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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192304178
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-04
- Tag1923-04-17
- Monat1923-04
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1923
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Riesaer M Tageblatt ««d Elbeblatt und Ämeiaer). Postscheckkonto: Dresden 15Stz Birokasse Riesa Nr. 52. und Anzeiger «Llbtblatt uud Anzeiger). vrahtanschrift: ragedlatt Riesa. Da» Riesaer Tageblatt enthSlt die amtliche« vermmtmach««-e» üernrui ^ir. . Amtsyauptmaunschaft Großenhain, des Amtsgerichts, der «mtSanwaltschast beim Amtsgerichte ««d des Rates der Stadt Riesa, des Finanzamts Riesa und des Hauptzollamts Meiste«, sowie des Gemeinderate» Sröba. Dienstag, 17. April 1S23, abends 7«. Jahr« 89 Da» Riesaer Tageblatt erscheint sebeu L«, abend« '/,S Uhr mit Ausnahme der Tonn, und Festtage. BezusStzrei», gegen Vorauszahlung, für April 4800.- ^tart einschl. Bringerlohn. An,eigen slic die Nummer de« Ausgabetages sind di» S Uhr vormittag» aufzugeben und im voraus zu bezahlen: »ine Gewähr für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird nicht übernommen. Preis für di« VS ww breite, S wa> hohe «rundschrist.Zrtle (S Silben) 250.— Mark; zeitraubender und tabellarischer Satz 50° Ausschlag. Nachweisung», und Aermittelungsgebühr 50.— Mark. Feste Tarife. Bewilligter Rabatt erlischt, wenn der Bettag verfällt, durch «lag« eingezogen werden muh oder der Auftraggeber in ttonkur» gerät. Zahlung», und Erfüllungsort: Riesa. Achttägige Unterhaltungs- betlaa« Erzähler h« Elbe". — Im Falle höherer Gewalt — «lieg oder sonstiger irgenowelcher Störungen de» Betriebes der Druckerei, dec Lieferanten oder der Besörderungseinrichtungen — Lat der Bezieher reinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreises. Rotationsdruck und Verlag: Langer L Winterlich, Riesa. * GekLöllSttege: Gerttzeftraße »9. Berantwor.. ch für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa; fjlr Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich, Riesa. Getreidepreise betr. Die Preise für all« au» der Ernte 1922 auf da» 6. Sechstel der Umlage erfolgten «Nd noch erfolgende» Ablieferungen sind wie folgt erhöbt worden: Für die Tonne Roggen auf 65O NOO M. » „ , Weizen . 720 000 . „ , „ Gerste „ 530 000 „ „ „ » Hafer „ 480000 „ Die Wirtschaftsstelle des Kommunalverbandes wird alsbald nach Eingang der Nach- zahlungsbeträge von der ReichSgetreidestelle mit den Nachzahlungen beginne». Etwa noch im Besitz der Landwirte befindliche Ablieferungsscheine über das von ibnen auf die Umlage abgelieserte Getreide sind umgehend, nach Befinden durch die Ver mittelung der zuständige» Gemeindebehörde, an die WirtschastSstelle des Kommunalver- bandes einzusenden. Großenhain, am 13, Avril 1923. 2012 l. Der Kommuualverband. Der vom Rate nach Gehör des Stadtvcrordneten-KoUeginins auigestettte Ul. Nach, trag zur Marktordnung für die Stadt Riesa vom 29. März 1912 liegt vom 18. Avril 1923 ab 14 Tage lang zu Jedermanns Einsicht im Rathanse, Zimmer Nr. 3, öffentlich aus. Der Rat der Stadt Riesa. am 16. Avril 1923. Kr. likplW iks 8nlM mi HnSdlMchie m HnÜrnieiMiAjchk IW A. Am 1. Mai 1923 beginnt ein neues Hausbrandwirtschaftsjahr. Mit diesem Zeit punkt verfallen die Ende April ablaufenden Kohlenkarten und es gelten neue Bezugs karten, die als o) Koblengrundkarten (rosa), b) Kohlenkarte» für kleingewerbliche und land wirtschaftliche Betriebe (lila) und <-) Untermieterkarten (gelb), in demselben Umfange wie rin vergangenen Jahre zur Ausgabe gelangen. Die Ausgabe der unter » und t> bezeichneten Kohlenkarten erfolgt gleichzeitig mit der Ausgabe der Brotkarten in der in der Bekanntmachung vom 19. 2. 23 veröffentlichten Reihenfolge, beginnend mit Donnerstag, den 19. April 1923. Die Nachmittagsausgaben finden jedoch nur noch von 2—5 Uhr statt. Anträge aus Untermieterkarten für diejenigen, die gezwungen sind, mährend der Sommermonate «inen Kochofen besonders zu beheizen, sind im Rathaus, Zimmer 5. zu stellen. Die Kohlenkarten sind von deren Inhabern alsbald nach Empfang bei demjenigen hiesigen Kohlenhändler, von dem während der Gültigkeitsdauer der Karten die Kohle» bezogen werden sollen, zur Kundenliste anznmelden. Mit Rücksicht auf die jetzt günstige Kohlenlage werden die neuen Kohlenkarten bis auf weiteres bereits jetzt schon im vollen Umfange zur Belieferung freigcgebeu und es wird empfohlen, von dieser Möglichkeit einer Bevorratung für den nächsten Winter regen Gebrauch zu machen. Ter Rat der Stadt Niesa, am 17. April 1923. MzMeiMW M UMUr M RMMUr zorslkkii«. Gasthof „zum Tachsenbof" Nossen. Mittwoch, den S». Avril 1V23, vor«. ,10 Uhr r 1. vom Marbacher Revier: 3 eich. u. escb. Stämme 19 26 <-m, 680 w. dergl. 16 41 «m, 10 eich., efch. u. ah. Klötze 16 47 em, 149 w. dergl. 13/35 em, Wurf. u. Bruchhölzer iv Abt. 52, 54-57, 72, 75—79, 82, 85, 102. rs. Vom Reichenbacher Forstrevier: 1 bu. Stamm 33 em. 50 fi. Stämme 10,15 ew, 2 bu. Klötze 17/27 em, 1560 fi. Schleishölzer 7 12 em, 716 fi. Terdftangen 8 13 em, 110 fi, Banmpfähle 5/6 em, 7.5 rm fi. Nntzscheite, 42,5 rm fi. Nntzknüvvel, 1240 fi. Reisftange« 2/7 em als Einzelbölzer Abt. 4, 6, 11, 12, 16, 17. 19. 20. 36. 38. 44. 46. 48. . Aorstrevier-Berw. Marbach u. Reichenbach u. Forstrentamt Augustusburg. Deutscher Reichstag. wtb. Berlin, 16. April. Die Rede des Autzeo Ministers. Da» vorläufige Handelsabkommen »wischen Deutsch, land und Svanien wird ohne Aussprache in zweiter und dritter Lesung angenommen. Dann beginnt die zweite Beratung des Haushalts des Auswärtige« Amts. Die Tribünen sind in Erwartung der großen Rede des Außenministers stark besetzt. Während des AuüschutzberichteS, den Abg. Dr. Hötzsch (Dnat.) erstattet, füllt sich auch der Saal. Am Regierungstisch sitzen neben dem Reichskanzler auch die übrigen Mitglieder des Kabinetts. Austenminister Dr. v. Rosenberg bezeichnet es beim Beginn seiner Rede als notwendig, ein Verhältnis des rückhaltlosen Vertrauens zwischen Parla ment und Ministerium zu schaffen. Die Regierung kann eine erfolgreiche Außenpolitik nur führen, wenn sie hinter sich das Volk und seine Vertretung weiß. Im Apparat des Auswärtigen Dienste« kommt es mehr auf Qualität als aus Quantität an. Die Folge» des Weltkrieges empfinden wir täglich schwerer als Staat und als Volk. Meine Vor gänger haben eine unendlich schwierige Arbeit verrichten müssen. Wer in dieser Arbeit steht, der verliert schnell die Illusion, daß mir viele Freunde in der Welt besäßen. (Sehr wahr!) Den wenigen Freunden aber, die wir in der Welt besitzen, in einer Zeit, wo Mut dazu gebärt, ihnen gebührt ein Wort des Dankes. (Beifall.) Dank gebührt auch den Deutschen im Ausland, deren Treue wir täglich erfahren. (Beifall.) An Ruhr und Nhei» kämpst eine starke, mit den modernsten Waffen ausgerüstete Armee gegen ei» Waffen» loses, nur mit der Macht einer Idee ausgerüstetes Volk. Wir gedenken dankbar des tapferen Widerstandes dieser schwer leidenden Bevölkerung, besonders unserer wackeren Eisenbahner. (Beifall.) Gelänge es Frankreich — was nicht der Fall sein wird —, diese waffenlose Bevölkerung aufs Knie zu zwingen, so wäre der MilitariSmus.für alle Zukunft Trumpf in der Welt und nur die Zahl der Bajonette würde entscheidend sein für Rechtsfragen. Geht das Ringen für uns günstig aus, dann märe bewiesen, daß auch die Gewalt der kriegerischen Machtmittel ihre Grenze hat «nd daß der auf Vernunft gestützte fest entschlossene Wille der Bevölkerung stärker ist als Tanks und Maschinengewehre. (Lebhafter Beifall links.) Unser eigenes Ziel in diesem Kampfe ist ein reines Verteidigungsziel ohne jeden agressiven Charakter. Demgemäß sind auch unsere Abwehrmaßnahmen rein defen siver Natur. Kraft und Erfolg unserer Abwehr hängt da von ab, daß es so bleibt. (Lebhafter Beifall links.) Darum unsere dauernde Mahnung zur Besonnenheit. Unser Ziel ist: Durch Festigkeit zur Freiheit! Von Frankreich wird dauernd Deutschland böser Wille vorgeworfen. Tatsächlich haben die deutschen Regierungen dauernd den Willen be wiese», dieReparationSleistungen nach Maßgabe der deutschen Leistungsfähigkeit zu erfüllen. Unser Angebot, der Pariser Konferenz unier letztes weitgehendes Angebot zu überreichen und mündlich erläutern zu lassen, wurde keiner Antwort gewürdigt. So siebt der böse Wille Deutschlands «nd der gute Wille Frankreichs aus! (Hört! Hört!) Ohne Zutun der Reichsregierung sind inzwischen die Zahlen des von Paris abgemieseneu deutschen Angebotes bekannt geworden. Wir haben ein festes Angebot gemacht von20Milliarde>t Mark, vom Ablauf des vierten Jahres ad mit 5 Prozent verzinslich und nach Möglichkeit durch ein« internationale Anleihe aufzubringrn, und diese nach vier und acht Jahre» um je 5 Milliarden auf zusammen 30 Milliarden zu er höhen, well» das internationale Anleibekonsorttum die Leistungsfähigkeit Deutschland» al« gegeben erachtet. All« wirtschaftlichen Kräfte der deutschen Industrie- und Bank- welt würden die Garantie dieser Leistung übernehmen, wenn die Besetzung von Duisburg, Düffeldorf und Ruhrort auf- gehoben und die Besetzung de« übrigen westlichen Gebiete« abgebant wird. Diese« Angebot hätten wir damals erfüllen könne». Inzwischen sind durch den Rnhreinbrnch die wich tigsten Kraftzentren unserer Wirtschaft labmgelegt, groß« Werte vernichtet und unser« Finanz- und Wirtschafts verhältnisse in Verwirrung gebracht. Dennoch wird die Lösung, die einmal kommen muh, ihren Au«gang nehmen müllen von diesem deutsch»« Projekt, da» seinerzeit in Poris so stiefmütterlich behandelt wurde. Deutschland bleibt bereit und gewillt, zur Erfüllung seiner Reparationspflicht zu arbeiten, zu opfern und zu zahlen, was immer in seiner Kraft steht. Wie soll aber eine Regierung, die ihre Ver- sprecbungen unbedingt halten will, jetzt bestimmte Zahlen nennen, ehe die deutsche Arbeitsmöglichkeit wiederhergeftellt, die Rnbrbesetzung ausgehoben und Deutschlands wirtschaft liche Gleichberechtigung garantiert ist. Ende Dezember bat ein bekannter Staatsmann Ausführungen zum Reparations problem gemacht, welche die Lösung des Problems einer von jeder politischen Einwirkung unabhängigen inter- nationalen Kommission höchster Finonzantoritäten über tragen will. Wir haben im Lame unserer diplomatischen Konversationen die wichtigsten an Europas Schicksal interessierten, aber nicht unmittelbar am Ruhrkonflikt be teiligten Mächte davon in Kenntnis gesetzt, daß die Reichs regierung den so gewiesenen Weg für gangbar hält. Nach Ansicht der Negierung sollte die internationale Kommission, an der Deutschland und Frankreich mit voller Gleich berechtigung teilnehmen, möglichst bald zusammentreten und die Fragen beantworten: WäS hat Deutschland bisher ge leistet? Was kann und soll Deutschland gerechterweise noch leisten? Und aus welche Weise können diese Leistungen be- werkstelligt werden? Diesen Plan, den auch die auf dem jüngste» internationalen Kongreß der Handelskammern in Rom angenommene amerikanische Resolution stützt, könnten wir annehmen, und wir würden auch die Kräfte der deutschen Wirtschaft heranziehen zur Garantie der Reparationsleistung, die von diesem internationalen Finanzkonsortium als sür Deutschland erfüllbar ermittelt wird. Bisher hat Frank reichs Politik immer nur eine Verminderung unserer Leistungsfähigkeit zu Frankreichs Schaden berbeigeführt. Im Sommer 1919 in PäriS, als wir noch im Besitz einer im wesentlichen gesunden Wirtschaft und Währung waren, konnten wir 100 Milliarden Goldmark bieten. Frankreich verlangte 375 Milliarden, 2 Jahre später, in London näherte man sich uns schon und forderte 132 Milliarden, Deutschlands Wirtschaft war aber schon so geschwächt, daß wir nur noch 00 Milliarden bieten konnten. Jetzt nach wiederum 2 Jo.Üren sind Zeit und Entwicklung über unser Londoner Angebot hinweggegangen und was uns damals möglich war, kannten wir jetzt nicht mehr bieten. Liegt ein Anzeichen dafür: vor, daß Paris aus den Fehlern der Ver gangenheit gelernt hat? Mit der Ruhraktio» hat Frank- reich säst genau das anSgeführt, was nach Wilsons Memoiren bei den Vorbeeeitnngen des Versailler Vertrages als fran zösisches „Programm der Panik" zur Lähmung der deutschen Wirtschaft abgelehnt wurde. Schwere Knebelungen haben wir schweren Herzens in Versailles aus uns nehmen müssen, Pläne aber, die sich mit der Errichtung eines selbständigen rheinischen Bundesstaates oder der Uebertragung von Brr- waltungSbefugniffen auf internationale Organisationen be schäftigen, geben über de» Vertrag von Versailles hinaus und sind für uns undiskntierbar. Diese Pläne haben auch nur dann einen Sinn, wenn Frankreich die Herauslösinig der Rheinlande aus Preußen als erste Etappe einer Ent wickelung anstrebt, an deren Ende die Trennung der Rhein lande vom Reich und die Errichtung eines autonomen Rheinstaates stehen soll. Zu einer solchen Entwickelung die Hand zu bieten, oder auch nur Voraussetzung dasür zu schaffen, ist keine Regierung in Deutschland bereit. Die Rheinland« und die Rheinländer sind und bleibe» deutsch. (Beifall.) Es ist eine Umkehrung aller Logik, wenn gerade in diesem Augenblick des gewaltsamen Einbruchs die fran zösische Regierung ihr Vorgeben damit rechtfertigen will, daß sie Sicherungen gegen da« waffenlose Deutschland ver langt. Hier ruft nicht der Uebersallene nach Schutz gegen den Einbrecher, sondern der Einbrecher «ach Schutz gegen de« Ueberfallenen. Und es zeigt sich, daß der Einbrecher dasür in der Welt Verständnis findet, wäbrrnd die Forde rung de« Ueberfallenen nach Räumung des geraubte» Gebiete« als Zeichen moraltscher Verstocktheit gewertet wird. Unbeirrt von diesen Dingen kann ich hier in voller Uebereinftimmung mit dem Reichekanzler erklären, daß eine Lösung, die das Ruhrgebiet und andere rechtswidrig besetzte Gebir:e vom Staate lösen, die sich mit der Entrechtung der Rheinlande abfinden, die die Rückkehr unserer aus- aewiesene» und verhafteten Voltsgenoffen in Heimat und Freiheit unter Schadloshaltung nicht erfüllen würde, für dt» Reichsreaiernna unaunrbmdar ist lVeikalu. Sdeul» unannehmbar ist für uns das in in Dünkirchen erneut ver kündete System der etappenweisen Räumung des Ruhr gebiets. Damit würden wir unsere Volksgenossen dort dauernder Lohnsklaverei ausliefern. Das wollen wir nicht. Wir wollen diesen braven Volksgenoffen Treue um Treue halten (Beifall). Ter französische Ministerpräsident Poincarö hat in seiner jüngsten Dünkirchener Rede wiederum starr und unfriedfertig an seinen fallcbcn Argumenten iestgehalten. Er bat sich sogar kühne Entstellungen erlaubt gegenüber der Schutzpolizei, die doch eine von den Alliierten gebilligte Einrichtung ist und mit militärischen Organisationen nicht das Mindeste zu tun hat. Diese Rede PoincareS war wieder eine reine Predigt der Gewalt. Er bat damit dem Ver ständigungsgedanken einen schlechten Dienst erwiesen. Die Gewißheit, daß die Geschichte über ihn und sein Evangelium hinwegschreiten wird, gibt mir den Mut, losgelöst von allen Einzelheiten, zu erklären: Ein Verhängnis ist es, daß seit Jahrhunderten Frankreich und Deutschland nie zu einer rechten Einigkeit gelangen konnten. Das richtig verstandene Interesse auch des Siegers aber weist beide Völker auf den Weg der Verständigung. Wenn Frankreich sich zu diesem Weg entschließt, dann könnte sich vielleicht der Traum vieler guter Europäer erfüllen, die von der wirtschaftlichen Ver ständigung beider Völker einen Aufschwung für die ganz« Welt erhoffen. Bis dahin müssen wir weiter die Zähne znsammenbeißen und den Widerstand fortsetzen. Die Reichsregierung wird sich nicht dazu vergeben, zur Beseiti gung gegenwärtiger Schwierigkeiten die Zukunft zu opfern Die Erkenntnis, daß es sich an Rhein und Ruhr um unser« Zukunft bandelt, um das Glück unserer Kinder und Kindes kinder, die ist es, die uns, der heute lebenden Generation, die Pflicht auferlegt und die Kraft gibt, die Probe zu bestehen. (Lebhafter Beifall.) Abg. Müller-Franken (Soz.): Bei der Haltung der französischen Regierung, wie sie aus den letzten Reden Poincarss sich zeige, werde die Bevölkerung an Rhein und Ruhr in ihrem passiven Widerstand fortfabren. Leider werde der wirkungsvolle Abwehrkampf durch die wahn- witzigen Toldatenspielereien Ver Hitlergarden in Vattern geschwächt. Wenn die bayerische Regierung diesen Unfug nicht beseitigen könne, möge sie abdauken. Tie Ruhr bevölkerung werde sich dem französischen Militarismus nicht beugen, aber sie verlange eine deutsche Politik, welche ihre Leiden abkürze. Deshalb sollte die deutsche Regierung das langwierige System der HugheS'schen Vorschläge nicht erst anwenden, sondern im Sinne unseres 30-Milliarden- AngebotS direkt an die Alliierte« appelliere«. Taß Ver- Handlungen erst nach der endgültigen Räumung des Ruhr gebiets beginnen dürften, sei von der Regierung nie al« Grundsatz ausgestellt worden. Dieser Irrtum sei nur durch Fehler der offiziösen Berichterstattung erzeugt worden. Mit dem Verlangen nach einer autonomen Rheiulandrepublik übersehe Frankreich, daß ein solches StaatSgebitde kein zuverlässigerer Hort der Demokratie sein würde, als das nachreoolutionäre Preußen. Seine Partei werde sich dem von der Regierung angedeuteten Friedenspakt gern an schließen. Die Sozialdemokratie werde auch jeden Sicberungs- pakt unterstützen, der die jetzigen Grenzen TeutichlandS garantiert und jeden Krieg nach allen Seiten hin ausschließt. Die von den französischen Annexionisten geforderte Art der Sicherungspolitik, welche der rheinischen Bevölkerung das Schicksal des Saargebietes bereiten und das Sclbst- abstimmungsrecht des deutschen Volkes verletzen wolle, könne unter keinen Umständen gebilligt werden. (Beifall.) Abg. Dr. Marx (Z.) bedauert, daß im Auslande immer noch viel zu wenig erkannt werde, welch flagranter Bruch des Versailler Vertrags in dem französischen Ruhreinbruch liege. Kühn und unerhört sei die Behauptung Poineares» Frankreich sei zu seinem Vorgehen dadurch veranlaßt worden, daß Deutschland noch nichts geleistet habe. Dabei überstiegen unsere Leistungen bereits 50 Goldmilliarde». Frankreich sabotiere geradezu die Wiederherstellung der zerstörten Gebiete, deren Wunde» längst geschloffen seien, hätte man unsere Angebote angenommen. Marx schließt: Das alle« läßt nur den Schluß zu: Frankreich will gar keine Repa rationen, eS will Annexionen. Befferung kann erst komme», wenn die ganz« Frage wieder rein wirtschaftlich behandelt wird. Staaten, wie England und Amerika, die große» Jntereffe an der Erfüllung de« SriedenSvertragr« haben, tollten sich aeaen den französischen Wahnsinn wende«. Di»
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