kommt er denn zu solchen Angriffen? Das erinnert mich an daS Mädchen im Volkslied: „Und sie ziert sich noch ein Weilchen usw.". (Heiterkeit.) Auch das Zentrum kann die Regierung nicht zwingen. Abg. Stadthagen sollte sich freuen, daß auch hier die traditionelle Politik des Zen- trums getrieben wird, den Spatz in der Hand zu nehmen, wenn man die Laube auf dem Dache nicht be- kommen kann. Abg. Müller-Meiningen (freis. Vp.): Die gestrigen Ausführungen deS Geh. LegationSrates Paulßen haben meine Behauptungen in Sachen des Gerbermeisters Brehm nicht widerlegt. Der Angeklagte behauptet, daß er an der Wechselfälschung ebenso unschuldig sei, wie an der Brandstiftung. Die Art des Vorgehens hat in den weitesten Kreisen Unwillen erregt, vor allem daS Vor gehen gegen meinen Gewährsmann Weyen angeblich un genauer Information. Wir brauchen die Informationen seitens Volksgenossen, um unserer verfluchten Pflicht und Schuldigkeit als Volksvertreter nachzukommen. Wir alle haben die Pflicht, solche Verwaltunysmängel vor das Forum des Reichstages zu bringen. Die Wähler müssen die Möglichkeit haben, sich mit den Abgeordneten ver ständigen zu können. Vor einer Beschränkung dieser Freiheit müssen alle geschützt werden. Ich muß namens meiner Partei gegen den Versuch der Abschreckungen Protest erheben. Geh. LegationSrat Paulßen, weimarischer Bevoll- mächtigter, erwidert: Ich kann nochmal« aufrichtig be- dauern, daß die Beratungen über daS bedeutsame Gesetz durch eine unfruchtbare Debatte aufgehalten werden. Ab geordneter Müller sucht Mitleid für seinen Mann wachzu rufen. An der schlimmen Vermögenslage und Gemüts- Verfassung Brehms ist die Regierung schuldlos. Ab geordneter Müller hat Brehm einen reichen Mann ge nannt, es ist aber nachgewiesen, daß er vor dem Konkurs stand. Ich habe in meiner ersten Rede alles richtig dar gelegt und betrachte die Sache als erledigt. Abg. Stadthagen (Soz.): Dieser Fall zeigt, wie weit die Rechtsverfolyuna geht. Man spürt sogar Abgeord neten nach. Beim Zolltarif hat daS Zentrum durchaus nicht die gleiche Stellung eingenommen wie hier. Die Regierung hatte den Pflastersteinzoll usw. für unannehm bar erklärt, trotzdem hat das Zentrum daran festgehalten. Ob das Zentrum falsch oder richtig schritt, ist gleichgültig. Der Weizen der Sozialdemokratie blüht immer. Es ist also gleichgültig, ob daS Zentrum durch die jetzige Ab stimmung an Achtung verliert oder nicht. (Zuruf des Zentrums: Altenburg.) Soll ich Ihnen bei diesem Ge setzentwurf nachweisen, daß wir bei der Altenburger Wahl brillant abgeschnitten haben? (Große Heiterkeit.) Wollen Sie unsere Anträge verbessern, soll uns das recht sein; uns kommt es nur auf das Prinzip an. Abg. Müller-Meiningen erwidert dem weimarischen Vertreter: Ich habe hier nicht als Richter, sondern als Volksvertreter zu sprechen. Geheimer Legationsrat Paulßen behauptet, ich hätte einseitig Schriftstücke be nutzt. Ich habe mich in der Hauptsache an den Beschluß des Oberlandesgerichts Jena gehalten. Ich habe auch an das Mitleid des Hauses appelliert im Interesse eines armen Menschen, sür den ich ohne Nebeninteressen auf getreten bin. Abg. Heine (Soz.) pflichtet dem Vorredner bei. Abg. Kirsch (Zentr.) hofft, daß die Verbündeten Re gierungen die Vererblichkeit des Anspruches anerkennen. Geheimrat Tifchendvrff bestätigt das. Damit schließt die Debatte. Der Prinzipal- antrag Auer wird gegen die Stimmen der Sozial demokraten und beider Volksparteien und v. Gerlach a b- gelehnt, desgleichen der Eventualantrag. 8 1 wnd nach der Vorlage mit großer Mehrheit an genommen. 8 2 lautet nach den Kommissionsbeschlüssen der zweiten Lesung: Der Entschädigungsanspruch ist ausge schlossen, wenn die zur Untersuchung gezogene Tat des Verhafteten eine grobe Unredlichkeit oder Unsittlichkeit in sich schließt, oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Lrunkenheitszustande geschehen ist, oder wenn der Verhaftete die Ausübung des Verbrechens vor bereitet hatte, wenn der Verhaftete nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sich befand, wenn der Verhaftete mit Zuchthaus bestraft und seit Verbüßung der Strafe noch nicht 3 Jahre verflossen sind. Abg. Müller-Meiningen (Freis. Vp.) beantragt, den ersten und zweiten Absatz durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Der Entschädigungsanspruch ist ausge schlossen, wenn der Angcschuldigte jemand zu falscher Aus sage oder Zeugnisentziehung verleiten wollte, oder wenn der Angeschuldigte durch ein unwahres Geständnis oder falsche Selbstanzeige die Einleitung des Strafverfahrens veranlaßt hat. Abg. Müller führt zur Begründung des Antrages aus, daß der Kommissionsantrag zu allgemein gefaßt sei. Abg. Frohme (Soz.) befürwortet namens seiner Partei, den zweiten und dritten Absatz durch den Antrag Müller zu ersetzen. Im Ablehnungsfall jenes Antrages ist dem 8 2 folgender Zusatz zu geben: Das Bestreiten wahrer Tatsachen seitens der Angeschuldigten schließt den Anspruch auf Entschädigung nicht aus. 8 2 wird unverändert nach den Kommissions beschlüssen angenommen. 8 3 bestimmt, daß der Gegen stand des dem Verhafteten zu leistenden Ersatzes der für ihn durch die Untersuchungshaft entstandene Vermögens- schaden sein soll. Abg. Müller-Meiningen befürwortet den Antrag, wo- nach auch für ideelle Schäden der Verhaftete eine Ent schädigung verlangen darf. Redner verweist in dieser Beziehung auf einschlägige Fälle in Oesterreich. Er hoffe auf die Annahme dieser Bestimmung durch die Regierung, da die verbündeten Regierungen eine ablehnende Stellung bisher nicht eingenommen haben. Staatssekretär vr. Nieberding spricht die Ueber- zeugung aus, daß nach seiner Kenntnis der Verhältnisse diese Vorlage die Zustimmung der verbündeten Regie rungen nicht finden wird. Es würde notwendig sein, festzustellen, was ideeller Schade ist. Man müßte die EntschädigungSfra^e, wie in Oesterreich, einem be- stimmten Gericht überweisen. Abg. Stadthagen (Soz.) schließt sich dem Anträge des Abg. Müller an. Staatssekretär vr. Rieberding erklärt, daß der ideelle Schade, den der Verhaftete erleidet, umso größer sein wird, je angesehener die Stellung des Betroffenen ist. Er empfiehlt die Ablehnung des Antrages. Der Reichs- tag hat sich zu verschiedenen Malen mit der Entschädi- gungsfrage für ideellen Schaden beschäftigt und wieder holt dabin ausgesprochen, daß Entschädigung hier nicht am Platze sei. Abg. Bargmann (Freis. Vp.) tritt den Ausführungen deS Staatssekretärs entgegen. Abg. Stadthagen (Soz.) führt auS, daß den Armen die Beschränkung persönlicher Freiheit schwerer treffe, als den Wohlhabenden. 8 3 wird unter Ablehnung der Anträge Müller und Stadthagen unverändert angenommen. 8 4 bestimmt, daß die Entschädigung gleichzeitig mit dem freisprechendcn Urteile geleistet werden soll. Abg. Müller-Meiningen beantragte die Zufügung „dem Unterhaltungsberechtigten des Verhafteten ist der Beschluß durch Zustellung besonder« bekannt zu machen, sofern der Aufenthalt bekannt ist." Der Antrag wird angenommen, 8 4 mit Zusatz MüllerS nach der Ablehnung des Antrages Auer angenommen, ebenso 8 5 debatteloS. 8 6 setzt die Frist, bis zu der der Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden darf, auf 3 Monate fest. Abg. Bargmann will die Frist auf 6 Monate ver längern. Abg. de Witt erklärt sich damit einverstanden. 8 6 wird mit dieser Aenderung angenommen. Der Nest des Gesetzes wird debatteloS nach dem Kommissions beschluß angenommen. Eine Abstimmung über die von der Kommission vorgeschlagene Resolution, betreffend Entschädigung der im staatSanwaltschaftlichen Verfahren unschuldig Verhafteten, wird in der dritten Lesung er folgen. Hierauf erfolgt die Vertagung des Hauses. Schluß 6)4 Uhr. — Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. Schleuniger Antrag wegen Einstellung deS Strafverfahrens gegen Abg. Bruhn; Resolution Gröber, betreffend Aenderungen des Militärstrafgesetzbuches; Petitionen. ZSchrirckier Lanätag. Erste Sammer. 49. üsf«»tltche Sitzung. 2. Dresden, 5. Mai. (Eigene Meldung.) Am Regierungstische: Kultusminister vr. N»u Ketzdewitz und drei Kommissare. Tagesordnung: Gymnasium in Borna, Petitionen. Der Präsident vr. Graf va« LSunerttz eröffnet die Sitzung um 12 Uhr. Die Registrand« bietet nicht« Bemerkenswerte«. Ueber die beabsichtigte Ueberuahm« de« städtische», staatlich unter stützten Realgymnasiums zu Borna in staatlich« Unterhaltung erstattet namens der zweiten Deputatio» Graf von Brühl- Seifersdorf mündlichen Bericht. Es wird beantragt in Ueber- einstimmung mit der zweiten Kammer die Uebernahme vom 1. Januar 1908 ab uuter der Voraussetzung zu genehmigen, daß die Gemeinde Borna ein Schulgebäude mit Turunalle und allen Nebenanlagen gebrauchsfertig herstellt, mit dem erforderlichen In ventar ausstattet und eS sodann nebst de» bei dem städtischen Real gymnasium vorhandenen Lehrmitteln, der Lehrer- u»d Schulbtblio- thet und etwaiger Schulstiftungen dem StaatSfiskus unentgeltlich zum Eiaentümer bis zum 1. Januar 1908 überläßt. Die Petition der Stadt Borna beantragt die Deputation auf sich beruhen zu lassen. Kammerherr v. Frege-Weltzien-Zabeltitz spricht der Regierung veu Dank weiterer Jnteressenkrerse für die Lösung dieser Frage aus, womit sie aufs Neue ihr hohe« Interesse für kulturelle Fortschritte bewiesen haben. Kammerherr Graf Rex-Zedlitz erklärt als Grund der Uebergabe des bisher städtischen Realgymnasiums in Staatshände den wirtschaftlichen Rückgang der Stadt Borna und verwendet sich lebhaft für dir Vorlage. Diese wird hierauf ohne Debatte und einstimmig angenommen. Eine Petition des Deutsch.freisinnigen Vereins zu Dresden um Aushebung des 8 75 Abs. 2 der Berfafsung-urknnde und Er setzung durch die Bestimmung: „daß öffentlichen Beamten, welche zu Abgeordneten gewählt sind, der Urlaub nicht versagt, ihnen auch eine Uebertragung der Kosten ihrer Stellvertretung nicht angesonnen werden dürfe , sowie um Aufhebung des 8 47 Abs. 2 der Revi dierten Städteordnung: „daß öffentliche und tzofbeamte, Geist liche, Lehrer und aktive MtlitairS zur Annahme ihrer Wahl der Genehmigung ihres Vorgesetzten bedürfen", läßt die Kammer in ihrem ganzen Umfange auf sich beruhen; desgleichen eine Petition des Allgemeinen Mietbewohnervereins zu Dresden mn Ergänzung des Gesetzes über die Verwaltuugsrechtspflege nach der Richtung, daß die Anfechtungsklage den Beteiligen zusteht gegen die Entscheidungen der vorgesetzten Behufs Weiter bleiben auf sich beruhen die Petitionen Karl Albin Lämmels in Cranzahl um Gewährung einer Unterstützung, des Gemeindevorstandes Ziesch und de« GutspächterS M. Tschemmera in Strohschütz, Jagdpachtung, und deS Tentiüeu Felix Hoffmann in Großenhain und Gen., die Jagd im Großenhainer Stadtpark betreffend. Ebenso die Petition des Fleischermetsters Paul Wolfs in Mylau um Gewährung der gesetzlichen Entschädigung für eine wegen Tuberkulose beanstandete geschlachtete Kuh. Dagegen über weist die Kammer die Petition deS Gewerbe- und Gemeinnützigen Vereins zu Copitz um Errichtung einer Apotheke daselbst der könrgl. Staatsregierung zur Kenntnisnahme. Nächste Sitzung morgen mittag 12 Uhr. Tagesordnung: Etat: Petitionen. Zweite Sammer. 98. öffentlich« Sitzung. 2. Dresden, ü. Mai. (Eigene Meldung.) Am Regierungstische: die StaatSminister von Moftsch. vr. v. Seydewitz und vr Rüger; Kommissar«. Der Präsident vr. Mehnert eröffnet die Sitzung um 10 Uhr vormittags. Auf der Tagesordnung stehen außer der Gemeind eftenerrefor« noch mehrere Kapitel de- Etat« und der Antrag Spieß betr. Umsatzsteuer. Zunächst referiert Abg. DätzriA (kons.) über das finanzielle Verhältnis Sachsens zum Reiche. Die Deputation beantragt, die hieraus entstehenden Einnahmen und Au-gaben mit 42 886 300 X zu genehmigen. Darauf berichtet Abg. Hähnel (kons.) über den Ständehaus- neubau. Die Deputation beantragt: 1) für den Neubau de« Stände hauses einschließlich der Nebenanlagen (letzte Rate), mit 1331 000 nach der Vorlage zu bewilligen; 2») daß von beiden Kammern eine gemeinschaftliche Zwischendeputation zur Entscheidung über wichtige Fragen des Ständehausneubaues, insbesondere über die Ausgestaltung des äußeren und inneren Ausbaues zu wählen ist; k) in diese Zwischendeputation nach erfolgter königlicher Genehmigung feiten der diesseitigen Kammer 5 Mitglieder zu wählen und ihnen 3 Stellvertreter, und zwar einen ersten, zweiten und dritten bei zugeben, die sür den Fall der Behinderung oder des Ausscheidens eines wirklichen Mitgliedes in der Reihenfolge ihrer Stelle zu den Sitzungen der Deputation mit Stimmrecht zuzuziehcn sind. Dieser Antrag wird ohne Debatte einstimmig angenommen. Abg. Kaciu« (kons.) erstattet den Bericht der Fiuaazdeputatiou über den Etat der „Leipziger Zeitung" und de« „Dresdner Journal-". Die Deputation beantragt: bet Kap. 7 „Leipziger Zeitung", nach der Borlage die Einnahmen mit 238 650 zu genehmigen, die Ausgaben mit 246 660 ^l »u bewilligen; bei Kap. 4o, „Dresdner Journal", nach der Vorlage die Einnahmen mit 101000.6 zu genehmigen, die Ausgaben mit 154 438 zu bewilligen. Der Drpulation-antrag wird gegen die Stimme de« Abg. Günther angenommen. Ferner beantragt die Deputation, Berichterstatter Abg. Schutzart (kons.), bei Kap. 71, Verwaltung de« gemein schaftlichen Ministerialgebäudes in Dresden-Neustadt, die Au-gaben mit 30201 nach der Vorlage zu bewilligen; bei Kap. 72, allgemeine Au-gaben bet dem Departement des Innern, die Ausgaben mit 15000 nach der Vorlage zu be willigen. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. Nunmehr folgt die Schlußberatung über dir Gemetudesteuerrefor«. Als Berichterstatter fungiert Aba. Rüder (kons.), als Mitbericht erstatter Abg. Langhammer <natl.). Der Berichterstatter erläutert die schon mitgeteilteo von der Deputation ausgestellten Leitsätze für eine Reform deS Gemeindrsteuerwesen«. Die Deputation be- nntragt, die Kammer wolle beschließen: I. Die Staatsregierung zu ersuchen, an Stelle des mittels Dekret- Nr. 29 vorgelegten Gesetzentwurf« dem nächsten Land tage einen Gesetzentwurf über di« Neuordnung de« Ge- IM i 2L0, Loo, 1.80,1.SO «1 M V-kz, dMIMll! WM s* s* I ali m rmn ?abLllutsnlIti DK« I IWSCS i 1.40, llo, uo, 1.00 Ist. W V- IS, dskmMil im KMdllM u. ZckvUULÜUU, WM
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