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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190405223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040522
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-05
- Tag1904-05-22
- Monat1904-05
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1904
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BezugS-PretS t» der HanptexpedÜio» oder deren LnSgabe- stellen aogeholt: vierteljährlich ^1 3.—bei zweimaliger täglicher Allstelluna in« Han» 8.7Ü. Durch die Pos! bezogen für Deutsch« land u. Oesterreich vierteljährlich 4.V0, für di« übrige» Länder laut Zeitung-preiLliste. Redaktion: JohanniSgast« 8. Sprechstunde: d—6 Uvr Nachm. Fernsprecher: 1L3. Expedition: JohannlSgaste 8. Fernsprecher: 2Ä!. KUtalerpedtttone»: Alfr e d tz a h a, Buchhandlg.. UniverfltSt<str.3 (Fernspr. Nr. 404«), ü. Lösche, Katharinen, straße 14 (Fernsprecher Nr. 293Ü) u. Königs. Platz 7 «Fernsprecher Nr. 7VO5). Haupt-Filiale Dresden . Marienstratze 34 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 1713). Haupt-Atltale Berlin: E a r 1D n n ck e r, Hrrzg t.Bayr.Hofbuchbandlg„ LLtzowstraße 10(FernsprecherAm1VI Nr.4603.) UrBMr.TügMM Anzeiger. Ämtsölatt des königlichen Land- und des Höniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Vnzelgeu-Pret- die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklame» unter dem Redaktionöstrich (4gespaltru) 7b nach den FamUicnaach- richten (6 gespalten) bO -H. Tabellarischer und Aiffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osserteuannahm« 2Ü Extrn-Veilage» (gefalzt), »nr mit der Morgen.Luöaabe, ohne Postbesörderung ^l 60.—, mit Postbesördenmg ^l 70.—. Rnnatzmeschlntz für «nzeigen: Abend-Au-gabe: vormittag» 10 Uhr. Marge n-AnSgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abeudS 7 Uhr. Druck nnd Verlag von G. Polz in Leipzig (Inh. vr. R. L W. «ltukhardtl Nr. 258. Sonntag den 22. Mai 1904. 98. Jahrgang. vsr Llicdtigtte vom rage. * Zwischen Kaiser und Kanzler besteht nach offiziöser Mitteilung vollste Harmonie. (S. Dtsch. Reich.) * Gegen die Wahl Bassermanns in Frankfurt a. O. soll von den Sozialdemokraten und auch von der Wirtschaft lichen Vereinigung Protest eingelegt werden.(S.Dtsch.Reich.) * Die Leiche der Erbgroßherzogin Pauline wurde gestern Mittag in der Fürstengruft zu Weimar beiqesetzt. (Siehe Deutsch. Reich.) * Der chinesische Tatareu-General Ma soll auf Weisung aus Peking sich bereit halten, nach Osten gegen die Russen zu marschieren. * Der Typhus in Korea nimmt bedeutenden Umfang au. politische plingstgeaanlren. Es geht eine alte Sage um, die vom Publikum noch heute geglaubt, von den Fachleuten freilich nur belächelt oder mit der Achsel bezuckt wird, die Sage von der Zeit der Sauren Gurke. Nur die ganz alten unter den Jour nalisten können sich noch dunkel aus ihrer Jugend an irgend einen Tag erinnern, an dem beinahe ihr Blatt nicht voll geworden wäre. Aber schließlich hatte sich herauSgestellt, daß der Metteur sich verrechnet und ver messen hatte, und daß noch 200 Zeilen gestrichen werden mußten. Diese Zeit ist nun auch Heuer wieder angebrochen. Aber die Weltgeschichte hat es lange aufgegeben, sich nach den Jahreszeiten zu richten, und die Leute schlagen einander in Afrika und Asien um Pfingsten herum genau so tot wie zu anderen Zeiten. Das scheint wider unsere Kultur zu sprechen, und es gibt ja auch in der Tat genug Leute, die behaupten, der ganze Segen unserer modernen Kultur sei weiter nichts als Einbildung und die Glückseligkeit des Einzelnen hänge nicht im geringsten von dem Kulturmaße seiner Umgebung ab. Sie meinen, wenn der Mensch nicht in 4 Stunden nach Berlin fahren könne, so könne er ja auch zu Hause bleiben, sein Geld sparen, und der Effekt wäre ein Gewinn am nationalen Reichtum. So töricht das natürlich ist, unsere Kultur im Pausch und Bogen als überflüssig oder gar verwerflich hinzustellen und zu ver gessen, daß erst die Höhe der Aufklärung den heute leben den Massen von Planetenbewohnern ihre Existenz unter annehmbaren Bedingungen gewährleistet, so ist doch jedenfalls richtig, daß es auch eine Ueberkultur gibt. Diese äußert sich freilich nicht in den allgemeinen Fortschritten der Wissenschaft und Technik und in deren Nuyanwen- düngen für das Gemeinwohl; aber sie bringt häufig ge- nug den Einzelnen in allzu große persönliche Abhängig, keit von Kulturbequemlichkeiten. Und leider ist es schon so weit gekommen, daß in genug Kreisen das Wort Kultur mit Bequemlichkeit übersetzt wird, und daß derjenige als kulturell am höchsten stehend gilt, der die meisten Bedürf nisse hat und vielleicht vor lauter Erfüllung der „Vor bedingungen" seiner Existenz überhaupt nicht mehr zum Zweckerfüllen kommt. Dabei soll nicht verkannt werden, daß ein gewisses Maß von persönlichen Bedürfnissen so notwendig ist wie ein gesunder Egoismus und daß das Fehlen dieser beiden mächtigen Triebfedern eine gräßliche Stagnation Hervorrufen müßte. Auch ein Bedürfnis für das Festefeiern ist ganz un- bestreitbar, und wer weiß, ob nicht in den Augen des noch ursprünglicher und naiver denkenden Volkes ein großer Vorzug dieses oder jenen Glaubens in der hübschen Anzahl von Feiertagen besteht, welche von ihm den Gläubigen extra beschert wer den. Wir in unserem fleißigen Sachsen haben diesen allzu heftigen Drang nach Häufung der Pausen in der Arbeit nicht. Freilich in jungen Jahren wollte es auch uns nicht immer recht in den Kopf, weshalb die Welt gerade in sechs Arbeitstagen erschaffen werden mußte, sintemalen infolgedessen doch nur aller sieben Tage Sonn tag sein kann. Heute sehen wir die Weisheit des Schöpfungsplanes schon ein wenig besser ein — wenn auch nur infolge der feiertäglichen Kostenrechnung. Aber je seltener die Feiertage, desto freudiger werden sie be gangen, und Pfingsten sollen wir um so herzlicher bei uns ausnehmen, als es das einzige Fest des Jahres ist, das uns der Natur in die Arme führt und damit ein gewisses Gegengewicht gegen etwa drohende Ueberkultur oder allzu maschinenmäßige Denkungsart bietet, denn wir sollen uns davor hüten, das Leben als bloßes Rechenexempel auf- zufassen. Zum mindesten muß man verstehen, auch die Imponderabilien als wichtige Faktoren mit in die Rech nung zu setzen. Ja, eS ist wahr, der Glaube versetzt Berge, und wobl dcni Volke, das den Glauben an seine Zukunft in sich trägt. Wir in Deutschland haben uns zwar diesen Glauben noch nicht nehmen lassen, obwohl das böse Wort von der Reichsverdrossenheit sogar von einem Bundesratstische her erklungen ist, aber unsere treibenden BolkSintelligenzen sind verärgert und ver bittert, und da» sind gerade di» Männer, die nicht utn materieller Vorteile willen in das politische Leben ein- greifen. Die nur erwerbenden Klassen mögen sich immer hin noch sehr wohl befinden, aber die über das eigene Interesse Hinausschaucnden sind voller Kümmernis. Es ist als Symptom lange nicht genug gewürdigt worden, daß sogar eine Vereinigung wie der Deutsche Flottenverein in eine gewisse oppositionelle Stellung ge drängt worden ist. DaS ist ungemein bezeichnend, denn diesem Verein wurde noch bis vor gar nicht allzu langer Zeit in manchen Kreisen ein wenig Mißtrauen entgegen- gebracht, weil man ihm eine zu große Abhängigkeit nach sagte und in ihm nur ein Werkzeug zur Bearbeitung der Massen nach den Wünschen einzelner hochstehender Per sonen sah. Und dieser Verein hat jetzt eine ganz scharfe Frontstellung eingenommen gerade gegen die Seite hin, von der man ihn abhängig wähnte. Es ist heute so weit gekommen, daß unser Reichstempo der nationalen Menge nicht rasch und stetig genug ist und daß aus dieser Menge die Energien zum Vorwärtstreiben der Führer sich aus lösen, während man das umgekehrte Verhältnis erwarten sollte. Das Frühlingsfest soll uns Kraft geben, uns zu festen in dem Gedanken, daß auch aus der Not eine Tugend ge macht werden kann, und daß wir so entschlossen vorwärts drängen, wie das von einer gut disziplinierten Truppe verlangt wird, auch wenn das Geschick sie einmal ohne Führung gelassen. 8. Der AuManü Oer hrrero. Die Ereignisse der letzten Weetzen. Im „Militärwochenblatt" setzt Major v. Francois seine Schiloerungen über die Vorgänge in Deutsch-Süd- westafrita fort. Ein neuer Artikel faßt die Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze und die daraus sich ergebende Situation folgendermaßen zusammen: „Die langen Pausen, die der südafrikanischen Krieg führung eigen sind, haben etwas Einschläferndes und Ve ruhigendes. In der Heimat gewinnt man hier und da vielleicht den Eindruck, daß zu wenig getan werde. Diese Ansicht ist indes nicht zutreffend; wir hatten nur bisher kein Glück mit unseren Operationen. Jetzt, in der Mitts des Mai, standen unsere, inzwischen bedeutend verstärkten Truppen fast genau in denselben Stellungen wie zwei Monate vorher. Die Herero dagegen haben ihre Stellungen so verändert, daß sie schwerer wie damals zu fassen sind. Die Verstärkung der deutschen Truppen bei Okahandja Ende April scheint ihnen unheimlich ge worden zu sein. Sie haben ihre Lager in dem dichten Busch bei Katjapia Anfang Mai aufgegeben. Die Oka- Hanüja-Herero unter Samuel und Assa scheinen nach der Gegend vier Märsche östlich von Omaruru und Outjo ge- zogen zu sein. Dort sind sie etwa am 9. Mai eingetroffen. Es ist möglich, daß sie noch weiter nach Norden wandern. Das Gerücht ist verbreitet, daß Samuel zu den Owambo will. Vielleicht geht er in das menschenleere Kaokofeld, oder er macht eine Schleife über Otawi zu den Water- berg-Hcrcro, oder er ist nur in der Absicht nach Norden gegangen, um unsere Truppen nach dem Norden zu ziehen, und kehrt dann wieder nach den Onjati-Bergeu zurück. Wer hindert ihn daran? Die Owambanderu unter Tjctjo, Kajata und Mambo sind nach Nordosten gewichen. Am 15. Mai sollen sie am Schwarzen Nossob nördlich Otjiso—Osindi gewesen sein. Niemand wird es ihnen wehren, sich den Watcrberg-Hcrero anzuschließen, mit Teilen den Okowango aufzusuchen oder im Sandfeld zu verschwinden. — In' den Onjati- und Ondrohungu- Bergen sind kleinere Banden der Okahandja-Leute und Owambanderu zurückgeblieben, während die Masse in lauter einzelnen Banden auf allen Wegen und neben diesen in stets zunehmender Breite den Marsch nach Norden ausgeführt hat. Die anderen Herero-Stämme haben ihr von Mitte Februar an beobachtetes passives Verhalten auch in der zweiten Hälfte des April und der ersten Hälfte des Mai bcibehalten. Ihre Krieger befinden sich noch immer in der Nähe ihrer früheren Hauptorte in Lagern und decken das Weideland für ihr Dich. Die Herero von Otjim- bingue stecken zum Teil noch im Khomas-Gcbirge; die Herero von Omaruru befinden sich in den Omatako- und Erongo-Bcrgen; die Owatjimba-Hcrero sind im Kaoko- seid und die an Zahl mächtigen Waterberg-Herero sitzen am Waterberg und mittleren Omuramba. Alle diese Stämme haben durch Spione Fühlung an unseren Truppen. Kleine Banden suchen in der Nähe der An siedelungen zu rauben, was noch zu rauben ist. <cr- stärkt werden diese Banden durch das Raubgesindel aller umwohnenden Stämme. Räuberbanden von Hotten- totten, Buschmännern und Bergdamara macken das Grenzgebiet zum nördlichen Nama-^ande und den Olten und Westen des Hererolandes unsicher. Im Norden droht die Owambo-Gcfahr. Seit dem Angriff auf die Station Namutoni am 2. Februar haben die Owambo nichts mehr unternommen. Im April und Mai sind sie mit der Ernte beschäftigt. Danach sind sie vielleicht wieder kriegs lustiger. Unruhen unter den portugicsi'chen Owmnbo geben zu denken. Trotzdem halte ich die Owambo-Gcfahr für fernliegend. Sie würde noch geringer sein, wenn dis Lkahandja-Hcrero zu den Ondongo-Owambo zögen. Tann würden sich beide Stämme sofort bekriegen. Die Herero, welche etwa nach dem Okawango weichen, finden am rechten Ufer unbewohntes gutes Acker- und Weide land, haben aber eine furchtbare Durststrecke zu über winden. Aller Voraussicht nach haben wir eS in diesem Jahre nur mit den Herero zu tun, die ihre Heimat und ihren Besitz nicht aufgeben wollen. DaS wird die Masse der Herero sein. Nach den Aussagen von Ueberläufern soll zwar viel Streit, Uneiniakeit und auch Nieder geschlagenheit unter den Herero herrschen. Ihre Herden sollen stark durch Lungenseuche und Pferdefterbe leiden. Sie sollen ihren Bergdamara und Hottentotten nicht trauen und sie nachts anbinden. Solche Aussagen von Ueberläufern sind aber mit großem Mißtrauen aufzu nehmen. Manche Ueberläufer wollen sich durch derartige Schaudergeschichten nur einführen, um spionieren zu können." woher fts?*ev*en die Gewehre der Herero? In den „Cape Times" finden wir in der Zuschrift eines deutschen Ansiedlers die folgenden Ausführungen: „Es ist weiter behauptet, daß die Deutschen selbst in den Distrikten von Okahandja und Windhoek den Ein geborenen Waffen geliefert hätten, und zwar in Oka handja 1100 und in Windhoek 500 Gewehre. Nun, ich habe es von der höchsten Stelle, daß in den Distrikten von Okahandja und Windhoek seit 1897 nur sieben Gewehre von deutschen Lieferanten als an die Herero verkauft regi striert worden sind. (Dieselbe Zahl war auch in dem Briefe aus Windhoek angegeben, den wir kürzlich ver- öffentlichten.) Aber — und hier liegt der Unterschied — in Okahandja sind während des letzten Jahres 1100 Ge wehre gestempelt worden, von denen 90 v. H. inEng - land hergestellt waren. Dieses Verhältnis ist in dem ganzen Schutzgebiete vorherrschend. In 8"^, Arsenal von Windhoek habe ich mehr als 300 den Eingeborenen abgenommene Gewehre vorgcfunden, von denen, neben einigen amerikanischen, alle englisches Fabrikat waren und folgende Marken trugen: Barnett-Sinder. Martini- Henry, Westlev-Richard, Tower, London. V. R. mit Krone; I. Robinson, Tengrooved, Tower, Enfield V. R. mit Krone; Marsey u. Silliver, Hollis and Sons, Best Enfield Pöttern und andere. T^ch denke, das wird ge nügen, um jeden unparteiischen Leser zu überzeugen, wo her diese Lieferungen kommen." Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt zum gleichen Thema: „In einem „Wirtschaftliche Verblendung" über schriebenen Artikel der „Deutschen Tageszeitung" vom 19. Mai heißt es mit Bezug auf den Hererokrieg, daß wir Deutschen in schier unbegreiflicher Verblendung diesem Kaffernstamme selbst die Waffen lieferten, mit denen er jetzt gegen uns kämpft und ihn in ihrem Ge brauche unterrichteten. Wörtlich heißt es weiter: „Die Regierung freute sich noch, daß sie die gefährlichen modernen Waffen mit einer ungezählten Menge von Munition dem wilden Volke gegen schweres Geld ver kaufte und dadrwch die Einnahmen der Kolonie erzielte." Wir wiederholen, was wir bereits in unserer Nummer vom 16. März mitgeteilt haben, nämlich, daß nach amt- sicher Auskunft seit dem 1. Januar 1898, also seit dem Bestehen amtlicher Verkaufsstellen, an die Herero ver kauft wurden: Im Bezirke Windhoek insgesamt nur vier Gewehre, Modell 71, und 230 Patronen, im Bezirke Oka- handja drei Gewehre, Modell 71, und 348 Patronen. Die gegen die Verwaltung des Schutzgebietes in dieser Frage fortgesetzt erhobenen Beschuldigungen sind hiernach durch aus ungerechtfertigt." vrr suttircd-fapsnircde Krieg. A«» der Mantsch-rei. Der Kriegsberichterstatter der „Daily Mail" meldet am 18. Mai aus Mulden, daß scharfe Kämpfe bevor stehen. Die Japaner dringen angeblich vdn Osten nach Liaufang vor, jetzt nachdem die Ungewißheit über die Richtung der (apanischen Angriffslinie beseitigt ist, wüßten die Ruffen, wo und wie sie den Japanern Widerstand bieten sollen. Der Sonderberichterstatter des „Daily Telegraph" im russischen Hauptquartiere meldet unterm 18. Ma:: Gerüchte über be ständige Kämpfe im Süden sind im Umlauf. Eine japanische Streitmacht rückte auf Mulden vor mit der augenscheinlichen Absicht, den Ruffen den Rückzug abzuscbneiden. Eine Niutschwanger Drabtmeldung de« „Daily Telegraph" besagt, daß eine geschickte strategische Flankenbewegung der Russen in der Ausführung begriffen sei, welche die vorgeschobene Stellung der Japaner östlich von Liaojang be drohe und diese zwinge, sich nach Tonwantscheng zurück- zuzieben. Nach russischer Meldung ist der Haupttruppenkörper der Japaner schätzungsweise 80 000 Mann stark und hält sich noch im Süden der ruisischen Streitmacht, die Liaujang deckt. Die Japaner unterbrachen anscheinend ihren Vormarsch. Die russischen Truppen nehmen von Tag zu Tag an Zahl zu und ihre Positionen werden stärker. Man vermutet, der kürzlich niedergegangene Regen hindere die Bewegung der japanischen Artillerie und verursache einen vorübergehenden Aufenthalt. Die Russen beherrschen noch die Eisenbahn bis Taschitschiau. (Vergl. die Karte in der 2. Beilage.) Port Arthur. Admiral Togo berichtet: DaS Kanonenbootsgeschwader, die Torpedobootszerstörer- und TorpedobootSflotillen näherten sich am 20. Mac Port Arthur zu RekognoSzierungszwecken. Die Absicht wurde erfolgreich ausgeführt. Das starke Kreuz feuer der russischen Fort« richtete nur geringen Schaden an; auf japanischer Seite ist niemand gefallen. Aus Tientsin wird gemeldet: Die russische Torpedo flottille befindet sich in Tätigkeit außerhalb desHafens von Port Arthur, der jetzt offen ist. Fünf japanische Transportschiffe lehrten nach Japan zurück, da die Kapitäne von den Schiffsgesellschaften die Warnung erhielten, daß Rußland Kontaktminen bi« zum Schantung - Vorgebirge gelegt habe. Lhina« Neutralität. Die Pariser Ausgabe des „Ncwyork Herald" enthält folgendes Telegramm aus Peking: Trotz allen chinesischen Neutralitistsverstcherungen steht eS fest, daß General Ma vor kurzem Instruktion erhielt, seine Truppen aufs erste Signal zum Marsch nach dem Osten bereit zu halten. Der Untergang de» „Hatsuse" bat nach den „Times" in Tokio keine Aufregung verursacht. Die japanischen Zeitungen sagen, die Nation habe völlige« Vertrauen in die Tüchtigkeit und Umsicht der Führung der Marine; solche Zwischenfälle seien unzertrennlich von der Führung eine« großen Kriege«. vrulrcver Keich. * verlt«, 21. Mai. * Kaiser un» kauzler. Zu den umlaufenden Krisen» gerüchten schreibt die „Nordd. Allg. Ztg." in ihrem üb lichen Wochenrückblick: U. a. hieß eS, zwischen dem Kaiser nnd dem Reichskanzler herrsche Meinungsverschiedenheit in der Frag« der Vertagung de» Reichs tages. Dem gegenüber stelle» wir ausdrücklich fest, daß über diese Frage zwischen dem Monarchen und seinem ersten Berater überhaupt noch keine Erörterung stattgefunden hat und daß, wenn die Angelegenheit zur Erörterung kommt, sie schlechterdings nicht geeignet ist, zu Differenzen zwischen der Krone und dem Kanzler zu führen. Nicht bester steht es mit der Behauptung, daß wegen der Entsendung de» General» v. Trotha nach Südwestafrika oder wegen der Haltung de« Kanzler« gegenüber den seit Ausbruch des Ausstandes vom Gouverneur Leut wein befürworteten Maßnabmen Meinungsverschiedenheiten geherrscht hätten oder herrschten. DaS Gerede von einer krisi» ist nicht» al» eine Zeitungsente gewesen, welche die Phantasie derjenige» an»- gebrütet hat, die die betreffende Nachricht lancierten. ES handelt sich bei den Gerüchten um die Kanzlerkrise ßar nicht so sehr um bestimmte Differenzpunkte, al« um die immer allgemeiner werdende Erkenntnis der Unzulänglichkeit der Geschäftsführung. Nnd gegen eine solche allgemeine Stimmung ist selbst eine persona gratissim» auf die Dauer nicht zu halten. * Die Stichwahl tu Frankfurt a. tz. v. wird in der Berliner Presse lebhaft kommentiert. Die „T. R." gibt ihrer Freude über den Ausfall der Wahl in folgenden Worten Ausdruck: Die bürgerlichen Parteien dürfen sich de» schönen Erfolge« aus mehr als einem Grunde freuen: Ein Sieg der umfassenden vater ländischen Tendenzen gegenüber den kleinlichen Lirchturmiuteresten. Herrn Bassermann insbesondere begrüßen wir bei seiner Rückkehr in den Reichstag ebenso lebhaft, wie wir vor einem Jahre sein Unterliegen beklagten. Realpolitiker seines Schlages kann unser Reichstag gebrauchen. Das „B. T." macht darauf aufmerksam, daß der sozia listische Kandidat fast 3000 Stimmen verloren hat, und schreibt diesem Umstande symptomatische Bedeutung zu, indem e» sagt: Wenn eS der Sozialdemokratie ziemlich gleichgültig sein mag, ob sie nunmehr statt 81 uur 78 Abgeordnete besitzt, so wird der Rückgang der Stimmen, der auch in Frankfurt a/O. wieder fast 3000 beträgt, ihr umsomehr Kopfschmerzen machen, denn diese fortgesetzten Nackenschläge besagen mit aller Deutlichkeit, daß di« Sozialdemokratie unpopulär zu werden beginnt. Die Freikonservativen rühmen sich der Tat: Der Ruhm des Sieges gebührt iu erster Linie der konservativen Partei, die, obgleich sie die weitaus stärkste von den bürgerlichen Richtungen im Kreise war, in selbstloser Weise das Parteiintereste dem vaterländischen geopfert hat, um eine Wiederholung d«S kläg lichen Vorganges in der Stichwahl im vergaogeuen Sommer zu vermeiden. Daß der alte Satz von den sich berührenden Extremen noch heute Gültigkeit hat, beweist folgende AuSlaffung der Berliner „Volksztg.": Gegen die Gültigkeit per Wahl wird, wie uns mitgetrilt wird, seitens der sozialdemokratischen Partei wie auch wahrscheinlich seitens der wirtschaftlichen Bereinigung Protest eingelegt werden. Die Liste des Protestes umfaßt schon jetzt über ein Dutzend Punkte, die sich sowohl auf die Hauptwahl als auch auf die Stich- wähl, teilweise auch auf die Vorgänge während der Wahlbrwegung beziehen. * Reichsfiskus und Gemeiudeabgaben. Die Be mühungen, eine gesetzliche Regelung der Heranziehung des Rcichsfiskus zu den Gemeindeabgaben zu finden, datieren schon aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Wie noch vor nicht langer Zett im Reichs tage bekannt gegeben ist, sind auch in den letzten Jahren Erwägungen über die Frage angestellt und schweben jetzt noch. Die Reichsverwaltnng steht der reichsgesctzlichen Regelung einer Beitragspflicht der Reichsbetriebe zu den Kommunallasten grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. Bisher ist es aber nicht gelungen, Grundlagen für sie zu finden, die sich als brauchbar erwiesen hätten. Der Ge- danke liegt nahe das Reich in dieser Hinsicht dem Landes, fiskus gleichzustellen, wie dies ja bezüglich der Grund steuern durch das Reichseigentumsgesetz vom 25. Mai 1873 geschehen ist. Sieht man aber näher zu, so ergibt sich, daß solche Regelung ohne wesentliche praktische Be deutung wäre und den Gemeinden kaum einen Vorteil bringen würde. Denn die von dem Landesfiskus er hobenen Gemeindesteuern sind, so namentlich nach dem preußischen Kommunalabgabengesetze vom 14. Juli 1893, entweder Realsteuern von dem Gewerbebetriebe oder Ein kommensteuern aus dem Eisenbahnbetriebe, Bergbau, ge- werblichen Unternehmungen, sowie aus Domänen und Forsten. Derartige Gewerbebetriebe und gewerbliche Unternehmungen besitzt das Reich nicht. Seine Betriebe, insbesondere diejenigen der Militärverwaltung und der Marine, gehören anerkanntermaßen nicht hierher, weil sie nur für den eigenen Bedarf des Reiches arbeiten, keinen Reingewinn erzielen und nicht mit Erwerbsabsicht, son dern aus staatshoheitlichen Gründen errichtet sind. Es ist ferner auf die Anzahl der in den Betrieben beschäftigten Arbeiter und auf den zu veranschlagenden Wert der in den Betrieben geleisteten Arbeit als Maßstab für die Be steuerung des Reiches hingewiesen. Auf diesem Wege würde aber gerade eine verhältnismäßig große Anzahl derjenigen Gemeinden leer ausgehen, die heute als not leidend anerkannt sind und Beihülfen vom Reiche erhalten, nämlich diejenigen, in welchen sich keine Reichsbetriebe be finden, in denen aber die in Reichsbetrieben beschäftigten Arbeiter ortsansässig sind. Es ist weiter angeregt, zu be stimmen, daß die Gemeinden, denen durch die Herstellung oder den Betrieb einer Anlage des Reiches und Erfüllung der ihnen im öffentlichen Interesse obliegenden Verpflich tungen Ausgaben erwachsen, welch» ohne die Heran-
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