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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040521012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904052101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904052101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-21
- Monat1904-05
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Nr. 258. Sonnabend den 21. Mai 1904. Morgen-Ausgabe. "eiMger Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Notizeiauttes der Ltadt Leipzig. BezugS-PretS i» d« LanptexpMtton oder derer, «Xoab». stell« ab geholt: viertrljLhrltch S.—. bei zweimaliger täglicher Anstellnna tu« Hau« 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch. land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.50, für die übrigen Länder laut Zritvng-prriSliste. Redaktion: JohanntSgasfe 8. Sprechstunde: 5—8 Uhr Nachm. Fernsprecher: 133. Expedition: JohanniSgasie 8. Fernsprecher: 222. Ftltalexpeditionen: Alfredtzahn, Buchhandlg., UuiversitätSstr. 3 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lüsche, Katharinen- straßr 14 (Fernsprecher Nr. 2935) u. KSnig«- platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden: Marienftraßr 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Ftlinle Berlin: LarlDuncker, Herzgl.Bayr.tzofbuchbandla.. Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVINr.4603.) Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktion-strich (4gespalten) 75 -H, nach den Famtlienuach- richten (6 gespalten) 50 »j. Tabellarischer und Hisfrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 25 Extrn-Vetlagen «gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Snnahmeschlutz für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richt«. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet uv» früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Klinkhardt). 98. Jahrgang. Var Mthtigrte vom Lage. * DaS Gesetz über die kleine Reichsfinanz, reform wurde gestern amtlich veröffentlicht. * Ter frühere mecklenburgische Finanz- mini st er Bodo v. Bülow ist infolge eines Schlag- anfalles gestorben. * 70 000 Russen sollen zum Entsatz Port Arthurs heranmarschieren. (S. russisch-japanischen Krieg.) * Westlich von Fönghwangtscheng hat am Montag ein Gefecht zwischen Russen und Japanern stattgefunden, das beiden Teilen starte Verluste verursacht hat. (S. russisch-japanischen Kriegs * Der russische K reuzer „B o g a t y r" ist im Nebel bei Wladiwostok auf eine Klippe auf- gefahren. (S. russisch-japanischen Krieg.) vn kdrenclegen. Seit einiger Zeit bestrebt man sich, mehr mit auf- dringlichem Eifer als mit Sachkenntnis, die Militär gerichtsbarkeit zu „humanisieren". Diese Bestrebungen sind nicht neu. Vor mehr als einem halben Jahrhundert gab bereits Victor Hugo in Frankreich die Parole aus, daß der Soldat „verbürgerlicht" werden müsse: die moderne Entwicklung hat diese Parole ausgenommen und sie von Jahr zu Jahr in weiterem Umfange verwirklicht. Eine Grenze aber finden, wie auch die liberalsten Politiker zugeben, die Bestrebungen, „der Sitten Freundlichkeit", die an Mar Piccolomini gerühmt wird, in: Heere heimisch zu machen, an jenem unerläßlichen Erfordernis, ohne das eine Armee nicht allein unnütz, sondern geradezu staats gefährlich ist: an der Disziplin. In jüngster Zeit haben hohe Offiziere im Parlament und in der Presse häufig die Befürchtung ausgesprochen, daß die Disziplin, dieses Fundament der Armee, durch die minierende Tätigkeit der Sozialdemokratie, aber auch durch die allzu indivi duellen, allzu sehr von dem abstrakten Phantom des „rein Menschlichen" beeinflußten Tendenzen des Liberalismus gefährdet werden könnte. Und es ist in der Tat nicht zu leugnen, daß auch aus den Kreisen der Truppenoffiziere solche Klagen laut werden und daß ruhige und Vorurteils- freie Männer der Praxis Besorgnisse äußern. Massen sind, so heben sie hervor, nun einmal nicht wie Adels- menschen zu lenken: das Gemüt der durch langjährige Agitation bereits voreingenommenen, sozialdemokratisch beeinflußten Mannschaften verschließt sich freundlicher Einwirkung, und der Dienst, der früher als eine Ehre galt, wird nur noch als eine lästige Verpflichtung wider willig erledigt. Der Gegenstand ist zu ernst, als daß man von vornherein mit einem Lächeln und Achselzucken über die Klagen der alten Troupiers hinweggehen sollte. Jetzt aber lesen wir von einem an sich unbedeutenden Vorgänge, der sogar der humoristischen Färbung nicht entbehrt, und dennoch sehr geeignet ist, die Besorgnis jener Kreise zu be- kräftigen und zu rechtfertigen. Wie Berliner Blätter melden, hat die erste Landwehrkompagnie des 2. Eisen- bahn-Regiments in Berlin ihrem Hauptmann, einem Herim W., fürdiehumaneBehandlung während der vierzehntägigen Uebung bei der Entlassung am 10. d. M. einen kunstvoll gravierten Ehrendegen über- reicht. Der Hauptmann W. hat den Degen ange- nommen und erklärt, „daß dieser, so lange es ihm ver» gönnt sei, eine Waffe zu tragen, nicht von seiner Seite kommen solle." An den Kosten für die Ehrengabe haben sich alle Landwchrleute ohne Ausnahme beteiligt. Auf den ersten Blick klingt das alles wahrhaft idyllisch hübsch: indessen bei näherem Zusehen ergeben sich doch die ernstesten Bedenken. Zunächst muß festgestellt werden, daß eine strenge, aber gerechte Behandlung in der Armee selbstverständlich sein sollte und, von beklagenswerten Ausnahmen abgesehen, es auch ist, und zwar heute mehr als je. Human heißt auf deutsch „menschlich", und es berührt nicht gerade angenehm, daß die Landwehr- kompaguic es für notwendig hält, ihren, Hauptmann da- für einen Ehrendegen zu schenken, daß er sie menschlich be handelt hat. Sollten die Geber den, Worte „human" aber eine andere Auslegung angedeihen lassen, so könnte die vom dienstlichen Standpunkte ans nicht minder unerfreu- lichc Vermutung auftauchen, daß der Hauptmann sich in der Behandlung der Leute mehr von der Rücksicht auf seine Untergebenen, als von der Rücksicht auf das Ausbildungsziel habe leiten lassen. In erster Linie aber kommt es den, deutschen Volke darauf an, daß seine Armee in Kriegszeiten ein schlagfertiges und zuverlässiges In strument fei. Erst in zioeiter Linie steht es, ob die An gehörigen der Armee silb während der Dienstzeit so wohl fühlen „wie bei Muttern". Derselbe Max Piccolomini, dessen Liebenswürdigkeit Kameraden und Untergebene rühmen, erklärt auch, „es ist der Krieg ein rauh' gewalt- sam Handwerk", und dessen müssen wir bei der Be urteilung von Herreseinrichtungen stets eingedenk bleiben. So verwerflich wie die Tätigkeit der politischen „Scharfmacherei", so unheilvoll ist auch die Tätigkeit der militärischen Schlappmacherei. Und weiter: die Land wehrkompagnie, die erstaunt gewesen zu sein scheint, daß sie human behandelt wurde, muß doch wohl voraussetzen, daß diese Behandlungsweise bei anderen Kompagnien nicht üblich ist. Sie kritisiert also mit ihrer Ehrengabe mittelbar die Handhabung des Dienstes, wie er in der preußischen Armee geübt wird. Nehmen wir nun einmal an, die Herren hätten während ihrer kurzen Uebungszeit den Eindruck gewonnen, daß sic nicht human behandelt würden, so ist es wahrschein lich, daß sie dann sich berechtigt gefühlt hätten, dem Hauptmann ihren Unwillen zu bezeigen, ganz wie sie jetzt das Bedürfnis empfinden, ihm ihre Hochachtung zu beweisen. Diese eine Voraussetzung genügt, um dar- zutun, daß jeder fernere Schritt auf diesem Wege, so gut er gemeint sein mag, unzulässig ist. Es ist hier der eigentümliche Fall eingetreten, daß dasjenige, was als Ehrung eines Vorgesetzten beabsichtigt war, keineswegs dazu geeignet ist, dem Betroffenen — anders können wir uns nicht ausdrücken — in den Augen seiner Vorgesetzten und Kameraden zu nützen. Denn wer da weiß, wie schwer die Aufgabe ist, innerhalb 14 Tagen die ein- gezogenen Mannschaften wieder zu disziplinieren, zu trainieren und sie mit den inzwischen vorgenommenen Aenderungen und Verbesserungen vertraut zu machen, dem ist auch bekannt, daß der Vorgesetzte so hohe An- forderungen stellen muß, daß er nicht immer zu dem ehrenvollen Prädikat des humanen Mannes gelangt. DieLandwehrleutebcabsichtigten auch gewiß, in ihrem Hauptmann die Armee zu ehren; es ist wahrscheinlich, daß jeder kritische Nebengedanke ihnen fern lag. Trotz- dem wirkte die Ai»»zcichuung des Vorgesetzten durch die Untergebenen im militärischen Sinne geradezu subversiv. Erstaunlich ist es, daß der betreffende Hauptmann — immer vorausgesetzt, daß die Nachricht sich im vollen Umfange bestätigt — nicht die Motivierung des Geschenkes unzweideutig zurückgewiesen hat. Auch das klingt sonderbar, daß der Offizier erklärt haben soll, „der Degen werde nicht von seiner Seite kommen, so lange es ihm vergönnt sei, eine Waffe zu tragen". Denn diesen pathetischen Worten fehlt es insofern an einer realen Grundlage, als das Anlegen eines Ehren- degens der Zustimmung des Regimentskommandeurs be- darf und es mit Rücksicht auf die Eigenart des Falles noch sehr fraglich ist, ob diese Zustimmung gewährt werden kann. Alles in allem müssen wir sagen, daß hier ein Fall vorliegt, dessen Wiederholung nicht wün schenswert ist. In der Armee war es bisher ein Grund satz, dajß Pflichterfüllung selbstverständlich sei und keinerlei Lob verdiene. Daß neuerdings aber die Unter gebenen sich anmaßen, ihrem Vorgesetzten nach abge leisteter Dienstzeit eine Zensur zu erteilen, das muß im Interesse der Armee und der ganzen Nation mit Energie zurückgewiesen werden. 6. ver nirsirÄ-iapaitircbe Krieg. Lr»«p§>entran»p»rte. Die unglaublichsten Angaben über die Leistungsfähigkeit der sibirischen Bahn sind vielfach zu lesen. Täalich sollen 10 000 und mehr Mann befördert werden. Dabei vergißt man völlig, daß es sich nicht allein darum handelt, Menschen, d. i. Soldaten, von Rußland nach der Mantschurei zu be fördern, sondern daß zu solchen Transporten auch Pferde, Fahrzeuge usw. gehören und daß anderseits die Züge, wenn auch leer, wieder zurücklaufen müssen, da sonst der ohnehin nicht große Vorrat an Betriebsmitteln wohl bald zu Ende wäre. Nun ist aber die ganze Bahn eingleisig, eine Begegnung kann daher nur auf Stationen mit genü gend großen Weichenanlagen stattfinden. Auf einzelnen Strecken, wo diese Weichen selten sind und sich wegen der Bodenbeschaffenheit nicht ohne weiteres Herstellen lasten, können täglich nur 8—9 Züge in einer Richtung verkehren, die größere Leistungsfähigkeit einzelner anderer Teilstrecken ist gegenstandslos, weil das Mehr an Zügen sich vor den schlechteren Strecken stauen würde. Mit anderen Worten: die schlechteste Stelle einer Bahnstrecke ist ausschlaggebend für den Durchgangsverkehr auf der ganzen Linie. Die Beförderung eines Armeekorps, rund 30 000 Mann, 10 000 Pferde und 1700 Fahrzeuge erfordert aber allein 106 Züge, und zwar deutsche Züge, jedes Abteil mit 8 Mann besetzt. Da eine derartige Zusammenpferchung auf den Riesenstrecken unmöglich ist, so dürfen wir für die sibirischen Verhältnisse ruhig 150 Züge annehmen. Außerdem können aber nicht alle Züge mit Truppen gefüllt werden. Es müssen jeden Tag nock Züge laufen, die den nicht lediglich auf dem Kriegsschauplatz aufzutreibenden Proviant ersetzen, pro Armee korps täglich etwa 1 Zug; weiterhin Kohlenzüge für die Maschinen, Materialzüge aller Art, teils für die Munitions ergänzung, Lazarette, Pserdeersatz usw. usw. Kür diese Zwecke sind allein pro 120 000 Mann, die in der Mantschurei stehen, etwa 3—4 Züge täglich erforderlich. Nehmen wir also an, daß sich 200 o"O augenblicklich dort befinden, so ergibt da« etwa .'» Züge täglich lediglich für den Nachschub. Dabei ist ,e« natürlich ganz gleichgültig, wie weit der Proviant her kommt; wenn die Züge auch nur auf den letzten 300 km laufen, so sperren sie damit die andern doch ab. Es bleiben mithin für den Truppentransport 3—4 Züge täglich, und ein Armeekorps beansprucht daher zu seiner Beförderung etwa 40 Tage. In „Mann" ausgedrückt täglich etwa 800, wenn man eben berücksichtigt, daß außer Männern auch noch Pferde, Fahrzeuge usw. zum Kriegführen gehören. Ist vielleicht die Zahl der Nachschubzüge etwas sehr hoch gerechnet, weil die Proviantvorräte der Mantschurei vielleicht unterschätzt sind, und diese mehr wie 50 Proz. des Nahrungs bedürfnisses der Armee dauernd befriedigen könnte (nach den Ausfuhrziffern an Lebensmitteln zu urteilen, allerdings sehr unwahrscheinlich), so ist anderseits mit keinen Störungen ge rechnet (Schienenbrüche, Entgleisungen, Maschinenschaden, Achsbrüche, Heißlaufen usw.), die erfahrungsgemäß auf solchen Riesenanlagen täglich irgendwo eintreten, wenn wir auch nichts davon erfahren. Japan hat durch Beherrschung des Seeweges den Nachschub unendlich viel leichter, es kann „ge trennt" maschieren, die Russen sind auf einen einzigen Weg notwendig angewiesen. Daraus kann man aber auch ersehen, daß bei einer gewissen Größe der Feldarmee infolge der Eingleisigkeit der Bahn ein Moment eintritt, wo die Leistungsfähigkeit dieser allein durch Nachschubzüge voll erschöpft wird, wo also für eigentliche Truppentransporte kein Platz mehr bleibt. Wir möchten diese Grenze bei 400 000 Mann suchen. Es steht also keineswegs im Belieben der russischen Regierung, un gezählte Soldaten hinauszuschicken, die Tatsache, daß eine ein gleisige Bahn nur Begrenztes leisten kann, steht dem entgegen. Berücksichtigt man demgegenüber, daß ein einziger mittelgroßer Dampfer etwa 3 Eisenbahntransporte aufnimmt, daß also Japan nur 3—4 mittelgroße Dampfer täglich braucht und bei 6 Tagen Fahrzeit einschließlich Ein- und Ausladen und Rückfahrt insgesamt 25 Dampfer von etwa 2—3000 Tonnen nötig hat, um jeden Tag dasselbe auf den Kriegsschauplatz zu befördern wie Rußland. Da es weit mehr besitzt, so kann es auch mehr leisten. Schiff oder Bahn? Wasser oder Stahl? Wer wird siegen? Man sieht, es sprechen noch andere Faktoren im modernen Krieg mit als Tapferkeit und Bewaffnung: die Verkehrs- und Transportmittel. Niutschwang. * Ntutschwang, 20. Mai. Die Nachricht vom Rückzüge der Japaner wird amtlich bestätigt. Derselbe beruht auf folgenden Umständen: Die Japaner trafen am Montag 60 Meilen westlich von Fönghwangtschöng auf 32 000 Rusten in sehr starker Stellung und zogen sich vorsichtiger weise sehr schnell zurück, aber in guter Ordnung. — Ein Bericht aus russischer Quelle besagt, daß zwar keine eigent liche Schlacht stattgefunden habe, daß aber die Kosaken die Flanke der japanischen Division beunruhigt hätten, bis diese wieder zum Hauptkorps gestoßen sei. Die Verluste während des Rückzuges auf beiden Seiten waren beträchtlich. Der Untergang de» „Hatsnse". Bei dem Untergange des Panzerschiffes „Hatsuse" sind drei Fregattenkapitäne, 33 andere Offiziere und Unteroffiziere, auf dem Kreuzer „Ioschino" ein Kapitän, ein Fregatten kapitän und 30 Offiziere und Unteroffiziere umgekommen. Die Zahl der umgekommenen Mannschaft ist unbekannt. Das Gerücht, die „Schikischima" sei beschädigt und die „Fuji" gesunken, wird dementiert. Es liegt wahrscheinlich eine Verwechselung vor. j)srt Arthur. Nach einem Telegramm der „Daily News" aus Tientsin verlautet dort, daß 70000 Russen zum Entsätze Port Arthurs marschieren. Die Japaner werden infolgedessen ihre Offensivoperationen beschleunigen. 45 000 Mann seien bereits in Kintschau und Talienwan gelandet, wodurch Port Arthur gänzlich eingeschlossen sei. Täglich finden Scharmützel längs der Eisenbahn statt. Die Japaner gedenken anzu greifen, wenn sie 50 000 Mann stark sind. Inzwischen werde Port Arthur täglich von der Flotte beschoffen. * London, 20. Mai. Nach einer Meldung des „Standard" aus Tschifu haben die Russen 27 000 Mann in Port Arthur und Proviant auf ein Jahr. Die Geschütze von drei russischen Kriegsschiffen werden auf den Forts von Port Arthur montiert. Alle Geschütze und sämtliche Munition von Dalny wurde mit der Bahn nach Port Arthur geschafft. Der Hafen von Dalny ist mit Minen gespickt. Areuzer „Vogatyr" gestrandet. Der russische Kreuzer „Bogatyr", ein Schiff von 6650 TonS Deplazement mit 600 Mann Besatzung, ist nach dem „Echo de Paris" im Nebel vor Wladiwostok auf eine Klippe aufgefahren und sitzt schleckt. Die Besatzung ist gerettet. veutscves steicv. * Leipzig, 20. Mai. * „Tie Lftenzboten" haben eine Rubrik „Maßgeb liches und Unmaßgebliches" und nutzen des vorsichtigen Titels zweiten Teil weidlich aus. In ihrer letzten Nummer fangen sie an dieser Stelle eine Polemik mit dem „Leipziger Tageblatt" an — zu unserm Leidwesen So wenig wir ein Rencontre mit einem ernsthaften Gegner scheuen — Kinder mord ist nicht jedermanns Sache. Und in den „unmaßgeb lichen" Grenzbotru treiben politische Kinder ihr Spiel — schon seit langer Zeit. Nock steht in lächerlichem Andenken die beispiellose Blamage, die fick die „Grenzboten" mit ihrem zahlenmäßigen „Nachweise" von der „Ungefährlichkeit" der Sozialdemokratie zuzogen. Die Kinder spielten damals Vogel Strauß. Aber da kein natürlicker Sandhaufen zum Kopfhineinstecken da war, so machten sie sich erst einen zu diesem Zwecke zurecht. Diesmal spielen sie getreuer Eckhardt. Weil wir im Wirken de« Kanzlers Grafen v Bülow kein Heil für Deutschland sahen, so baden wir nämlich da« Vaterland verraten. Da« Ausland beruft sich auf da« „Leivziger Tageblatt", macht der auswärtigen Politik des Deutschen Reiches Schwierig keiten, und wenn wir kein« guten Handelsverträge bekommen, so ist das „Leipziger Tageblatt" schuld daran. Wir könne» für diese Hochsckätzung unserer Bedeutung keine Dankbarkeit empfinden, so wenig wie der „schwarze Mann", vor dem die Kinder sich fürchten. Aber wir wollen einmal so tun, als ob „Die Grenzboten" ernsthaft zu nehmen wären — ge wisser Manen wegen. Ja, wir halten die Art, wie Graf v. Bülow die Geschicke des Deutschen Reiches und seiner Vormacht Preußen leitet, für unheilvoll. Seit den Tagen der Aufhebung des zweiten Jesuitenparagraphen ist es uns klar geworden, daß es für uns Pflicht ist, gegen diese Art politischer Geschäftsführung, gegen diese Dekadenz, diese in süßliche Aesthetik eingewickelte praktische Untauglichkeit zu kämpfen. Wir tun damit nur, was andere Leute aus rein egoistischen Opportunitätsgründen nicht zu tun für gut be finden. Aber wir haben gute Männer auf unserer Seile, Männer von innerem Wert und heißer Liebe zu ihrem Lande, keine Neinsager aus Prinzip, sondern Männer der positiven Arbeit. Wenn gelten soll, was die „Grenzboten" stabileren möchten, so wäre jede Opposition Verrat. Bequemer freilich ist es, zu singen: „Lieb Vaterland, magst ruhig sein". Aber diesem jahrelang geheiligten Motto verdankt der nationale Liberalismus seine schwerste Kreditschädigung, und wir machen nickt mit, wenn uns die Leisetreterei als die allein würdige Gangart für den Bürger gepriesen wird. Wir zeihen die Leute mit der ewigen Sanftheit der Sünde und nicht zum wenigsten der Sünde an ihrer eigenen Partei. Es muß Raum sein in unseren Reihen für Manner, die ein offenes, ein hartes Wort sprechen und hören können, oder wir haben auf eine Zukunft zu verzichten. Die Verschwommenheit ist der Fluch des politischen Kampfes. Die Uebersensiblen mögen ihre Schreckhaftigkeit in der Einöde spazieren führen. Auf die Gefahr hin, von den Politikern der „Grenzboten" dafür verantwortlich gemacht zu werden, daß Marokko nicht deutsch geworden ist, wollen wir es mit ruhigem Gewissen wieder holen: Wir haben kein Vertrauen zu dem Kanzler deS Deutschen Reiches, und der Sturz dieses lächelnden Salon ästheten würde uns so kühl lassen wie die Nachricht vom Verlust der „Blauen Mauritius" im Postmuseum. Wir wissen nicht, ob die „Grenzboten" im höheren Auftrage schreiben müssen — so was soll ja vorkommen, und die ge naue Orientierung des Blattes über gräfliche Dinerstunden könnte das vermuten lasten. Jedenfalls aber würden auch noch so hohe Konnexionen diesem Organe nicht da« Recht geben, anders geartete Leute der Feder, die ihre Artikel selber schreiben, zu verdächtigen. Es müßte den „Grenzboten" sonst dringend empfohlen werden, ihre Selbstbekenntnisse zu vervollständigen und ihre ominöse Schlußrubrik zu über schreiben: „Maßgebliches und Unmaßgebliches, Ziemliches und Unziemliches". -s * Berlin, 20. Mai. * Tic deutsche Arbeiterverfichernns. Anläßlich der Welt ausstellung in St. Louis, auf der im Auftrage de« Staatssekretärs des Innern die „Arbeiterversicherung des Deutschen Reichs" zur Darstellung gelangt, sind seitens des Neichsversicherungsamtes zur weiteren Aufklärung über die Ziele und Wirkungen der deutschen Arbeiterversiche rung folgende Schriften hergestellt worden: 1) „Entstehuna und soziale Bedeutung der deutschen Arbeiter- Versicherung" von Regierungsrat vr. Laß; 2) „Statistik der Arbeiter versicherung" von Regierungsrat vr. Klein; 3) „Unfallverhütung und Arbeitshygiene" von Geh. Regierungsrat Prof. Hardttnann; 4) „Arbeiterversicherung und Volksgesundheit" von Geh Regierung«, rat Bielefeldt; 5) „Arbeiterversicherung und Volkswirtschaft" von Regicrungsrat Prof. vr. Zahn. In diesen Schriften wird die deutsche Arbeiterversicherung unter den verschiedenen Gesichtspunkten der Sozialpolitik, Statistik, Prophylaxe, Therapie und Volkswirtschaft m knapper und gemeinverständlicher Weise dargestellt, auch die Parallele zu dem auf diesem Gebiet immer noch rückständigen AuS- landc gezogen. Die Schriften dürften sich daher besonder» zur Verbreitung unter den Versicherten und den mit der Durchführung der Arbeiterversicherungsgesetze betrauten Organen eignen, um ein richtiges Verständnis für die soziale und volkswirtschaftliche Bedeutung der Arbeiterversicherung in immer weiteren Kreisen der Bevölkerung zu erwecken. * Ter deutsch-evangelische Frauenbund, zahlreiche andere Frauenvereine und eine in Berlin am 12. Februar 1904 abgehaltene Volksversammlung haben beim Reichs tage beantragt, daß die jetzt bestehende sittenpolizeiliche Kontrole und die unter ihrer Voraussetzung ge währte Duldung der gewerbsmäßigen Unzucht überall aufgehoben werde. Die Petitionskommission beantragt, die Petitionen betreffend Aufhebung des H 361 Absatz 6 Str.-G.-B. dem Reichskanzler als Material zu über weisen. Der Kommissar des Reichsjustizamts bat sich hierbei dabin geäußert: „Die Frage einer Aenderuttg des ß 361 Abs. 6 des Reichsstrafgesetzbuchs sei zuletzt gelegentlich der Beratungen über die sogenannte lex Heinze berührt worden. Seitdem sei kein Anlaß geboten, auf die Frage zurückzu kommen; selbstverständlich werde sich bei der bevorstehenden allgemeinen Revision des Strafgesetzbucks den Gegenstand von Erwägungen zu bilden haben." * Nene Nachrichten aus »cm Lüden TeutschsüdmeftafrikaS, ans Groß-Namaland, lauten, wie der „Sckles. Ztg." ans Berlin gemeldet wird, derart, daß dahin eine Truppen abteilung von mehreren hundert Mann verlegt werden soll. In dem südlichen Landstriche am Oranjesluffe stehen unter dem Kommando des Hauvtmanns von Koppy noch dreibundcrtfünfzig Mann. Infolge der Kämpfe mit den Herero und der dadurch entstandenen Gerückte ist, so schreibt das genannte schlesische Blatt, unter der Bevölkerung eine große Unruhe entstanden. Unliebsamen Ereignissen vor zubeugen und das Land zu beruhigen, sei nur möglich, wenn eine größere Besatzung dahin verlegt werde. * Ter dcntschc Gesandte in Belgrad, vr. v Voigt«- Rhetz, verläßt, wie die „Nordd Ällg. Ztg." bört, seinen dortigen Posten, auf den er Mitte nächster Wocke zurück kehrt, demnächst au« Gesundheitsrücksichten. Zu »einem Nach folger ist dem Vernehmen nack der frühere Gesandte in Mexiko Frhr. v. Heyking bestimmt. * »leine päpstlichen Auslandsdrlcgaten Die auch in katholische deutsche Blätter übergegangene Mitteilung, wonach der Papst beabsichtige, besondere Delegaten ins Aus land zu senken und hierfür bereits vier Kardinale aus dcrKiiric bezeichnet habe, ist nach der „K. VolkSztg." völlig erfunden. Richtig ist an der ganzen Sache nur, daß Kardinal Satolli,
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