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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191904195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19190419
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19190419
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1919
- Monat1919-04
- Tag1919-04-19
- Monat1919-04
- Jahr1919
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1919
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1. Beilage zum „Riesaer Tafteblatt". «ot-tion«druck und Berlag: .Langer L Winterlich, «ksa. «efchäftsftele: »<et»eftr«»e verantwortlich für Redaktion: Arthur HSHn.l, Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm Dtttrich. Riesa. 8t». Sonnabend, I» April ISIS, adendS. Iavrg. Lloyd Georg« üder den Friedcu. «US v e r l t n schreibt man UNS: 1 Der englische Ministerpräsident Lloyd George hat am 1«. April im Unterhause eine grobe Rede über die außen- volitische Lage gehalten. Er hatte die schwierige Aufgabe übernommen, über Dinge zu sprechen, die unbekannt sind und auch vorläufig unbet innt bleiben sollen. Di« BerkmnbS- mächt« haben sich gegenseitig »ugesagt, die FriebenSbedin- gungen nicht eher zu veröffentlichen, als bis sie mit den deut schen Vertretern „besprochen" worden seien. Danach könnte man glauben, daß der Verband sich die Möglichkeit offen hal ten wollte, in den Besprechungen mit den deutschen Ver tretern gewisse Zugeständnisse zu machen, was durch eine vorzeitige Veröffentlichung erschwert werden würde. Wenn innerhalb der nächsten Tage doch noch JndiSkreditionen be- gangen werden sollten, so wird daS wahrscheinlich ohne Ein druck auf die Öffentlichkeit bleiben, da bereits so viel wider sprechende Versionen über den angeblichen Inhalt des Frie densvertrages abgedruckt worden sind, daß die Wahrheit als solch« schwerlich erkannt werden dürfte. Gegen einen ver söhnlichen Zweck der Friedensheimlichkeit sprechen allerdings Lloyd Georges eigene Worte. Er will durch die Nichtver öffentlichung verhüten, baß der Feind zum Widerstand er mutigt würde. Diese „Ermutigung" läßt sich kaum anders vorstellen, als daß dem deutschen Volke t e Folgen der unS gestellten Bedingungen so eindringlich vor Augen geführt werden könnten, daß eine Art Referendum zustande kommt. Wären die Friedensbedingungen billig und vom Geist der Versöhnung diktiert, so brauchte der Verband die öffentliche Meinung Deutschlands nicht zu scheuen. Daß der Verband glaubt, unsere Unterschrift zum FrieüenSvrrtrag eher zu er zielen, wenn sie der durch innere Wirren erschütterten Reichsrcgierung allein überlassen bleibt, ist kein erfreuliches Omen. — Leider hat der Verband mit dieser seiner Methode bisher gute Erfahrungen gemacht. Vor den Waffenstill standsverträgen von Mitte Januar und Mitte Februar hatte Sie Reichsregierung kathegorisch die Annahme unmäßig har ter Bedingungen abgelehnt und ist dann nach wenigen Tagen, im Februar sogar in Gesellschaft der Weimarer Parteiführer, prompt umgefallen. Einmal (beim Brüsseler Lebensmittel abkommen) wurde ein wirkungsloser Coup inszeniert, indem die Verhandlungen für ein paar Tage abgebrochen wurden, und ein andermal wurde „unter Protest" unterzeichnet. Nun hat sich allerdings der Außenminister Graf Brockdorfs-Ranhan im Namen der bestehenden deutschen Negierung (in einem Juterwicm mit einem amerikanischen Journalisten) heilig verschworen, einen Gewaltfrieden die Unterschrift zu ver weigern. Ob aber seinem Widerpart, dem vielgewandten Herrn Erzberger, im Frühsahr das diplomatische Rückgrat gegenüber dem Winter erheblich erstarkte, ist vorerst noch unbewiesen. Der positive Inhaft der Lloyd George'scheu Rede ist mit wenigen Worten wiedcrzngcbcn. Der englische Minister präsident rechtfertigt die lange Dauer der Pariser Verhand lungen mit der Schwierigkeit und der Zahl der dort zu er ledigenden Fragen. Er erläutert weiter die Haltung des Verbandes gegenüber Sowietrußland und kommt zu dem Schluß, daß eine bewaffnete Intervention entschieden abzu lehnen sei. Schließlich stellt Llond George grundsätzliche Har monie zwischen den Vcrbandslündcrn fest und verspricht jedem einzelnen Entschädigung und Sicherung. Soweit bis seht bekannt geworben ist, sollen die deutschen Delegierten zum 25. April nach Versailles berufen werden, sich dort mit de» Verbnndsvcrtretcrn „besprechen" und mit den Vertragen zum Sitz der Reichsregicrunq fahren. Der Vertrag soll — wie ein findiger Amerikaner fcstgestellt haben will — 73 MN Worte, das wären über INN vollbedruckte Ouartseiten, umfassen. Daß zur gewissenhaften Prüfung eines so umfangreichen und wichtigen Schriftstückes einige Tage nicht genügen, ist selbstverständlich. Außer aus dem Inhalt des Vertrages wird auS der Frist, die der Verband der Reichsrcgierung zur Entscheidung einräumen wird, zu ersehen sein, ob cs unseren Gegnern um Verständigung oder um Vergewaltigung zu tun ist. Die Rede Lloyd Georges. Reuter meldet aus London: Llohd George begann seine Rede im Unterhaus damit, daß er zugab, daß die ganze Welt ungeduldig auf den Frieden warte. Er wies andererseits auf die Aufgaben der Delegierten hin, in, denen Probleme von nicht dagcwesenen Schwierigkeiten und Wichtigkeiten enthalten seien. Er wies darauf hin, daß zehn neue Staaten entstanden seien, einige, die unabhängig, andere, die halb abhängig, und einige, die möglicherweise unter Schutzherrschaft sein würden. Ihre Grenzen müßten angedeutct, wenn nicht endgültig fest- gesetzt werden. Die Grenzen von 14 Ländern müß'en neu gezogen werden. Llohd George verwies auf die inter nationalen Vereinbarungen über Arbeiterfragen, die bisher noch nie versucht worden seien, daneben gab es noch jenes große Experiment, an dem der ganze Friede hänge, nämlich die Gesellschaft der Volker. Ein Fehler könnte zu einem allgemeinen Kriege führen. Fast jedes Volk der Erde sei an der Beratung dieser Probleme be teiligt und das rechtfertige die Zeit, die dafür in An spruch genommen würde. (Beifall.) Die Konferenz mußte ihre Arbeite« abkürzen, denn sic habe, während sie ver suchte aufzubauen, in vielen Ländern die Grundlage der Gesellschaft in Staub stürzen sehen, Völker, von denen man vor dem Kriege nie gehört habe, hätten jetzt beinahe einen Konflikt zwischen alliierten Staaten verursacht. Die Schwierigkeiten im Balkan hätten eine Atmosvhäre von Unruhen geschaffen, aus der heraus der Krieg entstanden sei, und eines der charakteristischsten Merkmale der gegen wärtigen Lage sei es, daß infolge der Zerbröckelung großer Reiche Mitteleuropa in,, kleine Staaten bal- kanisiert worden sei. Die Lage inRutzlandsei eines der komplizier testen Probleme, die jemals behandelt worden seien. Von Anerkennung der bolschewistischen Regie rung könne keine Rede sein. Uebeidies greife die bolschcivistische Garde in diesem Augenblick die Freunde der Alliierten in Rußland an. Llohd George kam sodann auf den Vorschlag einer militärischen Interven tion zu sprechen und sagte, wie immer die Stimmung in England sein möge, die praktischen Schwierigkeiten eines großen militärischen Vorgehens in Rußland seren unge heuer. Rußland habe wohl den Feind im Lande gesehen, sei aber niemals von einem auswärtigen Land erobert worden. Selbst wenn eine Eroberung möglich wäre, so würden doch die politischen Schwierigkeiten bestehen blei ben. Lloyd George sagte, er würde lieber Rußland den Bolschewisten überlassen, als erleben, daß Großbritannien infolge einer kostspieligen militärischen Intervention ban kerott mache. Er sei überzeugt, daß es der größte Un- sinn wäre, eine militärisch« Intervention in Rußland zu versuchen. Die englische Politik sei, ein ge waltsames Uebergreifen des Bolschewismus auf die alliierten Länder zu verhüten. Des- i halb organisiere England alle Hilfskräfte in den alliierten I Ländern und in den benachbarten Geineten von der Ost see bi» an das Schwarze Meer. Wenn der BolschewiS- muS eines der alliierten Länder angreifen würde, so wäre eS die Pflicht England», eS zu verteidigen. Die Politik Englands sei, die einander bekämpfenden Parteien in Ruß land dazu zu bewegen, die Errichtung einer allgemeinen, annehmbaren Regierung zu besprechen, weiche die Alliier ten als russische Regierung anerkennen könnten. Er ziveifle nrcht an dieser Lösung. ES seien unverkennbare Anzeichen dafür vorhanden, daß Rußland wieder emporkomme, und wenn es erst wieder gesund und normal sei, dann sei eS Zeit für die Alliierten, in Rußland Friede» zu stiften. Ueber die allgemeinen Frledensbedin- gungen sagte Llohd George, die Vertreter der Groß mächte seien zu einem vollständigen Einvernehmen über die großen grundlegenden Fragen bezüglich des Friedens mit Deutschland gelangt; sie hätten diese Fragen bereits formuliert, und er hoffe, daß sie Ende nächster Woche vorgelegt werden würden. Llohd George sagte ferner, die französischen Soldaten, die er in verwüsteten Gebieten angctrofsen habe, hätten gesagt: Gebt uns einen auten Frieden. Niemand hätte die neuen Probleme und die be sonderen Empfindlichkeiten Europas mit ihren alten bit teren Erinnerungen an nationale Konflikte sympathischer behandeln können, als Wilson. (Beifall.) Die Konferenz habe niemals die Tatsache vergessen, daß die meisten Lei den und Opfer des Krieges von dem lnüdenhaften Frank reich gebracht worden seien. Frankreich habe ein Recht darauf, sich vor einer Wiederholung des Angriffes sicher zu fühlen. In allen Fragen, welch« uns vorgelegt wer den, gelangen ivir zu einstimmigen Beschlüssen. (Bei fall.) Die Friedenskonferenz l;abc einstimnüg und ohne Zögern beschlossen, daß es ein Fehler ersten Ran ges sein würde, die Friedensbedingungen zu veröffentlichen, ehe sre mit dem Feinde besprochen wurden. Keine Friedenskonferenz habe je mals ihre Verhandlungen öffentlich gehalten. Wir wollen lieber einen guten Frieden, als eine gut« Presse. (Beifall.) Jede Verpflichtung der Regierung lei in die Forderungen der Alliierten ausgenommen worden. Die Regierung sei niemals um ein Iota von diesen For derungen abgewichen. Sie habe daran festgehalten, weil sie sie für berechtigt gehalten habe. Wir wollen, sagte Lloyd George weiter, einen strengen Frieden, weil der Fall es verlangt, aber er darf nicht darauf berechnet sein; Rachegefühle zu befriedigen, sondern darauf, Gerech tigkeit zu üben. Jede Klausel und jede Bedingung müsse in jeder Weise gerechtfertigt sein. Ich werde nach Paris zurückkehren, wenn das Haus mich dort haben will. (Lauter Beifall.) Jeder, der dorthin zurückkehrt, wird mit den Abgesandten des Feiirdes zusammentreffen: er muß das volle Vertrauen des Parlaments besitzen. Eines der Ergebnisse des Friedens wird die Entfernung der großen kontinentalen Gefahr der Rü st ungen sein. Die Streitkräfte Deutschlands werden zu einem Heere herabgesetzt tverden, das eben ausreicht, um den Polizei dienst in seinen Städten durchzuführen und seinen Han del zu schützen. Wir und Europa müssen daraus Nutzen ziehen. Die Gefahr besteht nicht, daß es in Deutschland noch zu einem neuen Ausbruch kommt, denn Deutschland könnte nur mit Mühe 80 000 bewaffnete Männer aus bringen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Ge fahr besteht jetzt, daß die Welt in Stücke geht, wenn das hagere Gespenst des Hungers durch das Land geht. Llohd George betonte zum Schluß, daß es Pflicht aller Staatsmänner, Parlamentarier und Führer der öffentlichen Meinung sei, den Triumph des Rechts nicht durch Nachgiebigkeit zu verderben. * Wie der Friedensvertraa aussehen soll. Nach einer Meldung des Amsterdamer „Telegraaf" aus Paris wird der Friedensvertrag aus 1000 Artikeln bestehen, die 300 Serien Maschinenschrift in Anspruch nehmen werden. 68 Artikel handeln vom Saarbecken. Der vorläufige Friedensvertrag mit Oesterreich wird so fort nach Unterzeichnung des Vertrages mit Deutschland, wie man erwartet, vor Ende Mai, geschlossen werden. Wenn die Deutschen sich weigern sollten, den Vertrag zu unterzeichnen, so denke man daran, einen großen Teil des deutschen Gebietes zu besetzen, die Blockade beizube halten und die Lebensmittelsendungen einzustellen. Neuaudel gegen Li« frauzöfifche Regierung. Die von Havas mit Stillschweigen übergangene Kam- mcrrede des Sozialistenführers Renaudel, der sofort nach Pichon sprach, war die heftigste Anklage, wie sie seit Ausbruch des Krieges im französischen Parlament gegen eine Regierung erhoben worden ist. „Während wir", sagte Renaudel, „uns äußerster Mäßi gung befleißigen und unsere eigene Partei im Zaune hal ten, seid Ihr es, Regierung und Kammer, die das Land zur Revolution führe,. " Bei diesen Worten erhob sich em längerer Tumult auf der Rechlen uird lebhafter Beifall auf der Linken. Ein Abgeordneter der Nechlen ruft: „Zum Siege führten wir das Land!" Renaudel erwiderte darauf: „Euer Sieg würde nur aus Einverleibungen von Land und ungeheuren Entschädigungen bestehen, und weil die Regierung vor Euch ebensoviel Angst l>at wie vor uns, sagt sie nichts. Während der Finanzminister neue Steuern prophezeit und der Budgetausschutz-Vorsitzende erklärt, daß Deutschland nicht alles werde bezahlen können, schreit Ihr weiter: Deutschland mutz alles bezahlen!" Ein Mit glied der Demokraten rief: „Ein Sozialist fürchtet, daß Deutschland zu viel bezahlen müsse." Renaudel fuhr fort: „Wir müssen lediglich danach trachten, Schwierigkeiten für die Zukunst zu vermeiden. Darum hätte die Regierung mit dem Parlament -usammenarbeiten müssen. Es handelt sich nicht mehr um die tausend Milliarden, die der Feind bezahlen soll, sondern nur noch um 125 Milliarden, also ein Proviiorum, sagt Ihr. Ihr belügt dabei das Land noch einmal. Dabei wißt Ihr, daß im Parlament nie mand mehr Vertrauen zur Regierung hat. Gestern noch hat der Ausschuß für auswärtige Angelegen heiten jede Verantwortung für einen unerhörten Gewalt frieden, den Ihr vorbereitet, abgelehnt. Elemcnceau antwortet in unverschämten Briefen auf unsere Anfrage, und seit Wochen greifen unsere reaktionären Blätter Wil son an. In 14 Tagen werdet Ihr die Folgen dieser Politik kennen lernen. Die Regierung hat mit den Parteien zu rechnen. Auch die Radrkalsozialisten beginnen un zufrieden zu werden. Mr werden nicht der Elemen- ceau um Aufklärung betteln. Er mutz hier in der Kammer Rede und Antwort stehen. Frankreich fall, wenn es Frie den geschlossen hat, noch 15 Jahre das Joch des Militaris mus tragen, und dabei wird es nach dem Friedens, schlutz gänzlich ruiniert sein. Mr möchten Euch gewarnt haben", schloß Renaudel unter stürmischem Bei fall auf der Linken, „aber, wenn Ihr uns nicht hören wollt, mutz das Schicksal seinen Lauf nehmen." Di« finanzielle« Kräfte und Zahlungsmittel Deutschlands. Agence HavaS meldet au» Paris: „Journal" veröffent licht folgende Einzelheiten über die Arbeiten des Unter ¬ ausschusses zur Prüfung der finanziellen Kräfte und Zatz, lung-mittel Deutschlands. Die Alliierten schätzen den inner» halb 18 bi» 24 Monaten verfügbar werdenden flüssige» Ve« trag in Gold, Silber und sonstigen Werten aus 20 Milliarde« Mark, darunter S200 Millionen in bar. Vom 1. Januar 1921 an werden mit Rücksicht auf dse Besserung der Industrie» und Krebttverhältnisse des FetnbeS die Jahresraten staffel» weise erhöht werden. Die Schuld ivird in Form von gang» baren Obligationen, auf den Inhaber lautend, sonsoltdtert. ES wurde beschlossen, Dcutschlayd zu verpflichten, seine Ein» fuhr auf ein Mindestmaß herabzusehen und eine Export nation zu werben. Da diese Politik ein schnelleres Auf blühen Deutschland» vor Abtragung der Kriegsschuld bewir» ken könnte, beschloß die Ausfubrkommissivn, für bestimmte Erzeugnisse ein besonderes Maß anzusehen. SS wurde die KohlenauSfnhr mit jährlich 60 Millionen Tonnen ent sprechend einem Gesamtwerte von etiva 1800 Millionen Mark angeseht. Die Kommission ging von dem biebanken aus, daß die Zahlungsfähigkeit Deutschlands nicht dadurch abgeschwächt werde, daß seiner Industrie eine hohe AuS- suhrsteuer auferlegt und die Einfuhr der Rohstoffe mit eben falls hohen Steuern belegt wird. Die Kommission berück sichtigte ferner die kommerzielle Einbuße infolge Les Ver lustes Elsaß-Lothringens, -er Kolonien und der -Handels- flotte. Die beste Gewähr für die Bezahlung der Raten werde die Erkenntnis der Mittelmächte sein, daß diese Zah lungen im Interesse der Erhaltung ihres eigene» Kredit liegen. Braunschweig von den Regiernngstrupve« besetzt. Unterm 17. April wird aus Bräunschweig gemeldet: Gegen Mitternacht sind die ersten NegicrungStrupPcn in die Stadt eingerückt. Zusammen mit ehemaligen aktiven Braunschweiger Militärpersonen bezogen sw an mehreren Stellen Posten. Vor dem Hauptpostamte wurde ein Ma- schinengewehr ausgestellt. Die Volkswehr ist verschwun-r den. Ihre Posten sind unbesetzt und ihre Kasernen fast geräumt. Von Widerstand ist nicktS bekannt geworden. Im Laufe des Vormittags und Mittags sind weitere Trup pen sowie General Märker selbst angekommen. Die Truppen wurden auf den Straße» von der Einwohner schaft freudig begrüßt, mit Blumen geschmückt und be schenkt. Vom Ministerium wehen zwei schwarz-werß-rote Fahnen. Auch -auf dem Schlosse, das ebenfalls von Re gierungstruppen besetzt ist, weht an Stelle der roten Fahne die Reichsflagge. Verschiedene Privathäuser flaggen in den Reichs- und Landesfarben. Braunschweig atmet auf. Die Häupter, der kommunistischen Bewegung solle» verschwunden sein. Nach der „Boss. Zeitung" ionrde der im Flugzeug aus Braunschweig entflohene frühere Polizeipräsident E r ch- Horn bei einer Notlandung in der Nähe von Holzminden von Regierungstruppen fe st gen omm e n. Nach den Berliner Abendblättern vom Donnerstag Uetz General Märker Donnerstag früh rn der Stadt Braunschweig bekanntmackwn, datz der Reichspräsident über das Gebiet des ganzen Freistaates Braunschweig den Be lagerungszustand verhängt und ein außerordentliche» Kriegsgericht eingesetzt habe. Wer mit Waffen betroffen wird, wird nach Kriegsrecht bestraft. Die Zeitungen unter liegen der Vorzensur. Es stehen etwa 10000 Mann um Braunschweig herum. Weitere Truppen treffen im Lauf« les Tages in Braunschweig ein. Die Husaren- und die Jnfanteriekasernc werden nicht betreten, da Ue unter miniert sind. Auf dem Bahnhofe sind zwer Panzerzüge eingetroffen. General Märker gab bekannt, daß er im Einvernehmen mit der Reichsrcgierung folgende Maß nahmen treffe: Die Bevölkerung wird nach Maßgabe eines noch zu veröffentlichenden Befehles slltwaffnet. Die bestehende Bolksmarinedivision und Volkswehr werden auf gelöst. Nichtbraunschweigische Angehörige dieser Verbände werden abgeschoben. Anstelle der bisherigen aufgelösten Regierung wird eine neue, entsprechend der Zusammen setzung des Landtages eingerichtet. Der Braunschweiger Arbeiterrat wird aufgelöst. Der frühere Präsident Merges, die kommunistischen Volkskommissare Oerter und Eckard sowie der frühere Vorsitzende des Arbeiter und Soldatenrates Schiff werden in Schutzhaft ge nommen, bis über sie entschieden ist. In einer Verhandlung, die General Märker mit dem Aeltestenausschusse des Landtages hatte, wurde eine Eini gung in der Kabinettsfrage erzielt, die die Span nung zwischen Braunschweig und dein Reiche beseitigt. 'Da nach würde das Kabinett bestehen aus vier ob«r fünf Rechtssozialisten, zwei Unabhängigen und einem Demo kraten. Dieses Kabinett wird bis zum 24. ds. Mts. im Amte bleiben. An diesem Tage wird der Landtag zusam mentreten und die Neubildung des Kabinetts vornehmen. Der Kampf um München. Bei Freising ist cs gestern, wie in Nürnberger Garnison kreisen verlautet, zu einem größeren Zusammenstoß zwischen der Noten Garde und Truppen des 7. Jnfantcrie-NegimentS gekommen, das für die Regierungstruppen ziemlich Verlust- reich gewesen ist. Es wird von 80 Toten gesprochen. Die Spartakisten hatten vor der Stadt Schützengräben ausge hoben, die schwer mit Maschinengewehren bestückt waren. Von amtlicher Seite ist bisher keine Bestätigung dieser Nach richt eingelaufen. In Dachau sind vorgestern abend 3000 Mann württembergische Truppen eingetroffen. Ueber die Lage in München selbst wird berichtet: Der Leiter der militärischen Maßnahmen in München ist der Anarchist Sontheimer. Von den Kommunisten sind folgende Gebäude besetzt: Hauptbahnhof, Residenz, sämtliche Kasernen, die zugleich als Werbestellen für die Rote Armee eingerichtet sind. Infolge des Generalstreiks der Bürger ist ein großer Teil der Geschäfte geschlossen. Die Schaufenster des Waren hauses Tietz am Bahnhof sind durch die Explosionen der leichten Minen sämtlich zertrümmert, das Kaufhaus selbst ist ausgeplttndert. Die StadtauSgänge sind von den Kom munisten beseht. An der Stadtkommandantur ist eine stän dige Fahrtbcreitschaft von zwei Kompagnien zu se 350 Mann zum sofortigen Eingreifen auf Lastautos bereit. WaS be sonders bemerkenswert erscheint, ist die große Angst, mit der die Note Armee einem Angriff der Regierungstruppen cnt- gegensieht. — Die Nachrichten über die LebenSmittelnot tu München sind sehr übertrieben. Die Regierung Hoffman» hat sich entschloßen, München auch weiterhin Nahrungs mittel zukommcn zu lassen, damit nicht Unschuldige mit Schuldige» leiden. * Durch die Besetzung Braunschweig» ist eine Brutstätte kommunistischen Giftes er.' lich gesäubert worden. Die Maß nahmen des Negierungsgenerals atmen erfreulich« Frische und Voraussicht. Die Bürgerschaft und wette Kreise der Arbeiterschaft in Braunschweig sind so gründlich von der unabhängig-spartaktftischcn SegenShcrrschaft kuriert, Last man Hoffen darf, eS bleibt dort künftig ruhig. — Dagegen galt eS.
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