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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.05.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040520010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904052001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904052001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-20
- Monat1904-05
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veutrcbes seiest. * Lct-ztg, 19. Mai. * In Sachen der angeblichen Leipziger Kirchenklausur für die Evangelisch-soziale Bereinigung erhalten wir von zwei beteiligten Seiten folgende Zuschriften: Die evangelisch.soziale Bereinigung und die AniversitätSkirche zu Leipzig. "" Die Morgen-Ausgabe dieses Blattes vom 18. Mai bringt die der national-sozialen »Sachsenstimme" entnommene Notiz, baß der kürzlich begründeten „Evangelisch-sozialen Vereinigung" die Universitätskirche für die Abhaltung eines Gottesdienstes v«rsagt worden sei. Das i st r i cht i g, aber es wird völlig verschwiegen, weshalb ich auf die mir gelegentlich vorgetragene mündliche Anfrage nicht anders antworten konnte. Wenn ich auch sechst den Grundsätzen der „Evangelisch-sozialen Ver einigung" nicht zustimme, so ist doch keineswegs die Ablehnung dadurch bestimmt worden. Im Gegenteil habe ich ausdrücklich erklärt, daß während der Ferien ich ein solches Gesuch, über das übrigens der Rektor der Universität zuletzt zu ent scheiden hat, befürworten würde; während des Studiensemesters sei dies aber ausgeschlossen. Die Abendgottesdienste der Pau- Linerkirche sind besonders wichtige Teile des im Predigerkolle- gjum zu St. Pauli geordneten Arbeitsplanes. Die daselbst ge haltenen Predigten und die betreffenden Texte werden jedes mal am anderen Tage in besonderen dazu angesetzten Uebungs- stunden eingehend besprochen und sind diese Besprechungen Wichtig für die praktische Ausbildung der Mitglieder. Bei 1b Mitgliedern des Predigerkollegiums kann jedes Mitglied höchstens einmal eine solche der gemeinsamen Besprechung unter liegende Predigt im Semester halten. Daß ich da nicht ohne zwingeirde Not Predigten ausfallen lassen kann, wird jeder ein sehen. Darum habe ich die mannigfachen Gesuche, die nach der Renovierung der Paulinerkirche zur Abhaltung von Festfciern an mich gelangen, während des Semesters stets von vornherein ablehnen müssen und kann ich selbstverständlich mit der Evan gelisch-sozialen Vereinigung keine Ausnahme machen. Mein Vorschlag, den betreffenden Gottesdienst in der Paulinerkirche eine andere Stunde (etwa 4 Uhr) abzuhalten, ist abgelehnt worden. Ta übrigens auch der in Aussicht genommene Fest prediger, Herr Professor Drews, genannt worden ist, so be merke ich, daß derselbe mir ein lieber, sehr nahestehender Freund ist. Leipzig, den 19. Mai 1904. v. G. Rietschel, erster Universitätsprediger. Tie Evangelisch-soziale Bereinigung und die evangklisch- reformierte Kirche zu Leipzig. In Nr. 16 der „Sachsenstimme" findet sich ein kurzer Ar tikel, in welchem sehr scharf über die Kirchen geurteilt wird, die der „Evangelisch-sozialen Vereinigung für das Königreich Sach sen" für einen Gottesdienst, der ihre Tagung vom 5. und 6. Juni d. I. eröffnen sollte, ihre Pforten verschließen. Nach dem von dem abschlägigen Bescheid der Superintendentur be treffs der Thomaskirche die Rede gewesen ist (Wir stellten schon richtig, daß die Ablehnung des Gesuchs von dem Kirchen vorstand ausgegangen ist. Red. d. L. T.), heißt es weiter: „Gleicherweise wurde der Evangelisch-sozialen Vereinigung die Benutzung der Universitäts- und der Reformierten Kirche versagt. Der Gei st ängstlicher Opportuni tät und zugleich der Abneigung, mit der Be tonung des sozialen Christentums Ernst zu interessante Reise werden, da sich daS ganze japanische Geschwader im Golf von Petschili aufhält. Die Japaner haben jetzt schon fürchterliche Angst vor dem Port Ärthur-Batterten und liegen immer, wenn sie Port Arthur beschießen, westlich des Kap Lao-ti-schan, können aber von dort weniger Schaden anrichten. Sonst wimmelt e» im Gelben Meere und an der Korea-Küste von japanischen Schiffen, da die Japaner wissen, daß die Russen nicht nu« dem Hafeo gehe». A»» sNaujans In dieser Woche sind auS Japan 30000 zur Verstärkung der zweiten Armee in Liaujang abgegangen. Die brüte Armee ist mitten in der Mobilisation begriffen. Die japanische Regierung mietet jetzt alle verfügbaren Dampfer, auch kleinere, für Truppen- tranSporte. Nach Petersburg wird aus Liaujang gemeldet, General Marr sei nach Peking zurückgekehrt. Er besitze 13 000 nach europäischem Muster ausgebildete Soldaten und 40 Geschütze. Seine Stellung den Russen gegenüber sei sehr zwrr- deuttg. Die Haltung Chinas flöße ernste Besorgnis ein. machen, hat diese Entschließungen «inge geben." Bezüglich der reformierten Kirche bedarf diese Dar stellung entschieden einer Berichtigung. Woher kennt der Berichterstatter die Motive des reformier ten Konsistoriums- Er dürste sie doch von rechtswegen nur dem Antwortschreiben entnehmen, das der Unterzeich nete als diesjähriger Vorsitzender an Herrn Prof. O. Mr. Gregory gerichtet hat. In diesem aber ist hervorzu heben, 1) daß in der Beratung sehr starke Sympathien mit den Bestrebungen der Evangelisch-sozialen Vereinigung zum Ausdruck gekommen sind; 2) daß man einstimmig Herrn Prof. v. Drews auS Gießen als einenPrediger anerkannte, dem man mitunein- geschränktem Vertrauen die Kanzel unserer Kirche zur>Verfügung stellen könne; 3) daß es aber geradezu wie eine Heraus forderung der evangelisch-lutherischen Landeskirche erscheinen mußt«, wenn die evangelisch-reformierte Gemeinde einer Vereingung, die nach 8 1 ihrer Satzungen grundsätzlich nur Glieder der evangelisch lutherischen Landeskirche als Mitglieder ins Auge faßt*), ihre Kirche einräumen würde, weil die lutherischen Kirchen der Stadt von deren Behörden ihr für den beab sichtigten Gottesdienst verweigert werden. Auch in dieser Beziehung herrschte unter uns Einstimmig keit, so schmerzlich es den meisten von uns war. einer Sache, die ja keineswegs bloß eine national-soziale Sonderangelegen- heit ist, nicht in der erbetenen Weise dienen zu können. D i e Unterschiebung der Motive, welche die „S ach - sen stimme" angibt, weise ich darum hiermit zurück. Leipzig. v. P. Mehlhorn, Pfarrer an der ev.-reformierten Gemeinde. * * verlin, 19. Mai. * Unterstützung wissenschaftlicher und künstlerischer Bestrebungen durch daS Reich. Einen Geschäftszweig des Reichsamts des Innern, der hoffentlich noch einen immer größeren Umfang annimmt, bildet die Unterstützung wissenschaftlicher und künstlerischer Bestrebungen, deren Bedeutung über die Grenzen des Einzelstaates hinaus gebt. Fortlaufende oder vorübergehende Bcihülfen er halten gegenwärtig: die großen Unternehmungen der LlonuiQMtL Oermuuinv Üiütorica und des Grimmschen Wörterbuchs, das Germanische Museum zu Nürnberg und das Römisch-Germanische Museum zu Mainz, die Leopoldinisch-Karolinische Akademie der Naturforscher, das Kunsthistorische Institut zu Florenz, die Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte, die Inter nationale Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt, die Hauptstation für Erdbcbenforschung in Straßburg. Unterstützungen werden ferner gewährt zur Erforschung des römischen Grenzwalls, zur Bearbeitung der wissen schaftlichen Ergebnisse der Tiefseeexpedition, für die Süd- polarexpedition, zur Beteiligung des Reichs an der inter nationalen Bibliographie der Naturwissenschaften, zur Unterstützung der Hoch- wie Binnenseefischerei, zur Be kämpfung der Tuberkulose, des Typhus und der Krebs- krankheit, zur künstlerischen Ausschmückung des Reichs tagsgebäudes, zur Unterhaltung der Nationaldenkmäler auf dem Niederwald und in Berlin, zur Beteiligung der deutschen Kunst an internationalen Ausstellungen des Auslandes, zur Herausgabe eines Werkes über die Six tinische Kapelle. Auch die auf deutschem Boden tagenden wissenschaftlichen Kongresse pflegen aus Reichsmitteln unterstützt zu werden. * Ostmiirkische«. Der in den letzten Jahren öfter in den Ostmarken vorgekommenen Annahme farbloser und historisch unbegründeter deutscher Ortsnamen wird jetzt durch einen Erlaß des preußischen Ministers des Innern *) Er lautet: „Die sächsische evang.-soziale Vereinigung, welche Glieder aus allen Kreisen unserer Lan deskirche willkommen heißt, steht auf dem Glaubensgrund unserer Kirche und hält es für die dringendste Auf gabe unserer Landeskirche, dahin zu wirken, daß möglichst viele aus den der Kirche entfremdeten Volksmassen wieder für das evangelische'Christentum und unsere Kirche gewonnen werden." Tie von mir unterstrichenen Worte sind natürlich in den Satzungen selbst nicht gesperrt. Feuilleton. Die Berliner Sezessions-Ausstellung. Von Eduard Gold deck (Berlin). Nachdruck verboten. Jedes Kunstwerk ist mir eine Spiegelung des Universums, und deswegen finde ich jede Bilderausstellung widersinnig. Hat es auch Methode, so ist es doch Wahnsinn, ein paar hundert, ja ein paar tausend individuelle Wesens- äußerungen in einem Zwinger einzupferchen. Bei Nacht, denke ich, muß es furchtbar in solchem Riefenkäfig zu gehen; da kämpfen die wider ihren Willen „Gehängten" einen gräßlichen Kampf. Ich empfehle diesen struLslo kor llko als ulkig-schreckliches Ballcttmotiv. Daß es Menschen gibt — ich meine nicht „Leute", sondern „Menschen" —, die solche Kunstkonglomerate be suchen, setzt mich immer aufs neue in Erstaunen. Aber es gibt ja auch Exemplare der Gattung homo insipions, die Anthologien lesen und von Liliencron zu Hebbel, von Bierbaum zu Storm Hüpfen. Wenn man ein Gedicht oder ein Bild genießen will, so muß man dem Künstler folgen, wie in der Urväter Zeiten das Weib dem Manne folgte. Und wer nicht vor ein Bild tritt mit der demütigen Sehnsucht, seine Seele zu verlieren, der tut besser, er schließt mit dem nanking behosten Sohne Albions Freundschaft und liest gewissen- haft den Katalog durch, weil in diesem „alles drin steht". Läßt man „in diesem Sinne", wie toastende Bürger sagen, ein Kunstwerk auf sich wirken, so ist das Erwachen peinvoll. Die Seele kehrt zurück aus fernen Welten und siehe da! in dieser „intimen" Ausstellung sind noch 250 Werke, die Andacht heischen. Das aber gewährt unsere Konstitution nicht. Also schleiche ich müde, ver- drossen weiter und urteile ungerecht. „Mit Eins", wie Lessing sagte, „bin ich umgeben von Leichen." Dann ist das, was ich zu sagen weiß, noch wertloser, als es sonst wäre. Erschrecken Sie nicht, teuerste Leserin (obwohl ich Ihre ängstlichen Rehaugen liebe), erschrecken Sie nicht, es ist wirklich wahr. Kritik hat nur einen Wert als subjektive Temperamentsäußerung, darüber sind die feinsten der Europäer, sie mögen Lemcutre, Wilde oder Harden heißen, sich einig. Also wenn ich Ihnen nachher jage, daß mir dies oder jenes Bild mißfällt, so genieren Sie sich nicht, nennen Sie mich einen bekropften Idioten und bleiben Sic bei Ihrer Ansicht.... Don solcher anmaßenden Bescheidenheit will man in den meisten Blättern nichts wissen. Sollten Sie, lieber Herr Kollege Zschorlich, anders denken als ich, so werde ich mich freuen, wenn Sie in einer schonungslosen Note meine Arroganz vernichten und die Reinheit der un sterblichen Seele wahren, die uns der liebe Gott nicht ge geben hat, damit wir sie aufs Spiel setzen, um, wie man sich im Allerheiligsten der Redaktionen ausdrückt, „rm Rahmen des Blattes zu bleiben". Also ich bitte, meine Eindrücke von der Berliner Se- zessions-Ausstellung andcuten zu dürfen. Andeuten zu dürfen: ich habe nicht die Absicht, „erschöpfend" zu sein. (In diesem Falle wäre es ein leichtes; ich brauchte nur alle zu erwähnen, die Erwähnung verdienen.) Es sind sieben Räume, kahl und öde. Segeltuch oben, Segeltuch an den Wänden. Auf den Wänden hängen Bilder. Skulpturen stehen da und dort in den Ecken, ihrer sind wenig. Wenn ich in solch einen Saal trete, so flaniere ich, bis ich vor einem Bilde einen elektrischen Schlag bekomme. Ds eoup cks kouckrv, sagt der Franzose, wenn er das Weib sicht, mit dem Liebe auf den ersten Blick ihn für das ganze Leben zusammenschmiedet. (So, glaube ich, würden unsere bewährtesten Autoren, würde Ida Boy-Ed sich aus- drücken.) Dieser Eindruck muß physiologisch sein. „Der Schauer beginnt", sagte Geibel. Es ist etwa. Wie wenn ich eine Wünschelrute bei mir führte. Dieser dilettantische Schauer, den jeder approbierte Kunstkenner verächtlich belächeln wird, stellte sich nicht ein einziges Mal ein. Daher bin ich eigentlich enttäuscht. Dann habe ich viele Bilder mit bereitwilligem Oeffnen der Seele betrachtet, und nun bin ich überrascht, wie hoch das Niveau der Ausstellung ist und wie gleichmäßig es ist. Kein alles überragender Pic, aber doch viele sehr respek- tadle Gipfel. Sehr wenig Exzesse, Farbenräusche, Brutalitäten. Man hat den Eindruck: die Flegeljahre sind vorüber, diese Menschen wissen alle, daß Kunst von „Können" kommt. Sie sind ernst, sie unterschätzen daS Metier nicht. Sie überschätzen es auch nicht mehr wie im ersten Trotz und Kampfesfieber. Es sind Bilder da, die auch Lamennais lieben würde. Zufällig las ich in diesen Tagen gerade, was er im Kapitel „Malerei" (I>s I'nrt ot <lu d««u) über die Materialisierung der Kunst durch die Bevorzugung der Farbe vor der Form sagt, und es ge währte mir ein melancholisches Vergnügen, zu kon statieren, daß alles wiederkehrt. Alle diese Diskussionen waren schon einmal da, und die Menschheit gleicht — ver zeihen Sie das harte Wort! — den philosophischen Wiederkäuern, die auf der grünen Weide Siesta halten und das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden. Dieses Wissen macht sehr tolerant, aber dos Publikum ist nicht tolerant. „Hier kann man nur lachen", rief eine gesteuert. Der Minister bestimmt nach der „Post", daß bei Aenderung polnischer Ortsnamen in erster Linie darauf Bedacht zu nehmen ist, diejenige» deutschen Namen zu wählen, welche die betreffenden Ortschaften schon in früherer, vorpolnischer Zeit aeführt haben. Erst bei fehlender Ueberlieserukyi eine« solchen Namens ist in der Regel die Wahl neuer Namen gerechtfertigt. In Ausnahme fällen dürfen Abweichungen namentlich dann stattsinden, wenn das Andenken einer historischen oder sonst bekannten Persön lichkeit dadurch geehrt werden soll. * Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen sind mit Admiral Knorr zu mehrtägigem Jagdbesuch auf idrer Besitzung Opatow im Kreise Kempen (Provinz Posen) eingetrosten. * * Koburg, 19. Mai. Die geschiedene Groß- herzogin Melitta von Hessen hat auf die ihr vom Großherzog seit der Ehescheidung gezahlten jähr lichen Apanagen von 80000 verzichtet. Aus diesem Anlaß zirkulieren von neuem Gerüchte von einer bevorstehenden Verlobung mit dem russischen Großfürsten Cyrill. * Stuttgart, 18. Mai. Die Abgeordnetenkammer ist heute nachmittag zusammengetreten. Die Fraktion der deutschen Partei hat einen Antrag eingebracht, wonach die Regierung ersucht werden soll, „,m Bundesrat dahin zu wirken, daß nach Maßgabe von 8 10 des Wein gesetze« von 1901 baldmöglichst Vorschriften erlassen werden, welche die Ueberwachung deSVerkehr« mitNahrung«» und Genußmitteln nach einheitlichen Grundsätzen, sowie durch Bestellung von besonderen LandeSbeamten hierfür regeln." — Wegen des Ablebens der Erbgroßherzogin von Weimar wurde zweiwöchige Hoftrauer angeordnet. Ausland. Oesterreich - Ungarn. * Vertrauensvotum für Golvchowski. Der Budget- anSschuß der österreichischen Delegation genehmigte am Donnerstag den Bericht dos Referenten über das Mini sterium des Aeußern, in dem mit Genugtuung hervor gehoben wird, daß die Beziehungen der Monarchie zu allen Mächten vortrefflich feien, und daß er den Ausschuß erklärungen des Grafen Goluchowski über die Handels verträge voll zustimme. Der Bericht schließt mit einem Vertrauensvotum für die zielbownßte und erfolgreiche Leitung der äußeren Politik und mit dankbarer An erkennung der uncnisgesetzten, verständnisvollen Be mühungen des Grafen Goluchowski um die Förderung der wirtschaftlichen Interessen Oesterreich-Ungarns im Ausland. * Tas MarinetuSget. Der Budgetausschuß der öster reichischen Delegation begann am Donnerstag die Beratung des Marinebudgets. Marmckommandant Freiherr von Svau» legte dar, wie die Kriegsmarine infolge von zu kleinen Jahre raten für den Bau der Schiffe und deren Armierung den Neuerungen der Technik nicht habe folgen können und daß die vom Kriegsminister erörterten Motive bezüglich der Kriegsbereitschaft deS Heeres in vollem Maße auch für die Marine gälten. Da eine Erhöhung der Schlagfertigkeit des Heere« mittels einer Kreditoperation herbeigeführt werden solle, sei eS natürlich, daß dieser Vorgang auch auf die Kriegsmarine Anwendung finde. E» sei doch selbstverständ lich, daß nicht politische Verhältnisse hier al« maßgebend erscheinen könnten, da doch jeder Staat verpflichtet sei, seine Wehrmacht so zu gestalten, daß, wenn ihm plötzlich eine kriegerische Aktion aufgedrängt werde, er derselben vollends gerecht werden könne. Großbritannien. * Mn Steg der Regierung. Im Unterhause hat die Regierung am Donnerstag daS geforderte Vertrauensvotum erhalten. Die Resolution Black gegen die Zölle auf Lebensmittel wurde mit einer allerdings nicht sehr großen Mehrheit abgelehnt. Ueber den Verlauf der Sitzung meldet der Draht: Hugh Cecil (Unionist) spricht sich für die Abgabenfreiheit der Nahrungsmittel aus und erklärt sich für die Resolution Black, die er nicht als Tadelsvotum betrachte und erhebt gegen Chamberlain den Borwurf, daß er sich derDebatte über seine Fiskalvorschläge entziehe. H ickS-Beach spricht sich gegen die Resolution aus. Chamberlain führt aus, die Regierung habe ein großes Werk in der Vergangenheit getan und habe ein große- Werk für die Zukunft übernommen. Er wünsche sie in jeder Weise zu unterstützen, um dys Werk zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringe». Alle-, wa« er wünsche, sei, daß die Regierung nicht etwa« tun sollte, wa- dir Annahme seiner Politik unmöglich machen würde. Chamberlain wies die Beschuldigung politischer Feigheit zurück- Er glaube, dir Besprechung der Fiskalfrage sei verfrüht. Redner sprach sodann die Absicht aus, die Bemühungen im Lande fortzusetzen. Die gegenwärtige Politik der Regierung habe seine Herz- liche Unterstützung. Zur Zeit begnüge « ' sich damit, di« Regierung zu ersuchen, vorwärts zu schreiten. Ha- milton sagt, die Fortsetzung der FiSkalogitation würde die «monistische Partei zerstören. Minister Balfour erklärt, dir Politik, die er in seiner Red» in Sheffield dargelegt habe, sei noch der Politik der Regierung. Er sehe keinen Grund, da«, wa« er in der Rede gesagt habe, irgendwie zu ändern. ASquith (liberal) kritisiert lebhaft die Haltung der Regierung, die sich scheue, die Resolution anzunehmen aus Furcht, den Antragsteller und Chamber- lain zu beleidigen. Nach einer lebhaften Debatte wurde die Reso- lution Black mit 306 gegen SKI Stimme» abgelthut und die Diskussion über den Abänderungsantrag Wyndham auf unbestimmte Zeit vertagt. * Ter Ministerrat trat heute zur Erörterung der Frage über Tibet zusammen. Es verlautet, die Regierung werde beschließen, Tibet offiziell den Krieg zu erklären und das britische Expeditionskorps auf 10 000 Mann aller Waffen gattungen zu erhöhen. , cumvere». * Ter diesjährige Sächsische AreiSturntag, welcher wegen des Deutschen Turntage« zu Oster» in Berlin -verschoben werden mutzie, wird seine Tagesordnung noch umfassenden Vorarbeiten des Kreisturnrat- an einem Tage »u erledigen baden- Di« Verhand lungen finden am Trinitatissonntage im großen Saale des Kaiser- Hofs zu Reichenbach i. V. statt. Außer den regelmäßig zu erstattenden Berichten stehen auf der Tagesordnung die Abhaltung des dritten KreiSturnfesle« 1905 in Chemnitz, wozu der Turnverein zu Chemnitz den Antrag einaebracht hat, das KreiSfesl auf drei Tage auszudehnen. Längere Zeit dürsten auch di, Ver handlungen über die Abänderung de« Grundgesetzes der Unter- stüyungskasse, die Gewährung von Unterstützungen in Haftpflicht fällen betreffend, beanspruchen. Ferner ist die Herausgabe eines besonderen Handbuchs für den Turn kreis Sachsen in Aussicht genommen. Der Krei-turnwart verhandelt außerdem über eine Reihe Kreis- und Gauangelegenheiten, über die Abhaltung des 10. Lehrgangs für Turnwarte und Vorturner nächst, Ostern in Dresden, über di« Uebernahme eine« Teile« der Zettlerschen Bücherei, Unterstützungtgesuche rc. Der Hau«haltplan der Kreiskassr auf die VermaltungSzstt 1905 06 weist» im Voranschläge 35700 Teckungsmittel auf, darunttx 80400 Kreis- und 2400 Zöglingssteuern. 900 Zinsen, 3000 Zuwendungen aus früheren Ueberfchüssen. Die Gelaintauegaben belaufen sich ebenfalls auf 35 700 ./l, darunter 13 SM Verhülfe zur Unter- üützungskasse, 2000 für das Kreisturnfest, 1000 für den Vorturnerlchraang, 1400 Kosten deS KreisturntagS, 2400.^ für Verwaltung, 9500 .« deutsche Turnerschaftsfteuer usw. Die Teil nahme der benachbarten Turnvereine an den Verhandlungen des Kreisturntags ist besonders erwünscht, da die Sitzung öffentlich ist. An der von der Turngemeinde Leipzig (Turn halle Torothecnstr. 6) am Himmclfahrtstage ausgeführten Turufahrt beteiligten sich OS Turner. Tie Abfahrt er folgte früh 5 Uhr 22 Min. vom Bayerischen Bahnhof« nach Cossen, von wo aus die Wanderung angetreten wurde. Der Weg führte zunächst zwischen grünenden Feldern und blumigen Wiesen nach dem Waldschlößchen, wo eine Frühstücksrafl gehalten wurde. Dann ging es durch die im Maienschmuck prangenden Waldungen nach dem romantischen Brauselochtai. Die Forslvepwaltung hatte in entgegenkommendster Weise die Erlaubnis zur Benutzung der sonst verschlossenen Wege crreilt. Nach Erklimmen der jenseitigen Höhen ging eS der idyllisch ge legenen Hüll müh le zu. Dann begann die Wanderung durch dunklen Tann in das liebliche Muldental, daS nach Uebcrfchreiten der Hängebrücke bei Schloß Rochsburg verlassen wurde, um den Schloßberg zu besteigen. Nach ein genommenem Mittagsmahl verließ man die Veste und wandte sich, die sauber gepflegten Pfade der prächtigen Garten anlagen des Herrn Kommerzienrats W. Vogel passierend, wieder hinab in das Muldetal. In Lunzenau wurden die Wanderer von der dortigen Turnerschaft durch Gauiurnwart Gerstenberger begrüßt. Weiter führte der Weg zur Göhrener Brücke. Dann wandte man sich, durch Laub waldungen marschierend, öcm Rochlitzer Berge zu, dessen Besteigung den würdigen Abschluß der vom schönsten Wetter begünstigten Fahrt bildete, vom Bahnhof Rochlitz wurde die Rückfahrt angetreten. Gestärkt durch die Wanderung und hoch befriedigt vom Verlauf des Ausfluges trafen die Wanderer wohlbehalten in Leipzig wieder ein. * Allgemeiner Turnverein zu Leipzig In Geaemvart einer großen Anzahl von Freunden des TurmpesenS wurde am Sonn tag in der städtischen Turnhalle ein Schauturnen der Frauenabtei jungen des Allgemeinen Turnvereins ab- Dame von gewaltiger Körperlichkeit höhnisch, und dann lachte sie. Nun gerate ich in Verlegenheit. Wie soll ich in einem kurzen Feuilleton den Stoff bewältigen? Wer nennet ihre Namen? Indessen .... Im Skulpturenraume, den man zuerst betritt, werde ich allen, die mich als Bärenführer in die Sezession schleppen wollen, Wilhelm Hammers hoj zeigen: „Fünf Porträts" (78) von kräftiger Charakteristik. Das Publikum amüsiert sich sehr über oas Bild, weil einer der am Tische sitzenden Männer ungewöhnlich große Füße hat und dem Beschauer die Sohlen entgegenstreckt. Von diesem Bilde gehen die meisten sehr befriedigt fort. Dann ist da ein Bild einer Frau „In der Hoffnung" (160), harmonisch, schlicht und voll Ausdruck, der Künstler heißt Eugen Nielsen. ViggoJohannsen hat eine sehr schöne Landschaft (110) in diesem Zimmer. Alle diese Dänen sind fein, ruhig, etwas matt, aber höchst diskret. Anders der Russe Maljamine, der eine farbönsprühendc Bäuerin gegeben hat. Verblüffend, aber weiter nichts. Saal 1. Münchener „Scholle". Lier befindet sich das abgeschmackteste Bild der ganzen Ausstellung, das Kolossalbild eines Säbelfechters, der auf einer bunten Wiese sich vom Himmel abhebt. Es ist scheußlich. Nur ein Wunsch scheint den Maler Fritz Erl er geleitet zu haben: spuder Ik- boureoois. Erler-Sa Maden Hal ein Bild hier „Teufclsturm" (54), das von starker Phan tasie zeugt, aber nicht zwingend ausgeführt ist. Saal 2. Eine Reihe fein ausgeführter Humoristica von Oberländer (162—165), vor allem die Siesta einer Schwcineherdc. Aparte und in dunkeln Tönen singende Landschaften von Leistikow. Drei Meister bilder von Max Liebermann; am köstlichsten und von wundervollem Farbenreiz: „Badende Knaben in der Düne" (144). Saal 3. Porträtsaal. Der „dou" der Ausstellung: MaxSlevogts Marietta di Rigardo, eine spanische Tänzerin, der Stern des „Kabaretts zum siebenten Himmel". Ein Bild von nervösem Leben, aber in der Kritik und vom Publikum für mein Gefühl sehr über schätzt. „Schön ist anders", sagt der Berliner. Der rechte Arm und die linke Hand sind keine Reklame für Marietta. Von Gordigiani ein brillantes Porträt der Düse (71). Welche Toilette! Welche geschickte, natürliche Pose! Das Gesicht ist verjüngt, geglättet; d'Annunzios Muse ist dies nicht. Von Werenskjold ein feines Bildnis des Komponisten Grieg (236). Von Joh. Whistler ein Bildnis des Schriftstellers Duret. Ich danke Gott, daß ich von diesem Kollegen nichts gelesen habe. Wenn er so geschrieben hat, wie er aussieht, ziehe ich Brom oder ein anderes Schlafmittel vor. Das ist be zeichnend für Whistler. Der Mensch war ihm ganz gleichgültig, aber die Harmonie des schwarzen Anzuges, des grauen Hintergrundes und des lachsfarbenen Man- teletts, das Duret über dem linken Arm trägt, die war ihm wichtig. Und in der Lat, das Bild ist eine Augen- weide. Das Bedeutendste in diesem ganzen Saale ist für mich ein Fraueuporträt von Ern st Bischoff. Culm. Es ist eins der wenigen Bilder, aus denen ruhige Größe spricht, vielleicht das einzige. Saal 4. Hier hat K. v. Karüorff ein „Haus in Travemünde", das ungemein erfreulich wirkt (118), I. Albert s eine zugleich kräftige und poetische Herbst, landschaft vom Ukleisec (1). Alfred Maurer zeigt einen Bohömien vom Montmartre, der an einer Brot rinde kaut (150). Der Typus ist famos erfaßt, ein „Schäbig-Gentiler", wie jeder ihn kennt, der einmal jenes originelle Quartier durchquert- hat. Von Martin Brandenburg fällt eine Landschaft „Sommertag" (25) ins Auge, die trotz mancher Schönheiten doch verwirrend und mit ihrer Staffage im Baumwipfel, kletternden, be flügelten Pulten maniriert wirkt. Solche Wesen müssen der Landschaft organisch entwachsen, hier empfinden wir sic nur als eine lästige Zutat. „Der Bahnhof" von Hans Baluschck (8) ist eine meisterhafte Arbeit; über der wahrhaft philologischen Akribie, mit der hundert Einzelheiten festgehalten sind, hat der Eindruck des Ganzen nicht gelitten. In Saal 5 kann man fast alle Arbeiten erwähnen, man kann cs aber auch lassen. Frappierende Eindrücke habe ich nicht gewonnen. Dahingegen sehen wir in Saal 6 eine Büste Friedrich DernburgS in getöntem Holz von Mar Kruse (256). Sie sprüht von Leben, aber da das Modell lächelt (ein mephistophelisches Lächeln!) und eben zu reden anheben will, so ist doch das bewegte, zuckende Gesicht nicht ganz der Gefahr der Karikatur ent gangen. Eine herrliche romantische Landschaft von Hans Thoma (208) gibt all die Ruhe, die Kruses kühnes Wagnis uns vermissen läßt. Ludwig k». Hofmann hat hier Bilder, die man als Schmierereien bezeichnen würde, wenn sie nicht eben von L. v. H. wären. So ist der Rundgang geschlossen. Whistler hat ein- mal eine Broschüre geschrieben über die Kunst, sich Feinde zu machen. DaS einfachste Mittel dazu bat er aber nicht erwähnt; eS besteht darin, einen AuSstellungsbericht zu schreiben, in dem man von hundert Künstlern nur zsbn nennt. DaS macht in glatter Rechnung 90 Prozent lm- versöhnlicher Feinde.
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