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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192307240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19230724
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19230724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-07
- Tag1923-07-24
- Monat1923-07
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1923
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Riesaer D Tageblatt . «nd Arrrrisrr Mtblatt imr RlytiM). Postscheckkonto: Dresden 1S8S Girokass« Riesa Nr. S2. . »nd Anzeiger (Llbeblaü mü> Da» Riesaer Tageblatt eat-Ltt die amtlichen veramttmachmqen der AmtS-anptmanuschast Grossenhain, des AmtS-erichtS. der Amtsanwaltschaft bei« Amtsgerichte nnd des NateS der Stadt Riesa, des Finanzamts Riesa «nd des HauvtzoUamtS Melken, sowie des SnneiuderateS Gröba. 17». Dienstag, 24 Znli 1923, abends. 7«. Jnhrg. ^>a« Riesaer Tageblatt erschein» irden Lag abend» '/,» Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Bezugspreis, argen Vorauszahlung, sür Juli 23000.— Mark «inschl. Bringerlohn. Für den Fall de» Eintretens von ProduktionSoertruerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir un« das Recht der Preiserhöhung und Nachforderung vor. Anzeigen für die Nummer de» Ausgabetage« sind bi« 9 Uhr vormittag» aufzugeben und im vorau» zu bezahlen; eine Gewähr für das Erscheinen an bestimmten Tagen und Platzen wird nicht übernommen. Preis für di« SS nun breite, 8 mm hohe Grundschrift-Zetle (S Silben) 4000.— Mark; zeitraubender und tabellarischer Satz 50°/. Aufschlag. NachweisungS- und Vermittelungsgebühr 1000.— Mark. Feste Tarife. Bewilligter Rabatt erlischt, wenn der Betrag verfällt, durch st läge eingezoaen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Zahlung«» und Erfüllungsort: Riesa. Achttägige Unterhaltungsbeilage .Erzähler an der Elbe". — Im Falle höherer Gewalt — Krieg ober sonstiger irgendwelcher Störungen des Betriebes der Druckerei, der Lieferanten oder der BeförderungSeinrichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung d«S Bezugspreise». Rotationsdruck und Verlag: Langer t Winterlich, Riesa. Geschäftsstelle: «oethrftraste SS. Verantwortlich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa: für Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich, Riesa. —" —1 '' "" — - -------------------------- Am 26. J«lt Ende der BerketzrSstzerre. Französischerseits wird verlautbar, Laß am 2S. dieses Monats di« VirkehrSsoerre aufgehoben wird. Bon diesem Tage an soll auch die Kontrollstelle in Fortfall kommen, da für aber «ine neue Zoll- und Kontrollstelle tu Westhofe» eingerichtet werden. Ein« solch« Maßnahme würde katn- strovbale Folgen für den Verkehr zwischen Nord- und Süd deutschland nach sich ziehen, da Westhofen bekanntlich an der Streck« Münster-Schwert«—Altona-Frankkurt-- Miinchen liegt. Alle Händler, welch« TrödelgeschSft« im Sinn« von 8 35 Abs. 3 der Reichsgewerbe, ordnung betreiben, werden hierdurch anfgefordert, bei ihrer Gemeindebehörde durch Ein sicht in di« oben angizogenen Gesetz« sich über di« sür ihren Geschäftsbetrieb geltende» aesetzlichen Bestimmungen zu unterrichten. Trödela«schäft« sind u. a. der Handel mit Kleidern, Ttbuhwerk, Betten, Bettfrdrrn, Wäsche. Stoffe, Zeugen, Pelzwaren, Büchern, Mufikalien, Papieren, Leibbausscheinen, Lagerscheinen, Wertpapieren, Bildern, Spiegeln, Möbeln, Hand- und Kinderwagen, bauSwirtschaftlichen Geräten. Handw«rk»»«ug. musika lischen Instrumenten, Fahrrädern, Fahrradteilen, Waffen, Münzen, Uhren, Gold- untz Silbersachen, Edelmetallwaren. soweit dies« Gegenständ« getraaen oder gebraucht oder sonst in Benutzung gewesen find, sowie d«r Handel mit alt«m M«tallg«rät und Mrtallbruch. Großenhain, am 23. Juli 1928. Die Amtshanpimennschaft. Der Gtadtrat ,» «rostenhat». DaS Amt des Notar» vr. Friedrich Gustav Mende in Niesa ist infolge Nieder- leguna beendet. Der Vorstand deS Amtsgerichts Riesa, Bekanntmachung, belr. den Geschäftsbetrieb der Trödler. Der Geschäftsbetrieb der Trödler war bisher auSschl. geregelt durch 8 35 letzter Nb- satz der Gewerbeordnung in Verbindung mit der Verordnung vom 18. Januar 1910 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 29). Durch La« Gesetz über den Verkehr mit Edel metallen, Edelsteinen und Perlen (ReickSgesetzblatt Seit« 369) sowie über den Verkehr mit unedlen Metallen (ReichSgesetzblatt 366) vom 11. Juni 1923 sind bezügl. der edlen und unedle» Metalle Sonderbestimmnngen «klaffen worden, die durch dir dazu ergangenen Aurführungsbeftiinmungen des WirtschaftSministeriumS vom 27. Juni noch zu einzelnen Punkten Erläuterungen erfahren haben. mit der Möglichkeit eines Falscheides statt «inrS Meineides gerechnet. Gegen 1 Uhr tritt ein« dreiviertrlftündig« Paus« «in. Nach Wiedrraufnahm« der Sitzung fand di« Bernehmung de« Oberpräsidenten NoSk« statt. Dieser gibt ein Bild über die Entstehung und Bildung d«r Freikorps innerhalb d«r Reichswehr. Ehrhardt hab« «S verstanden, mit geradezu suggestiver Kraft seine Leute sür seine Gedankengäna« ,» begeistern, wenn auch sein« Methoden dabei nicht nachdenk lich gewesen wären. Bei der Herabsetzung der Marine streitkräfte habe er lNoSk«) Anfang Mär» 1921 di« Auf lösung der Marinebriaad« verfügt. Der Kapp-Putsch sei «in Versuch zur Aufrichtung der Diktatur gewesen, «nd Ehrhardt sollt« d«r SSbrl sein. Dem Stabschef. Oberst voa Silsa. habe Ehrhardt erklärt, rr würde zunächst den Be fehlen seiner vorgesetzten General« folgen, nicht aber wen» dieser im Gegensatz zur Rrichsregieruug stände. Dies« Worten habe Zeuge vertraut. Bon den nächsten Zeugen führt der ehemalig« erste Generalstabsoffizier der Brigade Ehrhardt, Hauptmann Hanse», auS, daß Ehrhardt ihm seinerzeit gyagt habe, die Brigade handele nur im Rahmen eines größeren Ganzen. Sein Einfluß auf die Truppen sei außerordentlich gewesen. Der nächst« Zeuge, Hauptmann Volk»«»», gibt an. daß er den Eindruck gehabt hab«, daß Ehrhardt ficb durch General von Lüttwitz gebunden fühlt« und infolgedessen deq Befehlen der anderen General« nicht Folg« leisten konnte. Dies bestätigt «in weiterer Zeuge, General vo» Older». ha»se», und sügt hin»», daß Ehrhardt geglaubt habe, er müsse marschieren, weil auch andere Truppen marschierten. Davon, daß Lüttwitz keine BefehlSarwalt mehr gehabt hab«, habe Ehrhardt nicht» gewußt und «» sei ihm auch nicht» davon aesaat worden. Im weiterea Verlauf de» Verhör» führte der Zeug« zugunsten Ehrhardt» an. daß dieser sich nach einer Unterredung mit dem General v. Eeeckt wieder der alten Regierung mit seiner Brigade zur Verfügung gestellt habe. Weitere Zeugen, Leutnant do» Volk und General leutnant vo» Hulse», bekunden, daß sie vergeblich.versucht hätten, Ehrhardt von seinem Vorhaben abzubringeu. doch habe dieser dem Befehl de» Generals voa Lüttwitz unbe dingt Folge leisten wollen. Die weitere Zeugenvernehmung ergibt nichts wesent liches mehr. Auf einig« Zeugen wird verzichtet; Nm* Uh» wird di« Verhandlung auf Dienttag vertagt» Tagesgeschichte. Lents»«» «ei«. - Kundgebung «gen Sucher t» Frankfurt a. M. Die so zialdemokratische Partei, die kommunistische Partei und de» Afa-Bun- hatten für Sonntag nachmittag zu einer Kunbgs- bung gegen Wucher nnd Faschismus aufgerufen. Die Ge schäfte der Stabt waren geschloffen. Von den Fabriken zöger die Arbeiter in geschloßenem Zuge nach dem Römerberg Sämtliche Straßen und das RathauS wurden von der Menge eingenommen. Mehrers Redner hielten Ansprachen au di« Menge. An den Kundgebungen beteiligte« sich mindestens 100 000 Personen. Zu Ruhestörungen ist es nur in der Schwinütstraße gekommen, wo der dort wohnende Staats anwalt Dr. Haas von der Menge so schwer mißhandelt wurde, daß er bald darauf starb; seine Wohnung wurde de- moliert und ausgeraubt. 70V Milliarde» Schade« durch die Breslauer Tumulte Den „Breslauer Neuesten Nachrichten" zufolge stellte ein Versicherungsbeamter in einer im Oberpräsidium abgehal- tenen Versammlung von Arbeitgebern sest, baß die Geschäfts inhaber durch die Tumulte einen Schaden von 700 Milliar den erlitten hätten. Amtlich wird nunmehr sestgesrellt, daß am Freitag und in der Nacht zum Sonnabend 109 Geschäfte geplündert wurden; die weitaus größere Zahl von diesen be- findet sich in Händen von Christen, sodaß die Vermutung verschiedener Zeitungen, daß die Tumulte durch Antisemiten angezettelt worden seien, hinfällig wird. Die Technische »thilfe in der Landmirtschast. Die Ge samtzahl der mit Hilfe der Technischen Nothilfe bewirtschaf teten Güter in Kurheffen beträgt zur Zeit 21,-die Zahl der eingesetzten Nothelfer 214. Infolge Wiederaufnahme der Ar beit durch die Landarbeiter selbst konnte die Nothilfe am heutigen Tage von S Gütern mit SS Mann zurückgezogen werden. Auch Hannover »erbietet Umzüge am LS. Juli. Amtlich wird mttgeteilt: Am 29. Juli wollen die Kommunisten große Demonstrationen veranstalten. Mit Gegenkundgebungen ist zu rechne«. Zeitungsberichte über gewiss« Vorbereitungen, von denen Ser Oberpräsibent Kenntnis erhalten hat, haben diesen veranlaßt, mit Rücksicht auf die gespannt« Lage die Regierungspräsidenten anzuweisen, tm gesamten Bereich der Provinz Hannover zum Zwecke der Aufrechterhaltung der gefährdeten Ruhe und Ordnung di« Veranstaltung vo» Um zügen und Versammlungen unter freiem Himmel, ganz gleich welcher Partei und Organisation, am 29. Juli zn ver bieten. Nene Lohnsorderungeu der Bergarbeiter. Die Berg- arüetterverbänüe haben den Arbeitgebern neu« Lohnftndez, zu machen. Es beschränkt sich darauf, den Empfang der Schriftstücke durch di« amerikanische Botschaft in London zu bestätigen. Außerdem hat da» Staatsdepartement di« wichtigsten Angaben an den Präsidenten, der sich zur Zeit iu Alaska aushält, gekabelt. Der volle Wortlaut wird ihm bei seiner Ankunft in San Franzisko zuarftellt werden. Was die künftige Haltung der amerikanischen Regierung anbetrifft, könne man sich nur in Vermutungen ergehen. Berichte verschiedener Blätter besagen, daß der englische Vorschlag, betreffend die Einberufung tut«r»atio«»ler Sachverständiger, von der amerikanischen Regierung al» günstig bezeichnet wird, wenn er hierbei einem von Staats sekretär Hughes gemachten Vlane entspreche. Zuversichtliche Haltung i» Brüssel. Dem „TempS" zufolge zeigt man in Brüsseler offiziellen Kreisen große Zuversicht. Allerdings betont man gleich zeitig, daß die Politik der belgisch-französischen Aktion im Ruhrgebiet nicht angetastet werden dürfe. In zwei Punkten lasse die Haltung der belgischen Reaierung keinen Zweifel mehr auskommen: 1. wünscht das Kabinett Theuni«. daß der passive Widerstand im Ruhrgebiet vor Eintritt in irgendwelche Verhandlungen auf jeden Fall eingestellt wird. Andererseits hält man «S sür unangenehm, daß die Unter werfung Deutschlands durch gewisse Zugeständnisse betreffend die Abänderung der Ruhrbesetzung berbeigeführt werden könne. Gewiß setzt man sich in Brüssel da« Ziel, sobald wie möglich zu der ursprünglichen Form, d. h. zu der un sichtbaren Ruhrbesetzung zurückzukehren. Man sügt indessen hinzu, es könne teme Rede davon sein, daß man sich in dieser Frage die Hände bindet und rin« voreilige Ver pflichtung eingebt, da Deutschland die Bestimmungen de» Versailler Vertrages durch seinen unberechtigten passiven Widerstand verletzt habe. 2. bekundet man «in« unüber- windbare Abneigung, «inen internationalen Sachverstän- diaenausschuß mit der Prüfung der deutschen Zahlung», fähigkeit zu betrauen. In maßgebenden Kreisen bestreitet man nach wie vor den Standpunkt, daß eS bei dem gegen- wärtigen Stande der Dinge geradezu unmöglich sei. sich «in vernünftiges Urteil über die Leistungsfähigkeit de» Reiche» zu bilden. Der Prozeß Ehrhardt. -(Leipzig, 23. Juli. (Fortsetzung.) E« folgt di« Zeugenvernehmung. Zunächst sagt Rechtsanwalt Schlelek» als Zeug« au«, er sei politisch nicht tätig und könne drSbalb über diese Seite der Angelegenheit nicht» sagen. Weiter bekundet der Zeug«, daß di« Prinzessin von einer unglaub lichen Wrltfremdhrit sei. Untersuchungsrichter Dr. Metz schildert di« Vernehmung der Angeklagten. Da die Anzeichen für «ine dauernd« Ver- bindung der Prinzessin mit Ehrhardt zu stark waren, bestand ich darauf, daß sie ihre Aussagen beschwöre. Sie weigert« sich zunächst auch au« religiösen Gründen. Inzwischen hatte ich vo» der Polizeidirektion erfahren, daß im Haus« der Prinzessin «in Herr v. Escbweae wohne. Da dieser vielleicht über den Verkehr der Prinzessin AuSsagrn machen konnte, lud ich ihn vor. Er kam in Begleitung der Prinzessin. Diese erklärte, ihr« AuSsagrü beeiden zu wollen, aber nicht religiös. Ich wußte, daß der Prinzessin ein derartiger Rat nicht von einem katholischen Geistlichen gegeben worden war, und macht« sie darauf aufmerksam, daß rin falscher welt licher Eid nicht weniger sündhaft sei, al» ein falscher religiöser Eid. Di« Ausweispapiere des angeblichen Herrn v. Esch- wege waren sehr mangelhaft. Deshalb gab ich ihm den Kriminalkommissar Heldwein mit, um ander« Ausweispapiere ,n beschaffen. Als Eschwrge gegangen war, wurde mir di« Mitteilung gemacht, der Herr, der eben fortgegangrn sei, sei der Konsul Eichmann. Ich wußte aber, daß Konsul Eich mann mit Ehrhardt identisch sei und traf infolgedessen mein« Maßnahmen. Der Zeuge schildert nun di« Entlarvung Ehrhardt«. Er habe Ehrhardt darauf bingrwiesen, daß er die Pflicht hab«, die Prinzessin vor den Folgen eine« Mein- eids zn bewahren. Daräuf habe Ehrhardt dep, Prinzessin entsprechende Aoischait zukomm-ir lasse». Der Zeug« erklärt, nur durch die Berusuug auf ihr StandcSbewußtsrin gelang es, sie zum Widerruf »n bewegen. Ich halte die Prinzessin, die ohne Vater nnd Mntter anfgewachsen ist, für ein dr- danernswerlcs Opfer ihrer Vereinsamung, die unbewußt .... unter den Einfluß Ehrhardts, den sie als Helden verehrt, val-USr (Msickrn. über dit_eus1Ucke Note eine VUtteiluna.-prratru ist. Der Zeuae erklärt weiter, er Labe durchaus Der Anwalt der Armen. Poincarö» Rede in VillerS-Cotteret» schien, in Anbetracht der Inzwischen erfolgten Uebergabe de» englischen Entwurfes, sogar dem amtlichen Frankreich so unzeitgemäß, daß man auf dem Weg über die Londoner Presse ausdrücklich glaubte versichern zn müssen: der Denkmalwrihspruch sei nickt als Antwort auf den britischen Schriftsatz aufznfaffen. Damit war diese schon seit einigen Tagen fertig« Rede «iarntlich al» überflüssig zu kennzeichnen, nnd man könnte sich all» be urteilenden Worte ersparen, wüßte man nickt, daß der Taktiker Poincarö gerade durch die Rückkehr auf «ine schon über- schritten« Stufe der Erörterungen zwei Ding« zu erreichen hoffte: Auf die immer nock mögliche Abänderung der britischen Vorschläge zu wirken und erforderlichenfalls auf die Ueberholtheit seiner Ausführungen Hinweisen zu können. Poincarö hat die Fähigkeit, selbst den verbrauchtesten Wiederholungen neneBelencktungSwirkungen ab,«gewinnen. Diesmal lernt die erstaunte Welt den französischen Minister präsidenten al» — Gegner de« Kapitalismus kennen. Zwar sagt Poincarö im Hauptpunkt da« Oftgesagte, wenn auch notgedrungen etwas offener al» früber: Deutschland ver dient unter,«gehen und also erwirke man seinen Untergang. Selbst dec Versuch, dem Reiche die Möglichkeit zuni Schulden zahlen zu geben, wird mit einem unvergeßlichen Wort al» „unklug" bezeichnet. Da» neue ist aber die Urteilsbegründung. Nickt nur, daß Deutschland während de« Kriege» Dinge getan nnd gewollt hat, die es nach Poincarö der Schonung unwürdig macken; es droht auch »um Träger «ine» neuen politischen" System» zu werden, dessen Herrschaft sür Europa noch unerträglicher sein würde, al» die des alten, von Frankreich beerbten Militarismus. Und worin besteht dies» neue Gefahr? Deutschland, sagt Poincarö, ist in den Händen einer Anzahl von Jndustriegroßherrn, die sich nnd ihr« WirtsckaitSüberiegenbeit an die Stell« des machtlosen Staate» gesetzt haben. Wehe dem Erdteil, wenn diese Herrschaftsform sich verbreitet. . . Nun ist der HochkapitaliSmuS der Nachkriegszeit gewiß »in ernstes Problem. Aber der französische Ministerpräsident gl» Warner vor der Herrschaft des Geldes ist mindesten» eine sonderbare Gestalt. Zweierlei kennzeichnet ihn und di« Redlichkeit seines Prophetentum«. Zunächst, daß er di« offen geforderte Zerstörung der deutschen Wirtschaft mit gewissen deutschen KriegSplänen rechtfertigt. Selbst wenn seine Vorwürfe zuträfen und wenn das heutig« Deutschland für das früber« verantwortlich wäre, so würde di« fran zösische Rache doch nichts, selbst für da« eigen« Land nicht« erreichen, al» die Befriedigung unfruchtbaren Haffe». Wen» aber Poincarö vor der Macht de» deutschen Unternehmer tum» warnt, so verrät er sich durch «ine Schilderung, au» der hervorgeht, daß nicht di« besonder« organisatorisch« Form, sondern das Maß der deutschen Arbeitsleistung ihn beunruhigt. Und wer wird »um Kreuzzug gegen da» Ge spenst de« WirtschaftSdiktatorentum» aufgefordert? Frank reich, da» Land de» unschöpferischsten und unsozialsten, England, da» Land de» ältesten und gesichertsten KapitaliS- M»S, Italien, da» Land der Diktatur. Frankreich rechnet ans Dentschlanos Zusammenbruch. Poincarö hatte ursprünglich die Absicht, nach seiner Rede in Villers CotteretS nach ReimS zu fahren. Diese Absicht hat er aber aufgeaeben und kehrte gestern nach Paris zurück, um die englische Note zu studieren. Man gewinnt hier immer mehr den Eindruck, daß sich die Slnt- wort PoincaröS -tnauszögern werde. Erst am Mittwoch oder Donnerstag will er in einen diplomatischen Gedanken austausch mit Belgien eintreten. An mündliche Ausein andersetzungen ist im Augenblick nicht gedacht. Erst soll rin Einvernehmen zwischen Frankreich und Belgien in den Grundzügen hergestellt sein, dann könne die Zusammen kunft mit Jaspar und Theuni« erfolgen. Wahrscheinlich findet eine Besprechung erst Anfang nächster Woche statt. DaS englische Kabinett, das erwartet hatte, daß e« di« Antwort nock vor den Unterbausferien, die am 3. August beginnen, erhalten würde, wird sich in dieser Annahme getäuscht sehen. Die Daily Mail und die Chicago Tribun« betonen, daß die Zeit sür Frankreich arbeite und sagen, daß man sich darum mit der Antwort nicht so zu beeilen brauche. Der englische Entwurf wäre zu spät eingetroffen. Jeder Tag bringe Deutschland feinem Zusammenbruch näher, und die Daily Mail fügt hinzu, Frankreich wäre verrückt, wen» es sich beeilte. Noch eine Woche, dann würde fick die Lage im Ruhrgebiet vollkommen geändert haben und Tculschiand vor de» Franzose» auf den Knien liegen. Amerika und der SlnttvortScntwurf. Einer Meldung der Morningvost zufolge weigert sich das amerikanische Staatsdepartement, im Hinblick auf das
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