Suche löschen...
02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 15.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19040115025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1904011502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1904011502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-15
- Monat1904-01
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Dresdner Nachrichten Freitag. tt» Januar 1»«4 WM Vtr. I.°» einzelne» Blumen war. Goldene Talelpmnkslücke, die in de» .. ampp/en Aufnahme gesunden batten, traten bei der reichen elek. frischen Beleuchtung glänzend aus dem frischen G,ün der Pflanzen hervor und vereinten sich mit der Pracht der Blumen zu einem überaus farbenreiche» Bilde. Gegenüber dieser Biumenaruppr schmückte de»Lckvaradelnal zu beiden Seilen der EingangSlür ein mit rotem «amt belegter etagensilrmiger Au'bau auserlesener altertümlicher goldener Kunsigegensttinde. welche sich aus den «chätzen deS Grünen Gewölbes und der Königl Hossitberlamme, Msammensebten. Die übrigen vortrefflich arrgerichieten BüietiS ivaren nrit dem Gilberservice ausgestatlet und ebenfalls reich mi, Blumen- und Pslanjengruvvei, geschmückt. Nach dem Souver verlieb der König das Fest und zog sich in seine Gemächer,»stick Der Tanz, welcher auch während deS SonverS fortgesetzt Waiden rvar. endete nachis l Uhr mit einem Kotillvrr. und das Ballwsl fand nach der Verabschiedung der vrirulichen Herrschaften kur' daraus seinen Abschluss. Die Ballmusik batte das Hoboistenkvrp deS Leib-Gre»adier'Negime»ts ausgesührt. —* König Georg unternahm heute nachmittag eine Spazierfahrt. Nachmittags 5 Uhr fmdet bei Sr. Majestät die vamilrentafel mit Dienst statt. —* Ihre Majestät die Könir in-Witwe nahm heute nachmittag 1 Uhr in ihren Gemächern die Vorstellung einer Anzahl Damen und Herren entgegen, deren Präsentation bei Gelegenheit deS gestrigen Hosballcs am Königl. Hofe stattge. snirden hatte. —* Auf UllerSdorfer Revier fand heute eine Königl. Hoch wildjagd statt, welcher König Georg mit Rücksicht auf den noch nicht vollständig behobenen Katarrh noch sernblieb. Die Jagd wurde vom Kronprinzen abgehalten. Zu derselbe» waren mehrere Herren mit Einladungen ausgezeichnet worden. —* Für die morgen. Freitag, nachmittag »'«3 llhr stattsindende VariötS-Elite-Vorstellung im Central-Tbeatcr zirni Besten des Kinderheims „Nazareth" ist in letzter Stunde »och Mar cell Salzer gewonnen worden. Mit de, Ausnahme dieses ausgezeichneten Vorkragskiinstlcrs in das an und für sich außerordentlich reiche Programm hat die Veranstaltung eine Attraktion allerersten Ranges mehr gewonnen, die sich in den Nahmen der im vornehmsten Geschmack gehaltenen Vorstellung Vorlresslich einsügt. Herr Salzer, der als meisteilicher Sprecher mit ebenso viel Glück wie Geichick sein apartes Genre ans der Variete bühne vertritt und sich im Sturm auch die Gunst der kritisch anspruchsvollsten Hörer stets zu erobern weiß, wird außer einer erlesene» Reihe seiner erprobten Schlager mehrere für Dres den neue, eigens für den besondere» Zweck der Veranstaltung ge wählte Humoristica lesen. Der Vorstellung wohnen Ihre Königl. Hoheiten der K r o » p r i n z. Prinz und Prinzessin Johann Georg und Prinzessin Mathilde bei. —"Aus Pirna wird gemeldet: Im Laufe der vorigen Koche haben zwischen hiesigen Artillerie-Offizieren mehrere Duelle stattgefnnden. Die Forderungen z» diesen Zweikämvfen sind von einem Offizier ausgegangen, der in W a h - rung seiner Hausehre bandelte. Selbstverständlich sind die Vorgänge, die zum Teil icbwere Verwundungen iin Ge folge gehabt haben, von den beteiligten Kreisen so lange als mög- sich diskret behandelt worden: jetzt werden sie hier aber mehr oder weniger öffentlich beiprochen. Leider ist auch anzunedmen, daß die Angelegenheit noch nicht zum Abschlüsse gelangt ist. Ter beleidigte Ehemann ist seit 3 Jahren verheiratet und gilt als ein ausgezeichneter Pistvlenschntze. —* Der Rat der Stadt Leipzig beschloß im Anschluß an das Vorgehe» des Rates zu Dresden, an die Ständeversamm- lung eine Petition wegen Vermehrung der Landkagswahllrrne in den Städte» zu richte» und die Stadtverordneten zum Beitritt zu diesem Beschlüsse zu ertlichen. —* Eine für Zivil musiker beachtenswerte Verfügung hak das Königliche Finanzministerium erlassen. Die Zoll- und Sleuerdlrektion hat bereits in verschiedenen Fällen ausgesprochen, es könne nicht geduldet werden, daß Beamte in ihrer dienstfreien Verhältnissen beeinträchtigt würden. Den Beamten der Zoll und Stcnerverwaltunq ist daher das Musikmachen gegen Entgelt, das sie nach 8 2 der Novelle zum Staatsdienerfesetz vom 3. Juni 1876 nur mit Genehmigung der Ärrstellungsbehörde würden be treiben dürfen, ein für allemal untersagt. —* Der B » » d d e r I n d u st r i e l l e n sGeschästsführender Ausschuß! »ahm in seiner Sitzung vom 12. d. M. Kenntnis von Anträgen der .Fabrikanten- und Arbeitgeber-Bereinigung -u Iserlohn", der „Vereinigten Schuhwarenfabrikantcn in Groitzsch, Lucka, Wurzen, Pegau" und von Vorstandsmitgliedern auf weitere Organisation der Arbeitgeber und daß der Landesverband König reich Sachsen des Bundes am gleichen Tage anläßlich der Crim- mitschauer Vorgänge sich mit dieser Frage beschäftigte. Es wurde allgemein anerkannt, daß die Vorgänge in Crimmitschau den Boden für eine umfassende Organifation der Arbeitgeber vor bereitet hätten. Ta cs seit 1897 zum Programm des Bundes der Industriellen gehört, den Industriellen einen festeren Halt gegenüber den Gewerkschaften, namentlich zur Abwehr der schäd lichen Folgen von Arbeitseinstellungen, zu schaffen, wurde ein stimmig belchloffen, einer Einladung des „Verbandes von Arbeit gebern der sächsischen Textilindustrie" sBorsitzender Geh. Kom merzienrat Vogels zu einer allgemeinen Vorbesprechung über den Zusammenschluß aller Arbeitgeber am 17. d. M., vormittags II Mir. im „Kaiscrhof" zu Berlin, Folge zu leisten und die durch eine Gruppe von Industriellen vorbereiteten Grundlagen für eine wirksame finanzielle Stärkung der Arbeit geber gegenüber den Verlusten aus Arbeitseinstellungen zum Zwecke der Verhütung derselben grundsätzlich zu vertreten. Es wurde ferner beschlossen, nach siattgehabten Vorverhandlungen eventuell einen näheren Bericht über die betreffenden Vorlagen, die vom Referenten mit einer ausführlichen Auseinandersetzung begleitet und vom Geschäftsführenden Ausschuß nach allen Rich tungen hin erörtert wurden, bereits in der Versammlung vom ictie'nung vermieden werden, fo giauvl oer Vonragenoe Wiederbelebung des allgemeinen öffentlichen Interesses olilik hoffen z» dürfen. Die Ausführungen des Vortragen den mit großem Beifall ausgenommen und fanden ihre 17. Januar zu erstatten, im übrigen aber de» Beschluß der Leipziger Arbeitgeber-Beriammlung vom ö. Januar, an alle Inter essierten Vereine und Verbände heranzutreten, gutzuheißen. —* Der Nationale Reichs wähl verband ver> anstaltete am 13. Januar seinen dritten BortragSavend, für den Herr Prof. Weidenbach sich da» Thema: .Sind im modernen «taate politisch« Parteien notwendig", gestellt hatte. Punkt 8'/s Uhr eröffnete der Vorsitzende. Herr Dr. Le Mang, die Ver> jaiiimlung und erteilte dem Vortragenden dos Wort, der sich in feiner bekannten koren, sachlichen Weise der unterzogenen Auf nabe auf das vortrefflichste entledigt«. Herr Professor Weiden vach wieS in der Einleitung zunächst darauf hin. welche Entwicklung die Parieikämpse vom Altertum vis in unsere Zeit hinein genom men, dabei insbesondere die Fraktionskämpfe im 19. Jahrhundert beleuchtend. Wie er ausführte, wurden die frühesten politischen Kämpfe in Deutschland zunächst nur zwischen zwei Fraktionen, der konservativen und der liberalen, ausgetragen. Später trat mit der kirchlichen Reaktion die ultramontane Partei in den Mampf. Im Verlause der Entwicklung kam der Klassenkampf der sozialen Parteien und als Folgeerscheinung hiervon die Spaltung in Wirt- scl-astliclw und nationale Parteien. Schließlich erfolgte die Um wandlung der Parteien in Interessengruppen, ein Vorgang, in dem wir beute noch stehen. Wenn auch der Vortragende zuaibt, daß die Frage der Parteiangehörigkeit heutzutage alles andere überwuchert und infolge hiervon ein Sinken des geistige» Niveaus in der Politik zu konstatieren ist. so hält er dennoch das Bestehen wlitischer Parteien, ja >ooar das der Parieikämpse für notwendig Der Vortragende fiel» in der Partei das einzige Mittel, daß sich eine Ansicht mit der nötigen Wucht durchsetzen kann, und in dem Parte kämpfe das LebenSclcmeist der Partei! Dagegen wendet er sich mit Energie geaen das heute io bäusig angewandt« Mittel, im parteipolitischen Kampfe verwerfliche Waffen zu gebrauchen, namentlich das Hine nz'ebe» des Privatlebens in die öffentliche Debatte. Und gerade in dieser Tatsache glaubt er die Erklärung dafür zu finden, daß sich beute so viele feiner organisiert« Naturen vom Parteigetrieb« -,urückaestoßen fühle». Könnte diese beklagens werte Erscheinung vermieden werden, so glaubt der Vortragende auf eine Wiederb' an der Polil den wurden . . . , Fortsetzung in einer regen Debatte, die erst nach 11 Uhr geschlossen werden konnte. Aach an diesem Abende konnte, wie auch nach den bisherigen öffentlichen Vorträgen, durch Nenanmeldnng von Mitgliedern ein weiteres Anwachsen des Nationalen Reichswahl- vcrbandes konstatiert werden. —* P o l i z e i b e r i ch t, 14. Januar. Am Montag abend kürzte ein hiesiger Gewerbetreibender auf der Reichsstraße beim Verlassen einer Schnnkwirtschaft die aus die Straße füh renden sechs Treppenstufen herab und blieb, am Kopfe stark blutend, besinnungslos liegen. Er wurde, nachdem er sich wieder erholt hatte, in seine Behausung gebracht. — Auf dem sogenann- lcn Kirschplcin in Vorstadt Wölfnitz brach gestern abend eine ")rige Arbeiterin plötzlich zusammen und wurde von der i> u r t eines Mädchens überrascht. Eine zufällig vorüber gehende Hebamme leistete die erste Hilfe. Tie junge Mutter fand mit ihrem Kind Ausnahme in der nahen Wohnung ihrer Eltern. -* In der vergangenen Nacht in der 1. Stunde entstand in dem Grundstück Große Frohngasse 16 ein Aschegrube n- brand, der von der yerbeigerufenen Feuerwehr bald erstickt wer den konnte. — Heute mittag entstand in dem Niederlagsraumc ines Drvgcngeschästs im Erdgeschoß des Grundstücks Große P lau e n s che st ra ß e 2 4 ein Brand, durch den ziemlich beträcht- sicher Schaden an der Lagereinrichtung, an Waren. Gebäudeteilen usw. verursacht wurde. Beim Re:chen eines mit Benzin gefüllten Blechgefäßes vom Hofe in den Lagerraum war euvas Benzin ver gossen worden und die Gase an einem Petroleumofen in Brand geraten. Außer einer von dem Geschäftspersonal in Tätigkeit gesetzten kleinen Privatleitung brachte die Feuerwehr noch eine Leitung vom Straßenhydranten in Betrieb, womit der gefähr- siche Brand bald gelöscht werden konnte. Zwei dort tätige junge Leute erlitten im Gesicht und an den Händen Verbrennungen leichterer Art. die ihnen von den Samaritern der Feuerwehr ver bunden wurden. —* Blasewih. Eine gefährlich« Fahrt unternahmen am Dienstag nachmittag zwei Schiffer aus Pillnitz, die eine etwa 20 Meter lange Eisscholle vermutlich nach 'Dresden bugsieren wollten. Kurz vor der Loschwih-Masewitzer Elbbrücke erlitten sie jedoch Schiffbruch Die Scholle stieß am Ufer mehrfach an und zerbarst ,n einzelne Stücke, so daß sich die beiden Personen auf ihren mitaeführten Kahn retten mußten, mit dem es ihnen gelang, am Loschwitzer Ufer zu landen. Die Eisscholle entstammte der sogenannten Pillnitzer Zacke. —* In dem nachmittags 4 Uhr 10 Min. von Nossen nach Potschappel verkehrenden Personenzugc ist am gestrigen Mitt woch während der Fahrt zwischen den Stationen Birkenhain— Limbach und Wilsdruff ein Reisender sSteuerbcamterj ver mutlich am Herzschlag verstorben. —* Am Dienetag vmmstlag siel dc>S 5jährige Södnchen des Gutsbesitzers Groß in Niederschlema in den BetiiebSgraben der dortigen Papierfabrik, ohne daß es bemerkt worden war. Sein Leichnam wuide nachmittags am Rechen des BetriebSgrabens angescdwemmt nufgesnnden. — Vom Fichtelberg. Jüngst ging durch die Zeitung eine Nachlicht, die geeignet war. die in lebhaftem Aufschwünge begriffene H ö r n e rs ch I i t t e» s a I> r t vom Unlelkunftsbanse uns in argen Mißkredit zu bringen, daß nämlich ein bekannter Jurist ans Döbeln bei der Fahrt verunglückt sei und schweren Schaden genomnien habe Die Notiz ist dahin zu berichtigen, daß der Betreffende, der übrigens nicht Jurist, sondern Zigcnien- sabrrkant ist. während der Fahrt mit dem Schlitten umschmg. und beim Anprall an einen Baum eine Prellung des Oberarmes erlitt: er konnle kurze Zeit darauf von, Gaslhause. wo er logierte, wieder abreisen. —* Oberkriegsgerickt. Am Nachmittag des 1. Dezem ber vorigen Jahres kam es im Strickereiranme des hiesigen Festungsgefängnisscs zu einer aufregenden Szene. Der 1991 zu Leipzig geborene, wiederholt und erheblich vorbestrafte Militär- gefangene Soldat 2. Klasse Wilhelm Glaß sals Soldat bei der 4. Kompagnie des 139. Infanterie-Regiments cn Döbeln eingestellt! seiner Arbeit plötzlich aufgekört m ufsichtSsübrenden Unteroffizier aust und nicht zu schlafen. G. gehorchte ich aufgebört und wurde deshalb von - ufgesordert^ weiter zu hatte in arbeiten un^ni'chl zu schlafen. Ä.^nehorchte"a8er nicht, antwortete vielmehr mit ungehörigen Bemerkungen und ergriff einen hölzernen Schemel, den er nach dem Unteroff ohne aber zum Glück zu treffen. Der Gefangene »och einen zweiten Schemel folgen lassen, wenn sich der Unter- ossizier nicht sofort nuf ihn gestürzt hätte. Trotzdem benahm sich Glaß noch weiter achtungSverledend, widerspenstig und renitent, bis es endlich gelungen war. ihn in eine Zelle zu bringen. DaS Kriegsgericht dex 23. Division verurteilte den Angeklagten wegen tätlichen Vcrgreisens an einem Vorgesetzten. Widerfetzung, Un gehorsam», AckünngSverletzuna usw. zu 5 Jahren Gefängnis, der in solchem Falle gesetzlich zulässigen Mindcslstrafe. Durch selgrn Verteidiger, Rechtsanwalt Blüher, ließ der Angeklagte Berufung 'egen, die sich aber lediglich gegen die Strasoöhe richtete. Zur lrünbuna führt G. an. baß er sich am fraglichen Tage in einer außerordentlich gereizten Stimmung befunden habe, weil er sich von dem Unteroffizier, gegen den er eine Anzahl Beschwerde» vorbringt, zu Unrecht behandelt glaubte. Sein-Verteidiger weist noch ans die äußerst mangelhafte Erziehung de» Angeklagten hin, der außerehelich geboren, bei fremden Leuten grotzgezogen und sich von seinem 14. Lebensjahre ab selbst überlassen gewesen ist, und beantragt mit Rücksicht darauf, einen rninderschnxrrn Fall anzunehmen. Die Zeuaenvernchmna bestätigt im wesentlichen die vom Angeklagten über den Unteroffizier vorgebrachten Beschwer- den. Das Oberkriegsgericht unter Vorsitz des Oberstlrutnpnts v. Holleben gen. v. Normann und unter luristischer Leitung des Oberkriegsger'chtsrats IustizratS Dr. Bucker kann sich indessen üner Herabsetzung der Strafe verstehen, da es die Milde- »de schon von der ersten Instanz sür berücksichtigt ansieht. Es erkennt deshalb auf Verwerfung der Berufung. Ein von der Verteidigung gestellter Antrag, über den Geisteszustand des Angeklagten ein Sachverständigen-Gutachten herbeizuzichen, wird ebenfalls abgelehnt. — Landgericht. Der in Radebera wohnende Bäcker meister Eduard Robert Berge knufte im Flübiahr v. I. von einen, Kut'cher >8 Sack gestohlenes Getieide und wmde wegen gewerbs mäßiger Hetsterei von der 3. Straikamnier zu 1 Jabr Gesängnis und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt. B legte Revision ein und wird nach erneuier Verhundlung vor der 3 Stiafkammer frei- gesprochen. — Tie Hebamme und MaurerSehesrau Lina Klara veielirl Ehrhardt geb. Nrnniann ans Denken batte sich am 13. Oktober vor dem Schöffengericht Döhlen wegen Beleidigung deS Di. med. Krcisting zu veianlworten und wurde zu 30 Mk. Geldstrafe verurteilt. Die Ehrhardt ist eine Zeit lang von Ihrer Ltrllnng als Hebamme entfernt, aber aus eine Entscheidung des Ministeriums wieder zngelaffkn worden. Da Dr. K. i» einer Be- iiksvellammlnng aus den Abgang der E. zu spiechen kam, erließ >ie E. in einer TcigeSzeitniig eine Erlläiung. welche eine Belei digung deS Dr. K enthielt. Gegen das Uttel! des Schöffen gerichts legten der AmiSanwalt und die Angeklagte Berufung ein, doch beläßt es die zweite Instanz bei der auSgewoifenen Strafe. - Veiworsen wird auch die Berufung des tn Rieia wohnenden Ziegelciardeiters Stefnn Slosaiek. welcher wegen Beamtendelet- diaiing, Widerstands und HauSfiirdenSbrnchs vom Schöffengericht Riesa z» 2 Monaten Gefängnis und 1 Woche Hast verurteilt wor den ist — Aus der Bovenknminer einer Hciusgenoisin stahl die in Döhlen wohnende GelraenheitScnbeiterin Anna Auguste Kessel geb. Etter zu wiederholte» Malen Kleidungsstücke von geringem Werte und aus der Wvdnuna der HauSgenoisin einen Geldbetrag von 6 Mk Wegen Rücktalldiebstahls in 3 Fällen wird die K. unter Annohme mildernder Umstände zu 6 Monaten Gefängnis ver urteilt. — Als Heiratsschwindler trat der mehrfach vorbestrafte aus Breslau gebürtige Schreiber Hermann Felix Paul Kleiner einem Dienstmädchen gegenüber auf. nahm dieieni nach und nach min destens 500 Mk ab und ließ es dann sitzen. Als Beschäftigter eines hiesigen Zeittchriltenvettags fälschte K- im September und Oktober lO AdvnnementSguittunaen und verschaffte sich damit einen Vermögensvorteil von 93 Mk. Die 4. Strafkammer diktiert dem Angeklagten 2 Jahre 6 Monate Gesängnis und 5 Jahre Ehr verlust zu: 1 Monat Gesängnis gilt als verbüßt. — Amtsgericht. Einen äußerst dreisten Schwindel verübte der 23 Jahre alte Schneider Kurt Urbach aus Halle unter Mithilfe seiner Logiswirtin, der 61 Jahre alten Wäscherin Marie Auguste Grosche verw. gewesene Eckart geb. Peschel, die sich deshalb mit zu verantworten hat. Der Hauptanaeklagte Urbach befindet sich seit einiger Zeit wieder in seiner Heimat. Er ist von, persönlichen Erscheinen entbunden. Zur Sache selber steht sest, daß Urbach am Abend des 16. August v. I. dem Kellner eines hiesigen Wiener Eafss seinen Sommeruberzieher zur Auf- 'cwcchrung übergab. Ter Kellner nahm den Ueberzieher in seine Ibhut. Urbach entfernte sich im Lause des Abends ohne Ueber- ieher, schlich sich aber in das Lokal heimlich wieder ein und »ölte den Ueberzieher weg. Zu Hause ließ er ihn von seiner Nirtin wieder wegschließen, der er einen guten Tag versprach, wenn der Plan gelinge. Der Angeklagte hatte cS nämlich aus die Erzielung von 25 Mk. abgesehen. Denn am Tage nach dem ersten Erscheinen in dem Casö kam Urbach in daS Lokal, behaup tete, daß der Paletot ihm gestohlen sei und verlangte von dem Wirt, den er für den angeblichen Schaden haftbar machte, 25 Mark, die er auch beinahe erhalten hätte, wenn den beteiligten Personen nicht doch Zweifel ausgestiegen wären über die Glaub- würoigkeit des Urban, der sich durch eine Aeußernng, deren Un wahrheit bald festgestellt worden war, verdächtig gemacht hatte. Es gelang dem die Erörterung führenden Kriminal . „ . . gcndarm erst durch List, den Schwindler zu entlarven. Dann fanden sich geil ste ein Gespräch Urbachs mit seiner Wirtin unbemerkt mit angehört hatten, das zur Ueberführung Urbachs führte. An Tages muß Urbach auf 10 T e ins . h . . .. statt des erhofften guten Tages muß Urbach auf 10 Gei ' au. wird ^ Findelhause ein 4jähriges Kind unter Benutzung eines gefähr lichen Werkzeuges, eines Stockes, geschlagen zu haben. Die An geklagte wird rm übrigen als eine sehr gutmütige Pflegerin ge schildert, der eher der Vorwurf zu machen sei. daß sie die Kinder verziehe. Am 3. Juli hatte sie aber die Geduld verloren. Das benutzte Stückchen ist so dünn, daß es nicht geeignet ist. damit eine Kavalier treffen, der keinen Sinn für echten, seinen Humor hat. Dann entwickelt sich daraus eine jener Prügeleien, wie sie sich vor uvei Jahren ans diesem Schauplätze zwischen Vertretern der Ber liner T'plomatie und Finanzweli zmn Hellen Gaudium der ande ren Anwesenden abgesvielt hat. Diesmal fehlte freilich ein derartig belebender und crirnchender Zwischenfall, und die Besucher des Mctropoltheaterballes mußten sich schon ohne die kleinste Schlägerei kümmerlich behelfen Man sollte es k»um für mög lich halten, aber es ist doch so, daß die meisten anwesenden „Kavaliere" sich augenscheinlich sträflich langweilen und sich daraus beschränken, mit ihren dicken Stöcken bewaffnet, ongeödet herum- »schleichen und durch krampfhastes Gähnen ihrer unmaßgeblichen Meinung über c ncn solchen Berliner Karnevalsball deutlichen Ausdruck zu />cben. Diesem fröhlichen Anfänge entsprechend, entwickelt sich dann der Berliner Fasching weiter. Er hat reichlich Zeit dazu, denn, wenn er auch ziemlich pünktlich mit den heiligen drei Königen beginnt, so überdauert er doch den Aschermittwoch lange und hört ganz eigentlich erst aus. wenn die ersten Lercl>en schwirren. Man hat dies daraus zu erklären versucht, daß der Berliner Fasching, der nicht leben kann, infolgedessen auch nicht sterben kann. Wenn man all' dieses Karnevalselend an der Spree bedenkt, dann möchte man beinahe wünschen, daß unsere bochwohllöblichen Behörden sich an ihren Vorgängern ein Beispiel nehmen möchten, die bereits am Anfänge des 17. Jahrhunderts und dann spater wiederholt durch Erlasse, Verordnungen und Strasedikte geaen die Berliner Faftnachtsbelusligungen energisch einschritten. Mit sanfter Er mahnung setzt dieser Feldzug tm Jahre 1629 ein, als fahrende Schauspieler und Studenten hier Fastnachtsspiele veranstalteten. Die Bürgermeister von Berlin und Kölln sbekanntlich bestand die heutige Re'chshauvtstadt damals noch aus diesen beiden Städten) richteten an ihre Bürger einen Erlaß, worin es gieß: „Wer aber an den Jammer und Elend jetziger Zeit denket, bei dem wird die Lust, den A fse rei en, so bei den Komödien verlaufen, zuznsehen gar leicht vergessen." Nebenbei bemerkt, ergibt sich aus diesem amtlichen Schrift stück, daß die Roheit der Kritik keineswegs, wie Sudermann meint, eins moderne Berliner Erfindung ist, sondern vor drei Jahrhunderten bereits sogar die löblichen Stadtbehörden stark infiziert hatte. Indessen, oie sauste Mahnung half nichts. Schon damals lieh sich dir unbändige Lebenslust der Berliner Bevölke rung nicht ohne weiteres einoommen und verlangte nach stärkeren Mitteln. Sie kamen im Februar 1659 in Gestalt eines kur fürstlichen Ediktes, worin verfügt wurde, daß „bei angehender und währender Fastnachtszeit in unseren hiesigen Landen sich niemand, wer er auch sei, in Städten und auf dem Lande, unter fangen solle, einiges Fastnachtsspiel, Auszug, Mummerei. Gaukelei, Prozessionen mit Musik über die Gassen, Schmausereien, Zechen, Zusammenkünften usw. zu üben oder anzustellen". Zu widerhandelnden drohte eine G«d- oder Gefängnisstrafe. Im Jahre 1670 mußte dieses Edikt erneuert werden. Man sicht, die Genialität des Großen Kurfürsten verleugnete sich auch in diesem verhältnismäßig untergeordneten Punkte nicht. Mit seinem Adlerblick erkannte er aus den Anfängen des kur- brandenburgischen Faschings dessen F-ortentwicklung zum heutigen Berliner Karneval und suchte diesen Schädling gleich im E»t- slchen mit Stumpf und Stich ausznrottem Unter den verbotenen und mit Strafe Vorläufer der großen ^HerZclxws nicht die gleiche' Vorsicht imd Fern gesicht gegenüber dem Berliner Fasching berundet, und so konnte sich dieser traurige Geselle allmählich bei uns einnisten, wie wir dies heute schaudernd selbst erleben. iaemerkt haben, ownz >o scyiinim i>t es i sichlest nicht. Für öffentliche Umzüge, für lustige Faschnysbälle für harmlos-fröhliche oder satirisch - übersprudelndc Karnevals- sitzungen, wie in Köln, Mainz und anderen westlichen und süd lichen deutschen Städten ist ja freilich nun einmal bei »ns kein Boden. Alle Versuche, diese auswärtigcn Gewächse hierher nach dem dürren Strande der Spree zu verpflanzen, müssen kläglich scheitern und scheitern meist, wenngleich auch hier einzelne Aus- nahmen die Regel bestätigen. Die Bälle und Festlichkeiten ver schiedener Vereine, so der Rheinländer, der Bayern, der Oester- reicher und mich der Winterball deS Alpenvereins, dem vor wiegend Norddeutsche und Berliner angehören, atmen echte Karnevalslust und F-aschingsstimmmig. Sie bilden herzcrfreuende Oasen in der großen Berliner Karnevaiswüste. Auch fehlt es nicht an sonstigen ganz netten, unterhaltenden und anmutenden karnevalistischen Veranstaltungen, wie beispielsweise den meist sehr lustigen Ball, den die Leiter und Mitarbeiter des Berliner Witz blattes „Lustige Blätter" seit einigen Jahren regelmäßig ver anstalten. Indessen ändert dies an der Tatsache nichts, daß der Berliner im allgemeinen der harmlos-fröhlichen Kunst fernsteht, die Schellenkappe mit Humor zu tragen, mit gutmütiger Laune und liebenswürdiger Behaglichkeit die bunte Pritsch« zu hand haben. Der Berliner Witz ist scharf, schneidig, Zpitz und hat ge wöhnlich einen etwas ätzenden Beigeschmack. Er ist alles, nur kein Karnevalswitz. Niemand kann aus seiner Haut heran» und in eine fremde hinein — und schließlich, wenn man dies Kunst stück vermöchte, ohne dobei das Leben ein-zubüßen, wäre es denn dem Berliner auch ernstlich anzuraten, es zu vollbringen? Seine Stärke, der er seine erstaunlichen Erfolge zu verdanken hat, liegt aus einem ganz anderen Gebiete, als aus dem behaglicher Lebens freude und gemütvollen Humors. Berlin ist durch ernste, ener gische Arbeit groß geworden, cs wird noch auf lange hinaus in allererster Linie die Stadt ernster Arbeit sein, in der daS Ver gnügen immer erst an zweiter Stelle licht. Vielleicht haben -wir hier schon in letzterer Hinsicht allzu große Verschiebungen voracnommen. Neben der Stadt der Arbeit macht sich hier die Stadt des Vergnügens schon bedenklich breit, und die Fremden, die in wachsender Zahl nach Berlin kommen, nicht nur die au- spruchslosen Provinzsreniden, auch weitgereiste Ausländer, finden, scyen ReichShauptstadt recht daß man sich nachgerade in der deutschen ReichShauptstadt recht gründlich amüsieren und weidlich „ausleben" kann, noch nicht ganz so gründlich, wie auf der alten Kulturstätte an der Seine, aber doch schon weit besser, als in manchen anderen Millionen städten. Ob wir bereits deS Guten zu viel nach dieser Rich tung getan haben, ist eine woblaiffzuwcrfende Frage. Also unter- halten kann yian sich in Berlin hinlänglich. Berlin ist auch auf dem internationalen Vergiilipmigsniarkte bereits zu einer aller» ersten Nummer aufgerückt. Erhält doch die sich immer „la Kollo" nennende OtLro, deren spanisches Temperament allerdings Len Jahren trotzt und noch immer hinreißend wirkt, im Wintergarten die Kleinigkeit von 24 000 Mark monatlich! — Aber wer nach Berlin kommt, um hier den lieben, alten Fasching zu begrüßen und mitzufeiern, wird sich allerdings aus eine große und schmerz lich« Enttäuschung ««faßt mach«n müssen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder