Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192307147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230714
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230714
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-07
- Tag1923-07-14
- Monat1923-07
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1923
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«de» mir höflichem Gruß aber Sie Rauer schaute und bald darauf 1» -em alten Hausflur erschien, -essen hölzerner Lö wenkopf im bissigen Maule den dicken Messingring trug. -Darf ich -eu Damen ein wenig Gesellschaft leisten?" fragte er, uuL seine Augen strahlten die Tafelrunde an, um aus Hedwig NnkenerS lieblichem Antlitz zu verweile». ES war der Freund des Hauses, Dr. Willibald Höhne, der wohl nicht ohne Absicht ein so häufiger Besucher war, -avon erzählte das vertraute Benehmen, sei» behagliches Aasraften an Hedwig Unkeners Seite und sein herzhaftes Stnhauen in -eu prasselnden Propheteukuchen. Man scherzte «»- sprach über dies «n- jenes, Dr. Höhne erzählte von neuen reizvollen Forme», die in der keramischen Schule der Statt nuter Leitung Les neuen Direktors, eines wirklichen Künstlers, wieder gefertigt worden, und zeigte den Damen die Lichtbilder davon, die er selbst hergeftellt. Die Kunst- topfiudustrie, die in -em Städtchen zu einem blühenden Er werbszweig geworden war, fand in -er trefflich geleiteten Schule des Professors Eppler fruchtbringende Förderung. -Möchten Sie einen solchem Blumentopf, Fräulein Hed wig?" fragte Dr. Höhne und sah die Heimlich Angebetete strahlend an. -Ach," He-wig war entzückt, „wie gern, nur — er ist wohl sehr teuer?" -Was wäre mir für Sie zu teuer, Fräulein Hedwig," erwiderte er leise, während sich die anderen die Bilder be trachtete». Es wurde noch so manches Ereignis des Städtchens be rührt, schließlich landete man bei den jungen Herrndorfs. Und dies Thema schien lohnen- genug, länger ausge- sponnen zu werde». Wie ihm die Krau des Kollegen gefalle, fragte Berta und er antwortete nicht gleich. -Sie patzt nicht ganz in unseren Rahmen," sagte er nach einer Pause, „es mag nicht leicht sein, zwei Welten so schnell 1» sich zu verarbeiten." Berta wurde unruhig. -Aber sie scheinen glücklich." — Das wurd« zugegeben, und doch war bei jedem ein Aber gebliebe«. Dr. Höhne meinte, es sei nicht mehr die klare, sorgenlose Freudigkeit über dem Kollegen seit einiger Zeit. Doch der alte Lberamtsrichter wandte lächelnd ein: -Latzt sie sich ineinanderbeißen, der Geheimrat Wester kamp, mein alter Studienfreund, war erst auch solch Spru- -elkopf, wie die kleine Frau. Und die ist noch eine verwöhnte Einzige." ,Hhre Erzieherin mutz sie abgöttisch lieben. Wie Frau Guntld erzählt, ist sic seit langen Jahren im Hause und sieht ihr jeden Wunsch von -en Augen ab. Eine Mutter könnte nicht besser sein, wie Tante — wie heißt sie doch gleich — Halde." „Seltsamer Name!" Ter Oberamtsrichter wendete sich um. Nur einmal im Leben hat er den Namen gehört. Ein brauner, weicher Mädchenkopf an seiner Schulter — „Hnlde, ich habe dich lieb." Klingt das nicht plötzlich wie Jugenürauschen und -singen durch das glückentwöhnte Herz? Aus einer fernen, längst nicht mehr berührten Zeit tönt ein Ruf in sein Alter hinein, mitten htnein in die Schwernisse von Amt und Leben. Er hört das Scherzen um sich her nicht mehr, und als Agnes, Las blonde Nesthäkchen, ihre Wange an die seine lehnt, -Väterchen, noch ein Stück Kuchen?" zuckt er auf. Sie legt ihm das Stück schon ans den Teller, und er nickt, wie verträumt, mit -em Kopfe. „Ich schwärme für Krau Gunild Herrndorf!" ruft Agnes dabei und Ihre Augen leuchten. -Gunild, solch einen Namen hat man nicht umsonst, seine Trägerin mutz ihn stolz zu tragen verstehen, und es ist auch etwas Feines, Stolzes um sie her." Ja, man gab ihr recht und konnte dies Feine, Stolze ebenso genau bewundern, denn in dem Augenblick tat sich -äs rostbraune Gartentor ans, und über die breite Stein- stufe schritten die zwei Menschen, von denen man eben so eifrig gesprochen, der Gruppe entgegen. -Die Herrschaften waren so liebenswürdig, uns zu bit te«, an einem recht langweiligen Sonntagnachmittag, wenn wir nichts Besseres vor hätten, sie zu besuchen, und da sind wir, drautzen brütet die Sonne, die Stratzen sind leer und öde und hierinnen ist's still und traut und einladend." Es war Mtnilds stolze, selbstverständliche Art, die sprach. Walter Herrndorf grüßte still zurückhaltend. -So schön ist's im ganzen Langdorf nirgends," sagte Willibald Höhne und zog Gunild den behaglichsten Stuhl hin, den es gab, und in den sie sich sehr vergnüglich nieder ließ. Berta Unkener sah still und säst schüchtern zu ihr hinüber und nickte ihr freundlich zu. -Solch ein Paradies!" rief die junge Frau entzückt. ^Blüten und Dust und liebe Menschen!" „Oh, es gibt noch ei» schöneres," verbesserte Hedwig stolz, denn -ir drei Uenklein liebten ihre Heimat wie nichts auf -er Welt. Ist -aS möglich?" Gunild wippte mit der Spitze ihres weißen Schuhes an- und Meder uns sog -en Dust ein, Ser von den Beeten herüberströmte. ,^Bir haben draußen in Oltin ein Eckchen, das bleibt uns für die Ferien, den Sonnenwinkel hat's unsere selige Mutter gctaust, das ivar ihr Zufluchtsort, sie war lange, lange krank, und Papa hatte ihr's gekauft, damit sie dort gesunden sollte," erzählte Berta, als der Oberamtsrichter hiNausgegangcn war, nm ein paar Havannas für die Herren zu holen. Die drei bemühten sich nun reihum, Gunild die Schön heiten -er Gegend zu schildern. ,LSenn es Sonncnwinkel heißt, dann muß es schon herrlich sein, die Sonne mutz dort Einlaß haben, und das tut gut hier, wo cS doch weit rauher ist als daheim," sagte sie. ,La, Vergland. Aber Sie müssen dc« Sonncnwinkel kennen lernen, wie wäre es, Herr Toktor, wenn Sie un einmal draußen besuchten?" schlug der Obcramtsrichtcr vor, der eben mit einer vollen Kiste herauskam. „Wir müssen aber ein Picknick abhatten, denn Wirtschaft gibts jetzt nicht draußen, unser alter Hausdrache, die Sanne, ist erst die Fe rien über hinaus zu bewegen, vorher halt sie cs für un nötig, und wir stehen alle unter dem Pantoffel dieser treff lichen Beschließerin." „Also gut, ein Picknick," man war allgemein entzückt von dem Gedanke». „Darf man auch Besuch mitüringen?" fragte Gunild. „Wer immer cs sei. er soll willkommen sein," scherzte der Oberawtsrichter. „Da wird Taute HulLs sich freuen und Edith Klobin, das ist so etlvas nach ihrem Geschmack." Zum zweiten Male hörte der Oberamtsrichter diesen Namen und wieder ging ein Strahl von Fugendsonne durch sein Herz, aber er sagte nichts. Nun wurde» Pläne geschmiedet, die mitznbringcndcn Speisevorräte verteilt, Gunild übernahm Kaffee und Ku chen, die Uenklein Wein und Obst, Doktor Höhne die Zigar ren und das Süße für die Damen. Man scherzte, malte sich aus und beriet Len Tag, an dem man den Sonncnwinkel durch so viel Besuch beglücken wollte. Und schließlich kam man ins Singen, Berta forderte ihr LieblingSlied, und sie sangen alle vereint in mehrstim migem Chor, in den sich Gmnild nicht mischte, das liebe Lied: „So fern in jenem Tale, da ist gar lustig sein, da singt die Nachtigall und manch Waldvögelein." Und als man dann beim Teller glühroter Erdbeeren sich für alles entschieden und geeint hatte, begann schon die Sonne die Schatten auf Stelzen z» stellen, und ein wenig kühlte der warme Tag zum Gang durch die Nacht sich ab. Da trennte nm» sich, und cs schien Gunild, als ob langsam die trübe Stimmung schwinden wollte, die ihr bas Leben iu diesem unterschätzten Erdeneckchen vergällt, und als ström ten von diesem Unkennest Kräfte aus, die ihrem Innern Wohltaten. Und sie freuten sich alle auf Len Tag im Svn- nenwinkel, der sie wieder vereinen sollte. Ein glänzender Augusttag hielt ins Helle sommersröh- lichc Vergland seinen Einzug. Die alte Ruine auf dem gro tesken Sandsteinselsen leuchtete wie blankgcputzt, und ihre seltsamen Formen, die der wilde Sturm der Zeit, rauhe Kriegs- und Wcttergeivalten gezeichnet hatten, stachen so eigen ab zu den dunklen Fichtenmanern, die sic zu schützen ver suchten. Sommergäste in lichten Gewändern pendelten müßig gängerisch die Hellen Talwege entlang, die sich durch den Ort um die Felsen herumschlängcltcn. Ter FclS stand im mer wie ein Merkmal des stillen Bcrgdörfchens, ein Tal wächter und ein liebgewordener Genosse der Gegend, der sie bekannt gemacht im weiten Lande. Er stand, so lang unsere Erde sich geschieden und seit die Wasser, die ihn so eigen ausgespült, versiegt und das fruchtbare Erdcnland zu Recht gekommen ivar. Und oben auf seiner Platte, da hatten sich einst listige Raubritter zu Beherrschern des Tales, das die nahe Grenze suchte, emporgeschwnngen, bis auch ihre Tage gezählt, die Burg verwüstet wurde und schließlich fromme Mönche weit, weit her ans fremdem Lande vom deutschen Kaiser hier angesiedclt worden waren. Ja, der Fels liatte seine Geschichte, auch die fromme Zeit rvar anderen Gewalten gewichen, das Kloster durch Feuer zerstört und neue Geschlechter i» lichten (Hcwän- dern huschten jetzt durch den düsteren Krcuzgang, das still gewordene Refektorium, standen im Ruincukirchlein nnd schauten empor zu dem klaren Himmrlsdomc, der nun unge störten Einblick in die stille Romantik hielt, sahen, wie die Böglein sich durch die Fensteröffnungen haschten, nnd wie Hauslaub nnd Gräser an den Manern nach der Sonne lug ten, die sich mit Hellen Strahlen in diese Lautlosigkeit stahl. Er mar ein wundervoller Ort des Friedens. Unten aber, am Fuße des Felsens, dort, wo das stille, Helle Berg kirchlein sich an die mächtigen Mauern schmiegt, weist der Weg nach einem lichtgrüncn Fleckchen Erde inmitten hoher Fichten nnd zitternder Birken. Jin Gegensatz zn den übri-- aen Talaründcn des Ortes ist hier Sonne, viel belle, warme Mittagssonne, nnd das im Silke ocs Tales anfgevaucc vano- häuSchen wird gerade von allen drei Seiten ungehemmt und ungestört von der Tonne getroffen. Sonncnwinkel ist's deshalb genannt. Eine hohe Fichte stand dicht vor der EingangZtür, daS war der einzige Schalten, sonst war alles licht umher, ein grüner Nasen, rund um daS Haus und im Hintergründe ging cs geradewegs gegen den Berg, der ebenfalls die nn- tergehcnde Sonne absperrte. Heute war Leben im Sonncnwinkel. Die blanken Fen ster geöffnet, und daS grüne HanStor ebenfalls. Es sah alles besonders blank nnd festgeputzt aus, die braunen Balken, die das Fachwerk hielten, waren wie lackübcrzogen und an den grünen Fensterläden schien die frische Farbe besonders za glänzen. Aber es kam nnr, weil alles so festtäglich war. DaS lichte, fröhliche Völkchen, das sich hier versammelte, war vollzählig erschienen. Mitten unter der Jugend stand der grai.haarigc Besitzer und ließ seine Blicke über all die blonden nnd dunklen Häupter schweifen. Eins davon war schon lichter geworden, und die Silber- sädc», die sich durch das -Haar zogen, glänzten wie ein Ehren zeichen in der Sonne. Dort ruhten seine Blicke aus. „Hnlde Stegen!" — Er hatte nicht erst einmal beide Hände um die schmale mütterliche Hand gelegt. Immer wie der gesellte er sich zu ihr, nnd es rvar die Jugend, zu der er mit Riesenschritten zurückeilte, nnd die er zn fassen strebte. Tante Hnlde hatte heute sonnige Augen. Sie hatte den Geheimrat in einem Sanatorium im Schwarzwald abgela den, wo er sie wirklich einmal nicht brauchte, denn er sollte viel Ruhe haben, und Tante Hnlde hatte es ihm ernstlich klargemacht, daß Gunild sie jetzt doch wirklich nötig brauche zu allem Möglichen, dessen junge Frauen nach ein paar Mo naten bedürfen, wenn sie glückliche Frauen sind nnd noch mehr werden wollen. Geheimrat Westerkamp hatte sic ungern entlassen. Es war doch so selbstverständlich, daß Tante Hnlde bei ihm war, ihn bediente und seine Launen achtete. Sich anders z» ge wöhnen war eigentlich eine Zumutung. Aber diesmal hatte die Einsicht seiner sechzig Jähre doch die Oberhand gewon nen. Wenn es Gunild betraf, konnte er beinahe seine eigene Persönlichkeit für ein paar Augenblicke vergessen. Tante Hnlde hatte auch noch einen Gast mitgebracht, Edith Klobin, die junge Doktorin. Die breitete ihre Arme wie von Zentnerlast befreit aus und konnte nicht genug stau nen und frohlocken über den Zauber der kleinen, ein wenig verträumten Stadt. Ilnd nuit erst in diesem Tvunemviukcl! Sie ging freudestrahlend au Gunilds Seite und lauschte de» Erklärungen des Direktors Eppler, der sie über Kunst und Jndnstric der Gegend unterhielt. Und -er Fels da oben stand schlitzend und dräuend zugleich über dem Som merbilde. Die drei Uenklein waren liebreizende Wirtinnen, und Tante Hnlde half ihnen dabei, sie mußte an GunildS Aus spruch denken, „Die Unkenmuttcr" und merkte, wie des Obcramtsrichterö Blicke öfters als bedingt zu ihr hinüber wanderten. Noch hatten sie wenig miteinander gesprochen, nnr daS Wiedersehen nach so vielen Jähren stand ihnen bei den wie ein Licht in den Angen. Gunild ivar ausgelassen fröhlich heute. Es schien ihr zuweilen, als müsse sie Walter suchen, der sich in ein Ge spräch über Mundarten und Volkstum mit ihrer Freundin verquickt hatte, und sie dachte, cs müsse doch herrlicher sein, so ganz allein mit ihm hier weilen zn können. Sic begann allmählich Geschmack zu finden an den kleinen harmlosen Vergnügungen engerer Kreise, und ihr eigenes Wesen hin- etuzntragcn, und au dem schlichten Ton, den man hier pflegte. Nun hatte Berta Unkener ein weißes Damasttnch aus den Virkcntisch gebreitet, und ein herrliches Tischlein-dcck-dich erstand vor den Blicken der Anwesenden. Gunild war auf eine kleine Anhöhe zwischen Wurzeln nnd WaldeSdickicht getreten und schaute. Sie gewahrte wie zufällig Berta Unkeners tranmselige Augen nnd ging ihnen nach. Sic lenkten sie zu ihrem Gatten, der eben an sic her- antrat. „Soll ich dich führen, Lieb, daß du den Weg nicht ver fehlst?" Aber Gunild wehrte ab. Leichtfüßig glitt sic von dein Vorsprung herunter. Professor Eppler war zu ihr getreten und bot ihr den Arm. „Meine Gnädigste, ich habe den Vorzug, Sie an unsere Tafel zn sichren, wir Herren sind heute überreich an Ver günstigung, ich darf auch zur linken Seite noch eine Nach bann haben." Und er schritt aus die kleine AgneS Unkener bin, die mit zierlichem Nicken seinen Arm nahm. Walter führte Edith und Berla, während das still verschwiegene Brautpaar, Hedwig und der junge Doktor, von dem jeder wußte, daß es eins ivar, sich selbst genug sein durste. Den Schluß des Brautzuges, wie Gunild ihn taufte, bildeten der Obcramtsrichtcr und Hnlde. Die alte Hanne hatte sich doch breit schlagen lassen und mar mit Ibrer Herricbast beranSaekommen. obwohl cs null» incyr oie .;c>t war. irrst in ein paar Wochen, wenn orri Sommer den Höhepunkt erreicht und Küche und Speise kammer der vberamtsrlchterlichen Stadtmohnung genügen versorgt waren, hielt sie cs für angebracht, den Sonnen winkel zn beehren. Daß gerade in diese Zeit des Oberamtsrichters Ferien zeit fiel, schien ja nach ihrer Ansicht nur ein glückliches Zu sammentreffen. Der melodische Klang eines Waldhornes bildete de» Ansporn, die Tafel zu beginnen. Ein liebliches BolkSlied war's, das durch das Tal klang: „Je höher der Kirchknm, desto schöner das Geläute." Walter Herrndorf war hinter dem Hause entschwunden und blies mit zarter Andacht das Instrument, das er mit feinem Tone beherrschte. Und Gunild bemerkte wieder eine stille Seele, die wie verzaubert dem Klange lauschte, anstatt daß sie ihren Hausfranenpflichten nachzukommen und zum Essen ermuntert hätte. Das besorgte aber schon Tante Hnlde, sie schnitt auf. legte vor und griff in all die kleinen Rechte der Uenklein, ohne Laß es hätte verletze» können, denn es war Tante Hul- dcns ureigene Art, al« jedem Platze, wohin sie gestellt wurde, sorgende, pslichttucnde Mütterlichkeit zu sein und zn ver breiten. , ES war ein glühend heißer Tag. fast ein bißchen zn viel Sonne, aber wer verspürte dies in dem kühlen Bergtal? Der duftende Bernkastler glühte im Glase, und man sprach ihm zu mit harmloser Fröhlichkeit. Ein wenig müde war man aber doch geworden nach dem leckeren Male, dem Schinken, den die Uenklein selbst so, lecker gepökelt hatten, den saftigen Birnen und -em köst lichen Konfekt des Doktors Höhne, der dafür ganz besonders belobigt wurde, weil er so glänzend -en Geschmack -er Da men getroffen nnd dem glühenden Wein im Glase. ES gab so wundersame Schlummer- und Schummer eckchen im Sonuennnnkel, wo man bas Walten der Mittags- götrin an sich voi übcrgleiten sehen und darüber in ein seli ges Tranmland entrate» konnte. Berta Unkener ivics ihren Gästen de» Weg dazu und suchte ihren Vater zu überreden, drin ei» Nickerchen zu machen. Aber heute ivar der entrüstet über ein solches An sinnen. Er ging zu Seite Hnlde Stegens und führte sie selbst zn dem ichönsten Ausguck, wo die nahe Stadt mit ihren Türmchen und blinkenden Fenstern im Sonnenstrahl durch einen Waldschnttt zn sehen war. Fortsetzung folgt. Eine Geschichte -er Triiltme. Ein geschichtliches Werk, daS in großer Reichhaltigkeit alles sammelt, was man in den verschiedensten Zeitaltern über Träume gedacht hat, bietet der Engländer A. I. Natcliff in seiner „Geschichte dec Träume". In unserer Zeit, wo man den Träumen eine so hohe pshcholoaische Be deutung beilegt und durch diese Pforte in das Reich des Unbewußten einzudrinaen sucht, ist es sehr interessant, zu sehen, wie lebhaft der Traum stets den Menschen beschäftigt hat. Ist doch der Trannr keine besondere Eigentümlichkeit des Menschen, sondern auch Tiere träumen stark und, lebendig. Der primitive Mensch beschäftigte sich ange legentlich mit dem Inhalt seiner Träume. Nach Ratcliffsi Anschauungen unterschied man zunächst den Traum über-, Haupt gar nicht von der Wirklichkeit, und geradeso wie das Kind geträumte Erlebnisse mit den Eindrücken des! Tages vermischt, so werden die früliesten Menschen in ihren Gedanken die Vorgänge aus den Träumen der letz ten Nacht in ihr Leben übertragen haben. Das Geheim nisvolle dieser Vorgänge hastete sehr stark in der Ge dankenwelt des Menschen und führte ihn dazu, dent Traum wunderbare Einwirkungen zuzuscbreiben. Daß der Mensch im Traum Reisen nach entfernten Gegenden unter nimmt, während der .Körper ruhig schlummert, mag als die Grundlage des primitiven Glaubens angesehen werden, daß im Menschen ein Geist wohnt, der sich jederzeit vo» dem Körper loslöscn kann. Sv ward der Trau,» zu einer Kundgebung dieses Geistes, auf die man sehr achten mutzte. Man richtete sich daher nach den Traumerlebnisscn, suchte sie auszudeuten und für das praktische Leben nutzbar machen. Die Traumdeutung und der Glaube an Prophe zeiungen im Traum sind durch das aanze Altertum mäch tig, und auch die frühen Christen handelten nach diesem Glauben, wie aus der Apostelgeschichte hervorgcht. Nm ist bestimmten Dingen die Weisung der Geister durch den Traum zu erhalten, suchte man künstlich Träume herbeizu- sükren, indem die Priester oder Seherinnen unter gan- bestimmten äußeren Einflüssen schlafen mußten. Daher kommt der „Tempelschlaf", in den sich die Weissager ver senkten. Die Weissagung durch den Traum, die an vielen, Stätten der Gvttcsverehrnng geübt wurde, hatte aus die Handlungen der antiken Menschen einen großen Eiusluß. In manchen Fällen, wo eine christliche Kirche an der Stürtz' eines heidnischen Tempels erbaut wurde, in dem TraNM- lveissaanua aaübt worden war. nahm die Kirche diese
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite