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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192310065
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19231006
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19231006
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-10
- Tag1923-10-06
- Monat1923-10
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1923
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irr Dcrzuyl seines Zennern erzwnngen ono errunuelk, Ser zehn Jahre lange Lamps mit seiner Liebe nntzlos gewesen war. Der Zauber von Lenas Gegenwart nahm ihn wieder vollständig gefangen — nur -atz er sich ihm nicht mehr wil lenlos überließ. Die alte Dame fragte und erzählte so viel, daß LenaS Schweigen nicht auffiel. Sie sprach von der Bergangsnh!t mit Traner, wie man über unwiderbringlichen Verlust von etwas uaerfetzlich Teurem spricht. Freimut g berannte sie sich zn der Tatsache ihres BermögeuSversalleS, »der die Gründe dafür berührte sie nicht. Ihres verstorbenen Soh nes erwähnte sie mit schmerzlich mütterlicher Liebe, sein« Schwächen gestand sie ein, aber sie sprach keinen Tadel aus. Ihr Unglück trug sie als eine Fügung des Geschicks, gegen die eine Auflehnung nutzlos ist. Bei alledem aber konnte sie auch jetzt in ihrem Elend die Dame von allem Ade» nicht verleugnen, das Slandes- bewußtsein war noch immer in ihr ausgeprägt, und bei aller Güte Fred gegenüber blieb sie, waS sie einst gewesen war, feine Gönnerin. Ihren grauen, kummerbeladrnen Scheitel Wit dem schlichte» Witwenhäubchen trug sie vor -er Welt so hoch, wie dereinst die schöne glückliche Frau von Harten stein ihr juwelengeschmücktes junges Haupt. Erst jetzt kam Fred die Kühnheit seiner einstigen Hoff nung, die Hartensteins würden dem Lrrwalterssohn ihre einzige Tochter zur Frau geben, zum vollen Bewußtsein, «nd ein Gefühl der Verlegenheit und Beschämung stieg in ihm auf. Trotzdem zürnte er -er alten Lame nicht Er empfand Hochachtung vor der Frau, die mit j» vicl^Tapser- keit ihr sckweres Geschick trug und siche.'ich lieber zu Grunde gehen würde, als -ugeben, daß sie zu den bemitiet- deuswer.en Armen gehöre. -! i-!' Frau mußte schon ganz und »ar tunen Ausweg mehr ans Not und Elend wissen, ehe sie die Unterstützung und H-.'ie ihrer Mitmenschen aunehm -- und er hatte sc hritt und erwartet, daß sie und ihre Tochter sich gern seinen Beistand gefallen lagen würden. Was Fred gefürchtet und ersehnt hatte zu hören, die Geflu chte ron Lenas Verheiratung, erwähnte sie mit keinem Wo» — ,a nicht ein einziges Mal nahm sie auch nur den Namen Ares Schwiegersohnes in Mund. Fred -rach auf, sp bald es sich gestniier oeise tun ließ. Er wie Lena litten beide in gleicher Weise unter dem Zwange des Zusammenseins. Ihm war es ein ganz un natürlicher Zustand, so friedlich freundschaftlich unter -cm Dach der Frau zu sitzen, -ie ihn einst verraten und sich eben wtr-er losgesagt von »hm hatte — diesmal für immer. Gewiß war er noch immer bereit, alles für sie zu tun, was in seinen Kräften stand, nötigenfalls sein Leben für sie zu lassen — aber mit der Gemeinschaft war es zu Ende, seitdem sie ihm offen ihren Mangel an Bertranen eiugestan- -en hatte, und er schämte sich seiner Schwäche, die die Liebe zu ihr nicht überwinde» konnte. Er küßte beim Abschied der alten Dame wieder ehr furchtsvoll die Hand. „Ich freue mich von ganzem Herzen, daß ich Sic ge sehen habe, und Sie sich noch gütig des Jungen aus dem Berwalterhause erinnern. Er hat so viele Wohltaten von Ihnen erhalten, gnädige Frau, daß er keinen größeren Wunsch auf Erden kennt, als sich Ihnen auch einmal nütz lich erweisen zu dürfen. Zwei alleinstehende Frauen brau chen wohl einmal einen Berater, — dann bitte ich, sich mei ner zu erinnern — es würde mich glücklich machen." „Das klingt ja wie ein regulärer Abschied — wollen Sie denn die Gegen- schon wieder verlassen? — Aber nein, das werden Sie doch Ihrer alten Freundin, der Lena, nicht an tun, daß Sie wieder ausrvcken, ehe Sie noch warm mitein ander geworden sind. Ich möchte so gern, daß Lena ein mal die Schneekoppe sieht, möchten Sie sie nicht auf einer Tour dahin begleiten?" „Wenn Frau von Szertösy es wünscht — sehr gern natürlich." In Lenas Gesicht war wieder blitzgleich das verräterische Rot gestiegen. „Aber, Muttchen, du weißt doch, -aß mir -er Arzt das Steigen verboten hat." . „So — hat er das? — Das weiß ich wirklich nicht mehr — ich bi» jetzt oft recht sehr vergeblich. — Nun, dann kom men Sie aber noch einmal zu uns, bevor Sie abreisrn, lieber junger Freund. Wir sind ja zwar nur ein paar einsame, wenig heitere Frauen und keine rechte Gesellschaft für einen lebeussrischen nah lebensfrohen Mann, können Ihne» auch rmr eine bescheidene tz4astsreundschast gewähren, aber cs ist -och auch etwas wert, alte, teure Erinnerungen aufzufriichcn. — nicht wahr? Und die gemeinsamen Erlebnisse so vieler Jahre weben ein Band der Zusammengehörigkeit fürs ganze Leben. Sie find mir wie ein zweiter lieber Sohn, Fred, kommen Sie recht bald wieder." Lena begleitete ihn hinaus. Sie sprach kein Wort, aber t» ihren Augen lag die angstvolle Erwartung -essen, was ep ihr sagen würde. Er sab es und eS zuckte bitter in seinem Gesicht. „SS yar mir le»o getan, Slr non, langer zur vast zu fallen," sagte er mit erzwungener Kälte, „ich befand mich, wie du zugeben wirst, in einer Zwangslage. — Nun fürchte aber nicht, daß ich von deiner Mutter Einladung Gebrauch machen werbe — hier trennen sich vorläufig unsere Wege. Brauchst du mich einmal, so rufe mich, ich werde sofort kommen und beglückt sein, etwas für dich tun zu dürfen. Ais dahin werde ich uns ein Wiedersehen ersparen . . , Lebe wohl, Lena." Sie stand vor ihm, blaß, die Augen gesenkt, schwer atmend. Er nahm ihr Bild mit einein Blick voll Zorn und Trauer in sich aus und wollte gehen, ohne ihr auch nur die Hand gereicht zu haben. Da drang ein Ausschluchzen über ihre Lippen, so vcr- zweiflungsvoll, daß es ihn packte. „Du gehst in Zorn von mir und weißt Loch nicht, daß ich ujcht anders kann — deinetwillen nicht — ich habe nichts mehr zu verlieren, aber du ..." „Lena!" „Ich bitte dich nm Gottes Willen geh' jetzt, Mutter sieht uns — aber gib mir -eine Hand — wenn's doch zum Scheiden geht." Er reichre ihr alle beide. „Lena, mein armes Kind." Er preßte ihre Finger, daß sie ihr schmerzten. Dani» riß sie sich los und eilte ins Haus, und e- schritt in die Berge hinein. I. Kapitel. Die beiden Damen lebten ganz einsam ans ihrem iso lierten Erdenwinkel in» Gebirge. Mit den Sommerfrisch lern von jenseits des Flusses rerbanden sie keine gemein samen Interessen und so suchten sie sie auch nicht auf. Frau von Hartenstein genügte es, von der Veranda ihres Häuschens aus das herrliche Gebirgspanvrama zu be trachten, das in die Ranken der Klematis wie in einen zier lichen grünen Nahmen gefaßt erschien. Lena unternahm öfter längere Spaziergänge allein oder mit dem Kinde. Gleich hinter dem Fluß mit dem zerklüfteten Bett dehnte sich St. Fridolin aus, fast durchweg aus Schweizer häuschen bestehend, sauber und nett, wie aus einer Nürn berger Spiclschachtcl da aufgebaut. Aber Las Niescnkind, das sich auf der grünen Matte vergnügt hatte, war nnacht- sam mit seinem Spielzeug umgegangen, denn die Hänschen lagen ganz unregelmäßig verstreut, wie verloren, ans dein sanft ansteigenden Bergrücken, der sich als breiter saftiger Wiesenstreisen tief hinein En die dunklen Tannenwälder erstreckte. Wenn die Abendsonne ihre letzte»» roten Strahlen über das stille Dorf warf, dann glühten die Fenster in den kleinen Häusern und um die Bergspitzen flammte ein glutroter Schein, wie ein Abglanz des heiß pulsierenden, leiöenschaft- durchglühtcn Treibens der Welt draußen, von dem kein Wi derhall in diesen abgeschiedenen Erdcnwinkel drang. Der Eigentümer des Schweizerhänschcns war der Leineweber Klabert, der selber das zweite Hänschen auf dem Eck bewohnte. Vor fünfzig Jahren hatte auf derselben Stelle ein um fangreiches Logierhaus gestanden, dem Großvater Klaberts gehörig. Aber dann war ein Hochwasser gekommen, so furchtbar und verheerend, wie nie zuvor, so lange Menschen gedenken reichte. Das hatte das Haus vom Erdboden htir-- weggespült und den Besitzer in seinen Flute» begraben. Der einzige Sohn mutzte als verarmter Mann zur Pro fession seiner Ahnen, der Leineivebcrci, znrückkchrcn, um sein Leben zu fristen. Mildtätige Menschen richteten ihm die kleine Bude auf, die noch heute seine Nachkommen be wohnten, und erst der Enkel des verunglückten Mannes vermochte so viel vor sich zu bringen,, -atz er das niedliche Schweizerhaus in der (Gabelung der beide»» Flüsse aufrich ten konnte, um dnrch Vermieten an Sommergäste das kärg liche Einkommen eines Gebirgswebers etwas aufzubcssern. Vater und Mutter Klabert waren stille und tätige Leute. Die älteste Tochter, Anna, ging den Eltern im Geschäft fleitzig zur Hand, die jüngere, das Maricle, ein gewecktes, frisches, bescheidenes und gutgcartetes Mädchen von etwa 12 iHahren, roar den beide» Dame» zur Bedienung gegeben. Ihre freie Zeit aber widmete sie der kleinen Ursula, die Lena vollkommen unbesorgt der Obhut des verständigen Mädchens überlasten konnte. Man sah die beiden Rinder Tag für Tag entweder ans dem Bleichplatz zwischen den beiden Häusern spielen oder gemeinsam die „rote Liese", Vater Klaberts einzige Knh, über die hölzerne Brücke des Flusses und hinauf nach der Vergnncse geleiten. Und während Liese ruhig graste oder behaglich widerkauend im Grünen lag, sammelten die beiden Kinder Blumen zum Kranz für ihren vierbeinigen Liebling, den er dann stolz um seinen glänzenden Nacken trug. Oder Mariele mußte von Rübezahl erzählen und dem großen Master, das vor langen Jahren das ganze blühende Tal verheert hatte. So auch heut. Ursula hatte ihre Ellbogen auf die Knie der Freundin gestützt und so behaglich ftn Gräle auSaestreckt, las sie ihr die schon so oft gehörten Worte begierig und mit dcniselbeir heimlichen Gruseln, wie das erste Mal, von» Mund«. Die rote Liese lag ein Stück von ihnen entfernt satt nid faul im Grase, mahlte die Kiefer gegeneinander und warf dann und wann hinter den Hellen Wimpern hervor eine»» vorwnrfsvoll verschlafenen Blick zn den Kindern hin über, die sie, die Hauptperson aus der Wiese, heute so arg vernachlässigten. Dtariele erzählte in ihrem, Len Sommergästen abge lauschten hochdeutschen Dialekt, der reichlich mit schlesische» Brocken dlrrchsctzt rvar. „Siehstc Ursla, dorten, wo die Weißbach in den Strom fließt, graü wo euer Häusel steht, dorten ist es am schlimm ste»» gewesen, da sind die Master uf anandergeprallt und Hetzen ni gleich «ich gemutzt, wo datz sie bleiben sollten, und »» a Strudel entstanden, der a Loch wie a Hans tics et den F-.löboden gerissen hoat. Mer denn, sobald daß der Luft gekriegt hoat, hoat er alles mit sich fortgespült, 's ganze grobe Haus von mei'm Ahnet, und da ist das „verlorene Eck" wirklich a verlornes gewest, denn statt seiner hoats bloß noch eine,» großen See gehabt, in dems gekocht und gegurgelt hoat, als wie irr der Drachengrundhexe ihrem Wasserkessel. Und immer mehr Wasser is von a Bergen heruntergekom men, ärger als wenn die Schleuse von Gabelfall gezogen wird, und der Wind is dahcrgefahren, wie a Heidengott sein Gejaide. Und's Master hoat gebraust und getobt, daß man von all dem Lärm sein eigen Wort nii hat versteh'»» gekonnt und die Menschheit hoat sich halt rein zerängst. In der einen Nacht sind gar viele Ortschaften im Gebirge zerstört ge- wvr'n, und viele arme Leute um all ihr Hab und Gut ge kommen, und viel Bich und auch Menschen sind versoffen — >u — j»l — ganz fürchterlich ist's gewesen." „Und dein Ahne! ist anch ertrunken?" »varf Ursula er regt ein. „Ju, Ser hoat doch keine von seinen Logiergästc» nich umkommcn laste» wollen und beim Retten ist er selber ver unglückt." „Erzähl' doch!" drängte Ursula. ,,N» ja, sichste! Gewarnt waren sie ja »vor'» — ein Grenzjäger rvar Nachmittags aus a Berge» heruntergekom men und hvatte gemeldet, daß Wolkenbrüche danieder ge gangen wären und alle Bäche zu steige» anfingen, 's Ur- ahnel, das ganz genau gemußt hoat, uf welch a gefährlicher Stelle sei HanS stand, war denn auch auf seiner Hut. Aber die Logiergästc haben seiner Warnung ni glauben gewollt, die kennen ja unser Master nich, wie tückisch datz sic sind, und a Herr und a Dame sind doch schlofa ganga, ob sie gleich der Urgrotzvattel gebeten hoatt', nmnter z>» bleiben. Geregnet hoats den ganzen Tag, aber denn um Mitternacht, da is's erst recht lvsganga, wie wen»» der Gottseibeiuns sein Wesr« triebe und da heroben »nit Kannen schütten täte. Und dem» ganz plötzlich, so um a Uhrc eins in der Nacht, hoat die Gie- velwand von a Hans gewankt. Ein fürchterlich Gekrach und Gcbcrste iS gewesen! Die Urgrotznmttel hoat erzählt, sie Hütt' gemeint, Himmel und Erde täten zusammcnbrcchen, und ob datz sie noch ei» Gott-sei-unS-gnndig haben beten kön nen, ist die ganze vorderste HauSccke wcggeriffcn gewesen. Und die Gäste haben sich retten müssen, ivie datz sie ginge»» und standen. Aber die ei'm Bette, die hvattcn ni schnell g'nug nnnter kommen können, und wie »nei Urgrotzvattel drüben uf a Berge in Sicherheit is, da sicht er die Fran durch den offenen Giebel cim Hanse hcrumirrcn, und schreie» und die Hände ringen. Da is der Ahncl wieder in das wankende Hails zurück und hoat die Frau auf seine Arme genomma und es is ihm auch wirklich gelungen, noch e mal glücklich dnrch den Strom, der ums HanS getost ist, zu kvmma, aber grade, wie er die Frau den Leuten uf a Berge, die nach ihr fasten taten ei die Höchte reicht, da rcitzt ihm der Strudel in a Allgenblick und erst nach Tagen hoat man ihm drunten ei'm Tal gesunden, ganz zerschellt, so datz er bloss an seine»» Kleidern iS zu erkennen gewesen." lieber Urulaö Lippen rang sich eil» schwerer Seufzer. „Dein Ahncl »mir ein guter Mann, Mariele!" „Ju, das »var er! Ein gar Starker und Geacht'tcr und uf a Kirchhof haen sie ihm a schönes Denkmal gesetzt mit a langem VerS draus . . . Und Vattcl sagt, er ist gestorben, al» ivie ein Soldat ans dem Schlachtfeld." Ursel dachte nach. „Weisst dn, Mariele," sagte sie endlich ns tiesster Uebcrzcugnng heraus, daö hat der böse Berg geist getan — das mit dein Wasser — gelt?" „Ätarnm auch gar! Leicht, Latz er die Menschen a bissel hat necken »vollen — gelle Ursla? — Ne so was mutzte nich sagen, so was glauben ock dumme und abcrglänb'schc Men schen. An Berggeist hats garnich nnd wcnns dreist einen Hütt', so große Steine, ivie dazumal herniitcrgekvmmcn sind, kann selbst der Rübezahl nimmer regieren, das kann ock der liebe Gott — »ver weiss, was die Menschen Bicses getan hat ten. wofür datz er sic hoat strafen gewollt." Ursula »nachte große nachdenkliche Angen. „Dann läßt der liebe Gott Blasser kommen, »nenn man »Martig und schlecht ist, Mariele?" „Nicht immer, aber manchmal. wennS sehr kblimm ist! — '-i)n welpl ooci» die Luimm uno toast mit seiner Aral«,', aber dir brauchst Sich nicht zu graulen, Heuer kommt kein Wasser nicht." Ursula atmete beklommen. ,Wenn's aber doch kommt, Maricle? — Ich — ich hab die Fensterscheibe in der Veranda zerschlagen und Mama denkt, der unartige Junge vom Schu stervetter» -er die Semmeln austrägt, ist es gewesen. Ich will's aber nur» gleich Mama sagen, ganz gewiß." Das tu ock, Ursula, das ist recht — aber suste kannst du ganz ruhig sein, den Fluß haben sie ja itzt mit große Qua dersteine abgedümmt, der kann uns wischte mehr tun." Ursula grübelte »vciter. — Irgendwo in -en Bergen fiel ein Schutz. Weithin rollte das Echo mit dumpfem Ge- löse durch die Schluchten. Das Kind erschrak und sah sich scheu um. Wenn du mir -och dein Zauberding ein Weilchen borg«» wolltest, Mariele, — bis ich'S der Mutter gesagt habe von der Scheibe." „A Zauberding ist das do nicht, «tscht BieseS, sondern ehnder was Gutes, an Amulett! — aber du kannst eS kriega." Und Mariele faßte nach einer dünnen schwarzen Schnur an ihrem Halse und zog ein kleines Achathcrzchen aus ihrem Busen. Es war ehedem mit einem Anker und einem Kreuz chen an einem gemeinsamen Ring vereint gewesen und Ma riekes Urgroßmutter hatte es in -er Ungllicksnacht -eS Hoch wassers an einem Samtbändche» um den Hals getragen. Was sic auf dem Leibe gehabt hatte, war ihr allein von ihrem Besitztum übrig geblieben, so war eS kein Wunder, daß das unscheinbare Schmuckstück wie ein Heiligtum von den Nachkommen verehrt wurde. Ja, es war in ihren Augen allmählich zu einem Talisman geworben, dem man die wunderbare Rettung der Großmutter zuschrieb, und der jeder», der ihn trug, vor Unheil bewahren konnte. Darum hatte Mariekes Mutter die drei Gegenstände auseinandergenom men und unter sich und ihre beiden Töchter geteilt, damit sie alle drei des Schutzes teilhastig würden. „Da hasts, Ursla, ich will's dir gerne borg«, bis daß du -ie Sünde von a Gewißen hoast — nu aber rnüffei» wir der Liese zu ihrem Recht verhelfa, sie steht uns schon ganz stra fend an, daß sie ihren Kranz noch nicht hat." Ursula war schnell umgestimmt. „Unsere Liese soll den allerschönsten Kranz haben, lachte sie, Weißt du, Mariele. du pflückst Heidelbeerkraut und ich gehe und hole Blumen ans meinem Gärtla." Mariele nickte. „Rutsche aber nicht aus, Ursla, sei a bissel vorsichtig und nich immer su a kleiner Unband." Ursula lachte sorglos. „Ich hab' ja dein Zauberding, Maricle, da passiert mir nichts." Sic hüpfte in den Wald hinein bis zu einem Einschnitt i» der steil aufragendcn Felswand, der ursprünglich viel breiter gewesen, aber durch einen Bergrutsch von dem her- abgestürztcn Felsgeröll derartig eingeengt war, daß nur eben eine so kleine Gestalt wie Ursula Platz zum Hinduich- schlttpfcn finden konnte. Dahinter dehnte sich eine schmale, lange Felsschlucht aus, auf deren Sohle ein Vach über massenhaft aufgchänstcs Ge röll eilig und geräuschvoll dahinströmte, um sich am entgegen gesetzten AuSgang der Schlucht, wo die Felsen wieder eng zusammentratcn, ungestüm zwischen ihnen hindnrchguzwän- gen. Mit lauten, Getöse brauste er über die cmporragcnden Fclsklippcn und stürzte sich jenseits wie in wilder Empö rung in das Tal hinab. Das Brause» des Falles hallte wie ununterbrochenes Donnergrollen von de» scharfen Felswänden wider, uw deren nackte Glieder nur die genügsame Flechte mitleidig ihr fadenscheiniges Mäntelchen geschlungen hatte. Es war ein wildromantischer Teil des Gebirges, fast unheimlich in seiner tiefen, und doch so lauten Einsamkeit und mit den krassen Gegensätzen, die hier unvermittelt aufein ander trafen. Denn in der feuchter» Schlucht zwischen den kahlen Felsen entwickelt sich eine wahrhaft tropische, üppig« Vegetation. Alles was hier wuchs, gedieh in der Treibhaus luft ins Riesige. Huflattig, Spiraceen, Weidenröschen und Türkcnbund bildeten wahrhafte Gebüsche und entfalteten prahlerisch eine leuchtende Blütenpracht. Aber zumeist wäre» cs Giftblume», die sich da angcsiedclt hatten, wie der blau« Eiscuhni, der graziöse, farbenprächtige Fingerhut. Absonderlichkeiten nnseres Flugwilds. Einige Vertreter nnseres Fedcrivildes besitzen in ihr«»» körperlichen Bau bemerkenswerte Absonderlichkeiten, auf di« Dr. Ludwig Staby im „St. Hubertus" hinweist. Der an Merkwürdigkeiten reichste Vogel ist der Auerhahn, der bei der Mauser nicht nur seine hornartigen „Balzstifte" fort wirft, sondern auch die Krallen und sogar den hornigen. Ueberzug des Schnabels, ein Vorgang, der in der Bogel» weit einzig dasteht. Noch seltsamer ist eS, datz der balzende Auerhahn während des „Schleifens" so völlig tanb ist, datz er kein Geräusch, auch nicht den Knall eines Schusses, ver nimmt. In dein Gehörgang des Hahnes befindet sich näm lich eine lose hcrabhängcnde Hautfalte, die durch Vlutzutrift ansclnvillt. Der starke Vlutandrana. den der liebestolle Bo^
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