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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040601028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904060102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904060102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-01
- Monat1904-06
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* Natton«lgefche«k zur Silberhochzeit des KaiserpaareS. I In der Presse wird wieder an den Plan erinnert, dem I Kaiserpaar zum Tage seiner silbernen Hochzeit (27. Februars >906) eine Nationalspende darzubringen, die dem weiteren Ausbau der Berliner Kaiser Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und der zur Erinnerung an die Kaiserin Augusta erbauten Kirche, sowie Wohltätigkeitszwecken diene« soll. * Nach der Arü-ja-rSparade. Dienstag abend sand im Weißen Saale des königl. Schlosses zu Berlin Parade- täfel statt, wobei der Herzog von Anhalt die Kaiserin und der Kaiser die Erbprinzessin von Hohenzollern sührte. Anwesend waren ferner: der Kronprinz und die Fürstlichkeiten, der Reichskanzler, die Generalität, die Minister und fremden Militärattaches. Später war im Opernhause Fe st Vorstellung, wobei neu einstudiert „Die weiße Dame" aufgeführt wurde. Die Majestäten und Fürstlich, leiten wohnten der Vorstellung bei. * München, 3l. Mai. Der König von Dänemark ist heute abend, von Leipzig kommend, hier eingetroffen und bei der Aukunst von dem Konsul Neuburger empfangen worden. Der König wird morgen auch Gmunden Weiterreisen. * Stuttgart, 31. Mai: Heute fand hier unter dem Vorsitz deS Senators Frese-Bremen die Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger statt. Derselben wohnte auch der Vizepräsident der fran zösischen Gesellschaft Emil Robin bei, welcher der deutschen Gesellschaft zu Ehrengaben und Unterstützungen ein Kapital von 30 000 Mark gestiftet hat. Der Ehren vorsitzende des schwäbischen Vereins Fürst Karl von Urach begrüßte die Versammlung, indem er auf die immer wachsende Bedeutung der deutschen Seeschiffahrt für die volkswirtschaftliche Zukunft Deutschlands hinwieS. Die Versammlung genehmigte unter anderem 6l 000 für die Errichtung neuer Rettungsstationen. Als Ort der nächsten Jahresversammlung wurde Emden gewählt. Hurlanck. Oesterreich -Ungarn« * Oefterreichische Delegation. Aus den gestrigen Ver handlungen ist noch folgendes nachrutragen: Rhomberg und Madeyski protestieren gegen die Ausführungen Stranskys. Kramarcz spricht sich aus finanziellen und innerpolitischen Gründen gegen die HeereSforderungen aus und kriti siert in scharfer Wesse die Führung der Geschäfte durch den Ministerpräsidenten von Körber, der nichts zur Sanierung des Parlaments tue. Ein offener, ehrlicher Staatsstreich wäre dem versteckten Staatsstreiche mit den Paragraphen 14 und 10 vorzuziehen. Nach einer mit leb haftem Beifall aufgenommenen Rede des Reichskriegsministers von Pitreich, welcher die gegen die HeereSforderungen und die Art ihrer Einbringung vorgebrachten Bedenken zerstreute, wird das außerordentliche Heereserforternis nebst dem Kredit von 88 Millionen angenommen. * Der Viererausschutz der ungarischen Delegation nahm, nachdem der gemeinsame Finanzminister von Burian auf mehrere Anfragen Aufklärungen erteilt hatte, das Budget Bosniens und der Herzegowina an. Türkei. * Eine abessinische Gesandtschaft beim Sultan. Der „Franks. Zeitung" wird aus Konstantinopel am 30. v. M. gemeldet: Eine große abessinische Gesandtschaft, be stehend aus dem General Mechechia Warkie und mehreren abessinischen Geistlichen, ist, von Jerusalem kommend, mit Geschenken des Kaisers von Abessinien an den Sultan hier cingetroffen. Die Mitglieder der Mission sind Gäste des Sultans. Durch Vermittelung des russischen Botschafters trat die Mission heute in direkte Verbindung mit dem ökume nischen Patriarchen, woraus auf eine Annäherung zwischen der abessinischen und der griechisch-orthodoxen Kirche ge schloffen wird. Leipziger Angelegenheiten. * Leipzig, 1. Juni. * König Christian von Dänemark hat gestern Leipzig wieder verlassen und sich nach Gmunden begeben. * Vorturnerturnen in Dresden. Die im Jahre 1884 gegründete Vereinigung der Vorturnerschaften der größeren Städte Sachsens wird am Sonntag, den 5. Juni, in Dresden wiederum ein Zusammenturnen abhalten. Wer sich einer Gesellschaftöfahrt am Sonntag früh 5 Uhr 20 Min. anschließen will, möge sich bis spätestens den 2. Juni e. bei dem Turngenossen P. Reuter, Löhrstraße 3/5, melden. Bei genügender Teilnahme (30 Personen) wird auch schon am Sonnabend Nachmittag für billigere Fahrgelegenheit ge sorgt werden. Landcsvcrein für WohlfahrtScinrichtungen zum Vesten Sächsischer Staatsbeamten, deren Angehörigen und Hinter bliebenen. Der König hat von den Mitteilungen des Ver eins über die zur weiteren Ausgestaltung seiner Werke am 5. Juni d. I. in Dresden stattfindende Hauptversamm lung und die ihr am Sonnabend, den 4. Juni, im großen Gewerbehaussaale daselbst vorangehende Feier mit Interesse Kenntnis genommen. Der Feier ist ein auserwählteS Pro gramm zu gründe gelegt worden. Hervorragende und ein drucksvolle Chor- und Orchesterwerke werden die Ansprachen und sonstigen Darbietungen umrahmen. * Eine Warnung, die das Berliner Polizeipräsidium er läßt, betrifft die Verwendung chemischer Präparate als Zu sätze zur Milch, um deren Gerinnung zu verzögern. Es gäbe keine chemische Substanz, die im stände wäre, die Milch frisch zu erhalten und vor dem Gerinnen zu bewahren, ohne ihr gleichzeitig gesundheitsschädliche Eigenschaften zu verleihen. Mau möge die Milch so frisch wie möglich kaufen, dann sofort bis zum Aufwallen kochen und sie schnell abgekühlt an nicht warmem Orte in einem Gefäße mit überfassendem Deckel aufbewahren, und zwar am besten in demselben Koch geschirr. Hierdurch werde die Milch möglichst lange vor dem Sauerwerden geschützt. Milch, die kleineren Kindern gegeben wird, sollte vor Verabfolgung an sie stets von einem Er wachsenen gekostet werden. Das Verfahren, Brennesseln in die Milch zu legen, fördere die Gerinnung viel mehr, als cs sie verhütet. * Weiteres von der Schmiede-Fachausstellung. In der Gartenkolonnade hat die heimische Eisengroßhandlung von Oscar Brügmann Maschinen. Kurzwaren und eine Fülle von SchmiedebedarsSartikeln zur Ausstellung gebracht, die das lebhafte Interesse aller Fachleute erregen. — Die Metall warenfabrik von Preß! er Co. in Rußdors, Sachsen- Altenburg, zeigt im geschmackvollen Aufbau ihre Kutschwagen-, Motor-, Stall- und Handlaternen für Acetylen- und Kerzenlicht in reichhaltigen Muster»; die weitbekannte, auf ungezählten Ausstellungen prämiierte Dresdner Gasmotoren fabrik vorm. Moritz Hille bat im Garten, für Schmiede besonders interessant, einen Ventil-Gasmotor mit zwangs läufiger Ventilsteuerung und patentirter Pendelregulirung, sowie einen ihrer neuconstruirten patentirten Spiritus-Mo- torc mit zwangsläufiger Ventilsteuerung und magnet-elekri- scher Zündung ausstellen lassen. Die Deutsche Maschiaen- und Werkzeugfabrik, die ihren Sitz in Leipzig, Georgi- «ng 12, ihr Etablissement in Glauchau hat, produ- ciert vielbegehrte Schnellhobelmafchuren auch für das Schmiedehandwerk, kürzlich wurde von der Fabrik die lOOOste dieser Schnellhobelmaschiuen fertiggestellt. Patentierte Rinneu-Hufeiseu, gepreßt aus Stahl oder Feinkorneisen, bringen in reichhaltigerGruppierungLandecker Albrecht, Nürnberg, zur Anschauung, Stollen und Griffe bewährtester Konstruktionen Branscheid L Philippi, verschiedene Gebläse, sinnreich zusammengestellt, das renommierte Pumpen- und Äebläsewerk von C. H. Jaeger L Co. in L.-Plagwitz. In Ergänzung unserer früheren Angaben ist noch mit zuteilen, daß die hiesige Firma Langer L Hachen berger verschiedene Stücke gehärteter schwedischer Kreissägen, Hobelmeffer, Bandsägen, speciell Kreissägen in den Dimensionen 100 bis 1200 Millimeter ausgestellt hat, ebenso gehärteter Stahl für Federn u. s. f. Auch mit den vorstehenden Angaben ist die Fülle des auf der Ausstellung Gehotenen nicht im Mindesten erschöpft, man muß die Aus stellung besuchen, um alles zu sehen. Aber Eile ist dann nötig, denn morgen Donnerstag Abend wird die Fachaus stellung geschloffen. * Die Schmiede-Berufsgenoffenschaft hielt heute hier in Gegenwart von 149 Genossenschaftsmitgliedern, dre 1244 Stimmen vertraten, ihre vierte Genossen schaftsversammlung ab; den Vorsitz führte Herr Veit- Berlin, im Auftrage des Reichs-Versicherungs- amtes wohnte Herr Knoorder Versammlung bei. Dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß für die Genossen- schäft 513 Schmiedemeister und ebensoviele Stellvertreter als Vertrauensmänner tätig sind. Am Jahresschluß 1903 betrug der Katasterbestand 53 166 Betriebe mit 83 011 versicherten Arbeitern und 10 446 allein arbeitende Unternehmer. Im Königreich Sachsen waren am 1. Januar 1904 3317 Betriebe mit und 563 ohne Ar beiter vorhanden. Zur Anmeldung gelangten im letzten Jahre 2758 Unfälle. In Sachsen betrug die Zahl der versicherten Personen 9200, von denen für Unfälle entschädigt wurden 22 Unternehmer, 23 Gesellen und 16 Lehrlinge, das sind 6,63 Prozent. Dem Kassenbericht zufolge steÄen sich die Einnahmen auf 1 233 023,92 die Ausgabe auf 1 241 006,45 so daß ein Ausgaben- Ueberschuß von 7982,53 sich ergab. Der Reservefonds stellt sich im Nennwerte auf 203 650 Iit, der Stand der Depositen auf 7000 'Liberaler Verein. In einer ziemlich gut besuchten Versammlung des Liberalen Vereins, die gestern abend unter Vorsitz des Herrn Rechtsanwalts Martin I im Rosental-Kasino stattfand, sprach Herr Reichsgerichts- rat a. D. B o e t h k e über: „DasKoalitionsrecht der Arbeiter". In früheren Zeiten, so führte der Vortragende aus, habe man ein Koalitionsrecht überhaupt nicht gekannt, ja, es bestand sogar ein direktes Koalitions- verbot. Selbst während der großen französischen Revo- lution vermochte man zu keiner Anerkennung des Koali tionsrechts zu gelangen, sondern verbot alle Ver- abredungen, allerdings in gleicher Weise für Arbeit nehmer und Arbeitgeber. Die Folge waren geheime Ver- bindungen, die öfter zu gewaltsamen Ausbrüchen führten (Ausstand der Seidenweber in Lyon 1831 usw.). Auch in England war es nicht anders, und in Deutschland, das bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts auf groß- industriellem Gebiete noch rückständig war, empfand man vielleicht noch weniger ein Bedürfnis zur Schaffung eines Koalitionsrechts. Ein Wandel trat in den sechziger Jahren ein. Den Bestrebungen der Arbeiter wurde über- all ein größeres Maß von Berechtigung zugesprochen, und allen deutschen Staaten voran war es Sachsen, das im Gewerbegesetz von 1861 zum ersten Male ein Koali- tionsrccht gewährte. Im preußischen Abgeordnetenhause stellte darauf Schulze-Delitzsch im Jahre 1865 euren da- hingehenden Antrag, allein die Ereignisse von 1866 drängten die Angelegenheit wieder in den Hintergrund, und erst der Norddeutsche Bund brachte mit der Gewerbe ordnung, die nach 1870 auf dos Deutsche Reich ausgedehnt wurde, die Gewährleistung des Koalitionsrechtes (8 152), aber mit der Einschränkung, daß ein jederzeitiger Rück- tritt von den getroffenen Verabredungen freisteht. Ferner wurde im 8 153 die Ausübung jeglichen, auch des mora- lischen Zwanges zur Erzielung einer Koalition unter Strafe gestellt. Die Anwendung und Auslegung des 8 153 erfolge nun oft in einer Weise, die tatsächlich das Koalitionsrecht gefährdet erscheinen lasse. Es bestehe des- halb in weiten Kreisen das Verlangen nach einem libe ralen Koalitions- und Dersammlungsrecht. Der Vor tragende bekannte sich ebenfalls zu diesen Bestrebungen; denn durch ein solches Recht könnte erst völlige Befrie digung bei den Hauptbeteiligten, den Arbeitern, erreicht werden. Dem mit vielem Beifall aufgenommenen Vor trage folgte eine weitere Aussprache, in der sich die Redner teils im Sinne des Vortragenden äußerten, teils Wünsche vorbrachten, die noch darüber hinausgingen. Zu er wähnen ist noch, daß der Korreferent Herr Fabrikbesitzer Graf wegen Krankheit am Erscheinen behindert war. * Ium Ranchwarendiebftahl auf dem Brühl ist mitzu teilen, daß sich jetzt Verdacht auf 2 unbekannte Männer lenkt, die am Sonntag früh gegen 4 Uhr an der Ecke der Halleschen und Parkstraße eine Droschke bestiegen haben. Die Betreffenden hatten 5 Pakete bei sich, in schwarzes Segeltuch verpackt, mit gelben Riemen und ebensolchen Handgriffen ver sehen. Die Pakete waren >/« m lang und 40—15 cm breit und hoch. Es wird vermutet, daß die Männer vom Brühl hergekommen sind und in den Paketen die gestohlenen Felle gehabt haben. Die Unbekannten haben sich zunächst nach dem Restaurant „Zum letzten Heller" in der Lützner Straße in Lindenau und da dieses geschloffen, nach dem Gasthof in Schönau fahren lassen. Da auch dort noch geschlossen war, haben sie den Kutscher abgelohnt, der nach Leipzig zurück gefahren ist. Die Männer sind in Schönau nicht weiter be merkt worden, weshalb angenommen wird, daß sie zu Fuß weiter gewandert sind und den Bahnhof einer kleinen Station aufgesucht haben, um von da aus weiter zu fahren. Von den beiden Unbekannten soll einer jüdischen Typus gehabt haben, etwa 30 Jahre alt und von übermittlerer Gestalt gewesen sein. Er hatte beim Gehen etwa« gebeugte Haltung, graues Haar, ergrauten Bollbart und war bekleidet mit grauem Jackett, dunkler Hose und schwarzem, steifem Filzhut. Sein Begleiter war etwa 40 Jahre alt, von übermiltlerer kräftiger Gestalt, mit vollem gesundfarbigen Gesicht, rötlichem Haar, ebensolchem Schnurrbart und Fliege. Er trug ebenfalls grauen Jackett- anzug und einen graugelblichen Hut. Etwaige weitere Wahr nehmungen über die Verdächtigten würden zur Kenntnis der Kriminalpolizei zu bringen sein. * Unfälle. In der Gartenstraße wurde eine 67jährige Frau von einem Schlaganfall betroffen und nach ihrer m der Mittelstraße gelegenen Wohnung gebracht. — Am Johaunisplatze fuhren zwei Radfahrer aneinander und kamen I zu Falle. Dabei wurden ihre Räder arg mitgenommen, I während sie selbst ohne Verletzungen davoukamen. — In der j Querstraße wurde gestern Abend eia Radfahrer von einem Droschkengeschirr, in das er hineinfuhr, umgefahrea. Glück licherweise wurde der Radler nur leicht verletzt. — Im Taubchenwege wurde eine SchneidermeisterS-Witwe, als sie einem Straßenbahnwagen auSwich, von einem Droschken geschirr umgeriffen und über beide Beine gefahren. Die Ver letzungen, die sie erlitten, waren aber anscheinend nicht schwer. * Selbstmord. In seiner Wohnung auf dem Rabet in Neuschönefeld hat sich gestern Abend ein 61 jähriger Arbeiter wegen körperlicher Leiden durch Erhängen entleibt. * Polizei-ertcht. Verhaftet wurde ein 21 Jahre alter Markt- Helfer von hier, der in einem Geschäft in der innern Stadt in Stellung war und daselbst Waren im Werte von etwa 200 ent wendete. Ein gleichaltriger Marlthelfer und eine 22 Jahre alle Reisende, denen er die Diebftahlsobjekte zusteckte, werden sich wegen Hehlerei verantworten müssen. — Gestohlen wurde aus einem Grundstück in der Gundorfer Straße in Lindenau ein Geldbetrag von am Markt in Lindenau ein Fahrrad, Marke „Diadem , mit schwarzem Rahmen und ebensolchen Felgen. Den Diebstahl verübte ein Unbekannter, etwa 18 Jahre alt, von mittlerer, schmäch tiger Statur, der grauen Radfahreranzug und graue Mütze trug. Vereine und Versammlungen. j Die Fabrikarbeiter und -arbeiterinnen kielten am Diens tag im Osten und Westen Leipzigs Versammlungen ab, um zu ihrem im August d. I. in Hamburg zusammentretenden Ver bandstage Stellung zu nehmen, der sich in der Hauptsacye mit der Einführung der Arbeitslosenunterstützung sowie mit der Anstellung von Gauleitern beschäftigen soll. Die Versammelten kraten für die Einführung der Arbeitslosenunterstützung, die bisher im Verband immer abgelehnt worden war, sowie für die Anstellung der Gauleiter dort, wo es nötig ist, ein und be auftragten die Delegierten, in diesem Sinne zu stimmen. Mr aller stielt. — Kuriose türkische Zollgeschichten werden dem „Temps" aus Konstantinopel berichtet. „Die lästigen Zollplackereien" — so heißt es in dem Briefe — „nehmen hier von Lag zu Tag zu. Sie treffen nicht nur Privatleute, sondern selbst die Mitglieder der Gesandt- schäften, obwohl diese doch ein Recht auf Zollfreiheit, wenigstens auf Befreiung von gewissen Zöllen und Ab gaben, haben. Merkwürdig erging es einem erst kürz lich in Konstantinopel eingetroffenen Gesandtschafts- attachö, der fein Automobil rm Werte von 20 000 Fr. mit gebracht hatte. Die Zollbehörden weigerten sich, die Maschine herauszugeben, unter dem Vorwande, daß die Benutzung von Kraftwagen in der Türkei noch nicht ge stattet sei. Die Gesandtschaft teilte die Ansicht der Be hörden, daß die Benutzung eines Automobils in Len engen Straßen der Hauptstadt eine öffentliche Gefahr bilden würde. Der Attache verpflichtete sich daher, sich seines Kraftwagens nicht zu bedienen, da er ihn aber nicht sofort nach Hause zurllckschicken konnte, bat er, daß man ihm gestatte, den Wagen in einer Remise aufzu bewahren, damit er nicht auf der Zollstation einroste. Aber weder Erklärungen noch Verpflichtungen, noch energische Schritte der Gesandtschaft vermochten den hartnäckigen Weigerungen der Zollbehörden gegenüber etwas auszurichten. Inzwischen sah der Attachs sich ge nötigt, für einige Wochen in seine Heimat zurllckzukehren; er bat daher, daß man ihm gestatten möge, sein Auto mobil wieder mitzunehmcn. Selbst das wurde ihm ver- weigert oder vielmehr man gestattete es ihm, aber unter der Bedingung, daß er sofort 10 000 Fr. deponiere. Die Summe sollte ihm zurückgegcben werden, wenn er durch eine amtliche Bescheinigung glaubhaft nachgewiesen haben würde, daß der Kraftwagen am Bestimmungsorte angekommen sei. Nun wurde aber die Gesandtschaft ernstlich böse und sagte der Zollbehörde in diversen Schreiben bittere Wahrheiten. Das wirkte. Die Zöllner sahen endlich ein, daß sie zu weit gegangen waren, und gaben den Kraftwagen heraus. Noch hübscher ist eine andere Automobilaeschichte. Ein Franzose ließ sich einen Kraftwagen im Werte von 4000 Fr. kommen. Die Formalitäten, durch die man sich gegenwärtig hindurch winden muß, um die Lieferung des Wagens, der im Zollspeicher liegt, zu erlangen, sind wahrhaft klassisch. Die Zollbehörde schrieb an das Ministerium des Innern, das seinerseits an das Großvezierat schrieb; das Groß- vezierat gab den Bericht weiter an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, das — man lache nicht — ihn der Kaiserlichen Schule für Medizin vorlegte. Die Kaiser liche Schule für Medizin war aber vernünftig genug, zu erklären, daß sie mit der Sache nichts zu tun habe, und schickte den Bericht an das Ministerium der öffent lichen Arbeiten zurück; von dort ging er an die Statt halterei, die ihm ein Begräbnis erster Klasse bereitete, indem sie ihn an den Staatsrat schickte. Die Statt halterei hat grundsätzlich gegen die Benutzung des Kraft- wagens nichts einzuwenden, aber sie will erst ausrechnen, wie schnell ein solcher Wagen fahren und welche Straßen und Wege er nehmen darf. Der Besitzer des Automobils kann lange warten, bis er Bescheid bekommt. Aehnliche Dinge passiren hier alle Tage. Eine Gesandtschaft hatte die größte Mühe, von der Zollbehörde die Herausgabe eines für eine Tischlerwerkstatt bestimmten Motors zu erlangen; die Behörde fürchtete nämlich, der Motor könnte für einen Kraftwagen benutzt werden. Einem anderen Gesandten wollte man ein Telephon, das er sich für seinen persönlichen Gebrauch hatte kommen lassen, nicht herausgeben, weil man dahinter etwas Staatsgefährlichkeit witterte; erst nachdem der Gesandte hoch und heilig versichert hatte, daß sein Telephon den Bestand des Türkischen Reiches nicht in Frage stellen werde, gab man es schweren Herzens frei." — Ein Bogelei für 4000 <^. Bei einer jüngst in London vorgenommenen Versteigerung wurde ein aus gezeichnet erhaltenes Ei des ausgestorbenen Alkvogels zum Preise von 200 Guineen verkauft. Dieser Preis ist noch verhältnismäßig niedrig, weil das letzte Exemplar eines solchen Eies 300 Guineen (etwa 6300 <^k) erzielte. Der nächsthöchste Betrag wurde für ein Gelege von vier Eiern des sogenannten „Strandläufers Bonapartes" mit 180 bezahlt. Für ein einzelnes Ei eines lebenden Vogels war der höchste Preis gegen 30 nämlich für ein Ei des nach Pallas benannten Sandflughuhns. Letzte Depeschen und Jernsprechmeldrrngen. Vom Königlichen Hofe. k«. Dresden, 1. Juni. (Eigene Meldung.) Die Ab reise der Königin-Witwe Carola nach Schloß Sibyllenort ist noch bis zum 11. Juni verschoben worden. Die Königin-Witwe wird daselbst sechs Wochen weilen und sich dann nach Sigmaringen zum Be suche der Sigmaringischen Herrschaften bebeben. Dort wird die Königin-Witwe mit dem König Georg, welcher vier Wochen lang in Bad Ems und dann etwa vierzehn Tage zur Nachkur in Tirol zubringen wird, zusammentreffen. — Gestern abend ist der seit der Operation der verstorbenen Frau Prinzessin Johann Georg zum Besuche im prinzlichen Palais weilende Herzog Albrecht von Württemberg wieder abgereist. Die übrigen württembergischen Herrschaften werden vermutlich morgen Dresden wieder verlassen. Eröffnung des Kaiser Friedrich-Museums. * Görlitz, 1. Juni. Heute wurden die zahlreichen Sammlungen der Ruhmeshalle und des Kaiser Friedrich- Museums in Gegenwart des Ministers Freiherrn von Rheinbaben, des Regierungspräsidenten Freiherrn v. Seherr-Thoß und der Spitzen der Behörden feierlich eröffnet. Nachmittag nimmt der Mi nister v. Rheinbaben an der Feier des 125jäbrigen Be stehens der Ober-Lausitzer Gesellschaft der Wissenschaften teil. Unwetter. ' Köln, 1. Juni. Bei dem über der Gegend zwischen Neuß und Grevenbroich gestern abend niedergegangenen Gewitter richtete eine Windhose in den Ortschaften Grefrath, Hemmerden und Lüttenglehn große Verwüstungen an. Zahlreiche Häuser wurden ab gedeckt, starke Bäume entwurzeln und die Feldfrüchte voll- ständig niedergeschlagen. Der Schaden ist sehr groß; Un glücksfälle von Menschen sind bisher nicht gemeldet worden. Zur Verhaftung des französischen Verwaltungs offiziers d'Autriche. * Paris, 1. Juni. Die nationalistischen Blätter ver teidigen den verhafteten Vccwaltungsoffizier d'A u - triche mit Entschiedenheit und sehen ihn als das Opfer einer Intrige an. Er habe die Radierungen in keiner betrügerischen Absicht vorgenommen. Ueber die Ver wendung der geheimen Mittel des Kriegsministeriums dürfe nur dem Präsidenten der Republik Rechnung ab- gelegt werden. Außerdem könne die Untersuchung des Kassationshofes sehr gefährliche Folgen haben, da die mit „Austerlitz" bezeichnete Persönlichkeit, hinter der Athalin den Zeugen Czernieschi vermutete, ein Oester reicher sei, der Frankreich militärische Mitteilungen von höchster Wichtigkeit gemacht habe. — Der Verteidiger d'Autriches erklärte einem Berichterstatter, die gegen jenen erhobenen Anschuldigungen seien unhaltbar. d'Autrichc bezeichnete den Bericht der „Humanits" über die von ihni vorgenommenen Radierungen als Roman. Die Erledigung der Angelegenheit, die dem zweiten Pariser Kriegsgericht überwiesen worden ist, werde übrigens nicht lange auf sich warten lassen. Arbeiteraussiaud. kx. Halifax (Neuseeland), 1. Juni. (Reuter-Meldung.) 1800 Arbeiter, darunter zahlreiche Ungarn und Ita liener, der Eisen- und Stahlwerke in der City Neuschott lands, sind wegen Lohnstreitigkeiten aus- ständig. Sie wissen den Zuzug von Arbeitswilligen zu verhindern. Tie Arbeiter der Dominion Kohlen-Com- pany drohen gleichfalls zu streiken, da die Eisen- und Stahlwerke neue Arbeiter heranziehen. Berfchobene Denkmals-Enthüllung. * Petersburg, 1. Juni. (Rufs. Telegr.-Agentur.) Die auf den 2. Juni festaesetzte Nationalfeier, die Enthüllung des Denkmals für den Kom- ponisten Glinka, ist auf Befehl des Kaisers wegen des Krieges verschoben worden. Rußland und Japan. * Petersburg, 1. Juni. Im „Rußky Invalid" wird darauf aufmerksam gemacht, daß die im Jahre 1900 den Chinesen abgenommenen Geschütze, mit denen die Stellungen der Russen bei Kintschou armiert ge wesen sind, zwar aus der Kruppschen Geschützfabrik stammten, aber von so verschiedenem Typus und Kaliber wären, daß fast je zwei derselben eine besonders eingeübtc Bedienungsmannschaft erforderten. Deshalb sei schon vor Jahren die Frage angeregt worden, ob die Geschütze nicht den Museen zu übergeben seien. Es wäre davon nur aus dem Grunde Abstand genommen, weil mit den Geschützen zugleich die Vorräte an Geschossen den Chinesen abgenommen worden seien. * Petersburg, 1. Juni. Die „Rufs. Tel.-Ag." meldet aus Mukden von heute: Ueber den Untergang des japanischen Panzerkreuzers „Asama" fehlen bestimmte Nachrichten. Zuverlässig bekannt ist, daß in der Kerr- bucht außer einem Torpedoboot und dem kleinen Kreuzer „Mijaks" noch ein Kreuzer gesunken ist. Bezüglich des Linienschiffes „Fuji" verlautet, daß es bei der Masdao- Insel auf ein Riff gelaufen ist, wo es von japanischen Torpedobooten bewacht wird. * München, 1. Juni. Der König von Däne- mark ist heute vormittag nach Gmunden weitergereisl. kx. Konstantinopel, 1. Juni. (Korr.-Bur.) Bisher sind in makedonische Vilajets 5484, nach dem Vilajet Adrianopel 1806 bulgarische Flüchtlinge zurückgekehrt. Bei den beiPtschinjagetötetenBandenmit- gliedern wurden außer Dynamitbomben Schriftstücke gefunden, aus denen hervorgeht, daß die Gründung einer Bande in Serbien erfolgte. Tie Pforte machte deswegen der serbischen Regierung ernste Vor stellungen. Letztere versicherte, daß die Bildung von Banden in Serbien nicht erfolgt und nicht gestattet sei und daß künftighin noch strengere Maßnahmen platz- greifen sollten. * Montevideo, 1. Juni. (Agencc Havas.) Die N c - gierungstruppen brachten den Aufständi schen in mehreren Zusammenstößen schwere Ver luste bei. Leitung: I. B. vr. Purlttz. Verantwortliche Redakteure: Für deutsche Politik vr. Friedrich Purlitz, für auswärtige Politik Emil Hudle, für sächsische Angelegenheiten Rudolf SzallieS, für Feuilleton Paul Zschorlich. für den musikalischen Teil Heinrich Aoellner, für Sport Julius Haarfeld. Sämtlich in Leipzig. Für den Inseratenteil: Emil Abigt, Gautzsch-Leipzig. Hierzu eine Beilage. 2 ttainstraLse 2
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