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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040505023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904050502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904050502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-05
- Monat1904-05
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Bezugs-Preis iu der Hauptexprdttiou oder deren Ausgabe» stellen aogeholt: vierteljährlich St 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS HauS 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich St 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitvnqSpreiSIiste. Redattto«: JohanuiSgasse 8. Sprechstunde: 5—6 Uhr Nachm. Fernsprecher: 453. Expedition: JohanuiSgasse 8. Fernsprecher: 222. Ftlinlexpedtttonen. Al fred Hahu, Buchhandlg., UniversitätSstr.3 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr. 2935> u. Königs» platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden. Marienstraßr 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Ftliale Berlin: CarlDuncker,Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVI Nr.4603.) Abend-Ausgave. MWM.TagMaü Anzeiger. Ämtsvkatt des HömgNchen Land- und des Höniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 228. Donnerstag den 5. Mai 1904. Anzeigen. Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RrdaktionSslrich (4gespalten) 75 nach den Familiennach» richten (6 gespalten) 50 -H. Tabellarischer und Zisfrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachiueisungen und Offertrnannahme 25 H. Extra-Beilagen «gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^t> 60.—, mit Postbeförderung -4l 70.—. Nnnahmeschlust für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen»Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Klinkhardt). S8. Jahrgang. Var Wichtigste vom Lage. * Der Kaiser ist gestern abend 9 Uhr in Schlitz (Schlesien) eingetroffen. * Der Kolonialrat wird im Juni zusammentreten. * Die von der Deutschen Kolonialgesellschaft veranstalteten Sammlungen für Südwestafrika haben bis jetzt 178 427 ergeben. * Der Norddeutsche Lloyd soll acht Dampfer an Japan verkauft haben. * Der Hafen von Port Arth»ur soll durch die Ver senkung japanischer Schiffe gesperrt und die russische Flotte dort eingesch lofsen sein. * Die amerikanischeKanalkommission hat formell Besitz von der Panamakanalstrecke und dem Eigentum der Panamakompagnie ergriffen. Vie Ueberbiinlung äes Zchweirer vunärzgenchts. -U- Bern, 4. Mai. Wie das deutsche Reichsgericht, so klagt auch das Schweizer Bundesgericht über eine Gcschäftsüberlastung, welche in der Tat keine leere Redensart ist, sondern tatsächlich Uebelstände im Gefolge hat, die nicht nur einen starken Personenwechsel beim obersten Gerichtshof nötig machen, sondern auch eine Verschleppung der Rechtspflege nach sich ziehen und das Vertrauen in die Judikatur erschüttern. Nach und nach ist die Zahl der Bundesrichter auf 16 er höht worden, allein dieser Personalzuwachs wurde reich lich ausgewogen durch die extensive Erweiterung des Kom petenzkreises, die sich nun bitter zu rächen beginnt. Das Bundcsgericht hat in seinen jährlichen Berichten seit längerer Zeit auf die rapide Zunahme der Geschäfte auf merksam gemacht, aber erst in jüngster Zeit Anlaß ge nommen, auch die Mittel anzugeben, um diesem Miß stande zu begegnen. Ms solche wurden genannt die Ver mehrung der Zahl der Bundesrichter, eine intensivere Arbeitsteilung in Form der Schaffung vermehrter Kammern, die Geschäftsentlastuna und die Beschränkung der Mündlichkeit der Verhandlungen. Diese Vorschläge decken sich zum Teil mit den Aenderungen, welche der deutsche Gesetzentwurf zur Entlastung des Reichsgerichts enthält, jedoch kann zur Zeit nur der Vorschlag der Ge schäftsentlastung auf Berücksichtigung Anspruch erheben, welcher allein auch hinreicht, die jetzige Kalamität der Ueberlastung zu mildern, wenn nicht ganz zu heben. Die Civilsenate, um welche es sich hauptsächlich handelt, sind bei all den Streitfällen die einzige civilrechtliche Instanz, wo der Bund oder ein Kanton Beklagter ist, und da, wo eine Partei das Bundesgericht als exklusive Instanz an rufen kann, hat es mit Kantonsgerichten eine konkurrie rende Gerichtsbarkeit. Außerdem ist das Bundcsgericht Berufungsinstanz bei Prozessen, die nach dem Bundes recht abgewickelt werden und worin der Streitwert min destens 2000 Franken beträgt. Ueberdies ist das Bundes- gericht in Civilsachen Kassationsinstanz und wo Be schwerden gegen eidgenössische und ausnahmsweise kan tonale Behörden erhoben werden, das zuständige Be schwerdetribunal. Und ein umfassendes Arbeitsgebiet verkörpern auch die staatsrechtlichen Rekurse, welche zum großen Teil dem Bundesgericht zur Erledigung zuge wiesen wurden, während dem Schweizer Bundesrate nur die Rekurse, betreffend die Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit, des Stimmrechts usw. verblieben. Eine wirksame Abhülfe der Geschäftsüberbürdung liegt nun in der wesentlichen Erhöhung des appellablen Streitwertes von 2000 Franken auf 3000 oder 4000 Franken, und zwar in dem Sinne, daß derjenige Streit betrag zu Grunde zu legen ist, der noch beim letztinstanz lichen kantonalen Urteil besteht, und nicht derjenige, der beim Prozeßbeginn aus den Akten er st ch t l i ch i st. Durch diese Reform, die auch die deutsche Novelle Vorsicht, würde eine erhebliche Reduktion der Ge- schäfte erzielt. Der Wunsch nach der Verallgemeinerung des schriftlichen Verfahrens, worüber eine sehr gereizte und persönlich verletzende Literatur vorliegt, zu welcher auch die beiden Leipziger Juristen, der frühere Rcichs- gerichtsrat Otto Bähr und Prof. A. Wach Beiträge lieferten, hat keine Aussicht auf Erfolg, weil die Schrift lichkeit des Verfahrens jetzt schon bei einem Streitwerte von weniger als 4000 Franken zulässig ist und die Advo katen der Mündlichkeit den Vorzug geben. In jedem Falle aber wird man die Revisionsbewegung, die jetzt in Deutschland die Entlastung des Reichsgerichts zum Ziele hat, mit Aufmerksamkeit verfolgen und aus den Ergeb nissen der Beratungen das Zweckmäßige auch für die Schweiz zu verwerten suchen. ver Fuktaaä aer Herero. Gei»eratter»tnant v. Lrotha. Generalleutnant v. Trothas Ernennung zum Ober kommandeur in Süüwestafrika wird von den Blättern naturgemäß eifrig kommentiert, und mehrfach wird auch dem berechtigten Unwillen darüber Ausdruck gegeben, daß die amtliche Berichterstattung sich noch immer nicht auf der Höhe ihrer Aufgabe zeigt. Nicht recht verständ lich ist eine Ausstreuung des „Reichsboten", der zu der Ernennung v. Trothas schreibt: „Nach gut beglaubigten Meldungen aus Düdtvcstafrika sollen die Herero bereits sehr entmutigt sein, so daß es gar nicht ausgeschlossen ist, daß der neue Obersüommandierende bei seiner Ankunft in Südlvestafrika nicht mehr viel zu Lun vor findet. Er würde dann noch einige Zeit den Buschkrieg gegen zerstreute Trupps zu führen haben. Für einen strebsamen General, der sich auszeichnen will, keine angenehme Sache." Selbst wenn nur noch der „Buschkrieg" zu führen sein sollte, was wir nicht für zutreffend halten, so würde damit noch keineswegs gesagt, daß der neue Oberkom mandierende dort „nicht mehr viel zu tun vorfinden" würde. Gerade dieser Kleinkrieg kann sich sehr lange hinziehen und unter Umständen sehr viel Opfer kosten. Daß Oberst Leut wein mit der Beschränkung seiner Machtbefugnis dauernd einverstanden sein wird, ist kaum anzunehmen; wenn er eine Zeitlang noch die Verwaltungsgcschäfte in Windhoek führen will, so ge schieht es wohl deshalb, weil er noch seine Beförderung zum Generalmajor abwarten will, bevor er „den Cylin- der aufsetzt". Wer dann Leutweins Nachfolger wird, darüber ist jetzt noch nichts zu sagen, zu wünschen wäre aber, daß sein Nachfolger ein Civilist wird. Wenn bei besonderen Vorkommnissen in der Kolonie die Ent sendung eines Generals für nötig gehalten wird, so ver bietet es sich im Interesse des Dienstes von selbst, daß der Gouverneur ein aktiver Offizier von geringerem Range ist. Die Schwierigkeiten und Reibungen, die das bis herige System mit sich gebracht hat, würden sich dann nur noch vermehren, zum Schaden der Kolonie und ihrer Entwickelung. Daß aber ein General Gouverneur der Kolonie werden sollte, verbietet sich schon mit Rücksicht auf den Etat. Die Gelegenheit zu einem Wechsel in dem bisherigen Verwaltungssystem ist durchaus günstig. Selbstverständlich müßte aber eine Persönlichkeit zum Civilgouverneur ernannt werden, die vermöge näherer Kenntnis der Verwaltungsbedürfnisse des Landes und persönlicher Autorität auch den Anforderungen des Postens in jeder Beziehung gerecht werden kann. Diesem Gouverneur müßte dann, wie anscheinend auch beab sichtigt wird, ein Truppenkommandeur zugeteilt werden, „dessen militärischer Rang nicht in Frage käme." Der Truppenbefehlshaber würde in Bezug auf Ausbildung und die Art der Verwendung der Truppen vollkommen selbständig und nur verpflichtet sein, die militärischen Operationen durchzuführen, die der Gouverneur als not» wendig bezeichnet. In weiterer Konsequenz dieses Snstems könnte man dann auch die Offiziere von jeder Vcrwaltungstätigkeit entlasten, die beute auf den einzel nen Stationen ihre Hauptkraft in Anspruch nimmt. Vie VerteNttng -er Lrrrppen ist nach einer jetzt vorliegenden ausführlichen Meldung Leutweins zur Zeit folgende: 1) Die Abteilung Estorfs steht marschbereit in Otjo- sasu mit vier berittenen Kompagnien, zwei Batterien O 96, vier Maschinengewehren und der Bastardabteilung, zusammen 706 Mann, 2) die Hauptabteilung steht an der Bahn gestaffelt verwendbar, sobald die noch im Anmarsch befind lichen ostpreußischen Pferde zur Verfügung stehen, mit sechs berittenen Kompagnien, drei Batterien Q 96 und der Abteilung von Hendrik Witboi, zusammen 964 Mann, 3) die Nord- abteilung steht in einigen Tagen marschbereit in Karibib mit einer Kompagnie, zwei Geschützen Q 96 und zwei Maschinengewehren, zusannnen 176 Mann, 4) die Qst- abteilung liegt in Quarantäne in Otjihaenena mit drei Kompagnien, vier Maschinengewehren und vier Feld geschützen, zusammen 209 Mann, Kranke sind nirgends ein begriffen. Der Feind geht anscheinend nordwärts zurück, von Estorfs hat Befehl, zu folgen, und womöglich die östliche Flanke des Gegners abzugewinnen. Die Nordabteilung geht über Owaltjo mit Proviant auf Grootfontein. — Im Anschluß an vorstehendes Telegramm meldet Leutwein: Die Hauptmacht des Feindes geht anscheinend nach Otjiamangombe, nordwest lich von Katjapia, zurück, von Estorfs folgt mit marschbereiten berittenen Truppen am 4. Mai über Okatumbe seiner voraus geschickten Eingeborenenkavallerie. Bei Katjapia waren ver sammelt die Kapitäne Samuel, Assa, Kajata, Tetjo und Mambo. Nach Aussage von Ueberläufern war der Verlust der Herero bei Onganjira groß. Bei Oviumbo sind viele Herero gefallen, darunter ein Bruder von Großmans Paul. Samuel selbst ist verwundet. Die Herero griffen nachts die Bastarde und Hottentotten an. Samuel soll angeblich nach Ovamboland mar schieren wollen. LreirviMge vor! Ueber die Zahl der demnächst nach Süüwestafrika zu sendenden Verstärkungen ist eine endgültige Bestim mung noch immer nicht getroffen, doch steht zu erwarten, daß sie umfangreicher sein werden, als bisher an genommen wurde. Einstweilen hat das preußische Kriegsministerium an die zuständigen Dienststellen er neute Anfrage nach Freiwilligen des aktiven Dienststandes wie des Beurlaubten stan- des für S ü d w est a f r ika gerichtet. Die Anfrage bezieht sich auf sämtliche Waffengattungen. Ferner können sich Veterinäre, Zahlmeister, Garnison-, Lazarett- und Proviant-Beamte, bezw. -Aspiranten, Apotheker, Büchsenmacher, Waffenmeister und Back meister für Südwestafrika melden. Die sich Meldenden, welche geeignet und zum sofortigen Eintritt bereit sind, haben sich auf ein Jahr zu verpflichten und erhalten die Schutztruppengebührnisse ihrer Charge. Meldungen von Angehörigen des Beurlaubtenstands sind sofort bei den zuständigen Bezirkskommandos anzubringen. Lin Brief «,«» Windhoek In einem der „Deutschen Kolonialzeitnng" zur Ver fügung gestellten Briefe lesen wir: „Es kann heute noch niemand ungefährdet den Hämerkreis von Windhoek verlassen, geschweige denn wieder aus die Farm ziehen. Wenn auch für die Farmer noch kein Vieh wieder zur Stelle ist, so würden diese doch wenigstens gern mit den Aufräumungsarbeiten beginnen, aber das ist zur Zeil nocki nicht möglich. Do unglaublich es klingen mag, so ist cs doch Tatsache, daß aus der nächsten Nähe der Häuser von Windhoek alle paar Tage mal, zuweilen am Hellen Tage, Vieh gestohlen und Weggetrieben wird, während es kaum jemals geling!, der Biehdiebe mit ihrer Beute habhaft zu werden. Ehe die be treffende Meldung erfolgt, eine Patrouille beritten gemacht und abgeschickt werden kann, hat die Bande gewöhnlich einen derartigen Vorsprung, daß sie in dem bergigen und steinigen Gelände, in dem mit Pferden an sich nur langsam vorwärts zu kommen ist, besonders, wenn man dabei eine sehr schwer er kennbare Spur halten muß, bis zu Sonnenuntergang nicht mehr eingeholt werden können. Der Vorsprung einer Nacvt aber, während deren die Spur nicht verfolgt werden kann, macht die Jagd am nächsten Tage so ziemlich aussichtslos. Meistens sind es kleinere bewaffnete Truppen, die beim An schleichen sich vor unseren Patrouillen leichter in dem wilden Gelände verstecken können und darum selten erwischt werden." ver rursisch-japanircbe ff sieg. Port Arthur gesperrt! Port Arthur gesperrt und Vie russische Flotte dort ein geschloffen, das ist die Quintessenz einer Anzahl von Mel dungen, die von russischer Seite allerdings in gegenteiligem Sinne ausgelegt worden waren. Es war gemeldet worden, daß in der Nacht vom 2. zum 3. Mai japanische Schiffe, von Torpedobooten begleitet, vor Port Arthur erschienen, aber von den Ruffen teils gesprengt, teils in den Grund gebohrt worden seien. Die Russen haben damit unfreiwilligerweisc die Geschäfte der Japaner besorgt. Die Schiffe sollten versenkt werden, um die Einfahrt zu sperren, was schon mehrfach versucht, aber nicht völlig gelungen war. Da die Einfahrt nach Port Arthur ohnehin nur noch schmal war, nach den eigenen Angaben der Ruffen aber zehn japanische Schiffe, darunter auch größere, versenkt worden sind, so erscheint es durchaus glaubhaft, wenn jetzt die Meldung aus Tokio kommt, daß die Hafeneinfahrt von P ort Ar thur tatsächlich gesperrt ist. Damil ist die russische Flotte dort einstweilen eingeschlossen, Feuilleton. n Das Testament des Lankiers. Roman von A. M. Barbour. Nachdruck verboten. Mein Bruder war zu jener Zeit in Australien, doch in welcher Gegend dieses Erdteiles, wußte ich nicht. Ich machte auch keinerlei Versuch, inir darüber Gewißheit zu verschaffen. Meine beständige Sorge war nur die, daß er auf irgend eine, mir allerdings kaum denkbare Weise von dem Testament erfahren und zurückkehren könnte, mn seine Ansprüche geltend zu machen. Des halb verkaufte ich sobald als möglich den gesamten liegenden Besitz und ging nach Amerika. Was die nächstfolgenden Jahre betrifft, so ist eS un nütz, auf Einzelheiten einzugehen. Mein Reichtum ver größerte sich und mit ihm Ansehen und Macht, alles, was ich je ersehnt hatte, besaß ich, glücklich aber war ich nicht. Sogar als die Nachricht kam, daß mein Bruder auf der See den Tod gefunden hätte und damit mein Recht auf die Erbschaft gesichert war, genoß ich wenig Freude daran, denn Hobson hatte ein Erprcssungssystem begonnen, das er in der unverschämtesten Weise mit stets wachsenden ungeheuerlichen Forderungen betrieb. Und nicht genug damit, gab er auch dem Weibe, das meines Bruders Leben ruiniert batte, einen Wink von meinem Geheimnis und damit eine gewisse Gewalt über mich, die hinreichte, mir das Leben beinahe unerträglich zu machen. Indessen bewahrte ich all die Jahre das Testament auf. Selbst nachdem ich meines Bruders Too vernommen, hielt mich eine feige, halb abergläubische Furcht zurück, es zu vernichten. Ich wollte dies erst tun nach Errichtung meines eigenen Testaments und hätte cs auch zweifellos getan, wenn mich nicht ein furchtbarer Vorgang daran gebindert hätte. Wie mit glühendem Eisen ist dieser meinem Gedächtnis eingebrannt ^cit er sich ereignete — seit der Nacht vom siebenten zum achten Juli — bin ich ruhelos gewesen wie ein gehetztes Wild. Der Morgen, an dem ich mein Testament ge macht hatte, um am folgenden Tage, meinem Geburts tage, den Sohn meines Vetters Ralph feierlich zum Erben zu erklären, war von mancherlei Aufregungen für mich erfüllt gewesen. In niedergedrückter Stimmung zog ich mich kurz nach elf Uhr abends in mein Bibliothek zimmer zurück. Dort suchte mich bald meine Haus hälterin, Frau La Grange, auf und machte mir eine stürmische Scene des Testaments wegen, wobei sie, wie bei früheren Gelegenheiten, mich durch Drohungen zwingen wollte, sie zu heiraten und damit unser Kind zum legitimen Erben zu machen. Ich ging auf nichts ein, und sie verließ mich in größtem Zorn. Unmittelbar nach ihr kam mein Geheimsekretär, den ich mir noch zur Besprechung einiger Vorbereitungen bestellt hatte. Tie Angelegenheit war bald beendet, und als er sich entfernt hatte, überließ ich mich meinen trüben Gedanken. Da rief mich plötzlich eine Stimme beim Namen, die mir aus der Vergangenheit zu kommen schien, in der ich soeben gelebt hatte. Erschreckt sprang ich empor und sah einen Mann vor mir. der leise aus dem Turmzimmer eingetretcn sein mußte. Er war von meiner Größe und Gestalt, mit krausem, schwarzem Haar und dickem Schnurrbart; sein Gesicht aber konnte ich nicht erkennen, da er im Schatten stehen geblieben war. Ehe ich noch in meiner Ucberraschung ein Wort hervorbringen konnte, begann er in spöttischem Tone: „Der Herr von Schöneiche scheint recht nieder geschlagen am Vorabend des schölten Doppelfestes, das er morgen zu feiern gedenkt." Ich erinnerte mich, daß ein Fremder am Nachmittag nach mir gefragt und dabei, wie mir mein Sekretär ge meldet, eine erstaunliche Kenntnis meines für den nächsten Tag geplanten Vorhabens gezeigt hatte. „Ich glaube", erwiderte ich barsch, „Sie haben mich schon am Nachmittag zu sprechen gewünscht und Bescheid erhalten. ES befremdet mich in höchstem Grade, wie Sie zu einer solchen Stunde Einlaß in dieses Zimmer fanden, und ich werde sorgen, daß Sie unverweilt hinausbegleitet werden." Damit wollte ich zur Klingel schreiten, er jedoch ver sperrte mir mit einem behenden Sprung den Weg und hielt mir einen Revolver entgegen. „Ah, bitte. Keine Ueberstürzung!" sagte er hämisch. „Sie werden sich gedulden müssen, bis ich mit Ihnen ge sprochen habe." Ich stand wie angewurzelt und starrte ihn an. Seine jetzt vom Licht beschienenen Züge zeigten mir etwas Be- tanntes und doch etwas, was nur auf einer entsetzlichen Sinnestäuschung beruhen konnte. Seine Augen glühten wie Kohlen, die Töne seiner Stimme glichen dem Fauchen eines wilden Tieres, unheimlicher aber als das alles war das Lächeln, das seine Lippen umspielte. Dieses erschreckte mich zehnmal mehr als die auf mich gerichtete Revolvermündung. Ich bewahrte indessen meine Ruhe und sagte: „Was soll das heißen, daß Sie bewaffnet bei mir eindringen?" „O, ich wußte zu genau, zu wem ich mich begab, um bewaffnet zu gehen", höhnte er. „Sie freilich" — er senkte den Revolver — „hätten an meiner Stelle diese Waffe nicht gewählt; ein Stoß im Dunkeln, ein Stich in den Rücken, das würde Ihrem Charakter mehr ent sprochen haben." „Herr, Sie müssen toll sein!" brauste ich auf. „Was fällt Ihnen ein, mich derart zu beschimpfen? Wie kommen Sie dazu?" „Wie ich dazu komme?" erwiderte er mit seinem grauenvollen Lächeln. „Nun, Herr Hugh Mainwaring, vielleicht begreifen Sie es, wenn ich einige Erinne rungen in Ihnen wecke — wenn ich Sie bitte, beim Ein- tritt in Ihr fünfzigstes Lebensjahr einen kleinen Rück blick auf dir lebten fünfundzwanzig Jahre Ihres Lebens zu werfen. Vielleicht erscheint Jkmen da ein alter sterbender Mann, den Sie hintergingen, indem Sie seinen letzten Willen nicht zur Ausführung brachten, vielleicht auch zaubert dieses Bild Ihnen noch einen anderen vor Ihre schwarze Seele, dem Sie zuerst die Ehre seines Hauses und dann noch das ihm zugefallene Erbe raubten. He, erinnern Sie sich?" Ich glaubte in diesem Augenblick einen Helfers helfer Hodsons vor mir zu haben, den dieser abgefandt hatte, eine neue Erpressung an mir zu versuchen und brach in schäumender Wut los: „Mensch, Ihre Frech heit übersteigt alle Grenzen. Nur ein Wahnsinniger kann es wagen, so zu mir zu sprechen! Wer sind Sie? Und was wollen Sie hier?" „Wer ich bin? Und was ich hier will?" antwortete er langsam und mit einer Stimme, die mir das Blut in den Adern erstarren machte. „Nun, das ist kurz ge sagt: Ich bin Harold Skott Mainwaring und ge kommen, mein Eigentum zu fordern, um das deine brüderliche Liebe mich betrog! Verstehst du das?" „Sie sind ein Lügner und Betrüger!" schrie ich völlig außer mir. „Und wenn Sie " „Oho!" zischte er mit flammensprühendem Auge, sich zu seiner vollen Höhe aufrichtend, „du Dieb wagst es, mich mit Ausdrücken zu belegen, die dir allein zu kommen? Nur mir hast dl» es zu danken, daß du nicht schon längst in einer Verb» echerzelle sibst. Ich ein Bc trüger? Ueberzeuge dich!" Mit einer schnellen Bewegung flog das schwarze Kraushaar und der Schnurrbart zu Boden Mein ge treues Ebenbild stand vor mir. Ich starrte ihn sprach los an; mir schwindelte. Nur dumpf hörte ich: „Nun? Wer ist der Betrüger?" Das brachte mich wieder zu mir. Ich begriff, daß allein in einer Versöhnung Rettung für mich lag Ich sagte daher besänftigend: „Du täuschst dich. Ick bin kein Betrüger. Ich habe genommen, was mir rechtmäßig zustand, da ich dich für tot hielt. Indessen bin ick bereit aber nicht etwa in Anerkennung irgend welcher Ansprüche deinerseits, sondern auS freiwilligem Zugeständnis meinerseits - dir einen ansehnlichen Teil des ErbeS abzutreten
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