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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192304047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230404
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-04
- Tag1923-04-04
- Monat1923-04
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1923
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Riesaer G Tagcklal und Anzeigrr Mtblatt »nd Anzeiger). Das Riesaer Tageblatt euthült die amtttchm Bekauotmachuvgeu " ' ' ' der UmtSylMhtma««schaft Srotzenhain. des Amtsgerichts, der AmtSanwaltschaft beim Amtsgerichte «nd des Rates der Stadt Riesa, de» Finanzamts Riesa «nd des Hauptzollamts Meiden, sowie de» GemclnderateS Gröba. Postscheckkonto: Dresden 1280 Virokajs« Riesa Nr. 22. 78. Mittwoch, 4. April 1S23, abends. 76. Jahrq. Das Riesaer Tageblatt erfcheiut jede« Tag abend» '/,S^UHr mit Ausnahme der Sonn» und Festtage. Vez»>s-eetS, gegen Vorauszahlung, sllr April <400.— Mart einschl. Bringerlohn. Anreigen für die Nummer de« Ausgabetage« sind di» 9 Uhr vormittags aufzugeben und im voraus zu bezahlen; -ine Bewahr für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird nicht übernommen. Preis sür die »0 mm breit«, 8 mm hohe «rundschrift.Zeile (S Silben) 220.— Mark; zeitraubender und tabellarischer Satz 50«. Ausschlag. NachmrisungS- und Vermittelungsgebühr 50.— Mack. Feste Tarife. Bewilligter Rabatt erlisch«, wenn der Betrag verfällt, durch Klag« «inoezogen werden muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Zahlung», und Erfüllungsort: Riesa. Achttägige Unterhaltung«, beilag« -Erzähler an der Elbe". — Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Storungen des Betriebe« der Druckerei, der Lieferanten oder dec Befördernngselnrichlungen — bat. «er Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreise«. Rotationsdruck und Verlag: Langer L Winterlich, Riesa. VrlLiiftSstelle: Geettzeftretzr SS. Verantwortlich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Rieja; sü.r Anzeiaenteil: Wilhelm Dittrich, Niela . - z— —HI— — -- > , ' - . - Hundesteuer betr. , Di« Besitzer der im Stadtbezirk Riesa am 10. April 1923 aedaltenen Hunde werden Hiermit cmfgesordert, in der Zeit vom 10. bis 24. Avril die Hunde schriftlich bei der Stadt» kaffe anzumelden. Die Anmeldung erstreckt sich ans alle Hunde. Wer nach dem 10. April in Riesa einen Hnnd anschafft oder einsiihrt, bat dieses gleichfalls und zwar binnen 14 Tagen bei der Stadtkaffe anznzeigen. Die Steuer ist sür die am 10. April gehaltenen Hunde bi« zum SV. April 1VL3, im übrigen 4 Wochen nach der Anschaffung bezw. nach Eintritt der Stenerpflicht gegen Empfang der Steuermarke zu entrichten. Von der städt. Aufsichtsperson über das Hnndeweien werden diefenigen Hunde weggesangen, die nach dem 30. Avril 1923 außerhalb der Häuser, Gehöfte, und sonstigen geschloffenen Räume ohne die für das Jabr 1923 gültige Steuermarke am Halsband betroffen werden. Tie Benker solcher Hunde sind gemäß 8 4 des Gesetzes über die Hundesteuer vom 28. 7. 1922 mit einer Geldstrafe bis zu 1000 M.— z« belegen. Der Rat der Stadt Riesa, am 3. April 1923. Volksschulen Riesa. Die Aufnahme der Ostrrneulinge findet Montag, de« v. Avril 1023 in den Turn hallen vorm. 1v Uhr statt. Ti« Leiter der Volksschulen. Das Blutbad in Esseu. Die Sahl der Opfer der blutigen Ereignisse am Sonnabend bat sich auf 13 erhöbt. Die Erschossenen werden Ende der Woche in einem gemeinsamen Grabe auf dem während des Krieges angelegten Essener Ebrenfriedbos bestattet werden. Die Krupp'ichen Werke, aus denen beute vorinittazi nach Beendigung des 24stü»digen Proteststreikes die Arbeit wieder ausgenommen wird, werden am Tage der Beerdigung abermals still liegen. Eine Kommission von französischen Merzte« bat die Leichen der Opfer des Essener Blutbades besichtigt. Die Kommission bat festgestellt, das; fünf Arbeiter durch Rücken schüsse getütet worden sind. Von den verwundeten Arbeitern haben 29 Rückenschüsse erhalten. 14 Arbeiter haben leichtere Verletzungen durch Abspringen von den Dächern erlitten. Von den Franzosen ist setzt eine Unter suchung der Vorgänge am Kruppwerk eingeleitet worden; der Offizier, der den Befehl zum Schietzen erteilt hat, ist von General Drgoutte nach Düffeldorf befohlen worden. Der ReichSarbeitSminister hat folgende Beileids- telegramme nach Essen gerichtet: An die Direktion der Krupvwerke Essen. Angesichts der neuen unerhörten gewaltsame» Eingriffe in Ihr Werk und des Verlustes so vieler braver Männer spreche ich Ihnen meine aufrichtigste Teilnahme aus. Der Mord an Ihren Arbeitern und die Gefangennahme Ihrer Direktoren sind Schläge nicht nur gegen Ihr Werk und gegen das Ruhr gebiet als Herz der deutschen Wirtschaft, sie treffen nicht weniger das Recht der freien Arbeit und die grundlegenden Menschenrechte. Trotz allem bleiben wir des schließlichen Sieges des Rechts gewih. — An den Betriebsrat der Kruppwerke Essen. Mit tiefer Trauer und Empörung habe ich von der Ermordung der Arbeiter und Betriebsrats mitglieder der Kruppwerke durch die französische Besatzung vernommen. Meine langfährige Tätigkeit inmitten der Arbeiterschaft Essens und mein gegenwärtiges Amt lasse» mich Ihren Schmerz doppelt Mitempfinden. Ich bin gewiß, daß die gesamte Arbeiterschaft Deutschlands, ja der aanzen Welt, empört ist über dieses Attentat gegen das grund legende Recht des Arbeiters auf die Freiheit seiner Arbeit. Ich weiß, daß kein Terror stark genug ist, um die deutschen Arbeiter von der Verteidigung dieser Freiheit abznhalten. Wir wollen als freie deutsche Männer und nicht als Sklaven arbeiten. Die im Deutschen GcwerkschaftSbund vereinigten christlich-nationalen Gewerkschaften sandten an den Be triebsrat der Friedrich Krupp A.-G. Essen folgendes Tele gramm: „Wir sind von Schmerz und Empörung erfüllt ob des mörderischen Anschlags der französischen Eindringlinge auf die Krupp'sche Arbeiterschaft. Sprechen Sie den Hinter bliebenen der Getötete» und den Verlebten unsere herzlichst« Teilnahme ans. Diese himmelschreiende Tat der fremden Gewalthaber bleibt nicht ungesühnt. Vor der Welt fordern wir Genugtuung sür diesen Uebersall auf den Frieden, das Leben und die Freiheit unserer ArbeitLbrüder." — An die Direktion der Friedrich Krupp A.-G. Esten ging folgende Drahtung: „Anläßlich des gewalttätigen Einbruchs der Franzosen in Ihr Werk, dem so viele Ihrer wackeren Arbeiter zum Opfer fielen, spreche ich Ihnen namens der im Deutschen Gewerkschaftsbunde vereinigten christlich nationalen Gewerkschaften Deutschlands herzlichste Teil nahme aus. Nehmen Sie gleichzeitig die Versicherung entgegen, daß die christlich-nationalen Gewerkschaften ihr Bestes tun werden, die Front des deutschen Volkes zur Abwehr dieser schuldbeladenen fremden Machtgier noch geschliffener zu gestalten. Stegerwald." Kardinal Schulte hat an« Anlaß der blutigen Vor kommnisse in Essen an den dortigen Prälatin Euskirchen folgende Drahtung gesandt: „Den Angehörigen der Er mordeten und Verletzte» bitt« ich mein tiefstes Mitgefühl zu übermitteln. Diese grauenvoll« Entweihung des Oster- friedens klagt den Feind vor aller Welt an." Die Arbeitnehmerschaft der Firma Krupp ist gestern vormittag 10 Uhr in einen SSftündigeu Proteftftreik getreten. Gleichzeitig hat der Betriebsrat eine Kundgevung erlaffen, in der die Arbeiterschaft ihren Abscheu gegen da von den Franzosen angerichtete Blutbad zum Ausdruck bringt und gegen die Verhaftung einigerLeiter des Werkes protestiert. Lüge» d«S »Daily Telegraph" über den Essener Massenmord. Aus London wird gemeldet: Der »Daily Telegraph" glaubt zu dem Essener Blutbad mitteilen zu können, daß während des Zusammeuftrömen» der Arbeitermassen Herr Krupp von Bohleu-Halbach, sowie Mitglieder des Ver- waltungsrates der Gesellschaft vom sogenannten Krupp- Turm des Verwaltungsgebäude» au» mit Ferngläsern dir Szenen beobachtet hätten, wie «in General einer militärischen Operation folge. Da» Blatt fügt hinzu, der Chef de» Hause« Knipp hätte die Massen beruhigen können, hab« aber geglaubt, die Soldaten würden sich durch den Anblick der Ardeitermassen «inschüchtern lassen., . .— ' s Die täglichen Gewaltakte. Auf den drei ne» besetzten Zechen find von den Fran zosen folgende Anlage» beicht woiden: Auf Zeche König Ludwig die Kokerei und die Anlagen für Gewinnung von Nebenprodukten. Fremde, in französischem Lohn stehende Arbeiter sind bisher nicht ringctroffen. Abtransportiert wurden nur gestern zehn Wagen mit Koks und zwei mit Kohlen beladene Wagen, die die Franzosen schon beladen vorgefnnden batten, sowie ein Kesselwagen. Auf Zeche Waltrop haben sie die Kokerei und die Anlagen für Ge winnung von Nebenprodukten sowie den Zechenbahnhof beseht. Der Grubenbetrieb ruht feit der Besrhung. Tie Zecke Bergmannsglnck ist ganz besetzt. Die Belegschaft hat die Arbeit eingestellt. Am 28. März wurde der Bahn- Hof Bottrop.Süd besetzt sowie die Hafenaniagen der Zeche Bottrop. Auf der Strecke Bottrop—Osterfeld beginnen di« Franzosen, Brennstoffe zu den Hafenanlagen zur Weiter leitung auf dem Rhein-Herne-Kanal abzutranSportieren. In Recklinghausen Süd halten die Franzosen erneut Kohlenzüae an. Lie für Italien und Holland bestimmt waren. Dir Telephonleitungen der Zeche Scharnhorst nach der Zecke Gneisenau und nach dem Dortmunder Telegraphen amt sind von französischen Soldaten abgeschnitten und für ihre Zwecke verwendet morden. Die deutschen LeitungS- aufsehrr, die die Störungen beseitigen wollten, wurden fest genommen und nach der Ankündigung, daß sie, falls sie noch einmal Gestänge und Anlagen beträten, erschossen werden würden, wieder entlasse». Die Zeche Scharnhorst ist jetzt von jeglichem Telephonoerkehr abgrschnittrn, also der Möglichkeit beraubt, für Beamte und Arbeiter bei einem Griibenunglück schnell die nötige Hils« herbrizurufen. Im Bergischen Lande sind Rüuderath und Gimborn durch französische Kavallerie besetzt worden. Gummersbach und Dürnnghausen sind noch frei. An der Ostgrenze de« EinbruckSgebirts gehen starke Truvpenverschiebungen von «nd nach Frankreich vor sich. In Bochum und Herne haben die Franzosen öffentliche Ledrnsmittelverkaufsftelle« eingerichtet, in denen sie sämtliche Lebensmittel um LS billiger verkaufen, als sie in deutschen Geschäften verkauft werden. — In der gestrigen Nacht sind auf der Bahnstrecke Kupferdreh—Kettwig die Bahngieise von unbekannten Tätern gesprengt worden. In Bochum haben die Franzosen gestern in der Filiale der Commerz» und Privatbank nicht nur Kaffengelder, sondern auch die Bestände offener Tresors beschlagnahmt. Gestern ist in Mannheim der aus der Seite des Bahn- Hoss Neckarvorstadt gelegene Teil der FriedrichSbrücke von den Franzosen abgesperrt worden. E» haben sich daraus empfindliche Verkehrsstörungen ergeben. In dem Personen-, Güter- und Postverkehr auf dem Hessischen Bahnhof ist noch kein Eingriff erfolgt. — In dem am Sonnabend besetzten Motorenwerk Mannheim vormals Benz ist die Arbeiter schaft und auch die Beamtenschaft am Arbeiten verhindert. Die Beamten sanden heute vormittag in den Magazin räumen geschloffene Behälter aufgebrochrn und darin unter gebrachte Sachen verstreut. Auch sind Verunreinigungen vorgekommen. Die zunächst im evangelischen Waisenbau untergebrachte Mannschaft ist nun ganz in da« alte Benz- werk gelegt worden, worin jetzt 200 Mann, wa» einer Kompagnie in Kriegsstärke entspricht, mit drei Maschinen gewehren und dazu gehörigen Mauleseln untergebracht sind. Eine neue große Schiffsmaschine ist gestern von einem Zivilisten photographiert worden. Außerdem wurde die Herausgabe von Zeichnungen, Diagrammen usw. verlangt. Die Direktion hat dies aber abgelchnt und zugleich wegen der Beschädigungen und Beschmutzungen Schadenersatz- sorderunge» erhoben. Die Franzosen setzen dir Beschlagnahme der Weindmängen» Kellereien in Wiesbaden fort. Da die Verwaltungen sich geweigert haben, unter den Franzosen weiter zu arbeiten, sind die Kellereien geschlossen worden. Aus den Protesten, den die Lehrer de- Ruhrgebiet- gegen die Inanspruchnahme von Schulen durch die französisch-belgische Besatzungebebörde erlasse» haben, gebt hervor, daß Mitte März durch di« Jnvasionstruvpeu bereit» 134 Volksschulen mit 943 Schulräume», ein« Mittelschule «nd 12 höhere Schulen saft ganz belegt, 11 höhere Schule» teilweise und 6 weiter« Schule» vorübergehend beschlag nahmt worden sind. Viele zebntansende von Schulkinder» find dadurch vom Schulunterricht ausgeschlossen. Wie jetzt der Stadtverwaltung von Bottrop offiziell bekannt geworden ist, befindet sich Oberbürgermeister l)r. Bauer im Gefängnis in Zweibrücken. Nach den ihr zugegangenen Mitteilungen werden di« verhafteten Bürger- meister dort i» halbdunkler gelle wie Gefängnisinsassen, di« «in« schwer« Strafe zu verbüßen haben, behandelt. Bürgermeister vr. Mihm war auch im Gefängnis t» Zwei drücken untergebracht; ob er sich noch dort befindet, entzieht sich der Kenntnis der Stadtverwaltung. General Drgoutte hat, nachdem di« Ruhrindnstriellen vor einige» Tage» beschlossen haben, unter keinen Umstünde» di« von den Franzosen grsorderte Ablieferung der Kohlen steuer bi« 31. Mär» zu leisten, beute de» BergwerkS- djrettoren Mitteilen lassen, daß die UltimatumSsrist bis »um IS. Avril orrlänaert wprdeu ist. Bonar Laws Krankheit. Die Krankbeiten leitender Staatsmänner sind nickt selten politischer Nntur. Den Aufregungen einer schweren politische» Krisis ist ihre Gesundheit selten gewachsen, während sie sofort wieder gesunden, wenn die politischen Schwierigkeiten überwunden oder sie selbst ihnen gewichen sind. Ta bisher von einer Krankheit des englischen Ministerpräsidenten Bonar Low im Auslände nichts bekannt mar, mußte dir plötzliche Mitteilung des „Manchester Guardian" über die starke Verschlimmerung seines Gesund heitszustandes allgemeine Ueberraschung Hervorrufen. Ta gleich hinzngefügt wurde, daß di« Aerzte bereits den Rück tritt Bonar LawS ins Auae gefaßt haben, so war der Zweck der Mitteilung von voniberein klar. Nicht die Aerzte, son dern die englischen Politiker denken an den Rücktritt der Ministerpräsidenten. Seine Krankheit ist ohne Zweifel eine politische, und sein« „Aerzte", die ihn politisch unibringe» wollen, um ihn körperlich zu heilen, halten auch, was doch eigentlich über ihre Aufgabe hinauSgebt, schon den Nach folger bereit. E« ist der bisherige Sckntzkanzlec des konser vativen Kabinetts Stanley Baldwin. lieber dessen Stellung zu de» schwebenden autzrtlpolitischen Fragen ist biSbec nickt viel bekannt geworden. Ader er gilt im allgemeinen als rin noch wärmerer Freund der Verständigung mit Frank reich als Bonar Law. Dessen plötzliche Krankheit und Ruck- tritttsabsicht deuten also wähl daraushin, daß England oder die herrschende konservative Partei unter allen Umständen einen neuen VerstäudigungSversuch mit Frankreich unter nehmen will. Die Orirntsrage ist wieder einmal in den Mittelpunkt der internationalen Politik getreten, und Eng land braucht sür die kommende zweite Lausanner Konferenz die Unterstützung Frankreichs gegen die Turke». ES ist des halb eine starke Strömung unter den englischen Konser vativen vorhanden, Bonar Law, dem dir Franzosen ebenso wir Lloyd George Unzuoerläisigkeit in der Pflege der eng- lisch-französifchett FrenndschaftSbeziehungen vorwerien, dem Grolle Poincar»S zum Opfer zu bringen. Auch die Relle Lord Curzons, des Außenministers, nach Tours, die ebenjallS in der Orffentlichkeit als «ine Badereise zur Stärkung dec Gesundheit dieses englischen Staatsmanns hingcsteltr wird, deutet auf di« Absicht der Anlnüpiung neuer politischer Be sprechungen mit Pari- hin. Die Franzmen haben dem an geblich nur kurbedürstigru Curzon «turn besonderen Draht nach London zur Beringung gestellt, damit er von Tours aus die britisch« Autzrnpolitik weiter leite» kann. War könnte ihnen auch angenehmer sein, als daß die brinicue Außenpolitik von Frankreich aus geleitet wirdl Man weiß, daß Lord Curzon stet» die englischen Lrieutimeressen in erster Linie im Auge hat und ihnen alle andern Tinge zum Opier zu bringen bereit ist. Es ist also durchaus möglich, daß die englische» Konservativen den ,n Frankreich i» Un gnade gesaUrneu Bonar Law ausschiffen wollen, um ein neues Haudeisgrschast mit den Franzosen — Orient gegen Ruhr — abzuschUeßen, und daß deshalb Bonar Law so plötz lich erkranken mußte. Die Orie«tfrage vor der Lösung. Seit dem Abbruch der ersten Konferenz von Lausanne sind die Orientangelcgenheitcn von beiden Teilen soweit ge fördert worden, daß heule die Wahrscheinlichkeit einer Loiting gegeben ist. Ter Konferenz von Lauianne wird eine zwcue folgen, die nach einer italienischen Meldung an dcmfetoen Orte ftattflnden wird. Lie Ententemächte haben in einer gemeinsamen Note an die Türken die Erklärung abgegeben, daß sie bereit seien, die türkischen Vorschläge und Gegen vorschläge mürrdlich zu erörtern. Tic auircane und bewusst wollende Haltung der Türken Hal somit einen strsvlg ge zeitigt, der allen anderen Slaaren, die seir lvlri mii der Entente verhandeln mußten, versagt geblieben ist. Wenn auch in den bevorstehenden Verl-anültrngen die Wirischafts- sragen ausgeschaltet sind, d. h. lediglich in dem Sinne er örtert werden sollen, wie sic der Fricdensvertrag bereits geregelt hat, so liegt doch nunmehr die Möglichkeit vor, zwischen der türkischen Regierung und den ausländischen Konzejsionsinhabcrn feste und daucrhaste Vereinbarungen zu erzielen. Bezüglich der Regelung der territorialen Fragen glaubt man unschwer zu einer Einigung zu ge langen, da die Türken damit einverstanden sein sollen, das wichtigste Problem, die Grenzziehung bei Mossul aus ein Jahr zu vertagen. Während dieser Frist will man die Zeit wirken lassen, hofft auf eine Festigung der Beziehungen nnü glaubt schließlich, daß auch die Mvssul-Fragc, Lie bisher ein Kernstück der Verhandlungen bildete, zwischen Mächten, die in „freundschaftlichen" Beziehungen zu einander stehen, ohne größere Schwierigkeiten gelüst werden kann. — Ter Kon ferenz von Lausanne können sich noch Schwierigkeiten in den Weg stellen, die man heute noch nicht voranoschcn kann. Das Eine aber kann man sagen: besteht bei beiden Teilen der Wille, zu einer Befriedung des Orients zu gelangen, so ist der Weg dazu nunmehr gegeben. ... . .
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