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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.05.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040516025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904051602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904051602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-16
- Monat1904-05
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Vnzeigen-Prris die 6 gespaltene Petitzeile 2V Reklame» unter dem R«Laktiontstrich (ägespaltra) 78 nach den Familtennach- richten <6 gespalten) 80 Tabellarischer und Zisfrrnsatz entsprechend Häher. — k-ebühreu für Nachweisung»» und Ossertenannahme 28 Ertra-Veilagen lgefalzt», uur mit der Morgen.Auraab«, ohne Poftbefordrruug SO.—, mit Posldesorderuag 70.—. Anua-meschluß mr Auzetgeu: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« cm die Expedition »»richte». Dir Expedition ist wocheniag« nnnnterbroche» geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» tu Leipzig (Inh. vr. R. L W. Slinkhardt). Nr. 247. Montag den 16. Mai 1904. 98. Jahrgang. Var Aicdtigrte vsm lagt. * Die Meldung von dem Besuch des italieni ¬ schen Königspaares in Potsdam ist ver früht, da im Ouirinal ein Familienereignis erwartet wird. * Die Konitzer Mordaffäre scheint in ein neues Stadium zu treten. Einer Information zufolge sind Anzeichen dafür vorhanden, daß der Gymnasiast ErnstWinterdaS Opfer eines Rencontres geworden ist, das er mit dem Mann einer Arbeiterfrau hatte, zu der er Beziehungen unterhielt. (S. AuS aller Welt.) * Bei der Fürstenbegegnung in Nisch am Sonnabend soll ein gegen die Türken gerichtete» serbisch-bulgarisches Bündnis eingeleitet worden sein. (S. Ausland.) * Die Zerstörung der Hafenanlagen in Dalny wird jetzt von russischer Seite bestätigt. * Ein japanischer Kreuzer soll bei Port Arthur von den Russen zum Sinken gebracht sein. (S. russisch.japanischer Krieg.) Vie stellen <le; Faire«. In St. Johann und in Saarbrücken hat der Kaiser die üblichen Ansprachen der Bügermeister in ausführ, liehen Reden beantwortet. Seit Jahren ist es in unserer Presse zu einer nicht immer erfreulich anmutenden Ge wohnheit geworden, an Kaiserworten so lange zu drehen und zu deuteln, bis sie als eine Bestätigung desjenigen Parteidogmas gelten können, welches das betreffende Blatt gerade verficht. Man verfährt dabei häufig nach dem Grundsätze: „Legt ihr's nicht aus, so legt ihr unter", und so erfährt der erstaunte Leser, der sich nicht mit der Lektüre eines einzelnen Blattes begnügt, vierundzwanzig Stunden nach einer Kaiserrcde vielleicht, daß Wilhelm der Zweite durchaus liberalen Prinzipien huldigt, und mit ebenso kategorischer Sicherheit weiß ein anderes Blatt die Tatsache zu verbürgen, daß der Kaiser sich von den be währten Bahnen der konservativen Regierungsauffassung niemals abdrängen lassen werde. Wir möchten nicht in diese Untugend verfallen und begnügen uns daher mit der Feststellung, daß auch durch die beiden letzten Reden deS Kaisers eine gewisse Besorgnis wegen der Er haltung des Friedens hindurchklingt, daß ein kriegerischer Unterton in ihnen mitschwingt und daß jedenfalls das eine aus den Ansprachen des Kaisers aufs neue hervorgeht, daß bisher in der Weltlage eine Klärung nicht eingetreten ist. Mit dieser Auf- fassung stimmen die letzten öffentlichen Aeußerungen des Grafen Bülow durchaus überein, indessen ist auch auS ihnen nicht ersichtlich, was eigentlich die Leiter der aus- wärtigen Politik fürchten. Da es bei unS nicht Sitte ist, der Volksvertretung oder Feuilleton. Tamms Garten. Roman von Wilhelm Jensen. Nachdruck verboten. Die kleine Stadt lag hoch im deutschen Norden an einer von Hügeln eingefaßten Seebucht. Ueberresten auS einer fremd gewordenen Zeit, auch einigen ihrer Häuser, ließ sich ansehen, daß sie alt sei, schon in Tagen gewesen, als die damals in ihr Lebenden fester Ring mauer mit Türmen und sicher verschlossenen Toren be durft. Dessen entsann sich jetzt niemand mehr, auch nicht auS Erzählungen der Großväter. Tine andere Zett war gekommen, man hatte schon seit ein paar Menschenaltern die unnütz gewordenen Mauern verfallen lassen oder weggeräumt, und vom Kern der Altstadt bauten sich, der umgeänderten Weltlage vertrauend, Borstadtstraßen und Gartenhäuser weit und weiter inS Freie hinaus. Zum größten Teil Klein- bürgcrwohnungen für gewerblichen Betrieb; die Wohl- habenden errichteten sich zumeist wlirfelartig-einstöckige, entfernt an den Renaissancestil erinnernde Gebäude mit geräumigen und hohen Stuben; ein neues, den Bor fahren unbekannt gewesenes Verlangen nach Luft und Licht begann. Tie Ausstattung im Innern dagegen stand, wie ste's von je getan, unter dem Zwang Les all gemein zur Oberhand gelangten Zeitgeschmacks. Seit zwei Jahrzehnten zwar war das korsische Welttatserreich zusammengebrochen, ein junge- Geschlecht aufgewachsen, da» von ihm nichts mehr au» eigener Erfahrung wußte. Doch seinen Abglanz nahm es noch täglich um sich gewahr, denn in den TtnrichtungSgegenständen und Geräten der vornehmeren Häuser war dem Empirestil die Herrschaft verblieben. Er glich gewissermaßen einem Schatten, den die kaiserliche Sonne noch nach ihrem Absinken zurück- gelafsn. Für die Weltgeschichte hatte die Stadt niemals eine hervorragende Bedeutung gehabt, wesentlich stet» nur ihr eigenes gemeinsames Leben geführt, da» Werben, Empor- wachsen und Wegschwinden ihrer Angehörigen. Doch war Ihr Name in den deutschen Ländern nicht unbekannt, -enn sie besaß eine, zwar nur kleine Stubentrnzahl auf weisend« Universität, zu der eiue in dumpftrüver enger gar der öffentlichen Meinung irgend welche Aufklärung über auswärtige Angelegenheiten zu geben, so lange sie nicht gewissermaßen historisch geworden sind, so würde alles, was wir über die Reden deS Kaisers noch sagen könnten, mehr oder weniger Koniekturalpolitik sein. Wir schätzen diese Art von Betrachtungen nicht sehr hoch und verzichten daher darauf, dem Leser mit allerhand Kombi nationen aufzuwarten, die bereits »ck »bsuräum geführt sein können, wenn sie im Druck vorliegen. Freilich müssen wir betonen, daß uns die heutige Art, auswärtige An- gelegenheiten zu behandeln, wenig anspricht. Wir glauben, daß eS sehr wohl möglich wäre, die Führer der einzelnen Fraktionen vertraulich über die Weltlage zu unterrichten, und daß dann sowohl in den Parlamenten als in der Presse manche Auslegung unterbleiben würde, die jetzt die Zirkel der Regierenden unliebsam stört. In dessen gehört dies Heimlichtun zu dem Apparat, mit dem die Diplomatie seit Jahrhunderten arbeitet und den sie auch unter den gänzlich veränderten Verhältnissen des konstitutionellen Staates nicht aufgeben möchte. Ge- schäftsgeheimnisse werden nicht gern verraten; am wichtigsten aber tut man, wenn eS nichts zu verbergen gibt. same Maßregeln für die Grenzbezirke zwischen Deutsch- und Portugiesisch-Westafrika nicht m Aussicht genommen, noch weniger ist von dem Plane der Landung deutscher Truppen an der portugiesischen Küste und deS Durchzuges eine« solchen Landungskorp« durch portugiesisches Gebiet die Rede. Vie beiden Grafen Rknigsmarck. Nicht nur Graf Fritz KönigSmarck (13er Ulan), sondern auch Graf Walter KönigSmarck (Leibgardehusar) wird mit dem Nachschub jetzt nach Südafrika abgeben. Wie sein Bruder Fritz so ist auch Walter ein Meister im Sattel; e« gibt keinen Rennplatz in Deutschland, wo die beiden nicht geritten und gesiezt haben. Beide waren in Ostasien im Chinaselvzug: während Fritz mit dem Grafen Waldersee al« Adjutant fortgmg, war Walter nach Australien gereist, um dort für unsere Truppen in China Pferde anzukaujen. Er bat den ihm gewordenen Auf trag vorzüglich erfüllt. Graf Walter ist auch in Amerika al« JnstruklionSofsizier in Chile tätig gewesen und hat sich dort viele Freunde erworben. Die beiden Grafen, welche am 27. Januar 1899 Oberleutnants geworden sind, dürften vielleicht, ebe sie nach Südwestafrika abgeben, ihre Beförderung zum Rittmeister erhalten; jedenfalls kann dieselbe nicht mehr lange ausbleiben; man bat es mit den beiden Grafen KönigSmarck mit hervorragenden Militärs, energi schen, unternehmungslustigen Männern zu tun, mit zwei Reitern, wie sie seit langen Jahren auf den Rennen nicht gefunden wurden. vrr ffuktanä Ser Herero. Die Neuorgantsati-n unserer Expe-ttienr- truppen. Schon einzelne Nachrichten der letzten Tage hatten darauf schließen lassen, daß e« sich nicht allein um die Entsendung weiterer Truppenverstärkungen nach Südwestafrika, sondern auch um eine durchgreifende Neuorganisation der gesamten ErpeditionStruppen handeln wird. Jetzt wird dem „L.-A." bestätigt, daß unsere Streitmacht in Südwestafrika im ganzen bi» auf 8000 Köpfe gebracht und folgender maßen organisiert werden soll: Au« den bereit« draußen befindlichen Jnfanterietruppen wird ein „1. Feldregimrnt", au« der Artillerie eine „1. Feldartillerir- Abteilung" gebildet. Der weiter« Nachschub, im ganzen 2000 Mann, wird au« dem „2. Feldregiment" (zu drei Bataillonen berittener Infanterie) und der „2. Feldartillerie-Abteilung" (zu zwei reitenden Batterien) bestehen. Von besonderer Bedeutung erscheint die Schaffung eine« Etappenkommandos, da« beißt: einer militärischen Behörde, welche alle Berwaltllng«angelegenheiten für da« Expeditionskorps über nimmt und dadurch den VerwaltunaSapparat der Kolonie für seine eigentlichen Aufgaben wieder frei macht. Den neuen Oberbefehl«. Haber werden auf seiner Ausreise u. a. rin Feldlazarett, ein Pferde- depot sowie Personal für Fuhrpark-, Proviant- und Munitions- kolonnen begleiten. Di« AuSladeverhältnisse in Swakopmund taffen leider nur ein langsames Tempo für die Regelung des Nachschubs zu; vor End« Juli wird dir Expedition kaum vollständig auf dem Boden Afrika« sieben können. Bi« dabin wird aber auch die neue Organisation in vollem Umfange in Wirksamkeit getreten sein und die Expedition in den Stand setzen, auch fern von der Bahnlinie mit ähren eigenen Hülfsmitteln den Feldzug erfolgreich durchzuführen. Von dem weiteren Verlaufe de« Feldzüge« gegen die Herero und nötigenfalls gegen die Ovambo wird e« ab hängen, ob man nötig haben wird, sich mit der portugiesischen Regierung in Verbindung zu setzen. Bis jetzt sind gemein Der turzirch-japanirche Weg. Die Russen in -er Defensive. Jetzt wird auch an offizieller Stelle zugegeben, daß General Kuropatkin erklärt hat, er könne vor dem Ein treffen der beiden mobilisierten europäischen Armeekorps nicht zum Angriff vorgehen, da er zu bedeutende Verstärkungen nach Port Arthur abgegeben habe. Da die beiden Armee korps erst Ende Juni in Liaujang eintreffen, im Juli aber die Regenperiode beginnt, so wird der russische Angriff erst im August beginnen. Bis dahin wird alles darauf angelegt sein, einen Entscheidungskampf zu vermeiden, die Japaner durch Beunruhigung im Rücken hmzuhalten und die strengste Defensive zu verfolgen. Der eigentliche Feltnug wird daher nach dem „B. T." erst im August beginnen, bis zu welchem Zeitpunkt Port Arthur sich allein halten muß. General Kuropatkin hat gemeldet, daß die Festung sich bi« zu jenem Zeitpunkt gut halten kann und er alles tun wird, um nicht umzingelt und eingeschloffen zu werden, falls China vom Westen heranrücken sollte. Für diesen Fall ist der Rückzug der russischen Hauptmacht auf Mukden und sogar auf Charbin vorgesehen. Au» j)ort Arthur. Nach Meldung deS Stattbalters Alexejew an den Zaren sind vom Kontreadmiral Wittkoeft Nachrichten über die Lage in Port Arthur vom 6. bis l2. Mai eingegangen. Diese Nachrichten wurden durch Eilboten von der Station Taschitfchao überbracht, anscheinend bevor der Feind die Ver bindung zum zweiten Male unterbrach. Da« am 5. Mai vor Port Arthur erschienene, aus Panzerschiffen, Kreuzern und Torpedobooten bestehende feindliche Geschwader fährt fort, den Hasen zu blockieren, ohne gegen ion aktiv vorzu geben. Die Ausbefferungsarbeiten an den Schiffen „Jefseret- witsch" und „Retwisan" werden erfolgreich fortgesetzt. Bei einer weiteren Absuchung der Reede und de« Hafeneingangs wurde an der Stelle, wo das Panzerschiff „Pobjeda" von feindlichen Minen beschädigt wurde, eine feindliche Sperr- mine gefunden, die zum Explodieren gebracht wurde. Nach einem nicht recht verständlichen Telegramm aus Petersburg, daS in London eingetroffen ist, soll ein japa nischer Kreuzer von einem russischen Seekadetten, der eine Dampsschaluppe bestiegen hatte, im Hasen von Port Arthur versenkt worden sein. Wir halten diese Nachricht für ein ganz plump gemachtes Manöver, durch Meldung einer groß artigen Heldentat den gesunkenen Mut der Russen wieder zu beleben. Mindestens muß man erst einmal nähere Nach richten über das abenteuerliche Experiment abwarten, das einstweilen völlig unerklärlich erscheint. Au» der südlichen Mantsehurei. Ein Telegramm des Generals Ssacharow an den General stab vom l4. d«. Mts. meldet: Die Vorhut der Gegner rückte auf dem Wege Föngwangtscheng-Liaujang am 12. Mai bis Tuingu vor. Zwei Kosakensotnien zogen sich auf das Dorf Kangaudffiansy zurück. Eine aus 3 Bataillonen, lO Gebirgsgeschützen und 2 Schwadronen bestehende japa nische Truppenabteilung, die von Seludjai auf der nach dem Modulinpaß führenden Straße vorrückte, be fand sich am 1l. im Tale Tafangu. Ueber ihren Weitermarsch nach den Paßeingängen liegen keine Nachrichten vor, woraus offenbar zu schließen ist, daß diese Abteilung sich von Tafangu nach Westen, nach Haitscheng gewandt hat. Am 13. begann die Abteilung der lapanischen Vorhut von Tuingu nach Süden vorzugehen; sie wurde von Kosaken ver folgt. Nach halbstündigem Gefecht mit der japanischen Nach hut entdeckte eine Sotnie rechtzeitig den von den Japanern gelegten Hinterhalt und zog sich zurück. Ihre Streifwachen stellten fest, daß eine auS etwa zwei Regimentern Infanterie mit 8 Geschützen und 3 Schwadronen bestehende japanische Abteilung sich Lindiogufe und Entaufan genähert habe. Auf der Feldpostlinie zwischen Lanschanguen und Ssaimadsy wurden in einem Scharmützel mit Chunchusen 3 Kosaken und 3 Pferde getötet, 1 Kosak verletzt; 4 Kosaken werden vermißt. Es sind Maßregeln ergriffen worden, um daS Gebiet zwischen Lanschunguan und Ssaimadsy von Chunchusen zu säubern. 25 Werst südöstlich vom Modu linpaß zeigten sich feindliche Streifwachen. Auf dem Wege von Siuian nach dem Modulinpaß herrscht Ruhe. Eine nach Tschintaidsy auSgcsandte Streifwache bat keine bedeutenden Streitkräfte deS Feindes gesehen. Chinesischen Meldungen zufolge sind Takujchan und Tschintaidsy von kleinen Truppen abteilungen, jede etwa 500 Mann stark, besetzt, während be deutendere Streitkräfte bei Ssitugtschidsy, 16 Werst nord westlich von Takmekan, vereinigt sind. Bei Siuian batte eine russische Streifwache ein Scharmützel mit einer japanischen Streifwache, wobei ein Kosak leicht verwundet, ein japanischer Dragoner getötet wurde. Am 13. rückte eine etwa lOOO Mann starke japanische Abteilung gegen Station Pulendiani, eine andere etwa 300 Mann Infanterie und eine halbe Schwadron starke Abteilung auf die Station Wafandian vor. Die Abteilungen der Grenzwache ziehen sich langsam nach Norden zurück, indem sie den Gegner aufhalten. Am 13. wurde eine 300 Mann starke Cunchusenbande, die einen Angriff auf die Gruben bei Jantain machte, von einer Sotnie der Grenz wache und einer Kompagnie Infanterie zurückgeworfen. Die Chunchusen verloren 30 Mann und zogen sich in der Richtung auf Liaujang zurück. Mit Tagesanbruch des 14. Mai wurden Freiwilligenabteilungen gegen sie ausgesandt. Wie gemeldet, ist eine große Chunchusenbande im Westen von Liaujang erschienen. * Petersburg, 16. Mai. Der Kaiser und der Großfürst- Thronfolger sind gestern von hier abgereist. Sie begeben sich nach den Städten, aus denen Truppen nach Ostasien abmarschieren. Im Gefolge des Kaisers befinden sich der Straße belesene gelehrte Schule ihre Zöglinge heranreifte. Diese beiden Lehranstalten verliehen dem alten Ort etwas jugendlichen Anstrich, doch nur wenig geräuschvolles Tret- den. Studentische Verbindungen bestanden in ihm noch nicht, nur durch Befreundung näher aneinandergeschloffene kleine Kreise, und die Schüler des Gymnasium- standen zu ihnen völlig außer Zusammenhang. Sie wurden von denen der Universität als unmündige „Pennäler" über die Achsel angesehen, und in der Tat verbot ihnen die Schulzucht aufs strengste jede Beteiligung an studentischen Zusammenkünften, überhaupt da- Betreten von Wirt schaften, sogar den öffentlichen Verkehr mit Einzelnen. An einem Ende der Stadt schloß sich ihr fast unmittel bar ein Dorf an, das wahrscheinlich bereits Jahrhunderte lang vor ihrem Ursprung bestanden hatte; bis vor kurzem mochte die Zett über ihm hingegangen sein, ohne im wesentlichen etwa» an seinem Aussehen zu ändern. Bauerngehüfte, mannigfach mit Düngerstätten auf offen vorgelagerten Plätzen, begrenzten ein paar überaus holpricht gepflasterteStraßen; Hofgettere jeder Art, Horn-, Rüffel- und Federvieh, trieb sich in ungebundener Frei heit herum. Den Augen der Vorübergehenden wurden mit ländlicher Naivetät zwar notwendige, dock» für die öffentliche Betrachtung nicht grab' geeignete Vorgänge zur Schau gestellt, ohne -aß jemand, auch deS Weg kommende städtische Damen, daran Anstoß nahmen. Ma zur Landwirtschaft und Viehzucht erforderlich war, brauchte sich keinen Mantel umzuhängen, da- antike und besonder» mittelalterliche Wort „naturalia von turpia" besaß noch, wenn den Bauern auch unbekannt, in ihrer PrariS uneingeschränkte Geltung. In der Stabt mochte die Verfeinerung der Bräuche auch auf den Schein sehen, im Dorf war man zu diesem Fortschritt noch nicht ge langt. Eine der Straßen -e» letzteren zog sich auf einen niedrigen Hügelracken -inan; vereinzelt trat an einigen Gebäudefenstern die Ausübung eine» Klein gewerk» für da» Bedürfnis der Umgegend zu Tage, doch ohne Emblemzeichen oder Namenangabe; jeder wußte, wo der Schuster, der Tischler, der Klempner wohnte, und über den Dorfbereich ging die Kundschaft keine» von von ihnen hinau». Da und dort in-e» hatte ein braune» Ziegeldach begonnen, sich zwischen die alterSvermoosteu Strohdächer der Bauernhöse etnzumischen, wie» auf hin und wieder au» der Stabt her zugezogene Bewohner hin, di« Le» Kundenkreis der Nein«« Handwerker erweiterten. Solche aus einiger Entfernung städtisch anblickende Häuser büßten jedoch fast ausnahmlos in der Nähe jeden vornehmeren Anstrich ein, erregten vielmehr den erb- eingesessenen Landhöfen gegenüber eher einen proletarier- haften Eindruck. Neu entstandene Spekulation hatte sie mit engen Gelaffen für Leute erbaut, die sich beschränken mußten, im Dorf billigere Unterkunft suchten als in der Stadt, wo der Bodcngrund allmählich an Wert zuge nommen. Als fremde Eindringlinge standen diese nber- ziegelten schmalbrüstigen Gebäude unter die bäurischen, doch breit behäbigen eingeschachtelt da, als Vorboten einer verändert herannahenden Zett. Wo der Hügelrücken seine Scheitelhöhe erreichte und sich als ebene Fläche fortsetzte, hatten sich mutmaßlich in der fernen Vorzeit die ersten Behausungen angesicdelt, wohl bereits vor der Kundwerbung des Christentums im Lande, denn das Dorf war von je ohne eine Kirche ge wesen und auch später bei wachsendem Umfang ge blieben, da die inzwischen begründete und rascher vor- wärt» gekommene Stadt mit der ihrigen auch dem Be dürfe -er ländlichen Gemeinde genügte; besonders stark machte dieser sich bei ihr nach der Staminesart ihrer An- gehörigen nicht bemerklich, darin waren sie ebenfalls noch nicht zu der städtischen Verfeinerung und den Anforde rungen derselben fortgeschritten. Der am höchsten belesene mutmaßliche UrsprungS- kern des Dorfes mit ungeregelter Anlage der Gehöfte zeigte auch jetzt noch die ältestauSsehenden Häuser. Selbstverständlich nicht mehr die ersten, die hier ge standen; die waren, gleich ihren Bewohnern, nur in längeren Fristen, gealtert und weggeschwunden, aber die Nachfolger hatten stet- die Erneuerung der als bresthaft abgebrochenen Gebäude wieder auf den gleichen Plätzen vollzogen und auf die Gicbelspitzcn der Vorderseite die alten Hölzernen Wahrzeichen der Pserbeköpfe Wodans gesetzt, da- Hau» vor Sturm und Blitzschlag, -a» Vieh darin vor Krankheit zu sichern. Do lag eine wohl tausendjährige stumme Häuser- und Menfchengeschichte hier angesamlnelt, von der keine Feder ein Wort ver zeichnet und hinterlassen, und das Gedächtnis au» münd licher Ueverlteferung war allzeit während de» Abstandes vo« weißen Haar der Großväter zum blonder» -er Enkel erloschen, oft auch schon früher. Vvn -er Geschichte wurden große oder seltsame Ereignisse aufvewahrt, die sich im Torf nie -ugetraacn; seine Vergangenheit ging die Mühsal und Sorgen -«» Kleinlsben» -er Gegenwart nichts mehr an. Die Dorfleute gedachten so wenig an das, was an und in ihren Wohnstätten vormals gewesen sei, wie auf den Hausgiebeln die alten Pferde köpfe, die über die verfallene Einfriedigung von Tamms Garten in sein Inneres.Hinüberblickten. . * . Seit wie lange hieß er so und lag er so -a? Auch daran konnte sich eigentlich niemand mehr erinnern. Tamms Garten eben wars, und selbstverständlich, daß er so dalag. Christoph Schlots, wohl zur Zett der älteste Husen- besitzer im Dorfe, trug noch dunkel in der Vorstellung, daß er als ganz kleiner Junge dort, wo der Garten sich hinzog, über eine große, von Knicken umfaßte Koppel gelaufen und über Gräben gesprungen, auch einmal in einen solchen htneingefallen fei. Danach indes verwischte sich sein Gedächtnis, und wie es wieder zum Vorschein kam, war Tamms Garten an der Stelle gewesen, allerdings wohl noch von anderem AnSsehen als jetzt, aber die bei nah nicht absehbare lebendige Steinbuchenhecke hatte schon als eine, wenn auch niedrige, doch grüne und dichte Buschwand rundum das Ganze eingeschloffen gehalten. Nun ließ sich, nnd bereits seit langem, selbst von den Erwachsenen und Größten über die Hecke nicht mehr weg schauen, sie stand fast zu doppelter ManneShöhe anfge- diehen, und ans dem Zweiggesträuch hatten sich knorrige Stämme und Aeste entwickelt. Doch ihren Zweck, den Zu gang zu verwehren, erfüllte sie trotzdem weniger als im Anfänge, denn das dicke Holz war an vielen Stellen kernsaul geworden. Nach oben grünte das La»b wohl noch im Frühling auS, unten dagegen regte sich kein frischer Lebenstrteb mehr und das dürre Astwerk morschte dort von Jahr zu Jahr stärker weg So sanden Hund und Katze kein Hemmnis am Boden durchzuschlüpsen; doch auch dem etwaigen gleichen Gelüst junger Menschen kinder stellte sich da und dort keine besondere Schwierig keit entgegen, die ein waghalsiges Ueberklettern der ver schlossenen hoben Pforten zum Htneingelangen in Tamms Garten nötig gemacht hätte, klebrigen» stand den Bauern- jungen im allgemeinen nicht der Sinn darauf, oder eine Scheu, wenn auch nicht vor der Wtderrechtlichkeit solche» Eindringen», hielt sie davon ab. Im Innern des wcitauSgcdehnten Garten- hatte kein Mangel an Luft und Licht, wie am unteren Teile der Ein- sriebtgung»V«cke, Verkümmerung zur Folg« gehabt, so«-
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