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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 13.07.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19000713026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900071302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900071302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-13
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Dresdner Nachricht« Freitag. 13. Juli ISO« « Sir. 18V kmigen der in unserem Gewerbe benvthkgtrn RohmaterkaNnt re. !macht sich eine Erhöhung der bisherigen Druckpreise um 10 Prozent nöthig. Im Interesse der Erhaltung solider gewerb licher Verhältnisse richte» wir an das Drucksachen verbrauchende Publikum das bösliche Ersuchen, diele nothwendige Erhöhung den Buchdruckereibesitzern gegebenen Falles freundlichst bewilligen zu wollen." —* Der .Dresdner Anzeiger" widmet dem hier in der Nacht zum Mittwoch verstorbenen Herrn Ernst Rcichardt einen kurzen Nachruf. Unter Richtigstellung einiger nicht zntreffenden thatscichlicben Angaben lauten die sehr freundlichen Worte wie folgt: .Gestern Abend ist i» seiner Wohnung in der Johann- Georgen-Allee Herr Ernst Reichardt, eine in Dresden sehr be kannte Persönlichkeit, im Alter von 45 Jahren gestorben. Früher war Herr Reichardt auch in dem Verlag der .Dresdner Nach richten" thätig, aber seit dem Tode seines Vaters, des Herrn Kommissionsraths Reichardt, lebte er nur als Privatmann. Zuletzt war er in Baden-Baden, wo er Heilung von seinem Leiden suchte, das sich mit den Jahre» herausstellte, jedoch vergebens: schwer krank wurde er nach Dresden zurückacbracht. Ernst Reichardt war eine liebenswürdige, heitere, joviale Persönlichkeit, die sich in weiten Kreisen Sympathien erworben hat." —* Der Fröbcl' schr Kindergarten zn Friedrichstadt beging Mittwoch sein Soinmcrfest in schönster Weise in dem nun völlig wieder hergestellten Garten des Schusterhaujes bei Eotta. Mit Musik nickte die etwa 500 Kinder zählende Schaar Nach mittags dort ein, worauf sie mit Kaffee und Kucken bewirthet wurde. Hiernach fanden unter Leitung der Vorsteherin Frl. Rühle und anderer Damen Spiele im Freien statt, wobei tue Kinder allerlei nützliche und schöne Geschenke erhielten. De» Beschlutz bildete eine gruppenweise ausgelührte photographische Ausnahme, wobei allerdings die lebhaften Kleinen kaum zum Stillsitzcn z» bewegen waren. Viele Eltern nahmen an der Freude ihrer Kinder Thcil. —* Steht dem Bertheidiger das Recht zu. den Angeklagten während seiner Vernehmung darauf ansmerksam zu machen, datz er auf die an ihn gestellte Frage die Antwort verweigern könne? Reichsstrasprozetzoronung 88136. l37. Das Reichsgericht hat, wie die .Franks. Zig." mittheilt, die Frage verneint. Dem Vorsitzenden sieht das Recht zu, den Angeklagten zu vernehmen. Von einer Einmischnng^des Hertheidigers in diese Thätigkeit des Vorsitzenden weitz die Strafprozetzorduung nichts. Erst wenn ihm der Vorsitzende das Wort gestattet, ist er überhaupt zu unmittel barem Verkehr und zwar nur mit Zeugen und Sachverständigen zuzulassen. —* Die Feier des Johannisfestes der Lehr- und Er ziehungsanstalt für Knaben zu Dresden-Striesen (Freimaurer- Jnstitut-Reallchule) findet Donnerstag, den 19. ds. M-, statt. —* Für die Heidcfahrten des Vereins Volkswohl und die Beschäftigung der kleinen Heidesahrer bedarf der Verein Volks wohl trotz mehrfacher Spenden noch immer einer Anzahl Jugend schriften und Spielgeräthe, sowie zur Aufbewahrung der letzteren gebrauchter oder ungebrauchter Schränke, Kommoden u. dergl. Spender derartiger Gegenstände werden gebeten, ihre Adresse der Geschäftsstelle des Vereins Vvlkswohl, Wasserstrahl: 7, 1. Etage, mitzutheilen, ev. die Zeit der Abholmig zu bestimmen. —* Beim Heraussahrcn aus der Waldschlößchen st raße stieß in der Nacht zum Dienstag ein einspänniges Lastgeschirr gegen einen Straßenbahnwagen, der im langsamen Tempo nach . vem Waldschlötzchcn fuhr. Das Lastgeschirr wurde umgeworfen, während am Motorwagen nur der Vordcrstandplatz ein wenig ein gedrückt wurde. Zu Schaden ist Niemand gekommen. —* Heute Vormittag 11 Uhr wurde ans der Albertbrücke eine Radfahrerin von einem Lastwagen Hingerissen und überfahren, wodurch sie eine Verletzung am Fuße davontrug. Man trug sie zunächst in das Zoll-Einnehmerhnnschen, dann rn ihre Wohnung. —* Heute Morgen gegen >L9 Uhr kam an der Einmündung der Ziegelstrntze in die Pillnitzer Straße eine Frau, offenbar in Folge eines Ohmnachtsanfallcs, zu Fall und wurde von einem in langsamer Fahrt begriffenen Eistranspvrtwagen überfahren und an Kops und Hals gegueffcht. Die Unglückliche wurde znnächst in ein Haus getragen und dann dem Stadtkrankenhause zngeführt. —* Polizeibericht, 12. Juli. An der Sachsen-Allee wurde am Dienstag Nachmittag ein 7 Jahre altes Mädchen von einem Radfahrer umgerissen und erlitt eine leichte Gehirn erschütterung. Ter Radfahrer kam mit zu Fall und verletzte sich am rechten Knie. Er fuhr dann aber davon, so daß seine Person nicht festaestellt werden konnte. —* Aus den amtlichen Bekanntmachungen. Bei dem hiesigen Vitzthum'scken Gymnasium ist für den 1. Oktober die Stelle eines ständigen Lehrers der Mathematik zu besetzen. —* Am Mittwoch Abend in der 11. Stunde versuchte sich in einem Hause der Johannvorstadt ein junger Mensch zu er schießen. indem er sich mittels einer Taschenpistvle einen Schuß in die linke Vrusiseite beibrachtc. Durch sein Stöhnen er regte er die Aufmerksamkeit der Bewohner, die ihn in ärztliche Behandlung gaben. —" Im Monate Juni 1900 betrug die Zahl der von dem Exekutiv- personale der diesigen Königl. Polizeidircktivn »»gezeigten Derb recken, lVergehen und U Übertretungen: StOb, die Zabl der erstatteten Anzeigen: 8283, während sick die Zahl der zu Polizei- m>d anderen Akten gegebenen Gutachten und Auslassungen auf 3781 belief. Die Zahl der ffcst- gcnommenen betrug 829 und die Zahl der Porgesüdrten 20t, demnach zu sammen 1133 Personen, von denen 519 Personen Haststrasen zuerkannt er hielten. Im gleichen Zeilranme sind bei der Königl. Polizeidircklio» hicr- selbft 16 Selbstmorde und K Aelbstmordvcrmcke zur Anzeige gekommen. —* Gestern Nachmittag in der 6. Stunde fiel oberhalb des der Stadt gehörigen Grundstücks „Antons" von zwei an der Elbe spielenden kleinen Knaben in noch nicht schulyslichtigcm Alter der mngere, vierjährige, in den Strom und wurde von den durch ein vorüberfahrendes Damvffchlff verursachten Wellen schnell ein Stück vom Lande abgetrieben. Auf das Geschrei des Bruders 'und zweier Frauen, die unweit davon standen, sprangen zwei Männer in's Wasser und dem einen, einem Lootscn, gelang cs, den untertauchenden Knaben zu retten. —* Kaditz. Bei dem am M. Juni in Hobokcn bei Ncw- Vork stattgefundenen großen Schiffsbrandc ist leider auch ein Knditzer um's Leben gekommen und zwar der 13 Jahre alte Maschinenhcizer Hermann Friedrick Göldner, welcher der Be- 'atzung des Dampfers „Main" angehörte. —* G roßenhaln, 12. Julk. In der Scheune sekneS Mutes erhlng sick gestern im nahen Naundorf ein junger Gutsbesitzer. — Im selven Orte verunglückte ln der Kattunfabrik eine 55jährige Arbeiterin dadurch schwer, daß sie mit ihren Kleidern der Trocken maschine zu nahe kam und in das Räderwerk hineinaezogen wurde. Sie erlitt am Kopf. Leib und linken Bein und Arm lEllbogcn- gelenkbruch) schwere Verletzungen. — Tie ersten Kornpuppen waren gestern aus einigen Feldern bei Walda zu sehe». Der Roggen- schnitt kann nun allgemein beginne», nachdem die Heuernte dank der günstigen Witterung der letzten beiden Tage beendet werden konnte. —» Die Stadtverordneten in Leipzig stimmten In ihrer Sitzung am Mittwoch Abend der Erbauung von Einauartirungs- häulern an der Kasernenanlaae in Möckern zu. »m die durch die Einauartiruiig fast allein betroffenen Grundstücksbesitzern im ren Grundstücksbesitzer» im Norden der Stadt z» entlasten, und bewilligte dafür 374.000 Mk. —' Wetterbericht der Hamburger Lecwartc vom 12. Juli. Ein Hochdruckgebiet des Luftdruck« breiiet sich über Eenlraleurvpa aus, ein Maximum befindet sich über der südwestlichen Ostsee, wäbrend eine Depression die britischen Insel» »nd Fron!reich bedeckt und ein Minima unter 750 sich westlich über Schottland und de» Kanal erstreckt. In Deutschland ist cs etwas wärmer und heiter bei schwachem Nordost- bis Südostwinde. — Wahrscheinlich Ist wenig Aendcrung. Tages neschichte. x Deutsches Reich. Graf Bülow erhielt einen hohen japanische» Orden. x Auf dem Verbandstage der brandcnbmgischen Bäcker- Jnnnnaen wurde der Neun-Uhr-Ladenschluß besprochen. Eine Petition der Bäckermeister, welche sich hiergegen richtete, ist ablehnend beantwortet. Der Referent führte aus, daß das Gewerbe durch diese Verordnung schwer getroffen werde. Die Bäckerladen werden nicht um fünf Uhr. wie der Gesetzgeber an genommen. sondern um vier Uhr früh schon geöffnet, und da ist cs unmöglich, mit den Ruhezeiten auszukommcn. Es wurde weiterhin empfohlen, die neuen Handwerkskammern dahin zu be einflussen. daß von dort aus eine durchgreifende Agitation gegen den Nenn-Ubr-Ladenschluß entfaltet wird. In diesen, Sinne wurde beschlossen. In Bezug ans den M ax ima l - A rb e i ts - i a g wurde eine Resolution angenommen, in der die Meister er klären, daß sie wegen der Eigenart des Bäckcreibetriebcs der Bundesraths-Berordnung nicht Nachkommen können. Nach den bisherigen Erfahrungen seien schwere finanzielle Schädigungen durch die verschiedenartigen unvorhergesehenen Einflüsse der Witter ung, und thcilweise auch hervorgerufen durch die schwer zu ver arbeitenden Rohprodukte, unausbleiblich. Dabei seien die Meister der Willkür böswilliger Arbeitnehmer ansgeictzt und ein Sviclball ihrer Denunziationslust: die Autorität der Meister gegenüber den Lehrlingen lei ganz und gar erschüttert. Die Versammlung be auftragte den Vorstand, beim Bundesrath, beim Reichstage, sowie vei allen Handwerkskammern vorstellig zu werden, daß die Verordnung des Buudesraths geändert und daß für die Durch führung der Verordnung nicht nur der Meister, sondern auch der Geselle haftbar gemacht wird. x Die Seebrigade wird, wie der Oberst Keim in der „Allg. Marinekorresp." schreibt, ein Truppenkorps in Stärke von mehr als 10,000 Mann sein. Für die Jnfanterietruppen soll die Organisation in Regimentsverbänden geplant sein i» der Weise, daß zwei Bataillone eines Infanterie-Regiments zur Ausreise be stimmt werden, während das dritte als Ersatzbataillon in der Heimath bleibt. Die Kopsstärke der einzelnen Bataillone soll 800 Köpfe nicht überschreiten, alio hinter der etatmäßigen Kriegs stärke um 200 Mann Zurückbleiben. Für die Kavallerie werden gegen 1000 Pferde vorgesehen. An Feldartillerie sollen 3 Feld- battericn und 1 Mörserbatterie gestellt werden. Da sich bereits drei Feldbatterien in Kiantichou bezw. in Ausreise mit den beiden Seebatailloncn befinden, so würden im Ganzen 36 Feldgeschütze zur Verfügung stehen. Besondere Berücksichtigung sollen die tech nischen Truppen erfahren. Verhältnißmäßig starke Abtheilnngen von Pionieren sind für die Brigade in Aussicht genommen. Auch Abtheilnngen der Eiienbahn-Regimenter und den Veikehrstrnpven begleiten das Expeditionskorps. Während bei-den Truppentheilen die Zahl der Freiwilligen, die sich zur Theilnahme an der Ehina-Exvcditwn gemeldet haben, den Bedarf weit übersteigt, ist doch in einem Falle der Bedarf nicht sogleich gedeckt worden; dies ist beim Train vorgetvmnien. Bon dieier Truppengattung wird zur Ausrüstung der Fahrkolonnen (für Sanitätszwecke, Ponton transport, Feldbäckerei re.) eipc verhältnißmätzig große Zahl von Unteroffizieren gebraucht: da von Denen, die sich freiwillig meldeten, nicht die hinreichende Zahl tropendienstsähig befunden worden ist, so hat man nach der „Nationalztg." auf die Gefreiten und Mannschaften znrückgcgriffen, die sich freiwillig dazu bereit er klärte» n»d gleich als Unteroffiziere niitgehcn. x Eine Extra-Ausgabe des Militärwvchenblattes meldet: Generalmajor v. Lesscl, beauftragt niit der Führung der 28. Division, ist unter Beförderung zum Gencrallentnant zum Kommandeur des vstasiatischen Expeditionskorps ernannt. Generalleutnant P. Gclnmingen, Kommandeur der 38. Division, ist mit dem 1. Oktober zum Präsidenten des zn errichtenden Reichs Militärgerichts ernannt. x Der Bau des kleinen Kreuzers „Nymphe", welcher auch nach China gehen soll, ist erst jetzt aus der Gcrmani'awcrst in Kiel vollendet worden. Der Kreuzer wird in den nächsten Tagen von der Abnahmekommission übernommen und zu Probefahrten in Dienst gestellt werden. x Das Reichspostamt bat die Entsenduna einer Feldpost- erpedition nach China beschlossen. Die Postsekretäre Barten, Lindenau und Nigmcinn, sämmtlich Leutnants der Reserve, werden dieser Feldpost als Führer bcigegebcn. Dieselben werden bereits am 24. ds. M. mit dem erforderlichen Train an Feldpostwagen re. und in Begleitung der zugckörigcn Feldpostillone und Fcldposl- schaffner über Bremen nach China sich einichifscn. x Das von dem Raubmörder Gönczi beantragte Wieder aufnahmeverfahren ist vom Landgericht 1 in Berlin abgelehnt worden. Gönczi hat gegen diesen Beschluß Beschwerde beim Kammergericht einlcgen lassen. x Ungarn. Aus Szegedin wird eine große deutsch feindliche Demonstration der dortigen Studenten gemeldet. Dort aastirt in einem Hotel eine deutsche Orphcum-Geiellschast. Die Vorstellung wurde von 50 bis 60 Studenten unterbrochen. welche saut die ungarische Hymne zu singen begannen, vnn Lde! des übrigen Publikums stimmte in den Gesang der Studenten ein Man rief telephonisch Polizei herbei. Die Studenten erklärte, aber, daß sie nicht vom Platze weichen würden, es lei denn, das man ank sie feuern würde. Die anwesenden Offiziere verließe, sofort d»s Lokal. Bis Mitternacht dauerte die Demonstration. x Die furchtbare Hitze, welche in den letzten Tagen herrschte lowic die aus diele svlaenden Wolke nbrüche. Gewitter uns Stürme haben im Lande nicht weniger als 46 Menschenleben ge kostet. In FehLitü richtete der Wvlkenbnich großen Schaden an 9 Feldarbeiter flüchteten sich in eine Hürde, in welche der BIß, schlua und einen derselben tödtete: in der Gemeinde Geller erschlirz der Bl'h de» Kaufmann Moriz Salzer auf der Gaffe: in Kecskcmel wurde der Offizicrsdlener Franz Maroczi vom Sturme so heftig an ein Hansthor geschlendert, daß ec jetzt im Sterben liegt; im Bäksser-Komitat starben 26 Menschen an den Folgen des Soniien- stichS. während die Anzahl der Kranken die Zahl 50 überfteiat; in Gnula. ans dem Gute des Grasen Almäst, starben drei Mädchen und ein Mann. Eine Anzahl von Todesfällen wird noch aus Orosbaza, Endröd, Temesvar. Kc-teayhaza, Kistelek, Hod Meza Vasarhel» ic. gemeldet. In Groß Becsterct gab es 7 Todle an Sonnenstich und in Szerb Keresztnr (Torontoler-Komitat) stach eine schwangere Frau, welche ans das Feld gegangen war. um ibrcm daselbst beschäftigten Manne das MittagSenen zu bcmgcn. Der cingetretcne Wettersturz hat eine so starke Abkühlung der Temperatur herbeiaesnhrt, daß man die Winterkleider Hervorluchen mußte. In der Umgebung von Töszvlez wüthete Nachts ein furchtbares Gewitter mit Hnaelschlaa. Der riesig nngc'chwollene Rimnsluß riß bei Nynttya und Fnresa zwei B.ücken no-der. I„ Npustya stand die neugierige Menge auf der acwölbten Rimabrücke und ergötzte sich an der heranbranjenden Flnty. als die Bc.ickc mit furchtbarem Krachen zuiammenstürztc und l4 Menschen mit sich riß. Bisher wurden von den Opfern der Katastrophe nur 4 gerettet, die klebrigen riß der Stron, mit sich und sie ertranken. x Frankreich. Präsident Lonbet bat die Begnadigung sämmtlicher Anarchisten, welcher wegen der Plünderung der St. Josephs-Kirche vernrthcilt waren, »nterzcichnet. (Diese Begnadigung ist ein blutiger Hohn auf die allerbescheidensten Anfordemngcii an eine staatscrhaltende Regiernnqsthätigleit. Die Red.). x Russland. Das Abschiedsgesuch der f in l ä nd i i ch en Senatoren ist genehmigt worden. Der Gouverneur von Nyland hat sein Abschiedsgesuch eingercichl. Der Gouverneur v. Uleaborg ist zliin Senator ernannt worden. x Afrika. Man glaubt in Kapstadt zn wissen, nach dem Kriege würde B l o em f o n te i n das Hgnptguartier des Ober besehlshabers in Südafrika, sowie der Sitz des südafrikanischen Appcllgerichtshofs und die zukünftige Bundeshauptstadt werden. Der Krieg in China. x Die Befehle zur Ausrüstung eines preußischen Feld- lazareths, das der Truppensendung nach China beigegeden werden soll, sind alsbald ergangen; die dazu erforderlichen Fahr zeuge, Zeltba racken und andere Gegenstände werden den Beständen der Traindcpots und der großen Mililäriaznrcthc entnommen. Tie Znsannnenstellniig des Feldlazareths und die Versendung erfolgt in Spandau. Durch die Bildung deS Feldlazareths wird der ohnehin schon starke Bedarf an Träinpersonal sür die Ehinaexpedition noch mehr gesteigert: die meisten Maniffchast-'n dieser Truppen weiden für die aus 118 Fahrzeugen bestehenden Proviantkolonnen gebraucht. Das erforderliche Personal wird den Train-Bataillonen der acht Armeekorps der inneren Provinzen entnommen: die Truppentheile der Grenzvezirke bleiben vollkommen intakt. x Nach einem Telegramm der „Times" ans Shanghai be sagt eine Depesche des russischen Gouverneurs in Port Arthur, daß 40,000 Maiischnl'oidatcn nur 12 Meilen von Nintichwang entkernt leien. Am 7. ds. Ai. lei eine kleine russische Abtheilung 5 Meilen von dem russischen Paclitgcbiet ans diele Mandschus ge stoßen : es Hube sich ein Kampf entspannen. Tie Depesche lagt aber nichts über den Ansgang. Die in Nintschwang ansässigen Fremden seien durch Matrosen eines russischen Kanonenbootes an Vvrd von Dampfschiffen geluncht worden. Die MandschuS sollen in er Richtung von Jeho! marschiren. x Ans Pcterburg erhält die „Pol. Korr." von einem g»t unterrichtete» russischen Gewährsmann eine Zuschrift, welche die russische Politik in China in folgenden Satz zusammeii- faßt: Rußland will ein chinesisches China, ein iapanisches oder englisches China könnte eS nickt dulden: cs würde ein Preisgeden der Taseinsiiiteressen Rußlands bedeute», wenn eS einem andere» Staate die Möglichkeit böte, zur Stellung einer Vormacht in Ehina in moralischem, wie in materiellem Sinne zu gelangen. Das Ziel der Mächte in China muß auch weiterhin ein konservatives, nämiich die Wiedei Herstellung normaler Zustände und die ungeschmä lerte Erhaitnng des Reiches nnstrebendes, bleiben, und die Ansprüche, welche die Mächte aiiznmelden haben, dünen mit diesem Prinzip nicht im Widerspruch stehen. Der militärische Einzug einer Reihe von Machten in das Reich der Mitte bildet eine interimistöche Durchbrechung des ans die Erbaltung der Integrität dieses Reiches gerichteten Prinzips, und die Fürsorge, daß dieses „Interim" keine Wandlung ersalirc, muß begreisiicher Weile in der jetzigen Phase der Frage alle Entschlüsse der Regierungen beherrschen. Nur aus dieier Grundlage kann die Bürgschaft dafür gewonnen werden, das; sich nicht anS der Abrechnung mit China eine solche zwischen den anderen Mächre» entwickle. x Ein Telegramm des „Daily Expreß" ans Shanghai vom 11. ds. M. gesagt, daß fast alle Häuser der Fremden in Tientsin verlassen sind. x „Daily Mail" berichtet ans Shanghai vom 11. ds. M.: L i - H u n g - T s ch a n g hat heute ein kaiicrliches Edikt erhalten, in dem er ängewicien wird, sofort nach Peking zu kommen. Dem General Nunn-chi-kai seien Nachrichten ans Peking zugegange». wonach zwischen den Führern der verschiedenen Parieien cibiiteiie Feindschaft herrsche. Ei» Offizier des Generals ?)ung-lu sei nach einem Attentat auf den Prinzen Tunn enthauptet worden. Ter Privatsekretär des Kaisers n»d Kanzler der Universität Peking Sun-chia-nai sei init seiner ganzen Jomilie und seinen übrigen Leuten, insgeiammt 60 Perseiie», von den Boxern ermordet worden. Chinesische Beamte wollten wissen, daß Generäl Niel, seine Truppen von Tientsin zurückgezogen habe und auf Peking marichire, um dem Prinzen Tiching in seinen Bemühungen, der Kaisenn-Wsttme beizlistchcii, zn helfen. nicht schlecht bisher gehabt, da Berlin bei der Kälte der letzten Tage kaum noch eine Sommerfrische, sondern mehr schon eine Herbstfrische war. Einzelne Pessimisten dachten sogar daran, die Stuben wieder Heizen zu lassen, wovon sie nur durch die drohende Kohlenthenemng abgehalten wurden. Das abscheuliche Wetter hatte selbst den lustigsten Strohwittwern, die sonst gute Laune vertrieben und sie zu griesgrämigen Einsiedlern gemacht, die sie ja allerdings von Rechts wegen überhaupt sein müßten, es aber bekanntlich meist nicht sind. Man hat sich oft den Kopf darüber zerbrochen, woher die knrioie Bezeichnung „Strohwitt wer" wohl stammen mag. Selbst Büchmann weiß in seinen „geflügelten Worten" hierüber keine Auskunft zu geben. Man ist ans die seltsamsten Erklärungen verfallen. Nur auf die Nächstliegende kam man, wie so häufig im Leben, nicht. Nach langjäbrigen Beobachtungen bin ich geneigt, den Namen „Strobwittwer" auf die Thattache ziirückziiführen, daß diese falschen Wittwer so leicht wie Stroh Feuer fangen. Man darf freilich mit ihnen auch nicht zu schart in's Gericht gehen. Manche stürzen sich nur aus ehrlicher Verzweiflung über die Ab wesenheit der theuren Gattin in den Berliner Strudel hinein, dort, wo er am tiefsten ist. Was thut der Mensch nicht Alles in der Verzweiflung! Es giebt sogar Strobwittwer. die sich, nm leichter „Anschluß" zu finden, für echte Wittwer nusgcben und in dieser Eigenschaft srisch, sroh und vergnügt das Sommersest des „Ver eins Berliner Wittwen" mitmachen. Auch so etwas giebt es hier thatsächlich. Ursprünglich hatte dieser Verein eine ausgesprochen männerfeindliche Spitze. Als sich aber die mehr oder minder jungen und lebenslustigen Wittwen untereinander heillos zu langweilen ansingen, hat man die Satzungen schnell ge ändert und wenigstens zu den Festlichkeiten des Vereins auch Männer hinzugezogcn, Seitdem gedeiht dieser eigenartige Verein sehr munter, trotzdem er beständig zahlreiche Mitglieder infolge ihrer Wiederverheirathung verliert. Dieier Abgang wird aber angesichts so erinuthiaender Erfolge immer wieder reichlich ersetzt. Noch eine andere weibliche Älüthe des Berliner Veceinslebens ist zn verzeichnen, nämlich ein Verein, der sich die löbliche Ausgabe gestellt hat, die durch ihre Staub aufwirbelnde Thätigkeit gemeingefährliche Damenschleppen zu bekämpfen. Tie Mitglieder dieses Anti-Schleppen-Vereins verpflichten ^ sich, nur fußfreie Straßenkleidec zu tragen und ihre Mitschwestern - zu derselben vernünstigen Gewohnheit zu bewegen. Auch Männer». aber nur niwerheiratheteii, steht der Zutritt z» dieser Vereinigung offen, falls sie sich feierlich verpflichten, nur eine „Antischleppin" heimzuführen. Das ist ganz schlau erdacht. Sollten zahlreiche weibliche Mitglieder ans diesem noch ungewöhnlichen Wege zu einem braven Mann kommen, dann würde dieser Verein sicher eine starke Anziehungskraft ans das weibliche Geschlecht, soweit cs noch nach einer Ehesessel schmachtet, ausüben müssen. Man könnte hier vorläufig bei dem Wetter und bei der Menge angenehmer Zerstreuimgen und Unterhaltungen wirklich noch ganz bestehen und brauchte nicht zu verreisen, wenn inan dadurch nur nicht in der Achtung seiner Mitmenschen ganz bedenklich sinken würde. Gerade Diejenigen, die niemals verreise», sondern nnerbitt- lich an die Scholle gefesselt sind, wie die Pförtner (hier „Portier" benamset), die kleinen Händler und dergleichen, sind so fest davon überzeugt, daß Jeder, der etwas Besseres ist, als sie, die moralische Verpflichtung bat. jetzt seinen Koffer z» packen und von Berlin ab- zndamvsen. daß sie Jedem, der freiwillig oder gezwungen diesem Brauch entsagt, für einen minderwerthigcn Menschen halten und mit ihrer offenen Verachtung strafen. Aus dieser unerschütterlichen Ueberzcugung heraus bemerkte dieser Tage eine zungenfertige Ge müsefrau in einer unserer Markthallen zu einer Dame, die au der Waarc etwas zu tadeln fand, mit verächtlicher Miene: „Die is lange frisch sür Die, die jetzt hier sind! Denn wer ein Bischen mat iS. is schon längst »ich mehr in Berlin!" So denkt und spricht das Volk von Berlin. Wer auf solche Stimme deS Volkes Werth legt und nicht in der Lage ist, alsbald den Staub Berlins von seinen Stieseln zu schütteln, der macht cs wie die hiesigen Chinesen: er macht sich für einige Wochen unsichtbar. In der Tbat sind unsere Zopf- träger — es möge» im Gänzen 70 oder 80 mit Einschluß der Mit glieder der chineuichen Gesandtschaft sein — augenblicklich von der Berliner Bildfläche wie wegaefegt, während sie sonst mit ihren bunten seidenen Gewändern ihren mit verschiedenfarbigen Knöpfen besetzten schwarzen Mützen und namentlich ihren bis zur Erde reichenden schwarzen Zöpfen daS Entzücke» der Provinzfremden bildeten, während die Berliner es im Laufe der Jahre glücklich dahin gebracht haben, daß sie sich nach dielen grotesken Gestalten kaum noch umschen. Wenigstens der männliche Theil der Berliner. Eine gewisse weibliche Sorte dagegen ist ganz toll hinter diesen aeiben Herrschaften her und verfolgt sie förmlich mit ihrem Liebes- werbcn, dieieibe widerliche Erscheinung, die sich bereits 1870 71 de» gefangenen Tarkos und dann später allen möglichen exotischen Gc- lellen gegenüber bemerkbar gemacht hat. Sie ist übrigens nicht auf Berlin allein beschränkt, sondern graisirt in allen Millionen, städten und soll gegenwärtig in den exotischen Abtheilnngen der Pariser Weltausstellung mstuntcr unglaubliche Formen anneliinen We-shalb übrigens uiyere Chinesen gegenwärtig so ängstlich die Oeffentlichkeit scheuen und sich nicht aus unseren Straßen blicken lassen, kann man sich leicht vorstellen. Sie geben sich offenbar der tbörichten Befürchtung hin, daß die Berliner sich an ihnen kurzer Hand für die scheußliche Ermordung des deutschen Gesandten in Peking rächen könnten. Das ist nätüclich eine lächerliche Anait, der jede Begründung fehlt. Auch der schlimmste Berliner Mod denkt nicht io — ostasiatisch. Aber man siebt, wie fremd diele Chinesen uns und unseren Anschauungen gegenüberstehen, trotzdem sich unter ihnen solche befinden, die in Folge eines jahrzehntelangen Aufenthalts in Berlin sich hier vollständig eingelebt und ein- gewöhnt zn haben scheinen. Der Legations>ekretär Kiuginthai von der hiesigen Gesandtschaft znm Beispiel spricht so fließend deutsch und ist hier überall so bewandert, daß man thn, trotzdem er natür lich seine Nationaltracht nie abgelegt bat, für einen mit westlicher Kultur und Anschauung durchtränkteuMannzu halten geneigt war. Aber — kratzet den Chinesen und ihr findet den Barbaren: dieser nämliche Kinglnthai, der sich wie ein gebildeter und wohlerzogener Europäer benimmt und äußert, hat. als er vor Jahren in Folge eines Straßenbahn-Unsalles sein linkes Bein verlor, nichts Eiligeres zu thun gehabt, als diesen Stumpf, sorgfältig einbalsamirt, mit einem schönen Gruß an seine Angehörigen nach China zu senden und sie zu bitten, ihn in dem dortigen Familiengrabe beizusetzen, wie denn selbst die ärmsten Chinesen mit den größten Opfern danir Sorge tragen, daß, falls sie in der Fremde sterben, ihre Leichen nach der fernen Heimath gebracht und dort beerdigt werden, an sich gewiß ein ganz guter, löblicher Zug. wenn er nur nicht allein der ungeheuerlichen Selbstüberhebung und dem giftigen Fremden- haß dieses Volkes entspränge. Sie wollen nicht einmal im Tode die entfernteste Gemeinschaft mit den „fremden Tenseln" haben. Und von dieser Engherzigkeit sind selbst diejenigen Chinesen nicht stet, die sonst völlig enroväisirt erscheinen und sich bei uns zu Lande anscheinend ganz wohl fühlen.
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