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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 09.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191812097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19181209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19181209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1918
- Monat1918-12
- Tag1918-12-09
- Monat1918-12
- Jahr1918
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 09.12.1918
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Vellage znm „Mefaer Tageblatt". A»!tzNvi,Wwck wck Mckaar »-«»er » »««tertt», «tef» ««fcktzM^er ««WeWwtz,»». »««I»««» f»e «ebäMwir «rthnr «W»r f»r «n^eME: »N-'k« GMtzfch, AM 28«. Wo«t«ß, S Dkzk»ber 1818 a»en»S. 71 Jetzrz. Rach dem Berliner Putsch. Die letzten Ursachen der blutigen Berliner Zusammen- stötze am Freitag voriger Woche sind »war noch immer nicht einwandfrei festgestellt: aber in groben Zügen har sich doch Klarheit schaffen lassen. Danach scheinen diesmal die Spartakusleute wirklich recht mit ihrer Behauptung zu haben, daß am Freitag von unverantwortlichen Persön lichkeiten der verhängnisvolle Versuch gemacht worden ist, di« Regierung Ebert—Haase aus ihrer jetzigen Abhängig keit von links radikalen Elementen zu befreien und in ihrer Macht zu stärken. Diesem Versuch sollte einmal die Aus rufung Eberts zum Präsidenten der Republik Deutschland» bienen, und dann sollten zuverlässige Truppen die Sparta- kuSgruppe in Berlin gewaltsam durch Zerstreuung ihrer Demonstrationszüge und Besetzung ihrer Zeitung unter drücken. ES hat sich gezeigt, wie nicht anders zu erwarten war, daß ein' solcher Versuch mit untauglichen Mitteln, nämlich unter Täuschung der benutzten Wvffenmacht, nur Unheil anstisten kann. Die Lage ist gegenwärtig eine solche, daß jede gewaltsame Einmischung unberufener Duellen, möge sie von links oder von rechts erfolgen, den Wirrwarr' nur vermehrt. Ter Sonntag nach dem Putsch ist dann, obwohl Hnn- derttausende in Berlin in Versammlungen geströmt und später auf der Straße waren, ohne Ruhestörungen ver laufen. Die alte Sozialdemokratie hat durch ihre zahl reichen überfüllten Riesenversammlungcn am Sonntag mit tag wiederum bewiesen, daß sie selbst in Berlin durchaus die Mehrheit hinter sich hat. Uird der VvlkSbeaufiragtc Ebert hat in seiner Ansprache im Berliner Lustgarten an die Massen erneut versichert, daß die Nationalver sammlung schleunigst einberufen werden solle, und daß bi» dahin die Regierung aufs Schärfste gegen jeden Putsch versuch, möge er Herkommen, tvo er wolle, einschreiten werde. Eine ähnliche Erklärung war ja auch schon am Sonntag früh von der ReichSleitung abgegeben worden. Was noch besonders bemerkt zu werden verdient, ist die Feststellung, daß zwischen ReuhSregisrung und Berliner Dollzugsrat keinerlei tiefgehende Meinungsverschtedeichci en bestehen. Der VollzugSrat ist ebenso entschlossen wie die Reichsleitung, nicht nur Putschversuche von rechts, sondern auch von links mit allem Nachdruck zu verhindern. Bis zum Zusammentritt der Arbeiter- und Soldatenräte auö dem Reich am 16. Dezember soll die heutige Regierungs weise unter allen Umständen unverändert aufrecht erhal ten werden. Was die RcichSkonferenz der Arbeiter- und Soldaten räte in nächster Woche beschließen wird, steht noch nicht fest. Biel wird auf ih-c Zusammensetzung ankommen. Die Berliner Arbeiter- und Soldatenrä'e haben am Sonntag eme einheitliche Wahlordnung für die Re'chskon'e enz an- . genommen, wonach den Arbcltervertre ern ent'prechend dem Uebergewicht der Arbeiterzahl über die Solda^eazahl im Lande eine grüße e MandatSzifier in Ansicht steht. Aker noch wichtiger wird es sein, daß es den wirklichen Front soldaten gelingt, die Vertreter der Etappe und der Heimat soldaten aus der RcichSkonferenz berauSzubringen, und durch Frontvertreter zu ersetzen. Wie diese denken, hat eben wieder der Soldatcnrat der Obersten Heeresleitung bekundet mit der Feststellung, daß sich das Feldheer ge schlossen um die Regierung Ebert—Haase schart und alle Ernmischungsversuche von rechts und links entschlossen bc- kämvft. Es verlangt die baldige Einberufung der National versammlung. Die Erfüllung dieser Forderung womöglich schon Ende Tezember oder Anfang Januar ist in der Tat das einzige Rettungsmittel. Dazu müßte sich in Berlin die Regierung -um scharfen Verbot des Waffentragens für alle Unbe rufenen durchringen. Die Urheber des Verhaftungsbefehls gegen de« Vollzngsrat. Dis „Lechz. N. N." melden aus Berlin: In den Abend stunden des Sonnabend wurde an den Litfassäulen ein rotes Plakat der Bolksbeauftragten veröffentlicht, worin mitgeteilt wird, daß nach den Ermittelungen zwei Herren deS Auswärtigen Amts, Herr von Rheinbaben und Graf Matuschka, dis Urheber des Verhaftungsbefehls, gegen de» Bollzugsrat seien. Beide sind flüchtig. Ihre Verhaftung ist angeordnet. Herr von Rheinbaben war im Auswär tigen Amt in der Presseabteilung beschäftigt. Wie der vorwärts" mitteilt, wurden die Anführer deS Putschversuches auf den Bollzugsrat, der Eisenbahn ingenieur Fischer und die Soldaten Spiro und Franz, verhaftet. Weitere Verhaftungen dürften noch folgen. Wie eine weitere Meldung besagt, ist auch ein gewisser Marten an dem Putschversuch beteiligt. Wie verkielt sich das Generalkommando? Tas Wolffbüro verbreitete Sonnabend über die Zu sammenstöße in der Chaufseestraße und in der Invaliden straße in Berlin folgenden Bericht: Der ganze Vorfall ist auf einen Befehl des Generalkommandos der Garde truppen zurückzuführen. Das Generalkommando hatte an die Füsillerkaserne den Befehl gegeben, Mannschaften alarm- bereit auf die Straße gehen und Demonstranten von den Germania- und Sophien-Sälen zerstreuen zu lassen. Demgegenüber wird festgestellt, daß vonseiten des Ge neralkommandos deS Gardekorps weder ein Befehl, noch eine Weisung an die Berliner Gardetruppen gegeben wor den ist, die deren Verhalten bei den Vorgängen irgend wie beeinflußt hätte. Im übrigen ist das Generalkom mando des Gardekorps für solche Anordnungen auch nicht zuständig. Auch das KriegSministerium stehst diesen Vor gängen vollkommen fern. Kriegsminister Scheüch. UnterstaatSsekretär Göhre. Gegenüber dieser Darstellung des Kriegsministeriums verbreitet der Berliner Polizeipräsident Eichhorn fol gende Richtigstellung: Das Kriegsministerium gibt gegenüber einer Meldung des W.T.B. die Versicherung ab: Von Seiten des Generalkommandos de» Garde-Korps sei ein Befehl an die Berliner Truppen, Stratzendemon- strationen aufzu halten, nicht ergangen. Diese Behauptung ist unrichtig. Ich habe eine Stunde nach den blutigen Vorgängen in der Chausseestrabe folgende» in der Ka serne des Garde-Füsiuer-RegimentS festgestellt: Nachdem gegen Abend der Befehl zu erhöhter Alarmbereitschaft ein- getroffen, kam vom Stellvertretenden Generalkommando der durch Herrn Krebs übermittelte telephonische Befehl an den Kommandanten der Garde-Füsiliere, em Kom mando nach der Kreuzung Chaussee-Jnvalidenstraße zu schicken, um den aus den Germaniasälen heranziehenden DcmonstrationSzug zu zerstreuen und in die Seitenstraßen abzulenken. Ter Kommandant der Garde-Füsiliere ver sicherte mir, ohne diesen ausdrücklichen Befehl deS stell vertretenden Generalkommandos des Garde-Kvrps würde er niemals Soldaten auf di« Straße geschickt haben. Herr KrebS sei ihm außerdem al» Mitglied deS Soldatenrate« bekannt. Nachdem der Befehl Vorgelegen, hab« er sich verpflichtet gefügt, seine Leute auch für all« Fälle ge hörig auszurüsten. Tie Soldaten rückten mit Maschinen gewehren und Handgranaten aus. Befehlsgemäß wurde der Zug aus den Germaniasälen nach der Lehrlerstraßc abgewnkt: ewst als später der Zug au» den Dophiensälen die Chausseestratze aufwärts heranrückte, kam cS zu der Schießerei, in deren Verlauf, nach der Aussage des Kom mandoführers von den Soldaten etwa 500 Schüsse abge geben wurden. » Di« Druckerei der..Noten Fahne" vorübergehend besetzt. . In den Abendstunden des Freitag nahm laut „Vor wärts" eine Abteilung Franzer in den Geschäftsräumen der „Roten Fahne" eine Durchsuchung vor. Eine Ab teilung sperrte den Toreingang. Schließlich wurde je doch mitgeteilt, daß ein Irrtum vorzuliegen scheine und das Militär rückte gegen 8 Uhr ab. Die Verkündung deS Senernlftreitt am Sonnabend. Die Kundgebungen vom Freitag, bei denen etwa 20 Personen getötet mch 40 verwundet wurden, stellen sich irnmermehr als em Versuch der SpartakuSleute heraus, die Regierung zu stürzen, um selber das Heft in die Hand zu bekommen. Für Sonnabend hatte der Sparta kusbund den Generalstreik verkündet. In einigen Betrie ben stellten die Arbeiter die Arbeit auch ein. Wie die „Bossische Zeitung" berichtet, haben die Anhänger der Spartakusgruppe in der SiegeSallee und vor dem Reichs tage Maschinengewehre und Panzerwagen ausgestellt. Gleich zeitig fordert ein Flugblatt zu weiters« Protesten am «onntag im Treptower Park auf. Die Berliner Kom mandantur rechnet mit weiteren Zusammenstößen. Es wurde Befehl gegeben, daß die Truppen nur im äußersten Notfälle zur Waffe greifen sollen. x Ruhiger Verlaus des Sonntag. Aus Berlin wird gemeldet: Die für Sonntag an gesagten Kundgebungen sind nach den bis '2 Uhr nach mittags vorliegenden Nachrichten ruhig verlaufen. ES regnet. Der Propaganda-Ausschuß der Sozialdemokratischen Partei hatte gestern vormittag Versammlungen in 13 Lo kalen Groß-Berlins veranstaltet, die gut besucht waren. Bekannte Führer der Partei, wie Bauer. Ebert, Ernst, Göhre, Heine, Hirsch, Scheidemann, Schöpfst«, Stücklen und Wels, hielten Vorträge über das gemeinsame Thema: „Sozialismus und Demokratie". Die Versammlungen nah men einen ruhigen Verlauf. Nach Schluß derselben zogen die Teilnehmer in Trupps von mehreren hundert Mann unter Borantragung roter Fahnen nach dem Stadttnnern, wy sie sich bald auflösten. Die Unabhängigen hatten mittags drei Versammlungen unter freiem Himmel anberaumt. Hier sprachen Breit scheid, Dittman», Haase, Adolf Hoffmann, Ledebour und Ströbel. Sie forderten zu festem Zusammenschluß zwecks Abwehr der Gegenrevolution, die immer frecher ihr Haupt erhebe, auf. Der Spartakusbund hatte seine Gefolgschaft zu nach mittag 2 Uhr nach dem Treptower Park eingeladen. Hier dürste» etwa 3000 Mann zusammengeströmt fern; v. a sprach auch Liebknecht. Einzelne.kleine Abteilungen »ogen " va Berlin, doch die Hauptmasse löste sich bereits auf der Trepwwer Chaussee .ans. Nebelwetter und Sprühregen hatten eine zahlreiche Beteiligung in allen Fällen verhin dert. Bon irgendwelchen Unruhen oder Zusammenstößen war bis zum Abend mchtS gemeldet. Der Streit um die Schuldfrage. Die „Rote Fahne" gibt die Schuld an den Vorgängen ohne Einschränkung der Regierung und sagt u. a.: Die Soldaten, die sich zu diesem verbrecherischen Anschlag auf den VollzugSrat haben mißbrauchen lassen, sind nicht die Schuldigen. Dre wahren Verbrecher find die Hetzer» die dahinterstehen. Diese Verbrecher find Wels, Scheidemann, Ebert und Genossen, die seit Wochen die Soldaten auf hetzen, alle gegenrevolutionären Elemente in Schutz neh men und mit dem Popanz de» Bolschewismus eine wahr« Pogromatmosphäre rn Berlin geschaffen haben. Das blu- tige Verbrechen mutz geahndet, die Verschwörung der Wels, Ebert und Scheidemann muß mit eiserner Faust nieder gemacht, die Revolution gerettet werden. Die ganz« Macht an die Arbeiter- und Soldatenräte. Die „Freiheit" vertritt nicht die Auffassung, daß die Regierung Wese Vorgänge gewollt habe, und sagt u. a.: Ebert weiß^nicht» Bessere» zu tun, al» dem Burschen (Spiro) die ebenfalls gewohnte Antwort zu erteilen. Aber er sagte ihm noch, daß die Regierung sich biS- her stets mit den N.- und S.-Räten verständigt habe. Trotzdem sieht di« „Freiheit" in den Vorgängen eine War nung vor der. Gegenrevolution. Der Feind stehe rechts. Die Warnung gelte vor allem den Rechtssozialisten und ihrer Presse', die die gegenrevolutionäre Hetze gegen die Unab hängigen und die SvartakuSgruppe unterstützt und geför dert hätten. Bo« der Regierung fei zu verlangen, daß st alle Vorkehrungen treffe, um solche Vorgänge unmöglich zu machen. Die zuverlässigen Revolutionstruvpen sollten solche Anschläge für die Zukunft von vornherein zur Aus sichtslosigkeit verurteile«. Stürmische vsrsSiße in Wii«chr»» Vorgänge in München, di« sich in der Gonnabeudnacht absvielten, stellen sich als ein bolschewistischer Putschver such dar mit den politischen Zwecken: 1) de« Minister -vS Innern Auer zu beseitigen und 2) sich der bürgerlichen Presse zu bemächtige«. Rach Beendigung von zwei kom munistischen Soldatenversammlungen stürmten bewaffnete Soldatcnhaufen di« BerlagSgebäude deS „Vayrrschvn Kurier", de» „Neuen Münchener Tageblattes" und der „Münchener Neuesten Nachrichten", sowie der „München- AugSburaer Abenozeituüg". Besonder» im .^kurier" kam «S zu lebhaften Auftritte», wobei di« Bolschewiken erklär ten, die Zeitung gehe von jetzt ab in den alleinige« Be sitz de» Personals über. Die» werde die bolschewistische Ideen vertreten. In die Drivatwohnung de» Minister« d-S Innern Auer drangen 300 bi» 400 Bewaffnete ein and er zwangen unter Drohung mit der Waffe und unter große» Beschuldigungen Auer» eine schriftliche RücktrittSerkutrung de» Ministers. Schließlich traf eine Abteilung de» Jnfan- terie-Leib-Regimsnte» ein, die sich dem Minister Auer zur Verfügung stellt«. Dl« Korrespondenz Hoffmann meldet amtlich: Der Ministerrat de» BolkSstaate« Bayern spricht seine tiefste Empörung über den auf de» Minister Auer nächtlich verübten Ueberfall au». Die von ihm erpreßte Erklärung ist selbstverständlich null und nichtig und der Minister bleibt Mitglied der Regierung. Die Regierung de» BolkSkwate» Bayern. I. A.: Der Ministerpräsident Kurt Eisner. — Ta der Putsch mißglückt ist,, sind unterdessen sämtliche Zeitungen, die besetzt worden waren, wieder völlig frei geworden. Weitere W«I»««ge« zur Lege. Das Feldheer für Ebert-Haase. Der Toldatenrat bei der Obersten Heeresleitung, der durch den Vertretertag. der Feldsoldatenräte in Bad Em« mit der Führung der Geschäfte eine» Zentralsoldatenrates de» Feldheere» betraut worden ist, teilt folgende« mit: Da« einmütige Vertrauen, da» vom Feldheere bei der Emser Tagung Ebert-Haas« bekundet wurde, scheint sowohl in recht»- wie in ganz linksstehenden Kreise» Beunruhigung hervorgerufen zu haben. Offenbar hat man in beiden Lagen» mit Unterstützung durch das Feldheer gerechnet. Da diese Berechnung durch die einhellige Kundgebung der Frontsol datenräte in Em» zuschanden geworden ist, möchte man ver suchen. nun von außen einen Keil zwischen Regierung »nd Feldheer zu treiben. Demgegenüber müssen wir mir aller Entschiedenheit feststellen, daß solche» Bemühen nie und nimmer verfangen kann, denn das Feldheer schart sich fle- schloffen um die Regierung Ebert-Haase und wird sich em- miitig allen jenen entgegenstellen, die der neuen Re gierung Schmierigkeiten bereiten wollen. Zur Frag« der Nationalversammlung hat das Feldheer ebenfalls klare Stellung genonnnen; e» verlangt die baldige Einberufung der Nationalversammlung, will aber die Möglichkeit haben, hier mitzuwirkcn. Eia drohender KisexdsHustrett deseittßt. AuS Berlin wird uns gemeldet: Mit einem gefährlichen Ausstand drohten die preu ßischen Eisenbahn-Handwerker, der durch Verhandlungen zwischen den Vertretern der Organisationen und der Rsgi<- rung verhindert worden ist. Am ^Freitag hatten die Ar beiter und Handwerker der Eisenbahnbetriebsstätten von Groß-Berlin im Eiseubahnmimsterium eine Reihe von Lohnforderungen vorgebracht und für den Fall rhrsr Ab lehnung mit sofortiger Arbeitsniederlegung gedroht. Der Eisenbahnminister Hoss bewilligte diese Forderungen, die insgesamt einen Mehraufwand von nicht weniger al» 300 Millionen ausmachen. Er tat dies vorbehaltlich der Zu stimmung des preußischen Kabinetts. Am Sonnabend.ent sandten die Eisenbahner eine Deputation in das preußische Staatsministerium, die der Regierung neue Forderungen unterbreitete. Diese Forderungen hätten de« Etat insge samt mit 500 Millionen belastet. Nach längeren Brr Hand lungen, die. sich bis in den späten Abend hinein erstreck ten und an denen außer den Mitgliedern des politische« Kabinetts, das Finanzministerium und das Eisenbahnmini sterium beteiligt waren, gelang es, eine Einigung zu er zielen. Die nunmehr bewilligten neuen Summen betragen MO Millionen Mark. Die Regierung war in einer Zwangs lage, denn ein Eisenbahnstreik in diesem Momente hätte Nicht nur die ganze Lebensmittelversorgung in Deutsch land unterbunden, sondern außerdem noch die Heimbeför derung der zahlreichen, noch draußen befindlichen Trup pen unmöglich gemacht, so daß viele von ihnen zugrunde gegangen wären. Es läßt sich noch nicht Voraussagen, welche Rückwirkung die Bewilligung der Forderungen der Arbeiter und Handwerker auf die Angestellten auSüben wird. Schon jetzt sind für die Beamten sogeiwnnte Aus- gleichsznlagen in Höhe von insgesamt 40 Millionen vor gesehen. . Ein ReichSlohnamt. Au» Berlin wird gemeldet: . « Wie wir von zuständiger Seite erfahren, steht die Er richtung eines ReichSlohnamtS bevor, da« sämtliche LobN- fragen regeln und die Erscheinungen auf dem Gebiet« der Lohnpolitik, und zwar sowohl der privaten al» der ftaat- liehen, überwachen soll. Die katastrophal« AuswartSbewe- auna der Löhne, die sowohl die staatlichen wie private« Betriebe mit nahem Bankerott und die Arbeiterschaft nckt einer bisher beispiellosen Arbeitslosigkeit bedroht, hat di« Schaffung dieses neuen Reichsamts notwendia gemacht. D:e preußische Staatsregierung bat dieser Maßnahme be reit« zuaeftimmt, über deren Ausführung nach keine eHd- gültige Entscheidung getroffen! worden ist. Wahrscheinlich wird dem prentzifchen StaatSministerimn rin besondere» Kommissariat für Lohufragen angegliedert werden, ähnlich wie das Kommissariat sirr das Wohnungswesen. Und zwar in der Weise, daß der preußische StaatSkommiffar gleichzeitig -um Reichskommissar ernannt wird. Möglich ist aber auch, daß das Lohnamt unmittelbar beim Reich errichtet wird. Die Verhandlungen darüber schweben noch. Veffernng unserer ErnähruugSauSsichten. Die Aussichten unserer Brotversorgung haben sich in den letzten Tagen dadurch gebessert, daß infolge des frost freien Wetters die Hackfruchternte teilweise rascher, als er wartet, beendet wurde. Dadurch sind viele Arbeitskräfte frei geworden, so daß die Bemühungen der ReichSgetreide- stelle und der Kommunalverbände den Erfolg hatten, daß mehr Getreide, als erwartet wurde, zur Ablieferung ge- langte. Wenn der Güterverkehr in vollem Umfange auf- recht erhalte» wird, werden sich die Eingänge an Brotge- treide derart steigern lasten, daß die Brotverforguna Über den 7. Februar ISIS hinaus gesichert ist. Wenn in der Dreffe darauf hingewiesen wurde, daß die alte Regierung über unsere Ernteoorräte Berichte gegeben hat, Vie den Tatsachen nicht entsprochen haben, so erklärt sich da» da mit, daß -wischen Ernteschätzungen, Ernteerträgen und Ernte- erfaffung bedeutende Unterschiede sich stet« ergeben muffe». Durch die Grippeepidemie, die große Erschwerung unserer LranSportverhültmffe »«nd besonders durch di« polnischen Ereigniffe find in der letzten Zeit empfindliche Verzöge rungen in der Ablieferung hervoraerusen worden. Unzu treffende Angaben über vorhandene Vorräte sind von keiner amtlichen Seit« gemacht worden. Aufruf an da» werktätige Volk Deutschland», in dem auf den herrschenden Arbeitermangcl im Bergbau und die aufs Höchste gestiegene Kohkemiot hingewiesen wird. Die Arbeitslosen sollten Helsen, Kohlen zu fördern. Der Textilindustrie mangele e» an eisernen Maschinen, der Bautätigkeit an eisernen Werkzeugen und Geräten. Mn LvanSpvrtgewerbe, dem Triebrabe des Volkslebens, herrsch« vielerorts Arbeitermangel. 5000 Lokomotiven und 150000 Güterwagen habe die Entente weagenommen, weshalb mit dem verbliebenen Rest gut gewirtschaftet und der Güterum lauf durch schnelle Entladung geregelt werden müsse. Auch die Land- und Forstwirtschaft Nage über Arbeitermangel. Getreide bleibe ungedroschen in einer Zeit größter Nah- rungSmittelknappheit. ES fehle ober auch an Bau-, Brenn- mrd Grubcnlwlz. Der Aufruf ermahnt die Arbeitslosen, nicht in den Großstädten zu bleiben, in deren Fabriken jetzt die FeÜ»grauen hineinströmten, die ein Recht auf ihre» alten Platz hätten. Der Aufruf schließt mit der Mahnung an die Volksgenossen, durch Arbeit sich selbst und den ander» zu nützen und wahre Solidarität zu üben, um nicht am Untergange deS Volkes mitschuldig zu werden. Boi ArbeiMi wechsel sei freie Eisenbahnfahrt aus öffentlichen MkkffM gewährleistet.
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