Suche löschen...
02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 27.04.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19070427021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1907042702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1907042702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-27
- Monat1907-04
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Diese» Blatt wird de» Lesern von Dresden «nv Umgebung am Tage vorher bereit» al» Abend-Ausgabe zugcstellt, während e» die Post-Abonnenten am Morgen m einer Griamtausgabe erholtem verugsgedW: >l«^«lij>5rll» N>» Dr«»»«« tLaNck «v«lmvll,n iZuiraainn durck „nlere Boten >«»«>>»» ,,»d «»ri'it, an Loun- und Monlacikii nur clnmal» B<> eininol'ue, Zuslrttuna durch d»« NollNPU. wlüirvrneslukcht. iinktnS. land mit kiitlnrechrichrm 8ii>ch»nae. Di« t«»L«>tn, von Dresden und N,n- -rvuna am Tag« variier j»acs>Mr» «dend «luoaadr» erdallcn die ai,»wLrliaen Ve/ieli«r mit der Maraen-eluoaav« »»lammenzu- ,eitel», diachdiuck aller Ärlikl »na Oriajnal Dt»ii«ftu»u«» nur »nt heuiiimer Ouelleiiaiiaabe i.Drerd NaLr.'> miania Nomiraa- »che s'ouoraranipruche bleiben unbknickiichtiat i uiiverlanate Vianu- ittivte werden »>a.t auibewakn. relearainm-ildreile: Nochrlchien Lresoen. LarrvlaelchLittlteN^ Mariens» »«. Fsnreigen-canf. Nnnaiime von «»»LubiMingeu tl» liachmiltaas Z Udl, Spnn- unb »eicitaas nur Marienitraße W von 1! bia '/-l Ubr. Die 1'valtiae vdriindjeiie »ca. s Silben» D Pia. öainilienuvchrichlcn ro Pia.: Ue schuilsL»»ei,en aui der Pnva»>ciie .ftriir so : die rlvaltiae .Zeit« a»> Teruem so V'a : als lLinaclaudt Lwainae .Zei>« von Drec-oncr Au» rraaacbki» ?s Pia. vou auSwärtwen I Mt ^r„ ittmnmer» nach S«»»- und lieier l-aru: > lvaliiae Brund-eile so V'a. aui Privaiieile «o Pia. Slvainae Zeile als lLi»aela»bt voll Dresdner riulilvauedern I Lik., voll ausmürtiaen r.bo MI . »Liii'lieu liachnchien MrilNd«e,le 25 Pia — Die Preiie der Inlcratc iind in: Morgen und Abendblatic bieieiben LI»-, wäriche Aufträge nur groen Vor auSdkMliing. — Beieablätikr lourn io Tienmge. Nentlprechcr: Str. U und 2096. Wnricb Lrckrr 2 kr»gv 8ir»«v 2. Leks Vülsendsusstrsrso. Grösster LpSLiLldsur kür slezsnle üerrea- unü iriisbsn-LLLSejÄuriL. >^n!n;itvn für 6iv r»!n'8- mn! Nomine» >U«»i nvn-»nseii«« noriasw d'sssons, neftlvkn slustor KIc. iS,—, Lb,—, SS,—, «2,— «ta. II«-« I «»I»-I»nle1n<« vlvßnnt« Oloviranlxi'm »Ic. IS.-, 2«,-. 2»,—. SS,- oto. 14r«n>», «>- In/««;;«, roioiili-rllißoles 1-ugor dNc. 5,25, 7,50, ll,—. 15.— Sie. I4ii»I««-n - vn«I -^Iül>t«-I, ^rössts ^iiarvalil dili. 7,00, g,W, IS,-, 18,— ote. Nr. II«. Ami: N-».i»°D.»»,,b«>«-. ^ -Uimaveuo. 27.A,»il >'.»<>7. Neueste Drahtmel-nnsc« > vm -'V April. Deutscher Reichstag. Berlin. iPriv.-Tel.l Drin Reichstage, der heute dtc Beratung des Militär-Etats sorlsetzte, sind fvl- nende G e s e tz c n t w ü r s c zugegaiigen: über die Majc- stätsbeleidigungcn, über den kleinen Besähtguiigs - Nach weis, über den U»tcrs«lit)unaS-LSvl,nsih, eine Pvgelschnh- Novelle und ei» NachtraaS-Etat betresscud den Kaiser Wilhelm-Kanal. Der Entwurf über die Majestäts- beleidigungen laniet: Für die Berfnlsnna und Be- strasiiiig der in den 88 vü. 07, V». 101 des Strasaesehbuches be^cicbneten Bernchen aelten iinchkrilaeiide Nurkchristen: Die Beleidigung ist nur dann aus Grund der 88 05, V7, M IV1 strafbar, wenn sie böswillig und mit Bvrbedacht be gangen wird: die Verfvlgung tritt, fasern die Beleidigung nicht öffentlich begangen ist, nur mit Genehmigung der Landessustizverwaltiing ein. Für den Bereich der Militär- strafgcrichtsbarkcit ist »ur in FriedeiiSzeiten die Genehmi gung erforderlich und steht deren Erteilung der Militär- tustizverwaltling z». Die Bcrfvlgung verjährt i» sechs Monaten. Ist die Strafbarkeit nach Absatz 2 ausgeschlossen, so finden die Vorschriften des 1-1. Abschnittes deS Straf gesetzbuches Anwendung. Dem Gesetzentivurse ist nur eine kurze Begründung bcigegcben. Berlin. lPriv.-Tel.s Die B n d g e t k o m m t s s > o n des Reichstages beschäftigte sich heute zum dritten Male mit dem Neubau des Neichsmilitärgcrichts. Die Kom mission hatte wegen Kosisoicligkeit des von der Negierung vorgeichlggenen Blustes gn der Döberister Heerstruste ln Charlottenbiirg die Bcschsiistsgssiing zweimal veriagt zur Prüfung anderer von verschiedenen Seiten vorgcschlagener Plätze. Nach genauer Besichtigung hat sich kein einziger dieser Plätze als geeignet erwiesen, weshalb nunmehr der 5'egiernngs-Borslhlag einstimmig angenommen wurde. — Die Kommission nahm dann den Bericht ihrer Snbkom- mission über die Frage entaeaen, ob die Znschlissr den Schutzgebieten entweder wie bisher als fo,i<s<, poi-cln oder in der Weise sübsidär ziigewcndet werde» sollen, dast im Rech nungsjahre nicht verbrauchte Teile dem Reichsbansbalte wieder zu gute kommen. Die Kommission entschied sich für letzteres »nb beschsost ferner, dast iiir diejenigen Schutz gebiete. die eines Reichszuschuises nicht mehr bedürfen, ein AnSakeichssonds ans den eigenen Eini'gbmen zn bilden ist, aus dem zunächst etwaige Fehlbeträge Deckung finden kön nen. Erledigt wurden lohgnn die lVlois der Schnftgebiele Togo, Neuguinea, Earokinen nnd Samoa. Am Dienstag kommt Äiautschou an die Reihe. Homburg. DaS Kaiser;'gar unternahm heute vormittag einen Spazierritt in den Taunus. Später hörte der Kaiser im Schlosse Borträge. Potsdam. Das Ä r o n p r i n z c n p aa r wird sich Morgen auf einige Tage z»m Besuch nach Schwerin begeben. Duisburg. Gestern abend st ttchr ging auf Her zweiten Sohle des Schachtes IH der Gewerkschaft „Deutscher Kaiser" die Strecke zu Bruch, hinter der sich ein Steiger, 20 Mann und 2 Pferde befanden. Die Aus- räumungsakbeiten wurden sofort i» Angriff genommen. Es gelang heute morgen eine Ocsisnung zu schassen, durch die eine Verständigung mit den Eingcschlosscnon ermöglicht nnd Lebensmittel gereicht wurden, und bald daraus gelang es, dte Abgeschnittenen unverletzt zutage zu fördern. Düsseldorf. sPriv.-Tel.) Der „Düsseldorfer Ztg." wurde nach deren eigener 'Angabe der Titel „Amtlicher Anzeiger für de» Landkreis Tüsjcldors" entzogen. Als Grund wurde die Haltung des Blattes de» Behörde» gegenüber angegeben, wobei besonders eine Notiz über de» bekannten Bremscrlast des Kultusministers in Sachen der Lehrcrgchältcr in Betracht kam. — In dem bei Tüsseldork gelegene» Orte Gerresheim hat die Anfang Januar be schlossene Erhöhung der L c h r c r g e h ä l t e r die Ge nehmigung der Negierung erhalten. Geilenkirchen. Ter bergbauliche Verein hat dem Bcrciuc zur Bekämpfung von Bolkskrank- heiten im R u h r k o h l c n r e v i c r Ost Ostst Mark zum weiteren Ausbau des bakteriologischen Instituts in Geilen kirchen zur Verfügung gestellt. Frank su r t. Unter dem Vorsitze des Oberpräsidentcn der Provinz Hessen-Nassau v. Windchejm wurde gestern hier im „Römer" unter reger Teilnahme von Behörden un»d Körperschaften aus der Provinz und dem Grostbevzogtuvie Hessen der Mitteldeutsche Arbeitsnachweis- vcrband begründet und zum Vorsitzenden Oberbürger meister Dr. Adickcs gewählt. Frankfurt. Die „Franks. Ztg." meldet ans Saloniki» dast in Gcwgeli Griechen ihren Geist lichen ermordeten, weil er in der Kirche gepredigt hatte, man dürfe Vulgaren als christliche Brüder lackst verfolgen. Das Blatt meldet scrucr, dast in einem Tvrsc bei Flvrina bulgarische Komiiatschiö einem Pfarrer die Ohren abschnitten, seinen Sohn und einen Bauer» er schlugen und dessen Gehöft verbrannten. Deggendorf iNiedcrbaycrns. Der Postzng ststst, von Eisenstein kom'mend, cutglcistc heute bei Kandlbach. Dre! Wagen wurLcn zertrümmert, ei» Beamter schwer und meh rere andere Personen leicht verletzt. Stuttgart. Der ständische Ansschnst beschloß im Ein vernehmen mit dem FinanzminMersum von der geplanten Begebung einer Anleihe von 14 Millionen bei der gc- spamnicn Lage des Geldmarktes wbznschen. Das Finanz ministerium wurde ermächtigt, iu hem entsprechenden Be trage Schatzanweisungcn auszugcben. Wien. Der bekannte Chirurg Professor v. Mosetig - Moorihof, der an andauernder Schlaflosigkeit litt, wird seit gestern vermißt. Sein Hut und Stock sind an der Donau gefunden worden. Gens. Am Mont Salöve bei Genf stürzten zwei Genfer Gumnasiasten a b und fanden Len Tod. Die Leichen sind gecborgen worden. London. (Priv.-Tel.f „Tailn Telegraph" meldet anS Valparaiso, daß drei heftige Erdbeben stütze in einem großen Teile von Chile eine große Panik hervor- gerusen haben. In Valdivia fiel schwerer Aschenregen, und an verschiedenen Orten traten heiße Wasscrqucllcn hervor. In dem Augenblicke, in dem die vulkanische Asche auf diese Quellen fiel, erfolgten stets gewaltige Explosionen. Reval. Zur Eröffnung der Seeschiffahrt läuft der Eisbrecher „Iermak" am DicnStag nach Kron stadt auS. , — OertlicheS und Sächsisches. Dresden, 26. April. —* Se. Majestät der König hat Bad-Elster heute mittag verlassen und trifft 4 Uhr SO Min. nachmittags wieder in Dresden ein. — Ende April oder Aniang Mai, sc »ach Eintritt der Vauuiblüte, gedenkt der Monarch eine Wagensahrt durch die Wcflvvrvrte Dresdens zu unlcr- nehmcu. Tie Wagensahrt wird voraussichtlich in Nieder gvrbitz beginnen, von dg über Gompitz, Ockerwitz, Schoner Grund, Merbitz, Brobschntz, ReiinerSdors. Oberwartha loeitergehen und die stüicksahrt nach Besuch b-?s Parkes des Vcrschvncrnngsvcrcins ans der Meißner Straße erfolgen. — Am 10. Mai begibt sich der König zn achttägigem Ansent halte nach Tarvis. —* Ihre König!. Hoheit Prinzessin Mathilde von Sachsen reiste gestern nach Frankveich ab. Die Prinzessin trisst am Montag von ihrer dreimonatlichen Reise hier wieder ein. —* Wie bereits kurz gemeldet, ist in Osch atz im HO. Lebensjahre der Oelvnomierat Rittergutsbesitzer Robert Earl G a d e g a st gestorben. Weit über die Grenzen des Vaterlandes »hinaus ist der Name Gadegast »durch sorgfältige Pflege der Schafzucht be kannt geworden. Der Vater des Verstorbenen hatte schon als Verwalter des König!. Tomänengutes Lohmen durch Züchtung von Merinos den Grund zu der Berühmt heit gelegt. Sie kam zu voller Geltung, als der Vater 1810 nach Oschatz übersiedelte und zunächst als Pächter, sodann als Besitzer des Talgutes die Schafzucht pflegte. Diesem Besitze gesellte sich später noch das Rittergut Mannschay hinzu. Durch die in Oschatz weiter begründete Schafzucht ist die -Familie Gadegast auch die indirekte Urheberin zur Gründung von Industrien da sei lut geworden. —* Gegen die Erhebung von Schiffahrtsabgabea hat die Leipziger Handelskammer folgende Erklärung abge geben: „Tie Handelskammer Leipzig erachtet die in 8 G des prenß. Wasserstraßengesetzes vom 1. April 1005 für die preußische Regierung ausgesprochene Verpflichtung zur Er hebung von Schissahrtsabgaben in Widerspruch stehend zn dem Wortlaute und Geiste sowohl des Artikels 54 der ReichövcrsMung als der Vertragsbestimmungen der Elb- schissahrtsakte. Sie beklagt cs aus nationalen Gründen tief, daß man in Preuße», das als Vormacht und größter der deutschen Bundesstaaten in erster Linie zur Hütung und Wahrung der NeichSverfassung berufen ist, die Vor schriften dieses 8 lO, anstatt sie wegen ihres Gegensatzes zum Grundgesetze des Deutschen Reiches in bundesstaat lichem Interesse für unausführbar zu erklären, seit Jahren aus partikulare» Rücksichten durch eine künstliche Aus legung der Reichsversassung aufrechtzuerhalten und ohne eine Acndernng dieser in die Praxis nmzusctzen bemüht ist. Ebenso entschieden wie gegen diese, weite Kreise der Bevölkerung beunruhigenden Bestrebungen mutz sich die Handelskammer aber auch gegen die Einführung von Schissahrtsabgaben ans den natürlichen Wasserstraßen überhaupt erklären. Tie Maßnahmen und Vorkehrungen zur Aiisrechtcrhaltung und Verbesserung des Schit'-ihrtS- bctricbcs ans den schiffbaren Strömen Deutschlands sind nach allgemeiner, im Lause des Ist. Jahrhunderts allmäh lich zum Durchbruch gekommener Anschauung Pflicht und Aufgabe des Staates und die zur Erfüllung dieser Pflicht anszuwendenden Kosten von ihm in gleicher Weiic aus all gemeinen Mitteln zu bestreiten wie die Aufwendungen für die Instandhaltung der Landstraßen, für Ent- nnd Be wässerungen im Interesse der Landesknstnr, zur Abwehr von Uebcrschwemnningen, der EiSaanggefahr und der gleichen mehr. Auch werden die Vorteile, die Preußen im Falle der Einsnhrnng von Schissahrtsabgaben den be teiliaten Staaten in Aussicht stellt, bei weitem durch die Nachteile übcrwogen, die sie zugleich für Handel. Industrie und Schisakrt, nicht minder aber auch angesichts der dabei in Betracht kommende» agrarischen Nebenabsichtenniidücrauf Kunst nnd Wissenschaft. 's* Mitteilung aus dem Bureau der Königlichen Hostheater. Im Opernhause findet Sonntag, den 28. April, die 28. Aufführung dsr romantischen Oper „Oberon" in der neuen Einstudierung statt. In den Hauptpartien sind Frau Abendrolh lNczia), Frl. v. ö. Oste» sFatimes, Herr v. Vary sHüons, Herr Scheidcmantcl (Scherasmins »beschäftigt. Die für diesen Tag angckündigtc Aufführung der Oper „Margarethe" wird aus Dienstag, den 30. April, verschoben. Köniftl. Schauspielhaus. Bet der Betrachtung der künstlerischen Persönlichkeit Grillparzers zwingt ein Moment namentlich zur Be wunderung: die SchasfcnSmöglichkcit unter widerwärtigen Verhältnissen. An den Zwang lästiger Bureaus, die törichte Bevormundung kunstfremder Vorgesetzter ge bunden, litt die empfindliche Seele und fühlte sich von den reinen, befreienden Höhen der Phantasie In die Peinlich keiten des Alltags hcrabgeriiien. War er aber draußen, dann fielen dte kleinlichen Kränkungen» die Schmerzen der Nadelstiche von ihm ab — er war der, zu dem ihn die Natur geschassen hatte, der Dichter, gegenwärtig der Inspiration. Für ihn war diese Inspiration ein Geschenk d<S gütigen Gottes. Eine Melodie, ein Beet blühender Blumen, eine Liebkosung, ein zartes Wort, von der Ge. liebten gesprochen, vermochten in ihm den Funken lebendig zu machen, der zur Hellen, lichten Flamme werde» sollte. Bei dieser außerordentlichen Sensibilität konnten tiefe Depressionen nicht ausblciben. Von einer solchen Nieder geschlagenheit war der Dichter befallen, als. ihn der Stoff zu „Ltbussa" zum ersten Male beschäftigte. Er war damals so herunter, daß er stark an seiner Produktivität zweifelte und zu Augenblicken ernstlicher Lcbcnsverneinung kam. Mit der Ausarbeitung der neuen Idee kam er nicht weit. Er sagt selbst in seinem Tagebuch: „Hier konnte ich schon den Plan nicht zur Genüge ansbildcn. Die Verwicklung war h> spitz, so kalt-witzig, daß ich bald alle Lust verlor." Er legte den Stofs völlig beiseite. Dte Hochblüte seines Kunst schaffens folgte, reiche, gesegnete Jahre. Man mutz nun von dem rührenden Vertrauen Grillparzers in das öster reichische Publikum wissen, um die tiefe, unheilbare Wunde zu begreifen, die ihm durch den Mißersola seines köstlichen Lustspiels „Wehe dem, der lügt" geschlagen wurde. Er ging nun zu weit, identifizierte sein ganzes Publikum mit den trottelhaften Zischern und zog sich ganz von der Ocfsent- lichkcit zurück. Zn den drei Werke», die in den langen Jahren der Zurückgezogenheit entstanden, gehört auch „Libussa". Grillparzer wünschte die Vernichtung dieser Werke. Der Grund zu dieser drakonischen Verurteilung ist nun nicht allein in der durch die Länge der Jahre ja auch gemilderten Verbitterung zu suche», sondern in der überaus scharfen Selbstkritik, die der Dichter übte. Die erste Arbeit, die er auf der Höhe seiner starken Er bitterung nach dem Mißerfolge an der Burg aufnahm, war eben „Libussa". Grillparzer vermißte nun an diesen »nd den folgenden Stücken selbst daö, waS er für das höchst und beste aller Poesie hielt: die unmittelbare An schaulichkeit. Er wollte „die Poesie dem Ursprünglichen, durchaus Bildlichen, die Berechtigung in der Emp findung »nd nicht in dem Gedanken Suchenden der alten Dichter näher bringen". Dieses Streben, daö sein ästhetisches Programm bildet, sah der Dichter in seinen letzten Werken mißlungen. Sic sollten daher auch bei seinen Lebzeiten nie das Licht des Tages erblicken, weil „ihnen jenes LcbenSprinzip fehlt, das nur die Anschauung gibt und der Gedanke nie ersetzen kann". Laube hat ans ehrlicher, künstlerischer Ueberzcngung heraus tm Jahre 1874 dem Millen des Dichters, dem er mit stärkster Sympathie aus Kosten Hebbels anhing, ent- gegengehandelt und „Libussa" ausgcsührt. Ucbrigens ist der erste Akt des Trauerspiels bereits im Jahre 1840 und bann noch einmal 1801 aus die Bretter gebracht worden. Heute haben wir es wieder mit einem Faktum zu tun. baS äußerlich von glücklichem Gelingen begleitet war. „Libussa" ist ein national-böhmischer Ltoss, der die romantische, sagenuuuvobine Gründung -er hohe», stolzen Prag« behandelt. Im Jahre 1819 wurden die Königin- hofcr und daraus die Grünbcrger Handschrift hcraus- gcgebcn, vermutlich hat der Dichter schon damals An regung erhalten. Libussa. aus dem Stamme des edlen Fürsten Krokus und seiner götterqlcichcn Gemahlin, trit »ach des Vaters Scheide», halb gezwungen, halb aus freier Wahl, daS Erbe an, das ihre Schwestern Kascha und Tetta im stolzen Voll gefühl ihrer vriestcrlichcn Persönlichkeiten verschmähten. Libussas Regiment ist Liebe, sie hält daS Szepter in weichen, milden Händen. Die Arbeit des Ackerbauers, des fleißigen Bergmanns ist gesegnet — sie heilt Wunden und schlichtet den Streit, wie eine echte patriarchalische Fürstin. Aber die Großen des Landes und am Ende das undank bare Volk selbst verlangen, den gebietenden Mann an der Spitze zu sehen. Libussa lehnt sich gegen die Ungebühr dieses Begehrs aus. Mit klug erdachten Rätseln täuscht sic die Wladicken, denn an ihr Herz hat schon das Schicksal mit zartem, doch starkem Finger gerührt. In dunklem, nächt lichem Walde wurde die Verirrte, bald Verunglückte von P r i in i s l a ii s gerettet und ans den Heimweg geleitet. Ter Mann handelte mit zartestem Gefühl, betrug sich so klug und taktvoll, daß ihr stolzes Herz die Erinnerung nicht bannen kann. Seinetwegen eigentlich hat sie, ihrer Empfindungen kaum bewußt, das Rätselivicl erdacht. Die beiden stolzen Menschen, der beste Mann und das beste ii-erb im Lande, finden sich nach hartem Kampfe, der säst den von einem modernen Dichter, von Strindbcrg, be handelten Liebcshaß der Geschlechter streift. Der letzte Akt bringt in schwacher Motivierung den AuSgang Libussas, die plötzlich in innere Konflikte ihrer göttlichen Abstammung nnd ihres in Primislaus ruhenden Weib tums gerät. Noch einmal, bei der Gründung Prags, der ersten Stadt Böhmens, wird sic von der lang nicht mehr geübten Sehergabe ergriffen, verkündet in herrlicher, farbenreicher Sprache eine Art von drittem Reich und so etwas wie eine künftige Weltherrschaft der Böhmen. In diesem Augenblick möchte ich eine Brtes- stellc Grillparzers nicht ulrterdrücken, die bet der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite