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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190405089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040508
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040508
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-08
- Monat1904-05
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1904
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98. Jahrgang. Tonntag dm 8. Mai 1904. Feuilleton Nun guten waS Der- vier- aus seiner Ruhe zu stören, auf die schmerzlichen Monate ein paar MiScellen. Der der immerhin leidlicher ge- plötzlich stirbt, muß er eine Lücke zurücklassen, die un ausfüllbar ist. Selbst auf die Sezession in München übte Lenbach eine große Wirkung. Schon durch seinen Widerstand wirkte er günstig, indem er die Leute zur höch sten Spannung ihrer Kräfte zwang, durch seinen Fleiß, seine Ausdauer und seine hohen Kunstleistungcn ein leuch tendes Vorbild gab. Tie meisten Sezessionisten Münchens gehörten, wenn auch nicht gerade zu seinen Freunden, doch zu seinen intimen Bekannten. Alle aber waren trotz der scheinbaren Feindschaft einig in der Verehrung für ihn, und alle lauschten mit Spannung den Worten des Meisters, wenn er nach Beendigung seines abendlichen Spieles, seiner Ueberzeugung in künstlerischen Worten Luft machte oder aus den überreichen Schätzen seiner Er fahrung, seines Wissens oder seines Erlebten etwas zum Besten gab. Als Schluß dieser Plauderei über Lenbach soll noch von seiner zweiten Frau die Rede sein. Von einer Fran geistreich, fein veranlagt, selbst künstlerisch hoch begabt, jede Faser Lenbachs verstehend, der Tochter des berühm ten Liederkomponisten Baron von Hornstein. Dank ihr, daß sie die letzten Jahre des großen Verstorbenen für ihn so liebenswürdig gestaltete und gewiß auch manchen günstigen Einfluß auf seine künstlerische Tätigkeit aus- übte. Sie war aber nicht allein eine vorzügliche Frau zu Zeiten seines Glücks, sondern erst recht, wie Lenbach krank wurde. Es gehörte ein feiner Takt dazu, und es war eine schwere Aufgabe, den Andrang der vielen Verehrer Len bachs einzuschränken und manchmal ganz aufhörcn zu lassen, und dies während eines vollen Jahres, denn so lange ist Lenbach schwer krank gewesen. Aufopferndste Pflege und aufrichtigste Sorge, ihm iede Erleichterung zu schaffen, ist bei dieser Frau selbstver ständlich gewesen. Was wir verloren durch den Tod Len. bachs, wiegt schwer. Für sie am schwersten. Vorgesetzte im Militärstrafgesetzbuch alles mochte bei leeren Bänken ohne hingeben. Bedenklicher war schon der am Montag zwischen BundeSrat und als man die 17»/, Millionen, Im folgenden geben wir eine Zusammenstellung der wick- tigsten Bestimmungen des neuen Vertrages: Die Beendigung des Kampfes ist erfolgt durch Ver ordnung der König!. Kreishauptmannschaft, die Zum Dank dafür, daß der gemäßigte Liberalismus bei den letzten Ersatzwahlen Antisemiten, Konservativen und BUndlern hintereinander mit Selbstverleugnung in den Sattel geholfen hat, sind Antisemiten und Bündler jetzt den Nationalliberalen in Frankfurt in den Rücken gefallen und haben ohne jedwede Rücksicht auf die Abmachungen der ört lichen Führer gegen Bassermann einen nichts ahnenden und höchst wahrscheinlich mißbrauchten General a. D. auf den Schild erhoben. Es wird nützlich sein, diesen geradezu typischen Fall „händlerischer Mannentreue" im Gedächtnis zu behalten; an Gelegenheit zur Abrechnung wird eS ja nicht fehlen. Dann aber wird der nationale Liberalismus gut tun, seinen Anschluß doch mehr nach links zu suchen. Unter solchen Gesichtspunkten war es auch durch aus zu loben, daß man Herrn Menck, dem Freund der „Hamb. Nachrichten" und der „Antisozialdemokratischen Korre spondenz " den Rat zum Austritt gab. Mag ihn und seine kindlichen Proteste nun die freikonservative Flagge decken! ES wirkt inmitten dieser heimischen Enge geradezu be freiend, wenn von draußen her eine frische Brise unS die Stirn Wochenschau. Graf Bülow hat in dieser Woche ein Familienfest begangen. Am Dienstag ist er fünfundfünszig Jahre alt geworden und reiche Blumenspenden, von denen beflissen die offiziösen Blätter erzählten, und der Gratulationsbesuch seines Monarchen mögen den ewig lächelnden Liebling der Götter darüber hinweggetröstet haben, daß der Zahn der Zeit auch vor ihm nicht zurückscheut. Der Oeffentlichkeit ist der Kanzler nicht sichtbar geworden, obwol es an Gelegenheit dazu eigentlich nicht gefehlt hatte. Als man im Kanzlerpalais, das ja auch den preußischen Ministerpräsidenten beherbergt, die duftenden Reseden auf den Geburtstagstisch stellte, begann im preußi schen Abgeordnetenhause der Kanalschlachten zweiter Teil und alle Welt erwartete, wie das zuvor von den beauf- iragten Stilisten verkündet worden war, daß Gras Bülow in Person erscheinen würde und auseinandersetzen, wieso es gekommen sei, daß man aus dem Werk, aus dem vor drei Jahren kein Stück „herausgeschaltet" werden durfte,nun doch das Wesent lichste herausgebrochen hatte. Allein Graf von Bülow erschien mit nichten. Am Dienstag,alsderfrisch geadelteHerrv.Buddeunsfrei nach Symphcr und Victor Kurs einen akademischen Vortrag Entwicklung und Nutzen der Wasserstraßen hielt, war '"ras Bülow, wie er verbreiten ließ, beim Kaiser zu der allerdings sehr wichtigen Besprechung über die zukünftige Gestaltung der südwestafrikanischen Dinge. Aber am Mitt- woch banden ihn nicht solche Pflichten und trotz dem kam er nicht; kam überhaupt all die Tage nicht, da man in der Prinz Albrechtstraße mit Worten mehr als mit Gründen gegen die trübseligen Reste des einstige» Mittel landkanals stritt. Auf die Schätzung, deren sich das Kanal werk an der leitenden Stelle erfreut, wirft das immerhin ein bezeichnendes Licht. Gesetzgeberische Arbeiten, für die daS Motto „Mehr Dampf, Herr Minister" gilt, werden in den Parlamenten nicht eingeleitet, ohne daß Kanzler und Minister- Präsident ihnen die Ehre seiner Anwesenheit schenkt. Aber der Kanal ist nach und nach auf den toten Strang geraten und wenn Herr v. Rheinbaben am Mittwoch auch in einer trefflichen und temperamentvollen Rede ausführte, raß man den Kanal schon aus SparsamkeitSrücksichten graben müßte, weil die sonst zur Bewältigung des Verkehrs erforder lichen Eisenbahn-Neubauten ganz andere Summen fressen würden, so bleibt es doch so. Grundzütiger Himmel, was hat man zur Empfehlung der Kanalpläne nicht schon für prächtige Reden innerhalb des Abgeordnetenhauses und außerhalb ge kört! Und doch ist man sachtemaug von „Kompensation" zu „Kompensation", von einem „Entgegenkommen" zum andern gediehen, bis um des lieben Friedens willen die stolze Idee MWM.TaMaü Anzeiger. Ämtsvkalt des HSnigkiche« Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtcs der Ltadt Leipzig. umwebt. Solche Brise war uns der Helden brief des jungen Leutnants von Rosenberg, den dieser Tage das „Militärwochenblatt" veröffentlichte. Solange unsere Jungmannschaft noch so fröhlich zu kämpfen und zu sterben versteht, brauchen wiy^uin unsere Zukunft nicht zu bangen; können am deutschen Wesen wir und die Welt noch immer genesen. Freilich, es stirbt reich lich viel Jungmannschaft dort drunten im südwestafrikanischen Feld und die Ernennung d«S Generalleutnants v. Trotha zum Oberkommandierenden wird schwerlich schon mit einem Schlage Wandel bringen. Ganz ohne Frage haben die Herero unseren Truppen die Kriegführung dadurch wesentlich erschwert, daß sie ihre bisherige Hauptstellung in den Onjati- bergen aufgegeben und nach Norden abmarschierten. So wird die schöne „Umzingelung" oder „Vernichtung", von der unsere heimischen Papierstrategen schon so lebhaft träumten, leider immer unwahrscheinlicher . . . Derweil hat sich auch auf dem östlichen Kriegsschau platz die Lage beträchtlich verändert und zwar abermals auf Kosten der Ruffen. Der Landkrieg hat die ersten bedeut samen Geschehnisse gebracht. Die Japaner haben die Jalu- Linie genommen und auf dem Boden der Südmantschurei den Russen eine siegreiche Schlacht geliefert. Die Russen sind in vollem Rückzug vom Jalu auf Föngwantschöng, die Japaner drängen nach. Kuropatkin aber soll auch Föngwantschöng nicht mehr halten wollen und sich auf der Linie Haitschöng— Liaoyung—Mukden zu konzentrieren gedenken. Das klingt nicht unwahrscheinlich, denn für die Ruffen würden so die Gefahren einer zu weiten Verteilung und einer zu weitläufigen Operations basis vermieden. Das Schicksal Port Arthurs aber scheint inzwischen fast entschieden zu sein. Japanische Landungen werden von beiden Seiten der Halbinsel Liaotung gemeldet. Bei Port Adams ist die Bahnverbindung mit dem Norden unterbrochen und Port Arthur ist eingeschlossen. Alexejew und Großfürst Boris Wladimirowitsch aber haben die be lagerte Feste noch rechtzeitig verlassen . . . des Mittellandkanals sang- und klanglos geopfert ward. Wer bürgt denn dafür, daß des Entgegenkommens nun ein Ende finden soll? Die Regierung, die eifrig die Farce von der „rein wirtschaftlichen Beratung" mitmacht, nicht. Und die Mehr- heitSparteien, die genau so wie früher zwischen Ja, Nein und Aber schwankte», erst recht nicht. Die alten Kanal freunde aber haben — und gewiß mit zureichendem Grunde — ein gut Teil ihres früheren Enthusiasmus eingebüßt und es war daß der zutreffende und durchaus zeitgemäße Aus druck, daß Herr v. Eynern den ihm von neuem angetragenen Vorsitz in der Kanalkommission ablehnte, präsidieren in ihr Konservative und Zentrum, die Freunde und getreuen Nachbarn, umsichtig und nun aus dem Kanal wird, ist ihr Werk, mutlich wird Herr v. Zedlitz, der sich während der tägigen Generaldebatte merkwürdig zurückgehalten hatte, nun in der Kommission um so emsiger seine bewährten Künste entfalten. In der „Post" hat er ja schon das erste Angebot getan. Unnahbar und unbarmherzig wollen die Herrschaften nicht mehr sein; aber sie verlangen anständige Bezahlung : die Regierung soll die Handelsverträge oder zum mindesten den argentinischen „per sofort" kündigen und eS wird sich nun fragen, ob das Ministerium Bülow, das die „inneren Krisen" ebenso scheut, wie eS den Weltfrieden platonisch an schwärmt, diesen Kaufpreis zu zahlen gewillt sein wird. WaS sich sonst in den Parlamenten begab, brauchte den Grafen Bülow freilich nicht Im Reichstage folgten der zweiten Etatsberatung Totalisatorentwurf, worden ist, als es nach den ersten Ankündigungen den An schein hatte, gab dem noch immer vom Podagra gequälten Herrn v. Podbiclski Gelegenheit, mit Herrn Singer ein fröhliches Zwiegespräch über das dissicile Kapitel der Moral zu führen; die Vorlage über Entschädigung unschuldig Verurteilter führte Stadthagen zu end losen Tiraden unendliche Male auf die Tribüne und am Freitag bildete sich aus Zentrum, Nationalliberalen, den beiden freisinnigen Fraktionen und der Socialbemo- kratie eine Koalition, um die Mindeststrafsätze für Vergehen Untergebener gegen herabzusetzen. DaS sonderliche Emotion Zwiespalt, der sich Reichstag auftat, die daS Haus um keinen Preis auf die üble Ge wohnheit der Zuschußanleihe nehmen wollte und die sich trotz aller Kunstfertigkeit sonst nicht Wegschminken ließen, den Bundesstaaten auf ihre Matrilularbeiträge bürdete. Da sprach der bayrische Bundesratsvertreter, ein Ritter von Burchard daS etwas rasche Wort: Wenn Bayern auf die Art mehr Steuern erheben müßte, würde die Reichsver drossenheit wachsen. DaS war für alle, die es hörten, ein sehr peinlicher Moment, denn bisher hatte man doch immer noch an der Fiktion festgehalten, daß die unerfreuliche Vokabel vom Reichsverdruß auf die Kreise beschränkt bliebe, da die „Volksseele" kocht und bei der gefüllten Maß auf den „Saupreiß" schilt. Aber der Patriotismus, der nicht gleich nach barer Be zahlung fragt und die opferwillige Hingabe an das Gemeinwesen beginnen nachgerade selten zu werden auf deutscher Erde und eS ist deß ein besonder« krasser Beleg, was wir zur Zeit in Frankfurt a. O. erleben. den Humors nie vergessen. Eine Rede Lenbachs war immer eine Sensation. Keiner wird den durchdringenden, fast stechen den Ausdruck der Augen Lenbachs vergessen bei der ersten Begegnung, wenn ein Mensch ihn interessierte; den Blick, mit dem Lenbach etnen Menschen sezierte und je nach seinen Charaktereigenschaften in ein zelne Teile zerlegte. Die große Uebung, die er hatte, die Menschen in ihrem Charakter wiederzugeben, machten es ihm von Jugend an zur Aufgabe, so schnell als möglich die Menschen zu beurteilen, und er erlangte darin eine großartige Uebung. Lenbachs stärkste Seite als Künstler ist es auch, in seinen männlichen Bildnissen die Seele wiederzugeben und alle jene geistigen Fähigkeiten und Schwächen, so daß uns immer eine volle Persönlichkeit auS seinen Bildern entgegentritt. In dieser Beziehung übertrifft, glaube ich, Lenbach selbst die alten Meister. Lenbach malte mit dem größten Vergnügen in fremde Bilder, die ihn interessierten, hinein, mit einem ganz un glaublichen Geschick, und setzte sic in eine hübsche Farben- und Bildwirkung. Selbstverständlich wurde das in ganz kurzer Zeit ein nicht zu verkennender Len- bach. Wer Gelegenheit hatte, Lenbach einmal zuzusehen, wie er so ein fremdes Werk in kurzer Zeit zu seinem Eigen- tum machte, der kann eigentlich erst recht das ganze Kön nen und Wissen des großen Verstorbenen beurteilen. Viele werden sich erinnern, Tierstücke mit Hofer-Len- bach gezeichnet auf den Ausstellungen gesehen zu haben. Dies waren fertige Bilder Hofers, denen Lenbach auf die vorher besprochene Art in kurzer Zeit seine Eigentümlich, keit aufzudrücken verstanden hat, auf denen er seine voll endete Technik in höchster Weise zum Ausdruck brachte. WaS die Kunstwelt in, allgemeinen und München im besonderen an Lendacb verliert, ist allgemein bekannt. Wenn ein Mensch wie Lenbach, so anregend, immer gärend und treibend. ,mpulsiv auf feine Umgebung wirkend BezugS-PreiS t» d«e HauptexpedMo» oder deren AuSgade- stelle» ab geholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Häu sl 3.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vtertelsährlich 4 KO, sitr di« übrigen Länder laut Zeitvng-prri-liste, Redaktion: Johanni-gasie 8. Sprechstunde: k—ü Ude Nach«. Fernsprecher: 4L3. Ettedtttoy: Johanni-gasse S. Fernsprecher: 222. SUtaler-edttt»«ea: Alfredtzahn, Buchbandlg., Universität-str. 3 (Fernspr. Nr. 4MS), L. Lüsche, Katharinen» straße IS (Fernsprecher Nr. 2S3Ü) u. Königs platz 7 (Fernsprecher Nr. 7KOK). Haupt-Filiale Dresse«: Marienstraße 84 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzgl-BayrHofbuchbandla., Lützowstraße 10(FernsprecherAintvI 9kr.46O3.) Leiden und Freuden jedes einzelnen Familienmitgliedes. Lenbach hatte viele Geschwrster. Viele Tausende hat Lenbach ausgegeben für Arme und Notleidende, um es im nächsten Moment wieder zu vergessen. Ost wurde Lenbach gefragt, ob die beiden Häuser der Villa in München gegenseitig verbunden wären — „ja" ant wortete er in seiner geistreichen Art, durch eine gemein same Hypothek. Diese Art von Verbindung existierte in den letzten Jahren seines Lebens nicht mehr. Lenbach war schon auS Prinzip ein Feind sezessioni- stischer Bestrebungen, doch kann man der festen Ucber- zeugung sein, daß er das Gute wohl zu schätzen wußte, welches diese Revolution in der Kunstwelt hervorrief. Auch hat er sich oft über einzelne Werke der Sezession günstig ausgesprochen. Nicht allein feinem Talent und der Fähigkeit, so schnell zu malen, verdanken wir so viele große Werke des Künstlers, sondern auch seinem fabelhaften Fleiße und seiner intensiven Arbeitskraft. Diele Menschen habe ich schon arbeiten sehen, nie einen, der annähernd so viel und so lange arbeiten konnte. Lenbach liebte es sehr, jeden Abend im Freundes kreise Karte zu spielen (Tarok) und war unglücklich, wenn er aus irgend einem Grunde verhindert war. Für ihn war das Spiel ein AuSruhen von seiner intensiven sonstigen Beschäftigung, ein AuShängen seiner Nerven tätigkeit, welches ihn immer sehr erfrischte. Geistig war Lenbach selbstverständlich ein hervor- ragend kluger und bedeutender Mensch, dem es Vergnügen machte, mathematische Aufgaben zu lösen, und dem Schopenhauer eine Lieblingslektüre war. Er sagte selbst, daß er einen Satz Schoppenhauers nie zweimal zu lesen nötig hätte, um ibn zu verstehen. Wer die Freude er lebte, im Freundeskreise (besonders in der „Allotria") eine feiner merkwürdigen Reden zu hören, wird die eigentüm- liche Art seines in abgebrochenen Sätzen hervorsprudeln Bom Menschen Lenbach. Von F. Pernat. So ums Jahr 1850 sah man auf dem Wege von Schrobenhausen nach München zwei Knaben im Alter uon 13 bis 14 Jahren die Straße ziehen, stellenweise auch laufen. Beide trugen die Stiefel in der Hand, ihre nackten Füße schienen Eile zu haben. Es war früh 1 Uhr, um 10 konnten sie bei dem Oeffnen des Tores der Pinakothek in München sein. In den Abendstunden mußten beide wieder in Schrobenhausen eintreffen. Ein weiter Veg. Ter eine der beiden Burschen war Lenbach, der andere der spätere Tiermaler Hofer, dem Lenbach bis zuletzt ein treuer Freund blieb. Es gehört sicher eine großartige Begeisterung für die alten Meister und die Kunst im allgemeinen dazu, so einen Weg hin und zurück an einem Tage zu machen, um iich einige Stunden unter ihnen aufhalten zu dürfen. Tiese Begeisterung hat Lenbach nie mehr im Leben ver lassen und zu den Taten getrieben mit unwiderstehlicher Gewalt, die wir Menschen als ewige bezeichnen. Lenbach war in seiner Jugend bis in die zwanziger ^ahrc hinein schtvächlich und nie recht gesund. Seine Lebensweise war daher immer eine sehr einfache, sein Getränk war sehr häufig Milch und die einfachsten Speisen seine Nahrung. Man hörte ihn oft sagen, seine Gesundheit, Nervenstarke und Ausdauer verdanke er ganz allein seiner gezwungenen Mäßigkeit in seiner Jugend. Ein seiner Zug Lenbachs war es. nie über seine Familie zu sprechen, obwohl er innigsten Anteil nahm an all Len Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem Redaktionsstrich («gespalten) 7K nach den Famüiennach- richte» (6 gespalten) KO Tabellarischer und Ziffernsau entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahm« 2K Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—. «nnntzmrschlutz für >»iet««r Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Autgabr: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Kliokhardt). und die Goldwagen für das Wortewiegen wurden in dieser Zeit selten benutzt. Die Erregung ging so weit, daß nicht direkt an dem Streite BeteilHte, auch wenn sie sich mit aller Entschiedenheit für die Sache der einen Partei ungezählte Male ausgesprochen und festgelegt hatten, schon deswegen angefeindet wurden, weil sie nicht mit dieser selben Partei durch dick und dünn gehen mochten oder auch nur, weil sic pflichtgemäß über den Stand der Angelegenheit berichteten. Nach dem jetzt herbeigeführten Ende deS Streiks wird hoffentlich auch eine ruhigere Auffassung PlaH greifen. Man wird für die unfruchtbaren Sensationen mit Vergnügen die ruhigere und gedeihliche Arbeit eintauschen. Das Ende des Streites war vor allem ein Segen für die Aerzte selbst. Man muß die Notwendigkeit der äußersten Mittel der Aerzte, die Verweigerung jeglicher Hülse außer in den paar Notfällen, einsehen. Die Aerzte hätten andernfalls der Kasse direkt in die Hände gearbeitet und so weit, bis zur Seldstvernichtung, braucht schließ lich auch der aufrichtigste Altruismus nicht zu gehen. Aber es ist nicht zu verkennen, daß in da» un» über kommene, das traditionelle und wahrheitsgetreue Bild des Arztes als des selbstlosen Helfers der kranken Menschheit ein neuer Zug hineinkam, der daS Bild nicht schöner machte. Und wir wünschen von Herzen, daß in kurzer Zeit der Segen ärztlicher Tätigkeit diesen Zug weg radieren möge. Das Wichtigste für die Aerzteschaft ist das Scheitern des Distriktsarztsystems. Dieser Umstand allem ge nügt schon, die Aerzte als Sieger erscheinen zu lassen. Wenn die Forderung der freien Arztwahl durch eine vorläufig noch gat nicht in Frage kommende Begrenzung der Zahl der Kassenärzte auch nicht für alle Zeiten bewilligt worden ist, so ist sie doch für die nächsten Jahre praktisch ge sickert. Also auch darin haben die Aerzte ihren Willen durch- aesctzt. Es scheint uns aber bei weitem bedeutsamer, daß der Aerztestand der Gefahr der Unselbständigkeit entronnen, daß er frei geblieben ist. Aus unserer Kultur wäre ein wichtiger Faktor ausgeschaltet wordew, wenn wir die Mehrzahl der Aerzte zu Kassenangestellten hätten werden sehen müssen. Und bei dieser Perspektive darf unter keinen Umständen, so viel das auch bestritten ist und noch werden mag, das politische Moment auS dem Auge gelassen werden. Daß in vielen der Kaffen, mit oder ohne Absicht, sozialdemokratischer Einfluß sich geltend gemacht, kann gar nicht bestritten werden, und es wäre unnatürlich, wenn eS anders wäre. Der Staat kann am frohesten darüber sein, daß der freie Stand der Aerzte diesem. Einflüsse entzogen worden ist. Man kann wohl die bittere Pflicht er füllen, ohne Rücksicht aus parteipolitische Färbung zu urteilen und zu entschließen, aber kann dadurch die Politik aus dem Kampfe nicht ausschalten. Dadurch daß man die Politik nicht sieht oder vielmehr nach Pflicht und Gewissen nicht sehen darf, ist sie noch nicht aus der Welt geschafft. Es ist etwas Wahres daran, daß die Leipziger für die Aerzte ganz Deutschlands gekämpft und in den prinzipiell wichtigsten Punkten gesiegt haben. Aber der Himmel be hüte uns in Leipzig vor einem zweiten solchen Vorkampfe. Denn unbestreitbar hat der Kampf gerade dadurch die scharfen Formen angenommen, daß Leipzig als Vorort zu kämpfen hatte. Es war wohl notwendig, aber für alle Beteiligten nicht gerade angenehm. Die Gefahr der Prinzipienreitern lag zu nabe, und Leipzig hätte den Schaden tragen müssen, wenn sie einen Friedcnsschluß verhindert hätte. Mit Recht darf sich daher die vermittelnde Instanz das Zustandekommen deS Vertrages als großes Verdienst zuschreiben. Unsere Hoffnung ist ein dauernder und ehrlicher Friede, gewahrt von beiden Seiten. Möge das Kapitel Aerzte und Ortskrankenkasse in Zukunft nicht mehr den breiten Raum in der Oeffentlichkeit beanspruchen wie in der letzten Zeit. Das ist das Beste, was man im Interesse aller Beteiligten wünschen kann. Var wichtigste vom rage. * Die Budgetkommission deS preußischen Abgeordneten hauses genehmigte gestern den Nachtragsetat, der drei Millionen für Wohlfahrtszwecke für Eisenbahn angestellte fordert, gegen eine Stimme. * In der Kolonne Glasenapp kommen noch täglich TyphuSfälle vor. * Admiral Alexejew ist in Mukden eingetroffen. * Es bestätigt sich, daß die russiscke Flotte in Port Arthur festgelegt ist, da nach russischer Angabe nur kleine Schiffe mit Schwierigkeiten die Einfahrt passieren können. ver Leipziger Remertreik brenclrt. Endlich! Die Beendigung des Leipziger AerztestreikS ist ein Segen für die^ Aerztejckaft, für dre Kaffenmitglieder, für die ganze Stadt. Die Kampfeshitze war nach und nach so gestiegen, daß die für gewöhnliche Zeiten üblichen Grenzen nicht mehr beachtet wurden. Es waren keine Schmeicheleien, die beide Parteien einander sagten,
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