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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 31.12.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192412319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19241231
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19241231
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1924
- Monat1924-12
- Tag1924-12-31
- Monat1924-12
- Jahr1924
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 31.12.1924
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Riesaer G Tageblatt und Arrrelaer jElbeblatt «nd Ämeiaer). Postscheckkonto; Dresden 1533 Girokasse Riesa Nr. 52. und Anzeiger Meblatt end Anzeiger). «rahtanschrlft: rageb^tt Riesa. Das Riesaer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen -er LmtSharchtmannfchaft Grossenhain, des Amtsgerichts, -er Amtsanwaltschaft beim Amtsgerichte «n- des Rates der Stadt Riesa, des Finanzamts Rieka und des HanvtzollamtS Meißen. 304. Mittwoch, 31. Dezember 1024, abends. 77. Jahrn. Da» Riesaer Tageblatt erscheint sedt« Tag abends '/,v Uhr mit Ausnahme der Sonn» und Festtage. Bezugspreis, gegen Vorauszahlung, )llr einen atonal 2 Mark 25 Pfennig durch Pos! oder durch Noten. Für den Fall de» Eintretens von ProduktionSverteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienprelse behalten wir un» da» Recht der Preiserhöhung und Nachforderung vor. 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Geschäftsstelle: Goethestraße Verantwortlich sür Redaktion: Heinrich Uhlemann. Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm Dtttrich, Riesa. Jahreswende. Außenpolitischer Rückblick und Ausblick. Deutschlands innere Sorgen sind noch immer zu grosi, als daß eine ausgiebige Beschäftigung mit den Fragen der großen europäischen Politik für weitere Kreise anch der sogenannten gebildeten Schichten in Frage käme. Wiewohl die wirtschaftspolitischen Kvuseaucnze» der deutschen Unter schriften unter den Bersailtcr Vertrag, dem Londoner Ab kommen und den vielfältigen Ergäuzuugs- und Zusatzver trägen und schließlich den Abmachungen auf Grund des Daivcsgutachieu das stündige Hin und Her zwischen Deutsch land und den Siegcrstaaten und den von diesen geschaffenen Vasallen mit sich bringt und die Regelung der europäischen Gesamtwirtschast ohne Deutschlands Mitwirkung anch nach Erkenntnis größter Deutschenhasser nicht möglich ist, bleibt doch das Interesse an den Zusammenhängen der einzelnen Ereignisse der europäischen Politik und ihrer Verkettung untereinander noch außerordentlich gering. Es ist bedauer lich, daß anch die öffentliche Meinung, die sich ja in der Presse verkörpert, allen diesen Vorgängen nicht mit der Ausführ lichkeit nachgehen kann, die sie eigentlich verdient, weil ja die noch verhältnismäßig kleinlichen Dinge der deutschen Innenpolitik mit ihrer Verzwicktheit und Ueberspihung der Fragen einfach keinen Raum lassen. Wir sind es ja leider noch vom Kriege her gewöhnt, in der damals zwangsläufi gen Isolierung zu verharren, ein Vorgang, der für die deutsche Entwicklung in außenpolitischem Sinne durchaus seine Bedenklichkeiten hat. So dürste es sich denn wenig stens im Augenblick der Jahreswende verlohnen, kurz einen Rückblick zu tun auf die hervorstechendsten Ereignisse der europäischen Politik und das Bild kurz zu zeichnen, das ge wissermaßen als Fazil ihrer gesamten Vorgänge übrig bleibt. AuS den Ereignissen des IahrcS l92I, das ja sür Deutsch land in jedem Falle trotz aller wirtschaftlichen Röte einen Aufstieg und ein Weiterschreiten ans den: Wege der inneren Festigung bedeutet, heben sich als besonders bedeutungsvoll zwei Vorgänge hervor, die gleichzeitig null, eine Art Formel sür die heutigen Auffassungen von der Durchführung und Handhabung politischer Fdeeu derselben: Die Genfer Ver sammlung des Völkerbundes im Hochsommer und die in nebligen NvvcmSertageu vollzogenen Wahlen in England. Waren doch die in der schönen Stadt der Schweiz von aller Herren Länder beschickten und geführten Verhandlungen letzten Endes die große Kraftprobe der Völkerbundsideen und seiner zahlreichen Befriedung?- und Verständigungs probleme, eine Krasivrvbe, die sich in dem innigen und herz lichen Beineinander Macdonalds und des französischen Mi nisterpräsidenten Herriot als gelungen verkörperte, eine Kraftprobe, die allerdings da? äußerlich sensationelle Ge präge zu stark zur Schau trug, die aber doch ihre Wirkung in Europa und auch in der Welt nicht verfehlte. Zugleich bedeutete die Versammlung in Genf auch eine Art Kraft probe der Entente und der in ihr herrschenden Potenzen. Nur zu bald nach diesem glänzenden Schauspiel zeigte cs sich, Saß iu England die Vertreter der anderen, und zwar der machtpolitischen Weltanssassung dock noch in stärkerer Zahl vorhanden waren, als inan cs damals in den Genfer Tagen vielleicht gedacht hat. Ter Sieg der englische» Konservati ven in den Nvvemberwahlen und die Ablösung des Arbeiter führers Macdvnald durch Lord Baldwin ist, mag man zn den Gedanken dcö Völkerbundes stehen, wie man will, schließ lich doch eine Niederlage der Vertreter dieser Idee. Ter Kurswechsel in England wird sür die innere Struk tur der eigentlich schon reichlich überalterten Entente sicher lich neue und andersartige Kraftlinien geben wollen. Ob das Gebäude dieser Entente, das ja schon vor dem abgelan- fenett Jahre vielfach und hörbar iu seinen Grnndfugen ge kracht hat, derartigen Experimenten gewachsen sein wird, bas dürste die große Frage des Jahres l'.)2ö sein. Nimmt doch daö neue Jahr ans dem alten gerade bezüglich des po litischen Verhältnisses Frankreich—England eine große Zahl ungelöster politischer Probleme hinüber. Wissen doch die orientalischen Länder ein vieltöniges Lied von den englisch französischen Gegensätzen, die in ihren Staatskörpern zutage treten, zn erzählen. Besonders in der heutigen, nunmehr wirklich neuen Türkei, tritt diese Rivalität zwischen England und Frankreich danernd zutage. Mossulfrage und Krisis in Aegypten, sie kennzeichnen vor allem die ungelösten Pro bleme der Ortentpolitik Frankreichs und Englands, dieser ja viele Jahrzehnte lang betriebenen Ortentpolitik, in der nun aber als vollständig neuer Faktor eine moderne Türkei, eine innerlich gefestigte und zur politischen Initiative ge langte Türkei tritt. Hat doch überhaupt das Evangelium der VölkerbundStheoretikcr vom freien Selbstbestimmungs recht der Böller gerade in den orientalischen Ländern als PrvmctheuSfackcl gewirkt und Bewegungen entzündet, die in absehbarer Zeit ihr Verhältnis zu den Staaten des alten Europas von Grund ans ändern dürften. Auch das Problem Rußland ist eine Frage, der die ge wiegtesten Entcntcpolitikcr noch nicht zn Leibe gehen konn ten. Die Sphinx im Osten hockt noch immer in ihrer rätsel vollen Haltung und hat sich dem westlichen Europa bisher lanm enthüllt. Sowjetrußlands Ziele liege» vorerst im Osten, im seinen Osten. Rußland ist ebenso wie der Orient eine ungelöste Formel, die ans der politischen Rechnung des alten IahrcS in daS neue hinüber genommen werden muß. Daß auch nach dem Westen hin Rußlands Initiative sich vor- zubereitcn scheint, hat die Revolution in Estland ergeben, wo sich der schnell zn Boden geschlagene Staatsstreich in überraschender Form als ein fein ausgeklügeltes Attentat der Sowjets gegen die estnische Souveränität heransgcstellt hat. Ilutcr dem Eindruck dieses Ereignisses bemüht man sich nun, innerhalb der Ranbstaaten einen VertcidtgungSblock gegen das bolschewistische Rußland zu schaffen, der auch Po» len einbezic.be,l will und der dann Äelletcht in -er Laa« lein wird, die noch immer bestehenden starken Differenzen dieses Staates mit Litauen zn beseitigen. Ob dieser Block bet einem etwaig»» Ansturm der bolschewistischen Massen Sowjetrnß- lauds und seines östlichen Hinterlandes halten könnte, wird füglich bezweisclt werden müssen. Das euiwassncte Deutsch land tritt in diesem Zusammenhänge alS ganz besonders schwerer Rechenfehler in den politischen Kombinationen der Ententemächte hervor. Hat sich im Verhältnis zwischen England und Frankreich doch immer noch die Entente eordiale auch sümmuiigsgemüß im allgemeine» aufrecht erhalten können, jo ist das Abgleiteu des dritten Vertreters im Rate der einstigen „großen Vier", Italiens, durchaus sestsichend. Hat doch gerade Italien jm letzten Jahre schwere inucrpolilisrhe Auseinandersetzungen gehabt, die sein Interesse an den großen europäischen Fragen minderten. Andererseits aber hat Mussolinis durchdringeu- ocs politisches Empfinden sicherlich schon längst erkannt, wie Italiens Interessen mehr oder minder iu das Schlepptau der englisch-französischen Belange genommen werden. Es ist klar, daß er im kommenden Jahre, nachdem die Krise des Faschismus zn seinen Gunsten und demnach zur Stärkung seiner inneren Macht beendet worden ist, mit neuen außen politischen Forderungen vor das Forum Europas treten wird. Ist doch auch Italien einer der vielen Teilhaber au der orientalischen Masse. Vielleicht wird die Lösung des Konflikts in Marokko, der ja mit dem Zurücktreten der spa nischen Macht in Nordasrila geendet hat, es ans den Plan rufen. Spaniens Stellung hat durch die Mißerlolge in Marokko sicherlich starke Einbußen erlitten, was ja auch die erschütterte Stellung deS visher unumschränkt regierenden Diktators, des Generals Prinw de Rivera, bewein. Sonst werden die Staaten Europas mit großeu politi schen Problemen nicht beschwert. Lediglich die wirtschaft lichen Sorgen als Produkt des Krieges und als Folge der unglücklichen politischen Konstruktionen der verschiedensten Friedensvcrträge macht sich überall geltend. Diese Erschei nung erstreckt sich, nicht nur ans das Gewimmel der östlichen Randstaaicn und der östlich-ungarischen Nachfolgestaaten, sondern selbst vom Kriege so nahezu unberührte Staaten wie die skandinavischen Länder und Holland werden davon beeinflußt. Tas Problem der Abrüstung, das- gerade in den letztgenannten Staaten vielfach diskutiert wird, hat seinen Grund nicht nur in der Erkenntnis, daß es vielfach eine Unmöglichkeit ist, den wasjenstarrenden Mächten der großen Entente seine Neutralität aufrecht zu erhalten, sondern auch gerade darin, daß sich aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus die Ausgaben für Heere nudFlotren iu der bisherigen Höhe nicht mehr rechtfertigen lasten. Tiefer wirtschaftliche Druck macht sich natürlich anch bei den Siegcrstaaten leb haft fühlbar und bereitet namentlich den Herrschaften an der Seine, wiewohl der Franc jetzt wieder einmal stabilisiert ist, lebhafte Sorge. Die wirtschastliche Kncchtnng Deutsch lands bleibt, das läßt sich nicht verheimlichen, letzten Eudes der zweite Rechenfehler im Diktat der Entente, ein Rechen fehler, von dem man allerdings bei der ganzen gegenwärti gen Einstcllnug der Entente zn Deutschland kaum rechnen kann, daß er schon im kommenden Fabre eine Korrektur, geschweige denn seine völlige Beseitigung erfahren wird. Die Regiermtgsfrage wieder akut. Berlin, 31. Dezember 1921. Reichskanzler Dr. Marx, der wieder nach Berlin zurück gekehrt ist, wird nunmehr von dem Reichspräsidenten aber mals beauftragt werden, die Möglichkeiten der Regierungs- bildnng z» prüfen und evtl, die Bildung des neuen Kabinetts selbst zn übernehmen. Gegenwärtig sind bereits sehr be stimmt lautende Mitteilungen im Umlauf, wonach T r. Marx noch Ende dieser Woche mit der Regierungsbildung betraut werden soll. Sollten diese Mitteilungen zutressen, so wurde es in der Hauptsache wohl darauf ankommen, daß Tr. Marx abermals mit den deutsckmationalen Führern in Verhand lungen eintritt, nm die bisherige Regierung durch üenlsch- nationale Minister zu ergänzen. Ein nach rechts erweiter tes Kabinett Marx würde jedoch nicht als Regierung der Mitte zn gelten haben, da die Demokraten sich in diesem Falle nicht an der Koalition beteiligen würden. Augen blicklich ist es jedoch verfrüht, irgendwelche Voraussagungen zn machen, da die letzte Entscheidung bei den Reichstags fraktionen liegt, die am Sonnabend vollzählig in Berlin versammelt sein werden. Eine grundsätzliche Entscheidung ist jedoch keinesfalls vor Montag der kommenden Woche zn erwarten. Sollte sich Tr. Marx bereit erklären, einen offiziellen Auftrag des Reichskabinetts zur Regierungsbildung anzu nehmen, so wird er nach Anfsassnng der maßgebenden par lamentarischen Kreise darauf angewiesen sein, im engste» Einvernehmen mit -em Außenminister Dr. Stresemann vox-ugchen. Einigermaßen auffallend ist der Umstand, daß bis jetzt noch keines der führenden politischen Blätter Ver anlassung genomen hat, zn der Ncgiernngssrage neuerdings Stellung zu nehmen. Das Zentrnmsblatt, die „Germania", verhält sich ebenso zurückhaltend wie die volkparteiliche „Zeit", die ihr Augenmerk ans die gegenwärtige außenpoli tische Situation richtet. Auch im Lager der Dentschnatio- nalen bewahrt man strengstens Stillschweigen und läßt schon jetzt dnrchblicken, -aß die -emschnationale Partei nicht eher zu der Regiernngssragc Stellung nehmen wird, bis von selten der anderen Parteien an sic herangctreten werde. Tie Gegner einer Regierung des BürgcrblockeS behaupten, daß die gegenwärtige außenpolitische Lage cS unbedingt er forderlich mache, von einer Rechtsoricntierung der Regie- rnngspolitik abznsehcu, da sonst die Probleme der Räu- mnngsfrage und der Militärkontrolle den Eharakter eines Streites um das Prestige annchmen werden, bei dem Deutsch land möglicherweise gezwungen wäre, den Kürzeren zir zie hen. Zur Liquidierung der gegenwärtigen außenpolitischen Schivicriaketten lct es unbedingt uotwenslo. unnöttae Kom plikationen zn vermeiden, die dadurch eintrcten müßten, wenn die gegenwärtige französische Negierung ihr Vor gehen damit rechtfertigen wolle, daß iu Deutschland der rcak- tionäreKurs gesiegt habe. Es ist nicht ausgeschlossen, daß cs bei den bevorstehenden Negicrungsverhandlnngcn gewisse Uebcrraschungen geben wird, da die Entscheidung nach wie vor beim Zentrum und bei der Deutschen Vvllspartci liegt. Wenn diese beiden Parteien au ihrem bisherigen Standpunkt seßhaltcn soll ten, so würde man wahrscheinlich gezwungen se:u, zur Bit- düng einer überparteilichen Negierung zu schreiten, die aus schließlich die Ausgabe haben würde, die gänzlich aus der» Gleichgewicht geratene außenpolitische Situation wieder ker- zuslelleu nnd mit Unterstützung aller positiv gerichteten Kräfte den deutschen Standpunkt iu der NäumungSirage durchzusetzen. Im Hinblick ans die jcyt vorhandenen Schwie rigkeiten wäre cs sogar absolut wahrscheinlich, daß ein: solche Regierung lediglich mit der Opposition der radikalen Parteien zu rechnen haben würde. Die Lackgasse von Köln. Nach dem Grundsatz, mit gegebenen Größen zn rechnen hat die englische Außenpolitik zunächst möglichst engen An schluß an den alten freundschaftlich feindlichst verbündeten Kriegsgenossen Frankreich gesucht. Tas; die Nichträumung der Kölner Zone das Ergebnis eines der üblichen in diesem Falle zwischen Herriot und Ehamberlain ausgetragenen Handelsgeschäfte ist, dürste ernstlich nirgendwo mehr be- zwcifett werden. Man redet auch beispielsweise in offizi ösen italienischen Zeitungen schon ganz öffentlich über den Preis, den Frankreich sür seinen neuesten militärpolitischen Erfolg an England gezahlt hat. Frankreich scheint auf dem Wege der Gegenleistung zu einer we-eurlichen Umformung des Genfer Protokolls bereit zn sein. Allerdings gewinnt man den Eindruck, daß England bei diesem Geschickt nicht ganz wchl ist. Scheint cS doch, als ob beispielsweise ein ver mittelndes Eingrecken Amerikas iu London durchaus nicht ungern gesehen würde. Auffällig ist auf jeden Fall die Be harrlichkeit, init welcher die Meldung über amerikanische Schritte trotz offizieller Dementi-Z seitens der Washingtoner Regierung immer wieder gerade iu englischen Zeitungen austaucheu. Sehr lehrreich ist in dieser Richtung ein aus führlicher Bericht des Daily Telegraf, iu welchem sehr nach drücklich darauf aufmerksam gemacht wird, daß Amerika die die Londoner Konferenz zweimal vor dem Zusammenbruch gerettet habe und das; die Vereinigten Staaten acko den Wert daraus legen müßten, daß die Früchte ihrer wirt schaftlichen Vermittlungstättigkeir nicht durch grobe Unver nunft gefährden würden. Die sehr heftigen, an die Blüten tage der Poincarepolitik erinnernden Ausfälle in der franzö sischen Kammer und die ganz unverblümt wieder hervor tretende Sehnsucht Frankreichs nach dauernder Besetzung des linken Nheinuscrs dürsten ebenfalls ans die an sich einer Be satzungsverlängerung durchaus nicht mir Begeisterung ge genüberstehende öffentliche Meinung Englands ungünstig unrkcir. Man fühlt sich anscheinend etwas in der Sackgasse. Darauf deuten nicht nur die Schwierigkeiten iu der Formu lierung der Borschasterkonferenznote sondern auch die Ver- initilungsüemühungen hin, die von Rom her unternommen werden. Tie Handelsvertragsbesprechnngcn zwischen Deutschland und Frankreich, die vorläufig wieder aufge- uomen worden sind, bieten auch deutscherseits gewisse Aeein- fiussungSmöglichkeiten, die nach der Kölner Enttäuschung auch von den fanatischen Versrändigungsvolcrikeru schlechthin nicht mehr ohne weiteres von der Hand gewiesen werden, Köln gegen seine Vergewaltigung. Ein Telegramm an den Reichskanzler. )j Köln. Die sozialdemokratische Stadtverordnetcnsrak- tion richtet an Len Oberbürgermeister von Köln die Aussor- dernng, den Stdtverordneten Kölns sobald wie mög lich Gelegenheit z» geben, in einer öffentliche» Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ihren Einspruch gegen die Verlängerung der Besetzung und die Forderung ans baldige Räumung in die Welt zu rufen. Neber den Zeitpunkt dieser Sitzung ist »och nicht? bekannt. Der Oberbürgermeister hat im Auftrage deS Verbandes der Stadt- und Landkreise des besetzten Gebietes an Le« Reichskanzler ein Telegramm gerichtet, in dem gegen die Besetzung der ersten Zone über den 10. Januar hinaus Einspruch erhoben und die Rcichsrcgierung drin gend gebeten wird, mit allen Mitteln den ihr vertragsmäßig zustchenden Anspruch auf rechtzeitige Räumung der ersten Zone znr Geltung zn dringen. MWM M WWiMN. Berlin, 31. Dezember. Wie wir hören, wird die Ncichsregierung auf jeden Fall nach dem Eintreffen der Mitteilungen -er interalliierten Besatzungsmächte gegen die Entscheidung der Botschafterkonfcrenz in nachdrücklichster Weise Protest einlegen. Ein solcher Protest muß schon des halb erfolgen, weil die Reichsregicrung unter keinen Um stünden zugcben kann, das; Deutschland seinen Abrüstungs verpflichtungen nicht nachgckonrmen sei, und weil die Not wendigkeit besteht, ein neues Diktat gegenüber Deutschland zu verhindern. Wir glauben zu wissen, daß schon jetzt über Form und Inhalt des in Aussicht genommenen Protestes vollkommene Klarheit besteht, und daß eine neue diplomatische Demarche schon in den nächsten Tauen in den alliierten Hauptstädten erknlao» rntrd«
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