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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040514023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904051402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904051402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-14
- Monat1904-05
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Augen glänzen nach dem Wortlaut der Dichtung „ver wegen und glücklich". Auch Liesels Augen batten so geglänzt. Mit langsamen, schweren Schritten ging Martius in dre Stadt zurück, wo die Lichter jetzt rötlich durch die Dämmerung blinkten. Er wußte nun, daß er Liese! beute zwiefach verloren batte. Jene Mädchenblume, die, in schlichter Umgebung so wunderbar erblübt, ihn mit ihrem Duft bezauberte, war tot. Ihre Seele, zu treu der Illusion, um sich über deren Verlust wieder aufrichten zu können, lebte nicht mehr. Ties Herz würde niemals wieder lieben. Es blieb als Wahrheit bestehen: Tas Leben duldet den Idealismus nicht. Wir alle müssen ihn aufgeben, wollen wir nicht von der Rauheit des Daseins vernichtet, von endlosen Schmerzen erdrosselt werden. Es gibt kein Geschöpf, bei dem er bleiben darf bis ans Ende. So dachte Martins. Und so war seine Frühliugslicbe ihm gestorben. * * * Nach Monaten vergaß er die Liesel oder doch seine Neigung zu ihr. Er litt, bevor er es so weit brachte. Und er gelangte auch ent dahin, nachdem er wie mit scharfem Messer manches aus seiner Seele ausgcmerzt, was jenem Ge fühle Nahrung gegeben hatte und was er nun für schäd lich und töricht erkannte. Manch' Iugendempnndcu und viele schwärmende Träume. Allmählich erreichte er es, .sich zu bescheiden, das Leben zu nehmen, wie es wirklich war, nur das Begreif liche zu glauben, von anderen und von sich selbst nicht allzu Hohes zu erwarten. Und nach Jahren fand er sich eines Tages dann mitten in der Realität sieckend, als habe er es niemals anders gekannt nnd gewollt. Von da an wandelte^er als ein mählich zur Beleibtheit nnd durchaus nicht zur Schwermut neigender Biedermann behaglich durchs Leben und es ging ihm wohl. Inzwischen war er längst praktischer Arzt geworden. Tann heiratete er eine blonde runde Frau, durchaus nicht so ideal ver anlagt, nüc er sich seine Begleiterin durchs Leben ehemals norgcstellt batte, und führte mit ihr eine jener „zufrie denen Ehen", wie sie zu tausenden auf der Erde bestehen. Und so weit in der Erkenntnis nnd dem Aufbau seines Daseins vorgeschritten, sah Martius nach langer Zeit Liesel noch einmal wieder. Nach anstrengenden Wintermonaten hatte der Arzt sich eine kurze Erholungszeit gegönnt, die er bei einem ihm verwandten Theologen auf dem Lande verlebte. Der Pfarrer versah mit seiner geistlichen Obhut einen Kirch sprengel von mehreren Dörfern. Eines von ihnen besaß eine Fabrikanlage mit einer großen Anzahl in ihr be schäftigten Arbeiter. Von Ludwig begleitet, kam der Geistliche hier auf einer Berufsfahrt durch. Er ließ halten. „Verzeihe einen Augenblick!" sprach er, „ich möchte hier in die vom Fabrikherrn für die jüngsten Sprossen seiner Arbeiter eingerichtete Kleinkinderschule hineinsehen. Oder noch besser .... komm' mit hinein! Ich will dir in der Schul schwester ein Wesen zeigen, das wirklich den Madonnen Fra Fiesoles gleichsieht." Sie traten beide in das Häuschen. Es war einstöckig, zeigte an der Vorderwand nur zwei Fenster neben der Tür, und diese letztere hatte eine so geringe Höhe, daß ein mittelgroßer Mann sich bücken mußte, um hindurchzu- gehen. Die Stube, in welche man von dem winzigen Hausflur aus trat, war ebenfalls niedrig, jedoch nicht dunkel: die Sonne lachte zu den Fenstern herein und über die Köpfe einer Schar von zwanzig Kindern, die sittsam auf engen Bänken sich reihten .... bis auf einige wenige der kleinen Gesellen, für welche der Platz nicht ausreichte und die daher mit weit von sich gestreckten Beinchen, doch darum nicht minder wichtig und ehrbar,' auf der platten Diele ihren Sitz eingenommen hatten. Das älteste der Kinder mochte sechs Jahre zählen, die jüngsten liefen noch nicht lange auf eigenen Füßen. Fast alle waren sie sauber gekämmt und gewaschen, nur zwei oder drei, welche in dieser Beziehung zu wünschen übrig ließen, sahen sich zur Strafe in eine besondere Ecke verbannt, von wo sie der- schüchtert zu den eintretenden Herren hinüberlugten. Tie Schulschwester war die Liesel. Ludwig erkannte sie sofort, und er sah ihrer Miene an, daß auch sie alsbald sich seiner erinnerte. Aber sie wech selten kein Wort des Sichwiederfindens. , Während der Pfarrer mit der Schwester sprach, zlvang es Ludwig, sie verstohlen immerfort zu betrachten. Als er sich erst daran gewöhnt hatte, ihr Gesicht unter der weißen Stirnbinde zu schauen, fand er, daß alle Span ¬ nung und alle Unruhe, welche er einst in diesen Zügen sah, völlig verschwunden waren, und daß die letzteren wieder genau so rosig und weich, so herzlich und kindlich treu blickten, wie damals, da Liesel an Manfreds Seite durch den Wald und die Frühlingsnacht schritt. Ja, die Schwester Christine von heute sah fast jünger aus, als die Liesel von früher, und auf ihrem Anttitz lag in der Tat die selige Verklärtheit, welche der alte Meister in unsterb lichen Bildern verewigt hatte. . ' Von nun an richtete Ludwig, war er allein, seine Spa ziergänge oft nach dem Fabrikdorfe. Und am Tage vor seiner Abreise traf er unweit des letzteren wirklich die Schwester. Sie kam von einer einzeln stehenden Hütte, die Lippen lächelnd, in den Augen freundlicher Glanz. Martius redete sie an; er sagte ihr, daß er sich gefreut habe, sie so sichtlich zufrieden mit ihrem Lose wiederzu- finden. „Ja, ich bin glücklich", sprach sie mit einem träum- haften Lächeln. Die Frühlingsstrahlen hafteten wie eine Gloriole um ihr Haupt; der Tauwind kam daher geflogen und küßte ihr Antlitz rot, wie sommerliche Rosen. So hat alles Leid Ihnen endlich doch ein schönes und beglückendes Los gebracht!" sprach Ludwig unwillkürlich. „Leid?" sagte sie da und lächelte noch verklärter. „Ja, damals, als ich zuerst den Wunsch faßte, in den Orden zu treten, da war es, weil mir Angst war vor dem Leben in der Welt weil ich überall draußen nur Ent- täuschungen und Herzenselend sah. Aber unser Pfarrer und im Stift die Schwestern sagten mir bald, daß ich nicht zur Gottesbraut werden dürfte, weil ich aus der Welt herauswolle, sondern allein aus himmlischer Liebe. Und die Güte Gottes wandte mein Herz von der Erde zum Himmel; ich empfand diese Liebe und erkannte, daß unS die Klostermauern nicht zu schwerem Entsagen umfangen, sondern zu himmlischen Seligkeiten. Wer will mich be dauern! Wo auf der Erde sind lieblichere Blumen als diese Kleinen, die mich Glückliche geleiten auf dem Pilgerweqe zum seligen Ende. Nnd Jesus, mein Bräu tigam!" ' In ihren Zügen war ein sieghafter, die Wett, die arge Welt überwindender Glanz Woher stammte er? vom ewigen Lichte? von der Flamme der Illusion? . v wurden vom Geschwader abgetrennt mit dem Befehl, die Landbatterien zu beschießen, während die Torpedobootflolille ^ie'Reede überwachte und nach Minen suchte. Ein zweites Tovpedobootgeschwader, welches nackls Port Arthur beobachtet hatte, schloß sich dem Geschwader an und begann ebenfalls die Reede zu überwachen. „Mijako" sand eine Kompagnie Infanterie und eine Abteilung Kavallerie und vertrieb sie durch Feuer. Nachdem die Ueberwachung der Reede 3 Uhr nachmittag« beendet war, zerstörten die beiden Torpedoboote, denen der UeberwachungSdienst oblag, die Minen an der Westküste der Kerrbuchl und entdeckten dabei eine Telegraphenleitung läng« der Küste der Halbinsel Taikuscüan. Leutnant Hotta sind vier Matrosen gingen an Land, er klommen unter dem Schutze der Kanonen der japanischen Schiffe dir Hügel und zerstörten die Telegraphenleitung. Drei russische Abteilungen, davon zwei große und eine kleine, kamen in Sicht, das Geschwader näherte sich der Küste und beschoß dieselben. „Mijako" fand ans der Re kognoszierung in der Deepbai einen russischen Posten nord westlich am Vorgebirge Robinson. Man schätzte die Stärke der Russen aus zehn Kompagnien^ Dieselben zogen sich hinter vaS Gebirge zurück. Die Torpedoboote 48 und 49 entdeckten eine große Mine in der Kerrbucht. Mehrere Ver suche, sie rum Explodieren zu bringen, mißlangen. Plötzlich erfolgte aber eine Explosion, durch welche das Torpedo boot 48 in zwei Stücke gerissen wurde. Das Schiff sank in sieben Minuten. Die Boote des Geschwader« eilten zur Hülfe herbei und retteten die Verwundeten. Drei andere Minen, die man entdeckte, wurden unschädlich gemacht. Das Geschwader beendete seinen UeberwachungSdienst und kehrte um K Uhr abends zur Flottenbasis zurück. psliiircde lagerrchau. * Leipzig, 14. Mai. Es ist cncicht — in Frankfurt a. L Bei der gestrigen Reichstagsersatzwahl in Frankfurt a. O.- Lebu« ist es den ernstlichen Bemühungen der vereinigten Bündler und Antisemiten glücklich gelungen, den Sozial demokraten in die Stichwahl zu bringen. Wären die Herren einfach zu Hause geblieben, so hätte der nationalliberale Bassermann rm ersten Wablgange glatt gesiegt. Er hat mit seinen 11738 Stimmen 355 mcbr erhallen als der Sozialist Braun. Man hätte die 2847 Wähler des Generals v. Zagwitz gar nicht gebraucht, um den Mann der Frau Lilly binauözulun. Aber die Herren haben es anders ge wollt. Resultat: Stichwahl am 20. Mai. Es fehlt nun noch, baß für diese Stichwahl die Parole ausgegeben wird, die Landwirtschaft habe kein Interesse daran, ob Braun oder Bassermann gewählt werde, dann sind die nationalen Ruhmes taten der Herren v. Wangenheil», Hahn und Oertel um eine Glanznummer allerersten Ranges vermehrt worden. Aber auch so schon können sie zufrieden sein. Sie hatten vor der Wahl erklärt, die Kandidatur v. Zagwitz habe nur den Zweck, den Sieg Brauns im ersten Wahlgange zu verhindern. Man darf, auch ohne der Neugierde ge ziehen zu werden, sehr erwartungsvoll der Erklärung darren, die nach diesem Resultat die festesten Stützen von Thron und Altar abgeben werden. Sie wird wohl sehr ge wunden klingen. Und was sagt der Politiker v. Zagwitz dazu? Kann er nachts gut schlafen? Lüdwcstafrikanischcs. Eine offiziöse Korrespondenz verbreitet folgendes Dementis: „Neuerdings werden wiederum Nachrichten über den angeblich bevorstehenden Rücktritt des Direktors des Kolonialamts Or. St übel kolportiert, die zu dementieren eigentlich überflüssig wären, die aber, wenn sie ohne Widerspruch blieben, von den Hetzern zu immer erneuter Beunruhigung verwendet werden würden. Vr. Stübel erfreut sich nach wie vor des vollsten Vertrauens der maßgebendsten Stellen; für seinen Rücktritt oder auch für Rücktriltsabsichken liegt somit kein Grund vor." Das ausgezeichnete „Somit" läßt einen tiefen Blick in die Seele des Verfassers dieser Notiz tun; cs beißt nämlich: „Wenn nur die Vorgesetzten zufrieden sind! Was im übrigen geschieht oder getan wird, ist Nebensache." Und dabei hat eS 1)r. Stübel gar nicht nötig, so ungeschickt verteidigt zu werden. Deutschland kennt ihn als tüchtigen Mann und kein Ver ständiger bürdetihm die Verantwortung für Vorkommnisse auf, die z. T. anßerbalb seines Machtbereichs, z. T. im System be gründet liegen. Wir denken dabei in erster Linie an Süd- westasrika. Freilich, wenn wir einen selbständigen Kolonial- sekretair hätten, wäre genug Grund vorhanden, Slurm zu laufen. Aber so muß vorläufig ein Achselzucken genügen. Was für ein Unfug ist z. B. mit den Leutweinschen RücktrittSmeldungeu getrieben worden. Erst wurde ge meldet: „Der Gouverneur Leutwein hat beschlossen, . gleich nach Uebergabe der Geschäfte an den General von Trotha, der am 7. Juli in Swakvpmund landen wird, nach Deutschland zu gehen". Die Notiz, die von einigen Berliner Blättern halb im Ernst, kalb mit Zronie al« offiziös be zeichnet wurde, mußte von pornherein deshalb al« unzu treffend betrachtet werden, weil deutsche Offiziere in solchen Fällen nicht zu „beschließen", sondern, Gott sei Dank, ganz einfach zu gehorchen haben. Wenn der Kaiser die Dienste des Gouverneurs Leutwein in Afrika für nützlich und not wendig hält, so wird er dem Obersten einfach befehlen, dort zu bleiben, und cS ist selbstverständlich, daß Oberst Leutwein diesem Befehle nachkommen wird, vorausgesetzt, daß nicht seine Gesundheit ibn dienstunfähig macht. Die Ente ist nun auch glücklich und endgiltig abgetan. Leutwein bat „be schlossen", vorläufig zu bleiben. Für den Fall seines Ab ganges wurde ja Schreckliches prophezeit. Wenn wirklich die „Elite alter Afrikaner" nach seinem „befürchteten" Rücktritt den sofortigen Abfall aller bisher treu gebliebenen Stämme erwartet haben sollte, so würden wir au« dieser Ansicht nur- das Eine ersehen, daß nnsere Herrschaft in Südwestafrika auf ganz unsicherer Basis aujgebaut ist, daß dort tubulrr rasa gemacht werden muß, nnd es erscheint uns ziemlich gleich gültig, ob die erwarteten Aufstände jetzt oder später erfolgen. Gewiß sind diese persönlichen Fragen überaus wichtig, am allerwichtigsten aber ist unbedingt, daß schleunigst die Ver stärkung abgeht und zwar in genügender Stärke, damit endlich daS Eystein des Tröpfelns aufhöre. Bezüglich Afrikas scheint bei uns eine Gemütsruhe zu herrschen, die schon als psychologisches Rätsel bezeichnet werden darf. Tie Berliner „Bolkszcitnng", abends und morgens. Das Blatt schreibt in Nr. 220 (Abendblatt) vom ll. Mai wie folgt: Rußland ohne Seemacht. Der amerikanische Kapitän Maban, der Verfasser des berühmten Werkes über die Bedeutung der Seemacht in der Geschichte, äußert sich gegenwärtig in der Leffentlich- keit über die Lage in Ostasie» Er kommt zu dem beachtenswerten Schluß, daß in jedem Falle die Entscheidung von der Beherr schung derSee abhängt. Die rückwärtige Verbindungslinie der Japaner mit ihrem Heimatlande, der Nachschub von Truppen und insbesondere die geregelte Verpflegung und Munitionszufuhr ist ausschlieslich abhängig von der Offenhaltung des kurzen Seeweges, während die russischen Nachschübe entweder den ungeheuren Land weg auf einer eingleisigen Bahn zurücklegen müssen oder davon abhängig sind, daß mit oder ohne Neutralitätsverleynng über Wladiwostock oder von einem Hafen des Golfs von Petfchili der Armee Heeresbcdürfnissc zugcjührt werden. .Hierfür ist die Entfal tung einer erheblichen Seemacht seitens der Russen unabweisbare Grundbedingung. Nach der gegenwärtigen Lage ist die russische Seemacht in Ostasien, abgesehen von den vier Kreuzern in Wladi wostok, überhaupt außer Gefecht gesetzt. Kapitän Mahan kommt zu dem Schluß, daß der Fall von Port Arthur als ein entscheidender Schlag sich erweisen würde. Gelingt es den Japanern, Port Arthur einzunehmen, ehe die baltische Flotte draußen angekommen ist, so findet diese keinen genügenden Stützpunkt und kann trotz der geplanten Mitnahme von Kohlen- und Transportschiffen größten Tonnengchalts weder Japan bedrohen noch der japanischen Flotte erheblich etwas änhaben. Dasselbe Blatt schreibt in Nr. 22l (Morgenblatt) vom 12. Mai wie folgt:. Beim Marineetat forderte Herr v. Kardorsf (Rpt.) eine neue Flottenvorlage. Er will sie mit Steuern auf Kohlen, Ziegelsteine und Fahrkarten bezahlen. Ter Zuruf „Nanuk", der von der linken Seite fiel, war gegenüber den komischen Ausführungen des alten Herrn durchaus angebracht. Kritische Vorgänge im Orient. Ans Athen, kl. Mai, wird uns geschrieben: „Die leiten den griechischen Kreise sind durch die neue Wendung der Tinge am Bosporus in große Unruhe versetzt worden. Das Zntcresse.an dem für Griechenland ungünstigen Ausgange des Smyrnaer Zwischenfalles, bei dem der türkische Beamte sich durch das Verhalten des griechischen Geschäfts trägers beleidigt fühlte, geht allmählich in eine allgemeine Beunruhigung über gewisse Strömungen im Jildizpalast über. Es haben dort Personen einen bestimmten Einfluß gewonnen, welche die Türkei in eine Politik der Abenteuer hineinziehcn möchten. Das neue Abkommen mit Bulgarien möchte man von dieser Seite zu einem förmlichen Bündnis beider Staaten weiterbilden, das seine Spitze naturgemäß gegen Rußland richten würde. Um aber diese Absicht auch den Bulgaren gegenüber zu maskieren, sucht man Streitpunkte mit Griechenland zu schaffen, nm dabei das makedonische Reformwerk ins Stocken zu bringen. Tatsache ist es, daß sogar militärische Vorbereitungen an der griechisch-thessalischen Grenze stattfinden. Auf jeden Fall hat man in Athen das Gefühl, daß türkischerseits die bisherige so entgegenkommende Haltung Griechenlands wenig Dank gefunden hat." Wie weit der zouiu« loci auf den Schreiber in diesem Falle ge wirkt hat, läßt sich leider nicht beurteilen. Deutscher Deich. * Vertin, 14. Mai. * Da» Kaiserpaar in »eu ReichslanScu. Der Kaiser und die Kaiserin mit der Prinzessin Viktoria Luise und dem Ge folge .haben heute vormittag 8 Uhr unter dem Geläute der Glocken die -Fahrt von Straßburg nach Metz «»getreten. Zur Verabschiedung waren am Bahnhof erschienen: der Fürst nnd die Fürstin zu Leiningen, der kommandierende General v. Gilgenheimb nnd Polizeipräsident Dall. Der kaiserliche Statthalter ist gestern nach Metz vorausgefahren * Prinz Adalbert van Prentzcn, der sich bekanntlich nach Peking begeben hat, soll der Ueberbringer eines Hand schreiben« des Kaisers an den Kaiser von China sein. Von Peking ay« soll der Prinz-»ebenfalls mit beson derem Auftrage einen Besuch am japanisclten Hofe abstatten. * Die Kanalkommiffion des preußischen Abgeordneten ¬ hauses hielt Freitag ihre erste Sitzung ab. Die Beratungen begannen nut dem Entwürfe eines Gesetzes, betreffend die Verbesserung der Vorflul in der unteren Oder, Havel und Spree. Für die untere Oder ist ein Betrag von 41865 800 Mark im Gesetz bestimmt. Bekanntlich soll die Oder unterhalb Hobensaaten geteilt werden, auf der einen Seite soll eine Fahr rinne für 600-Tonpen-Schiffe geschaffen werden. Sowohl mit Bezug auf das Oder- wie auch da« Havelprojekt wird von Mit gliedern der Kommission erklärt, daß die vorgeschlagenen Maß regeln geeignet seien, die vorhandenen Mißstände zu beseitigen, und daß ihnen kaher zugestimml werben müsse. Bezüglich dersHavel wurde von einem Kommissionsmitgliede anerkannt, daß die Vorschläge des Entwurfs in allen Teilen den gegebenen Verhältnissen durchaus entsprächen. Seitens der Regierung wurde bestätigt, daß die von den Provinzen Branden burg und Sachsen im Verhältnis von 85 Proz. und l5 Proz. übernommenen Kosten, die pro Hektar rund 2l0 betragen und sich auf 37 000 Hektar erstrecken, die Gesamtkosten dar stellen und daß nicht noch außervem pro Hektar 9 auf- zybringen seien. Mit der vorgenommenen Aenderung wird ts 7 einstimmig angenommen, ebenso tz 8. Das ganze Gesetz wird darauf in erster Lesung gegen -eine stimme angenommen. . - - * Eine Einigung zwischen der nationalliberalen und de» beiden konservativen Parteien in der SchnlnuterhaltungSfragc führte im preußischen Abgeordnetenhaus«: zu folgendem gemein samen Antrag: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, den Antrag Drucksache Nr. 32 in folgender Fassung anzu nehmen, dce königliche Staatsregierung anfzu,ordern: 1) Ohne Verzug, spätestens in der nächsten Tagung, eintn Gesetzentwurf über die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen, auf folgender Grundlage vorzulegen: 7) Die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen liegt den bürgerlichen Gemeinden (Guts- bezirken) oder Verbänden solcher unter ergänzungswcifer Beteili gung des Staates an den Kosten ob. 2) In Ausführung des Artikels 24 der Verfassung, wonach bei der Einrichtung der öffent lichen Volksschule» die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu be rücksichtigen sind, werden nachstehende Grundsätze festgeiegt: a. in der Regel sollen die Schüler einer Schule derselben Konfession angebören und von Lehrern ihrer Konfession unterrichtet werden, d. Ansnahmen sind nur aus besonderen Gründen, insbe sondere auS nationalen Rücksichten oder da, wo dies der histo rischen Entwicklung entspricht, zulässig. Lehrer, welch« zur Ertei lung des Religionsunterrichts für konfessionelle Minderheiten an Schulen anderer Konfession angestellt sind, dü'-k-»' ---ll werden, o. Erreicht die Zahl der schuld 'tigen Kinde ko:-., sessionellen Minderheit eine angemessene. . io !».. o-efi ?':a^er- heit den Anspruch aus Einrichtung e rr r Sch--'» i -rer Kon'elston.. ä. Es sind zur Verwaltung der Schl . e>eg n neben den ordentlichen Gemeindebehörden in den -cre... Pemn -i-.ien und auf dem Lande Schulvorstände eiiizrncb-en. bei d » der »-r-br, der Gemeinde und den Lehrern eine än /wefiene Bei .rn ; z,> ge währen ist. 2) Bei Neuregelung der Schulunterhaltungspflicht zugleich für die Beseitigung unbilliger Ungleichheiten in der Belastung der ver schiedenen Schulvexbänbe und in der Höhe des Dicnsteinkommens der Volksschullehrer zu sorgen. * An Scn Handclsvcrttagsvcrhanblungen, die zur Zeit in Brüssel stattfinden und bald zu einem befriedigenden Abschluß zu gelangen Aussicht haben, nehmen von deutscher Seite einige andere Vertrauensmänner teil, als zu den Ver- handlupgcn mit Rußland, der Schweiz und Italien delegiert waren. So ist beispielsweise aus dem Reichsamt des Znnern statt des Direktors Wermut Geheimrat Martin, aus dem Reichsschatzamt statt des Geheimen RegierungSratS Meuschel der Geheime Regierungsrat Blau deputiert. * Lammlungcu für bie deutschen Ansiedler in Lndwest- afrika. Die Hülselcistung der Deutschen Kolonialgesellschaft hat das zweite Hunderttausend überschritten, indem aus den vom Präsidium und vom Ausschuß erlassenen Ausruf hin bis zum 10. Mai 200 344 bei der Hanptkasse der Gesellschaft in bar eingeaangen sind. Der Einlauf weiterer Beträge ist bereits angekündigt, die Sammlungen werden noch rege fort gesetzt. Außerdem sind au« den Kreisen der Deutschen Kolonialgefellschaft auch den Sammlungen des ZentralhülfS- comitös für die deutschen Ansiedler in Südwestafrika, de« deutschen Frauenverein« für Krankenpflege in den Kolonien und der Landesvereine vom roten Kreuz zum Teil recht er hebliche Beträge zugeflossen. * Kiel, 13. Mai. Der hier seit, mehreren Wochen be stehende Bäckerstreik ist als beendet anzusehen und für die Gesellen resultatlos verlaufen. * Rostock, 13. Mai. Die Allgemeine Evangelisch- Lutherische Konferenz, die den' Zweck verfolgt, die lutherischen Glaubensgenossen auf dem ganzen Erdenrund zu sammeln, wird ihre XI. Tagung vom 26. bis 29. September hier abhalten. - -5- Altenburg, 13. Mai. Der Landtag bewilligte heute zur Errichtung eines MinistergebäudeS 155 200 nahm den Gesetzentwurf über wegepolizeiliche Vorschriften an, und willigte in die Abtretung von einigen Strecken der Eisrnberger, Haincher und Naumburger Chaussee in einer Gesamtlänge von 2021 m an dir Stadtgemeinde Eisenbedg. Als Ent schädigung erhält die Stadt 71 700 * München, 13. Mai. Hier steht ein Kampf der Orts krankenkassen gegen di« freie Aerztewahl bevor. Ilurlana. Frankreich. * Ter Ausstand der Offiziere der Handelsmarine steht in einem gewissen Zusammenhänge mit den Wahlen. Von beiden Seiten sucht man sich die Verantwortung da für zuzuschieben. Die Gemäßigten behaupten, die Kol lektivisten hätten die Matrosen aufgehetzt, um den Offi zieren die Durchführung ihrer Aufgabe unmöglich zn machen, und würden diese selbst gerade jetzt zum Ausstand getrieben haben, um ihre sämtlichen Stimmen bei den Wahlen zusammen zu haben. Die Anhänger Flaissieres' ihrerseits beweisen recht logisch, daß die Marineoffiziere, die fast alle Nationalisten oder Gemäßigte sind, von ihren Parteichess zur Heraufbeschwörung der Krisis veranlaßt worden sind, um die ganze handeltreibende Bevölkerung von Marseille in Schrecken vor der revolutionären Gefahr zu setzen. Die nationalistischen Blätter, die natürlich das größte Interesse daran haben, die Lage so drohend wie möglich darzustellen, verbreiten die Nachricht, daß die Marseiller Schiffahrtsgesellschaften Compagnie Trans- atlantique, Compagnie Fraissinet, Compagnie Mixte und Compagnie des Transports Maritimes beschlossen hätten, ihre Bureaus zu schließen und.ihr Personal zu entlassen, wenn nicht bald eine Lösung gefunden würde. Spanien. * Tie spanisch-französischen Verhandlungen über Marokko. Frankreich bot Spanien als Entschädigung für den fran zösisch-englischen Marokko-Vertrag das Protektorat über das Rifgebiet und die Umgebung - von Melilla an. Damit ist jedoch Spanien nicht zufrieden. Dir Verhandlungen nehmen einen äußerst schleppenden Verlauf. f?sionsal Nachsschte«. 14» > ..eur T'chonfus AmtSmüdigkeit. Die „Deutsch. As-aiii>' u-ar!- criührt aus sicherer Quell«, daß der Gouverneur d. - .n>vm-, 'ra,.'ntuag demnächst sein Amt niederlegen werde. .Das Blur: d«» putschen würden den verdienten Mann nur mil auir:- ' . . ' ern scheiden sehen, denn seit Tschousu in Tsi i mm: .-s -- e<< n sich die Beziehungen der chinesischen Previn ,u c .en n? sohl zum dortigen deutschen Konsulat, wie aucy zum Gouvernement in Tsingtau auf das beste gestaltet. slsne. * Schiffsbewegungen. S. M. S. „Möwe" ist am II. Mai in Manila eingetroffen und setzt am 16. Mai die Reise nach Matupi (Neupommern) sott. S. M. S. „Thetis" ist am 11. Mai in Tsingtau einaetroffen. S. M. S. „Sperber" ist am 42. Mai in Shanghai eingetroffen. S. M. S. „Geier" ist am 12. Mai in Chemulpo eingetroffen. S. M. S. „Vineta" ist am 12. Mai in Cap Haüien eingetroffen und an demselben Teae von dort uach Port au Prince in See gegangen. S. M. I. Hohe nz allein" und S. M. Tpdbt. „Sleipner" sind am 12. Mai in Kiel ein- getroffen. S. M. S. „Zielen" ist am 11. Mai in Vegesack ein getroffen und am 13. Mai wieder in See gegangen. S. M. S. „Rhein" ist am 14. Mai » Wilhelmshaven eingetroffen. S. M.S. „Pelikan" ist am 11. in kiel eingrtroffen. Die 1. Torpedoöootsflottille ist am II. Mai m Emden eingetroffcn. Briefregelung a) für S.M.S. „Stosch": vom 14. bis 31. Mai ndch Eckernförde, vom 1. bis 7. Juni nach Sonderburg, vom 8. bis 13. Juni nach Saßnitz, vom 14. Juni ab Kiel, b) für S. M. Ludwig sah die verklärte Gestalt an und fand keine Er- widerung auf solche Frage. Sie reichten sich die Hände und gingen auseinander. Bewegt dachte Martius an sie, die er soeben verlassen hatte. „Die Natur heilt sich selber", sagte er sich mit der gleichen Bewunderung für deren unendliche Kräfte, welche er schon oft an Krankenbetten empfunden hatte. Ter Traum, der Idealismus waren für jenes Mädchen nicht, wie für die meisten, eine Periode des Lebens, sie waren ihre tiefste Natur. Diese Natur schlug ihr Wunden und heilte sie wieder aus sich selbst. Rührung im Sinne, mußte er lächeln, wenn er an die Befürchtungen dachte, welche er um Lieses willen einst gehegt hatte. Weise, all gütige Mutter Natur! Des Arztes Weg führte über eine Brücke. Unter ihrem Balkengefüge schoß donnernd der Fluß hinweg, der, sonst so zahm, heute, zu gewaltigen Frühlingsfluten geworden, scheinbar unerschöpfliche Massen geschmolzenen Schnees vom Gebirge her mit sich trug. Hochauf spritzte der Gischt, mit Brausen und Dröhnen klang der Sang der Woge. - Und in wenigen Tagen war sie versprüht, und der Fluß schlich dürftig im Sande. Oben auf der Höhe wuchs eine Unzahl von Anemonen , wie ein weißes, schimmerndes Meer tauchten ihre Kelche im Spiele des Windes auf und nieder. Nur Wochen noch, und der heißere Strahl der Sonne hatte kaum noch ein wenig braunwelkes Laub von ihnen übrig gelassen! Und drüben am Ufer reckten aus dem letzten schmelzen den Schnee etliche Immortellen, die den Winter über dauert, die Köpfchen empor, windzerzaust, wettergcblcicht. doch ungeknickt im neuen Frühlingsschein sich badend. Eine ferne Erinnerung an verwehte.Jugendtage, an lang verhallte Reden eines Jugendfreundes ging durch den am Brückengeländer lehnenden Mann. Ueber das Wogen und Wandern der Wellen hinweg sprach er zu den blassen, zarten, unzerstörbaren Blumen dort vor ihm: „JhrFeid die Glücklichen! Ihr bliebet euch treu!" Und ihm war, als habe er vorhin mit einer gesprochen, die auch glücklich war und die das beste, die ein wunder sames Los erwählt. Ende.
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