02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040509023
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-09
- Monat1904-05
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1904. ö« 30 m gültig. 18. t. «. 1. Li. ) gedämpfte wetmsnieren. >18. rüxlieli. PM. llung ühr, Caffen-Bericht . Neuwahl der Cassenprüfern. ichen. Cassirer. SII». ersammlung. rei im Juni fere Geschäfts- Bezugs-Preis Lauptrxprditiou oder der« Ausgabe, stelle, abgeholt: vierteljährliches.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau» e 3.7b. Durch dir Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich virrteljährM e 4.b0, für dir übrigen Länder laut ZeitvngSpreiSliste. Redattion: Johannttgasse ü. Sprechstunde: Ü—6 Uhr Nachm. Fernsprecher: ib« * Expedition JohanntSgaff« 8. Fernsprecher: LrrL SlltOleLpesMon«: Alfred Haha.Buchhundlg., Uuiverfltät-str. S iFernspr. Nr. 4046), L Lösche, Katharinen straß« 14 (Fernsprecher Nr L9W- u. Kvnigt- pla- 7 lArrnsprrchei Nr. 7KOK). Haupt-Filiale Drr-den Marienstraße 84 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 1713). Haupt-Filiale verlta: CarlDnncker, Herzgl.Bayr.tzofduchbandkg., Lützowstraße lOsFernsprecherAmtVI Nr.4603.) Abend-Ausgabe. WpMer.TllgMlÄ Anzeiger. AmlsSratl »es ÄSnigliche« Land- und des Äönigtichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aates und -es Nolizeiamtes -er Maöt Leipzig. Auzeigeu-PretS die 6gespaltene Petitzeile 2V ReNam», unter dem RedaftiooSftrtch (4 gespalten) 7S 4, nach den Familierurach. richten (6 gespalten) SO 4. Tabellarischer und Zifserniatz entsprechend höher. — Gebühren fiir Nachweisungen und Osfertenannohme Sb «xtra-vetlage, gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgab,, ohne Postbeförderung ^l Sü.—, mit Postdeförderung 70-—. Am»ah«eschlutz ,ür Anzeigen: Abend-Au-gabe: vonntttaa« IO Uhr. Marge,-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. «uzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Dir Expedition ist Wochentag« ununlerbroche» geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von U. PpU in Leipzig sJnh. vr. L «. Kltnkhardt). Nr. 235. Var Wchtigrte vom lag«. * Die XIII. Konferenz für Wohlfahrtr einrichtungen wurde heute in Leipzig eröffnet. * Die LeipzigerKassenärzte haben die Be- Handlung der Mitglieder der Ortskrankenkasse wieder ausgenommen. * Die Schauspielerin JennyGroßist gestern früh in Berlin an den Folgen einer Operation gest 0 rben. * Im Cadorctalin Südtirol trug sich einver - hängnisvollerBerg stürz zu, bei dem Menschen ums Leben kamen und Wohnungen zerstört wurden. Man befürchtet weitere Stürze und räumte de-halb eine Ortschaft. "JnOlicante (Spanien) ist es zu K 0 nflikten zwischen Republikanern und Klerikalen ge kommen. * Die Russen haben die ganze Halbinsel Liautung preisgegeben und damit Port Arthur sich selb st überlassen. * Bei den Siegesfeiern in Tokio sind 21 Personen (meist Knaben) getötet und etwa -10 ver letzt worden. vir sielorm cler pslicdtgerelligkrit. Eine anscheinend geringfügige Reform ist von den Mitgliedern der Regierung zu Oppeln angeregt worden, die aber, wenn ihre Gesichtspunkte für weitere Kreise fruchtbar werden sollten, der Beginn zu einer umfassen- den, äußerst segensreichen Aenderung unserer gesellschaft- lichen Beziehungen werden könnte. Die Oppelner Be amten haben eine Reihe von Leitsätzen aufgestellt, in denen sie konstatieren, daß die gegenwärtige konventio nelle Geselligkeit die Stimmung für die Berufsarbeit be einträchtige, daß sie den Beamten zu schwere finanzielle Pflichten auferlege und daß daher die Pflichtgeselligkeit uusgehoben werden und der Zusammenhang zwischen den Familien der Beamten nur durch einige allgemeine, ein- fache Festlichkeiten offiziell aufrecht erhalten werden solle. Wer da weiß, wie auf unseren Beamtenfamilien die sogenannten standesgemäßen Anforderungen lasten, der wird diese Anregung sehr beachtenswert finden. Sie müßte freilich nicht allein auf einen Ort beschränkt bleiben, sondern die Behörden müßten die in Oppeln geäußerten Auffassungen anerkennen, und so die Möglichkeit ge währen, die Beamtengeselligkeit zu reformieren und an die Stelle der pflichtmäßigen „Abfütterungen" freie Be ziehungen treten zu lassen. Ganz ebenso wie für die Be amten gelten die oben bezeichneten Gesichtspunkte für den Milstärstand. Die Einrichtung des Kommispeccos, den jeder Offizier schaudernd selbst erlebt hat, ist auch weite ren Kreisen durch humoristische Schilderungen bekannt ge- worden. In Wirklichkeit ist er aber gar nicht so humo ristisch und bisweilen kostet er sogar Tränen, denn manche Montag den Hausfrau, die nur auf das knappe Gehalt des Mannes und die geringen Zinsen des vorschrifts mäßigen Vermögens angewiesen ist, weiß beim besten Willen nicht, wie sie die notwendigen Ausgaben mit ihrem Haushaltbudget in Einklang bringen und daS Gleichgewicht wieder einigermaßen Herstellen soll. Man muß doch sämtliche Herren vom Regiment minde stens einmal im Winter bei sich gesehen haben, und dazu treten noch den ersten Kreisen der civilen Gesellschaft gegenüber außerordentlich ausgedehnte Verpflichtungen hinzu. Gerade die Geselligkeit ist ein Kapitel, das unter die Rubrik „Glänzendes Elend" gehört, und eS ist mit Ge nugtuung zu begrüßen, daß aus den beteiligten Kreisen selbst die Anregung zu einer gesunden Reform gegeben ist. Freilich, diese Reform muß von oben begünstigt wer den. Ein einziger Erlaß vermag die fruchtbarsten Ge danken im Keime zu ersticken, denn natürlich fügen sich die Beamten lieber seufzend einem solchen Ukas, als daß sic durch Widerspenstigkeit riskieren, auf die Liste der uu- bequemen Beamten gesetzt zu werden. ver Humana aer Herero. Da» erste Gefecht de» Seebattaillen». Ueber den ersten Zusammenstoß unserer Seesoldaten mit den Herero sind drs „Kieler N. N." in der Lage, auf Grund privater Mittestungen einen anschaulichen Bericht eines Teilnehmers an dem Zuge der Kolonne Fischel zu veröffentlichen: „Von Windhoek aus trat die Kolonne Fischel am 1-1. Februar den Vormarsch gegen das von den Feinden besetzte Terrain an. Dieser Marsch gab den Mannschaften gleich einen Vorgeschmack von den Strapazen, die ihrer warteten. In tiefem Sande watend, mußten sie den Weg bei teilweise strömendem Regen zurücklegen. Erfrischte der Regen auch momentan, so war sofort nach seinem Auf- höron jede Spur von Feuchtigkeit auf dem Erdboden in folge der Sonnenglut verwischt. Dabei stellte sich natür lich heftiger Durst ein: ihn mit dem Regenwasser, welches sich zwischen den den Weg besetzenden Fellen anlammelr. zn stillen, war nicht möglich, da es einen salzig-bitteren Geschmack hatte. Nachdem etwa 30 Kilometer des be schwerlichen Weges zurückgelegt waren, beschloß man, für die Nacht bei Seeis Rast zu machen. Unter Leitung der dem Transport beigegebenen Leute der Schutztruppe wurde eine Wagenburg errichtet, in deren Mitte die Pferde und das mstgeführte Vieh untergebracht wurden. Durch Ausstellen von zahlreichen Wachtposten glaubte man gegen jeden Ueberfall gesichert zu sein. Man hatte jedoch, wie sich bald zeigen sollte, die Gewandtheit und Schlauheit der Herero unterschätzt. Mitten in dec Nacht hörte der auf vorgeschobenen! Posten stehende Gefreite Arndt das Nahen mehrerer Personen vom Lager her. In vorgeschriebener Weise rief er die Leute, von denen er infolge der totalen Dunkelheit nichts erkennen konnte, an. Es wurde ihm hierauf die Antwort: „Nicht schießen, Offiziere!" Arndt machte sich schußbereit und verlangte die Namen der angeblichen Offiziere zu wissen. Mittler- welle waren ihm diese bis auf wenige Schrille unter Lachen und Kichern nahe gekommen und er erkannte nun, daß er vier Mann in Khakianzügen vor sich hatte. Im selben Moment erblickte er unterm Tropenhelm das 9. Mai 1904. grinsende Gesicht eines Herero vor sich und hinter diesem den Lauf eines aus ihn gerichteten Gewehres. Arndt besaß die Geistesgegenwart, dem vor ihm stehenden einen Schlag mit dem Gewehr zu versetzen, wodurch der schuß bereit stehende schwarze Hallunke einen Ätoß erhielt, w daß der Schuß in die Luft ging- Nun sprangen die Herero auf Arndt los, und cs entspann sich ^A^niPi auf Leben und Tod. Arndt erhielt einen schlag nut einem Gewehrkolben über den Kopf, so daß er zu Boden stürzte. An der Erde liegend, suchte er sich seiner Gegner, so gut es ging, zu erwehren. Bei diesem Ringen erhielt Arndt einen Schuß in die Hand des auf dein Erdboden ausgestrcckten rechten ArmeS. Ter Schuß hatte unfehl bar seinen Kopf getroffen, wenn cs ihm nicht gelungen wäre, den auf ibn gerichteten Flintcnlauf nut der unken Hand zur Seite zu schlagen. Inzwischen war es auch an anderen Punkten lebendig geworden und -schnsse krachten hin und wieder. Hierdurch sahen sich die vier Arndt gegcnübergetretcnenHcreroveranlaßt, sich zuruckzuziehen. Es zeigte sich hernach, daß auch der an anderer «teile auf Posten stehende Secsoldat Haense bei^dem Kampf ver- wundet wo-.den war. Er hatte in Lchicßsteuung auf -em Erdboden gelegen und war durch eine Kugel ge troffen, di? durch die aufgcrichtetc linke Hand und den Oberarm ging. Als das Terrain abgefuckt wurde, fand man vier tote Herero. Am anderen Morgen waren die Leichen aber verschwunden. Die Herero hasten es ver- standen, sie unbemerkt fortzuschaffen. Ter nächtliche Streifzug hatte unzweifelhaft dem in der Wagenburg untergebrachten Vieh gegolten. Die Herero, die sich bereits durch die Vorvostcn geschlichen hatten, sahen aber die Unmöglichkeit, ihr Vorhaben auszuführen, ein und zogen wieder ab, wobei der Zusammenstoß mit den Vor posten erfolgte. Daß die Eingeborenen in Khakianzüge gekleidet waren, erklärte sich dadurch, daß ein mit Aus- riistungsgcgenständen für die Schutztruppe beladener Eisenbahnwagen entgleist und von den Schwarzen ge plündert worden war. Die Verwundeten Arndt und Haense wurden nach dem Lazarett in Windhoek zurück- transportiert, von wo sie dann alsbald die Heimreise an treten konnten. Aus Kundgebungen einiger Teilnehmer am China-Fcldzuge, die jetzt auch gegen die -Herero^ im Felde stehen, ist zu entnehmen, daß der Kamvf in Süd- wcstafrika für viel gefährlicher zu halten ist, als der Kampf gegen die Chinesen. Vor allem fehlt in Südwest- afrika die Reiterei, auch ist das Terrain viel schwieriger als in China. Dazu kommt, daß die Herero an Strapazen und Entbehrungen aller Art gewöhnt sind und oft tage lang mit schweren Verwundungen berumlaufen können. In ihre Wunden stopfen sie Gras, Papier oder was sie sonst für geeignet halten und dann kämpfen sie weiter. Bei dem geschilderten Rencontre war ein Herero von vier Schüssen in den Unterleib getroffen worden: er hatte sich trotzdem eine Strecke weit vom Lager entfernt und er- wartete, ohne eine Klage von sich zu geben oder Hülfe zu erbitten, auf einem Steine hockend, ruhig ab, was mit ihm geschehen würde." ver r«5§lr»-sapanircbe Weg. Die Einnahme non FZngwangtschSng. Ueber die Vorgänge, die zur Einnahme von Föngwang- tschöng durch die Japaner führten, liegt jetzt ein russischer Bericht vor, der sich vor allem durch seine Unvollständigkeit auSzeichnet und dadurch den Eindruck hervorruft, daß man nach beliebter Methode von russischer Seite nur allmählich mit der vollen Wahrheit herausrücken will. Das von General 98. Jahrgang. Sassulitsch herrührend« Telegramm gibt zu, daß japanische Kavallerie und die Borhut am 6. d. Mt«. Föngwangtschöng besetzt haben und zwei Eskadronen und 2 Kvinvagnien Japaner auf Daliandiapuse vorrückten, während sich die russischen Kavallerieabteilungen auf Seliugan zurückzogen. (Dir Namen sind selbst auf großen Karten nicht zu finden, es muß sich aber um Orte bandeln, die an der Heerstraße von Fongwangtschöng nach Liaujang liegen.) Weiter besagt die Depeiche nur: Streifwachen von Füngwangtschöng meldete«, daß zwei javanische Divisionen am 6. sich auf dem großen Wege von Pjamyn Fbng- wangtschöng näherten. Die dritte Ttvision, welche durch da« Tal des Aiko vorgerückt war, nahm bet Kijandiapusa Stellung und fuhr Batterien auf zur Beschießung Föngwantschöngs in der Erwartung, dort russische Truppen zu finden- Di« Japaner rückten langsam und äußerst vorsichtig nach Föngwangtschtlng vor. Das ist so dürftig wie nur möglich, läßt aber in Ver bindung mit dem Schlußsatz der im heutigen Morgenblatt mitgeteilten Depesche au» Tokio: „man war auf einen er bitterten Kampf gefaßt" den Schluß zu, daß die Ruffen ihre zweite Verteidigungsstellung bei Föngwangtschöng ohne ernsten Kampf aufgcgcben haben. DaS heißt aber gleichzeitig, die ganze Halbinsel Liautang räumen und Port Arthur sich selbst überlassen. Die»wird durch folgende Depeschen bestätigt: * Niutschwang, 7. Mai. Allem Anscheine nach beabsichtigen die Russen, Niutschwang zn räumen. Die Fort» sind geschleift worden. Biele Truppen sind bereit» abmarschiert. Der russische Generalstab hat Liaujang verlaßen, um sich nach Mulden zu begeben Die russische Zivilbevölkerung verläßt Niutschwang. Di« ansässigen Fremden sind in Schrecken versetzt. Hier wird gefürchtet, daß, wenn die Russen die Stadt verlassen und die Japaner nicht sofort einrücke«, Räuber bei Jnkau über da» Ufer setzen und die Stadt plün dern würden. Die Fremden sind zum Widerstande bereit. Der britische Vertreter erbat die Entsendung eine» Kanonenboote». Die Russen werden wahrscheinlich die vier Eisenbahnbrücken zwischen Niutschwang und Port Arthur zerstören. — Nach chinesischen Mel dungen soll Statthalter Alexejew verwundet und uur mühevoll aus der Stadt entkommen sein. Die Russen verhalten sich schweigsam. Nach zuverlässigen Nachrichten halten sie die Streitkräfte nicht für anSrcichend, diesen Teil de» Lande» zn halten und werden sich nach Chardin zurückziehen. * Shanhatlwa», 8. Mai. (Reuter.) Die Russen räumen den westlichen Teil der Halbinsel Liautung und ziehen sich nach Hait- scheng zurück. Am Donnerstag und Sonnabend haben die Japaner in Kintschau 10000, in Futschau ebenfalls lOOOO und in Pitsewo 7000 Mann gelandet. Sie haben Wafangtien und Port Adam» besetzt und die Eisenbahn meilenweit zerstört. Bei Kaitschau, wo man früher TranSportschisfe gesehen hatte, wurde heftiges Feuer gehört. Di« Abschließung Port Arthur» ist vollständig. 16 Krieg«, schiffe haben die Landung bei Kintschou überwacht. Ihr Feuer säuberte die dort schmale Landeuge. 7ü Verwundete find nach Niutschwang gebracht worden. In Mulden sollen Nahrungsmittel knapp sein, sodaß die Soldaten Bohurnlucheu «ffe« muffen. * * Russische Verluste. Nach einem Telegramm de» Generals Kuropatkm an den Kaiser betrugen die Gesamt verluste am Jalu am 30. April und 1. Mai an Toten: 6 Stabsoffiziere, 20 Oberosfiziere und 564 Mann, an Ver wundeten: 2 Stabsoffiziere, 36 Oberoffiziere, 1 Geistlicher, ein Kapellmeister und 1081 Mann. Aus dem Schlachtfeld- ge- blreben, unbekannt ob tot oder verwundet: 1 Stabsoffizier, 5 Oberoffiziere, ein Arzt und 879 Manu. Der Gesamtverlust beträgt 70 Stabs- und Oberoffizier« wir, daß sich iorstand. erein Geschäftsstelle, -bestellen un- Feuilleton. Interna maxiea. Von Anna Klie. Nachdruck verbaten. In der Villa Beata, deren Besitzerin, eine einzelne Dame, in sorglosem Wohlstände zu jenen Tagen des Lebens gelangt war, wo das dunkle Haar sich in graues zu verwandeln pflegt, waren fast immer Gäste anwesend. Tante Beate liebte Hausbesuch und hielt für Freunde und Verwandte stets behagliche Fremdenzimmer in Bereit- schäft. Diejenigen ihrer Bekannten, die aus diesen Logier zimmern kernen Nutzen ziehen konnten, weil sie in der selben Stadt lebten, neckten Tante Beate mit ihrer weit gehenden Gastfreundschaft, aber diese ließ sich nicht in ihrer Neigung stören. „Tante Beate ist gottvoll!" sagten neuerdings ihre Freunde, „ihr geht allerlei durch, was anderen Leuten schlecht bekommen würde, wenn sie eS sich erlaubten! Da hat sie nun seit Ostern ihre Nichte bei sich, die Tochter von ihrer jüngeren Schwester, die an einen Oberförster verheiratet ist, und nun ladet sie sich dazu ganz unver froren den Sohn einer Jugendfreundin ein, die in Kap stadt lebt. Aber sie denkt sich nichts dabei!" Die Leute hatten recht, Beate dachte sich nicht das Ge ringste dabei. Sie war in diesem Punkte harmloser, al» selbst Nella und Toni, deren fünfzehnjährige Backfisch, drcistigkeit überall Liebesgeschichten witterte. Nella und Toni waren die Töchter verschiedener Freundinnen von Beate und in zwei verschiedenen Pensionaten der Stadt nntergebracht. Die hatten „ihren Sonntag" in der Villa Beate, an dem sie stets pünktlich nach beendetem Moraengotte-dienst einzurücken pflegten, die Gesangbücher noch in der Hand, »m bis zehn Uhr die Genüsse der herrschenden Jahreszeit auszukosten. Nella und Toni nahmen ein lebhafte» Interesse an örn beiden neuesten Haußgästen, die sic in Villa Beata antraten. Beaten» Nichte Sylvia fanden sie entzückend und schwärmten sofort glühend für die reizende, schlanke, acht. zehnjährige Blondine. Den Sohn der Jugendfreundin dagegen, einen langen, dünnen, ausländisch aussehenden Bergassessor, mit seiner fremden Aussprache, seiner ern- sten Schweigsamkeit und seinen etwas linkischen Manie ren, erklärten sie für ziemlich langweilig und amüsierten sich im Geheimen über ihn. Nella fühlte sich in ihrer fünfzehnjährigen Würde gekränkt, weil „dieser Mensch" bereits an zwei Sonntagen bei Tisch ihr gegenüber ge sessen und keine zehn Worte mit ihr gesprochen hatte. Daß er an einem dieser Mittage das Versehen be dangen, ein einglas umzustoßen, war von Nella mit innerlicher Genugtuung zu Protokoll genommen worden. Toni, die zwar keinerlei gesellschaftlichen Ehrgeiz be saß, sich aber mitunter bei der Vertilgung beträchtlicher Mengen von süßer Speise durch den 0 fenbar erstaunten Blick des Assessors belästigt fühlte, erschöpfte ihre Back- fischboSheit in der Vermutung, der Assessor färbe seinen Schnurrbart, eine Anschuldigung, die sogar von Nella in einem GcrechtigkeitSanfalle bestritten wurde! Tante Beate besaß eine große Vorliebe für den Assessor. Sie schätzte ihn als einen ernsten, ungemein tüchtigen Menschen, der für seine jungen Jahre schon Be- merkenswertes geleistet hatte. Die Frühling-Wochen, in denen er jetzt ihre Gastfreundschaft genoß, bildeten eine Ruhepause zwischen seiner Studienzeit und einer ehren- vollen Anstellung, welche die Regierung ihm unter sehr günstigen Bedingungen verliehen hatte. Leider schien daS Wohlwollen Beatens für ihren Gast keinen Widerhall im Herzen ihrer Nichte zu finden, und diese Erfahrung bekümmerte die gutmütige, menschenfreundliche Tante aufrichtig. Sie liebte gemütliche, lustige Plauder stunden frühmorgens am Kaffeetische auf der Ter rasse neben dem Hause, wo die lila Blütentrauben der Glycinia in schönster Fülle und Farbenpracht hernieder hingen; oder nachmittag» im Garten unter einer großen, rotblllhenden Kastanie, ring» umgeben von blühendem Gesträuch der Syringen und Goldregenstauden. Wie war e» nur möglich, daß angestchtk all dieser Vllltenvracht junge Menschenkinder so fremd, steif und einsilbig miteinander verkehrten, wie ihr« beiden Gäste? Da» konnte unmöglich so Westergehen! Beate beschloß, zu ermftteln, wo» di, beiden gegen, einander einnahm., E» kam ober nicht viel heraus hei den Ermittelungen, die sie anstellte. Der Bergassessor, den sic zuerst zu erforschen suchte, ging gar nicht auf ihre Absicht ein. Er lenkte den An- griff so geschickt ab, daß die liebenswürdige Angreiferin hinterher ganz verblüfft war. „Wie ein Aal ist er mir entschlüpft", dachte sie, „und ich habe meine Sache doch so diplomatisch angefangen!" Nun wandte sie sich an Sylvia, und diese mußte ihr Rede stehen. „Ich weiß gar nicht, daß ich unfreundlich gegen ihn bin, Tante Beate! Ich kenne ihn ja eigentlich täum! Er ist immer so sonderbar gegen mich!" „Wie denn sonderbar? Sprich dich mal aus, liebes Kind!" Aber Sylvia sprach sich nicht aus. „Ach, ich weiß nicht, Tante Beate! Ob er mir das wohl übel genommen hat, daß ich so lachen mußte, als er neulich im Gartensaale den Sofaschoner für sein Taschen- tuch hielt? Aber ich mußte lachen, es war so drollig! Und e r mokiert sich doch auch manchmal " „So? Worüber denn?" „Ach — ich kann es mir ja auch einbildcn — aber er sieht meinen Gartenhut immer so sonderbar an!" Sylvia wurde sehr rot bei diesem Geständnis. Beate lachte herzlich. „Ja, liebes Kind, da muß ich ihm nun leider recht geben, und es ist mir lieb, daß einmal die Rede darauf kommt! Nimm es deiner alten Tante nicht übel, aber der Hut ist wirklich die reine Vogelscheuche! Wo in aller Welt hast du ihn her? Solche Form ist doch seit mehreren Jahren aus der Mode!" Es war Beate nicht entgangen, daß Svlvia, die einer kinderreichen Familie entstammte, etwas genau mit ihrem vermutlich knappen Taschengelde wirtschaftete, und sie batte nur auf eine Gelegenheit gewartet, die Rede auf den Gartenhut zu bringen. „Er ist doch noch wie neu!" stotterte Sylvia, „und er hat mal drei Mark gekostet, der Zettel mit dem Preise saß noch d'runter! Papa hat doch, wie ich dir erzählte, von seiner Kusine einen Koffer voll Sachen geerbt! Da war er dazwischen!" „Na, so siebt er auck auS! Ich begreife, affen gesagt, Nicht, daß deine Mutter ihn d«r aut die Reise mitoegeben hat!" „O, da» hat Mama auch gar nicht getan! Ich habe ihn heimlach mit eingepackt! Eigentlich sollte ich mir hier einen kaufen, aber ich dachte, das Geld könnte ich sparen! Ich möchte doch gern etwas Hübsches mitbringen, wenn ich wieder nach Hause komme!" „So, so! Sieh mal an, du Schlaumeier! Bist du solch ein Rechenmeister? Uebrigens, was hat denn Kuno über den Hut gesagt?" „Gesagt eigentlich nichts! Nur — als Nella erzählte, ein Spatz hätte im Gemüsegarten Erbsen aus der Erde gepickt, meinte der Herr Assessor, man müsse einen Hut ni die Erbsen hängen, und dabei kam eS mir vor, als ob er meinen Gartenhut meinte. Er guckte ihn so merkwürdig an!" Tante Beate unterdrückte mit Mühe eine Anwand- lung, laut aufzulachen. „Sag' mal, Herzchen, du hast hoffentlich nicht- da gegen, daß deine alte Tante dir einen hübschen modernen Gartenhut schenkt?" Sylvia schien nicht völlig überzeugt von der Not- Wendigkeit dieses Vorschlages. „Du bist so sehr gütig gegen mich, liebste Tante Beate, aber — er ist doch noch ganz heil " „Mädchen, bist du denn gar nicht ein bi-chen eitel? Ein Hut ist doch schließlich kein Ding, das man bis auf den letzten Strohhalm abnutzt?! Die Putzmacherinnen wollen auch leben!" „Ja", bestätigte Sylvia weise, „und all' die vielen Warenhäuser und Basare, die eS heutzutage gibt! Die Eitelkeit und Putzsucht nimmt überhand in der West!" „Tu bist ein drolliges Geschöpf mit deiner achtzehn jährigen Verständigkeit! Nachher gehen wir in die Stadt und kaufen dir den Hut. Ich wiws schon verantworten daß ich dich zur Putzsucht verleite. Sylvia kam ein Einfall. Sie sah plötzlich ganz ver ¬ gnügt aus. „Dann mache ick auS dem alten Hute einen ArbeitS- korbl DaS gebt nämlich sehr gut! Ich babe e» 'mal in einer Modenzeitung gelesen!" „Da- soll mich wundern, wie du e» bewerkstelligen wirst?" meinte Beate köchelnd. ... . Der neue Hut ward gekauft und alsbald verfertigte Sylvia au- dem alten einen Korb, der tatsächlich ein kleine» Kunstwerk war. «k» Tante Beat» späterhin ihr Gespräch überdacht«.
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