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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 10.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192302103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230210
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-02
- Tag1923-02-10
- Monat1923-02
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 10.02.1923
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mich verlassen. Sie möchte Krankenfww ster werden. Ich will und darf ihr nicht daran hinderlich fern." Ter wohlbeleibte Herr Rosenow, etwas angetrunken schon und äußerst redselig, schob sich mit einem Gas Bowle in der Hand an die Hausfrau heran. „Zum Wohl, meine allergnädigste Frau Sagen S«? mal. was war das für ein holdes Wunder, das eben durchs Zimmer schwebte? Direkt zum Anbeißen? Einfach Puppe!" Frau von Gerlach wiederholte ihre Erklärungen „Krankenschwester So, so — Geschmacksverirrung Auf die Bühne muß tue Sterne. Kabarett? Tie geborene Brettldiva!"' Er kniff spitzbübisch tue Augen zu, fein feistes Gesicht glühte. „Mit diesem Vorschlag werden Sic wohl wenig Glück äaben," bemerkte Frau von Gerlach kühl. Tie Gäste verabschiedeten sich, einer nach dem andern Hanna geleitete die Tamen ins Schlafzimmer ihrer Herrin, wo die Garderobe aboelegt war und half ihnen in die Pelze, in die kostbaren Äbendmäntel aus Atlas und Plü ch Hinern, bürstete Stäubchen ab, reicht Haarnadeln und H> nk> spiegel, alles ,n ihrer ruhigen, desch.idenen und bereüwi!- legen Weise. Tie Tamen musterten sie verstohlen und muß. len sich heimlich enmestehen, daß dieses Mädchen da im schlichten schwarzen Kleid mit der Weißen Mut schürze und dem gestickten Häubchen von einer überragenden Schön heit war, neben der die eigene Erscheinung verblaßte — trotz schillernden Reichtums, trotz l idener, go!d- und pelzverbrämter Abendkleider und sprühenden Schmuckes. Alles an Hanna Häffner war von einem wundervollen Ebenmaß, einer bezaubernden Ausgeglich nheit Sie befaß seinste Gelenke und Hände und Füße von ganz erlesener Schönheit. Bon sanfter, klaff scher Rundung war ihre hohe Gestalt, langbewimperte, braune Samm t ugen standen be herrschend in ihrem Gesicht, ihr schweres, in Zöpfen um den Kopf Gewundenes Haar sprühte Feuerfunken in rötlich lich tem Blond Aber das schönste war doch der Mund, dieser kleine, üppige Purpurmund mit der wehen, leicht nach unten gebogenen Linie Im weißen Atlas leid, eine dun le Rose vor der Brust, hätte Hanna Höfsner eine Prinzessin im Hoktzeitsstaat beschämen lönnen. Und doch stammte sie aus einem kleinen Ftickschvsterladen m der ErmelSdorfer Chaussee. So blind und wunderlich bildet das Schicksal feine Geschöpfe. Sie öffnete den Fahrstuhl, fuhr die Gäste hinab ins Erdgeschoß und öffnete ihnen die Haustür. In der Hand trug sie eine Kerze, das Treppenlicht vertagte wieder einmal. Als letzter verabschiedete sich der Kommerzienrat Rosenow Umständlich zog er eine Brieftasche hervor und wollte Hanna einen Schein zustecken. ./Tanke," sagte sie freundlich aber bestimmt, „ich nehme keine Trinkgelder." Er schmunzelte verblüfft. „So stolz, mein Fräulein? Run sagen Sie mal, Kindchen, wann haben Sir denn ein bischen Zeit für mich? Eine Woche noch bleibe ,ch hier, dann fahre ich nach München zurück. Wann habe» Sie AuSgang? Wollen wir uns trrffsn im Wariefaal 2. Klasse, Hauptbahnhof — morgen abend? Oder wann? Seine Zeit? Richt so spröde. Kleine, es soll Ihr Glück sein." Ter Kommerzienrit Fritz Rosenow war Mitte der Fünfziger, dickbäuchig, kurzatmig, ,m Besitz einer rosa- farbenen Glatze. Es war ihm selbst betannt, daß er nicht als Adonis gelten konnte, aber da tue Münzen lose und reichlich in fernen Taschen klimperten, wußte er sich doch weitgehender Erfolge beim weiblichen Geschlecht zu rühmen. Hier, diesen kleinen rotblonden Benus gegenüber schien diese Macht »u versagen. Er holte sich eme Abjuhr. Tas erboste den Halbberauschten. „Richt ko stolz. Kleine — Kind, hast du eine Haar farbe! Und diese dicke» Zöpfe. Komm', zeig her, das strah lende Blond." Er hob die Hand wie zu einer Liebkosung. Ta sauste ein Schlag gegen seine Stirn. Tie Kerze, die Hanna in Händen hielt, klirrte zu Boden und erlosch. Eie standen beide im Finstern. Schweigend schloß Hanna die Haustür auf. Ter Er nüchterte empfahl sich grußlos, leise fauchend vor Wut. Langsam, in der Tuntelheit tastete sich Hanna wieder die Treppenstufen hinauf. Sie half noch schnell Gläser und Teller beiseite räumen und stellte die welken und zertre tenen Blumen in frisches Wasser. Tann betrat sie das Schlafzimmer ihrer Herren. Frau von Gerlach saß im weißen Frisiermantel vor dem kerzenbestrahlten Ankleide spiegel und erbat Hannas Hilse beim Bürsten und Flechten her Haare. „Gnädige Frau," sagte das Mädchen nach einer ganzen Weile, „park ich denn zum Ersten meine Stellung verlassen?" Tie junge Witwe, eine stattliche Dreißigerin, seufzte leicht auf. „Sie wissen, ich hatte Sie nicht, mein Kind. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Aber weshalb sehen Sie denn plötzlich so blaß aus?" „ES ist nichts — nur etwas Kopfschmerz." „Legen Sie sich gleich zur Ruhe, Sie haben heute tüchtig arbeiten müssen. Ja, wie gesagt, cs fällt mir schwer. Sie wegzugeben. Ist Ihr En! ch ntz unwiderruflich? Es ist nicht leicht für em iunges Ting, jahraus, jihrem K'rankenstubenluft zu atmen." „Oh, die bin ick gewöhnt," erwiderte Hanna rasch. Meine arme Mutier bringt ihr halbes Leben im Bett zu, seit Jahren schon plagt sie der Rheumatismus. Ich als Aeltcste mutz für die vielen Geschwister sorgen. Ich bin Kummer gewohnt." Sie sagte das mit einem leicht schmerzlichen Lächeln Tann wurde sie wärmer: „Gerade weil ich von Kind am das Elend körperlicher Leiden kenne, habe ick ein so starkes Mitfühlen kür Kranke und möchte ihnen gern Erl ich erung schaffen. Ach, das ist ein so dankbarer Beruf." Tie junge Witwe schüttelte verständnislos den Kvvf. Tann versuchte sie die praktischen Fragen zu berühren. „Aber die Ausbildung kostet doch Geld, liebes Kind. Kann denn Ihr Vater das bestreiten von semem geringen Ver dienst?" „Nein, gnädige Frau, die Ausbildung kostet nichts. Ich gehe ms Gertrudenhospital und erhalte während der Ausbildungszeit sogar gleich em kleines La chengeld. Zehn Mark im Monat." „Aber Ihre Kleidung und Wä che?" „Tie bekomme ich geliefert. Alles habe ich frei." „Und was wollen Sie denn mit zehn Mark ausangcn?" „Ich habe wenigstens etwas. Höchstens mal ein biß chen Straßenbahngcld, um zu meinen Eltern zu fahren. Und meine Stiefel besohlt mir mem Vater." „So gehen Sie mit Gott!" „Und auf der Sparkasse habe ich auch für den Notfall 200 Mark." Jetzt zeigten sich wieder ihre Jahre, em lind- kicher Stolz guckte aus den Worten hervor. „Ich lege die gleiche Summe hinzu," sagte Frau von Gerlach gerührt. „Gnädige Frau —" „Schon gut. Sie sind em tapferes Mädchen. Sie werden lchcm Ihren Weg machen. Nun geben Sie mir die rosa Pantoffel und knipsen Sie die La»"ve an. Und dann gehen Sie schleunigst schlafen." 2. Kapitel. Tie Oberschwester Erna, eme Frau mit strengen -,uecn, empfing Hanna mit kühl und kritisch musternden Bücken. Mit merklicher Zurückhaltung stellte sie ihre Fraien, und die zwischen den Augen emg kerbte Falte vertiefte sich. Einfache Herkunft, sehr einfache — Volksschulbildung — Tabei ein ausfallend hübsches Mädchen. Eine Zofe, die sich zu etwas Höherem geboren fühlte. Ta wurde man entweder Schauspielerin oder Silvester. Sicher nur eme vorübergehende Laune. Colvas leistete doch nichts Der- nünftiges, blreb unstätig und unvolikommen und schuf mit seinen sckföncn Augen höchstens Unruhe unter den Herren Aerzten. Aber das geradezu glänzeirdc Zeugnis der Frau von Gerlach versöhnte etwas. „Fräulein Höffer verläßt ihre Stellung aus eigenen Wunsch", hieß cs darin, „um den Schwestern beruf zu ergreifen. Tie Ruhe, Umsicht und gleich mäßige Frohheit ihres Wesens, ihre Pflichttreue und ihr Taktgefühl prädestinieren sie in hohem Matze für ihre Tätigkeit. Ick wünsche ihr das Beste für ihren fernere» Lebensweg" . Tie Oberschwester las das zum zweitenmal, räusperte sich und sah auf. Tas Mädel schien wirklich so etwas wie Taktgefühl zu besitzen, das ergaben ihre weiteren Aussagen. „Sie können Montag um lO Uhr antreten," entschied Oberschwester Erna endlich. „Sie melden sich hier ,m Schwesternhaus." Ein Glücksschimmer flog über das liebliche Gesicht. Hanna Hösfner verneigte sich leicht. „Guten Morgen, und recht vielen Tank auch, Oberschwester." „Morgen." Hanna verließ das Gartenhaus und ging die Ka stanienallee nach dem Eingang zurück. Rechts und links lagen Pavillons im Grünen. Patienten in bmu-weiß ge streifter Kleidung, Genesende, schritten langsam im Sonnenschein daher und sahen bewundernd der leicht füßig Schreitenden nach. Hin und wieder wehte scharfer Kar« bolgeruch durch dir Büsche. Ein junger Arzt in einem weißen Leinennttel ging an ihr vorüber und sah im Vorübergehen einen Moment m ihr Gesicht. Hanna Höfsner kannte diesen Blick, mit dem die Männer sie zu br trachten Pflegten, und sah gleichmütig zur Seite. Tann fuhr sie zu ihren Eltern. Mit zärtlicher Liebe hing sie an den Ihrigen, an der kranken, blassen, abge zehrten Mutter, an dem Vater, der sich als Geselle tags über in einem großen Schnhwarengeschäst betätigte und sich nach vollendetem Tagewerk noch tn feiner Wohnung mit allerlei Flickkram abplagte, um tin paar Grosck-en mehr zu verdienen, an den Geschnnstern, den aufgeweckten Jungen und den slack)sköpfigen kleinen Schwestern, die eifrig und neugierig vle wie aus einer fremden Welt z,t ihnen tretende große Schwester, bestaunten. Hanna fühlte sich ihren Angehörigen enlwachscn. ihre eigenen llmganaSsitten waren soriuvoller, ihr Geschmack geläutert, ihr Wissen umfassender geworden. Aber ihre Wesensart und der Born, dem sie entquoll, war die gleiche, und in einem Gefühl verschwiegener und zärtlicher Rüh rung undmete sich die vom Schicksal Erhöhte den Ihrigen und deren kleinen Alltagsleiden und Freuden. „Am Montag soll ich eintreten im Gertrudenhospital", sagte sie, Hut und Handschuhe von sich legend. Tic Mutter nickte. „Tann ist cs gut. Tn hast es ja so gewollt." Sie versclßvieg, daß sie lieber ihr Kind weiterhin in einem Hause gesehen hätte, dessen Wohlstand auch ihnen Guttaten und Annchmlichteiten vermittelte. Tie Kinder kamen aus der Schule, lärmten und balg ten sich mit den Ranzen. Tie Mutter, ein armes, ge plagtes, nervöses Weib, bat mit schwacher Stimme um Ruhe. „Ihr solltet Euch schämen, solchen Skandal zu macken," rief Hanna den Jungen zu. Ta schwiegen sie augenblicklich, denn der großen, feinen Schwester gehorchten sie aufs Wort. Grete, die flinke Dreizehnjährige mit den langen Hänge zöpfen, deckte den Tikch. Tann setzten sie sich nieder, atzen süße Rosinensuppe und Bratkartoffeln und dazu ein wenig Senf und bildeten sich ein, es sei Fleisch. Schmalhans war Küchenmeister in dieser kleinen Hofwohnung. Nach dem Mittagessen kam die Nachbarin, tue Groh- manu, ein dickes Weib, aus Pantoffeln angeschlürft und wollte Hanna die Karten legen. Tie ließ es lachend geschehen. Tie Grohmann beleckte ihre Fingerspitzen und breitet, umständlich das bunte Spiel auf dem reingesch uerten Eß tisch aus. „Ta liegt die Veränderung", verkündete sie mit erhobener Stimme und m lenem reinen Hochdeutsch dessen sie sich immer zu beoienen pflegte, wenn sie diese Tätig keit ausübte. „Und da ist die Brotkarte, und der Glücks bube liegt daneben. Biel Glück liegt ans Haus, und der Kranz steht Ihnen zu, Hanncl>en, mit der Gewißheit. Und viel, viel Geld liegt ans Haus. Und da sind »rer Asse — große, schnelle Veränderung. Aber etwas Widerwärtig keit liegt dazwischen, etwas Verdruß — Krcuz-As — m der Abendstunde. Und nehmen Sie sich in Acht vor einem dunklen Herrn, Hannchcn." „Ach, das ist doch alles Unsinn," erwiderte Hanna. Eie hatte das Kinn »n die .Hand gestützt und sah zwischen Lachen und Entrüstung auf den Hof hinaus, ivo rosa Trttot- unterröcke sich im Winde an der Wäscheleine blähten und vorwitziges Hühnervolk zwischen den kurzen Beeten zn scharren begann. „I Gott bewahre," wehrte sich dte Grobmann mit strafendem Blick, „das ist alles tue pure Wahrheit. Hier, sehen Sic die Aufklärung. Tie Tränen emer hoben Stan- despcrson, — und der Herz-König, em dunkelblonder Herr —" „Liber ich habe doch gar keinen Herz-König," lachte das Mädckicn. „Der kommt, Hannchen, der kommt. Und wird Ihnen herzlich zugetan sein. Mit Sinn und Gedanken wird er bei Ihnen sein. Und dann. — Sehen Sic — da ist wieder das viele, viele Geld —" „Na, das läßt man sich ja schließlich gefallen," sagte Hanna in gutmütigem Spott. „Krieg ick was ab?" fragte Grete, die mit sehnsüch tigen Blicken daneben stand. „Aber gewiß, mein Kleinchen," sagte Hanna zuversicht lich, das Kind zärtlich umschlingend. Tann trank man Kaffee und schimpfte gemeinsam auf die teuren, schlechten Zeiten. Am Montag inorgen meldete sich Hanna mr Schwe- sternhaus. Sie wurde von der Hausschwester in Empfang genommen. Tie sah sie mit kurzen, prüfenden Blicken an. „Wie heißen Sie? Johanna? — Johanna ist zu lang. Wir werden Sie Schwester Hanna rufen." „Man nennt mich bereits von .Kind an Hanna." l „Um so besser," versetzte Sclüvester Frida kühl. ' Als Hanna eingckleidct war und ihre Sachen ausgc- packt hatte, ries der Gong zum Mittagsmahl. Ta saß sie nun im Speisesaal unter unzählig vielen fremden Schwestern und atz em Mischgericht, Fleisch und Gemüse, derbe Hausmannskost. Sie glaubte, ihre neue Er scheinung müsse aller Blicke aus sich lenken, aber inan schenkte ihr wenig Aufmerksamkeit, nur ihre beiden Nackckarmnen richteten ein paar gleichmütige Fragen an sie. Tie inc.sten sahen interesselos an ihr vorüber. Dieser erste Tag war noch dienstfrei, er verging mit Anweisungen, die Hanna von verschiedenen Steilen auS empfing. Ihr Zimmer teilte sie mit zwei anderen Kol leginnen, den Schwestern Elsa und Irma. Erstere war eine verblühte, sehr diensteifrige Vierzigerin, die vor lauter Pflichtgefühl morqenS schon eine Stunde vor der vor« schristsmäßigen Zeit autzustehen pflegte, letztere ein ko kettes Ting von großer Gutmütigkeit. Ter Raum war mäßig groß und mit puritanischer Ein fachheit ausgestattet. Drei ^eldbettstellcn, ein großer Tannenschrank, drei eiserne Waschständer, drei Stühle, ein Tisch, eine Komrnode. Es war nicht leicht, alle Beklei dungsstücke m dem dritten Teil dieses Schrankes unter- zubringen, und auch sonst kam man sich oft ms Gehege. An den Wänden hingen gedruckte Hausordnungen mit Vor schriften; bis zu einer oestimmten Tageszeit mutzten die Betten gemacht und die Cpreitdecken zurückgeschlagen sein. Tinte und Bücher durften nicht yerumliegen, sondern mutz ten stets unter Verschluß gehalten werden; ferner war eS verboten, Nägel in die Wände einzutreiben. Tiefe kasernenmäßige Ausmachung wehte anfangs wie ein erkältender Windstoß über Hanna hm, die aus der wolligen Behaglichkeit deS Gerlachschen Hauses kam, aber der Gedanke an ihren hohen Beruf versöhnte wieder. Bald lebte sie fick mit der ihr eigenen Anpassungsfähig keit ein in ihre neue Umwelt, wenngleich sie anfangs meist schwere körperliche Arbeit zu verrichten hatte, Treten auf- wischen, Türen abseifen, Waschzeschirre reinigen. Fußböden lackieren. Früh um sechs Uhr stand sie bereits m der Zugluft der langen Korridore neben den offenen Fenstern und strich Brötckcn für die Pattenten. Sie wurde in der Teeküche beschäftigt, mußte bis spät abends auf dem Posten sein und sank dann in rechtschaffener Müdigkeit auf ihr hartes Feldbett. Trotzdem fühlte sie eine tiefe, innere Befriedigung und ließ sich durch unliebsame Arbeiten nickt ab schrecken. Wie überall, so erregte auch hier ihre Erscheinung Aufsehen. Tic Patienten riefen sie an, wenn sie durch die Säle ging und bettelten schönheitshungrig um emcn freund lichen Blick und ein Wort, die Aerzte sahen schweigend hinter ihr her. wenn sie ihnen aus dem Korridor be gegnete. Tas schlichte Kleid und die steife, Weiße Haube kleideten sie zum Entzücken. Unter den Schwestern befanden sich ältere, verbitterte, vonr Schicksal kaltgestellte Geschöpfe, denen diese rotblonde blühende Schönheit cm Torn im Auge war; die jüngeren Schwestern fürchteten sie als Konkurrenz, denn auch die Patienten und Aerzte waren — Männer. So kam eS, datz sie eigentlich ziemlich isoliert da stand, ohne eine nahe Vertraute. So kam es auch, daß der Klatsch üppig auSzuschlagen begann wie em giftiges Unkraut —, datz man der Oberschwester allerlei Ge hässigkeiten zutrug. Eines Tages befand sich Hanna im Operations zimmer und tat Hilfeleistungen bei der Narkose. Außer ihr war noch ein junger Oberarzt anwesend, der eben falls Vorbereitungen zur Operation traf. Fortsetzung folgt. Ge-esket rmfrer arme» Alte»! Des Krieges Geißel schlug mit harter Hand Unser geliebtes teures Vaterland. Vernichtet wurde manches junge Lebe». Des Alters Stutz« wurde hinqegeben Al« laut di« Krkgsfanfaren schallten Bon unsren lieben, braven Alten. Verhängnisvoll ward unsres Schicksal« Laus, Wohl keines Menschenhand hielt ihn noch austl Die Geißel ruht, doch harte TeurungSwrlle Drang gierig steigend über jede Schwelle; Not und Entbehrung konnten Einkehr halten Als trübe Gäste unsrer lieben Alten. So manches Mütterchen, so mancher Greis In diesen Tagen keinen Rat mehr weiß. Sie suhlen sich von aller Welt verlassen: Ihr schlichter Sinn kann es noch gar nicht fassen. Daß, o so lange schon, fast nichts mehr galten Mühsam er K arte Groschen unsrer Alten. Furchtbares LoS! Noch größer wird die Noti ES reicht nicht mehr »um schmalen Bissen «rot;; Berkauft ward schon da- letzt« bißchen Habe, O, Herr, wie weit hab' ich noch bi- >um GrahH So klagen sie und voll Verzweiflung falten Die müden Hände unsre armen Alten. O, laßt uns lindern diesen Fluch der Zeit, Sein Bannwort lautet: »Uedt Barmherzigkeit!* * Wird euch der recht« Opfermut beleben. So wird «in jeder gern nach Kräften geben. Als lichter Stern Barmherzigkeit soll walten, Gebt, was ihr könnt, für unsre armen Alten. Frau Frieda Fran. *) Dieses Gedicht wurde als Prolog »um Wohltätigkeit«- fest für AiterSbilse der Fechtschule in Möderau gesprochen.
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