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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 27.02.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192502275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250227
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250227
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-02
- Tag1925-02-27
- Monat1925-02
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 27.02.1925
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49. S. Veilage zum Riesaer Tageblatt. Arenag, 27. Aedrnar 19?L, avenvs. 78. Jayrg. ' —1,11 —1 11!»- i »->-,1 —2 Pflaiizeiischiitz. Wenn Mär-ensonnc wieder lacht die Menschheit zu beglücken, und wenn die ersten Blumen dann aufs neue dich entzücken, wenn Lerch und Amsel wieder singt und Veilchen duftend blaue», wenn Deine Augen stillbcglückt den ersten kalter schauen: zog über Nacht, eh Du's gedacht, der Frühling ein mit neuer Pracht. ' Dann spricht in Deinem Herzen auch ein wunderbares Sehnen, dann blüht die Hoffnung wieder auf, dann will die Brust sich dehnen, dann hört Dein glückberauschtcs Ohr ein fernes, trautes Klingen, dann treibt es dich hinaus, hinaus zum Wandern und zum Singen. Ein gut Geschick bringt Dir zurück der Kindheit süßes Hcimatglück. Hinaus, hinaus zum Wandern und zum Singens Du willst die Märzenbecher schaue» im vberu Potenz täte? Komm, lieber Freund, ich wandre mit. Die Linie Pirna-Stolpen bringt uns bis Langenwolmsdorf. Von dort zu Fuß. Im Sonnenglanz grünt Wintersaat. Dar über trillert eine Lerche. Im Busche glänzen Weiden- kätzchen, wir lassen sic hübsch stehen. Der Hasclstrauch bat gelb geflaggt. Aha, bei der Rockmühle ist ein früh liches Gewimmel, das uns an Japans Bluineufeste mahnt. Das schlichte Gasthaus kann nicht alle fassen. Sie sitze» draußen schon, sich sonnend wie die Kätzchen. Und dort das weihe Blumenmeer? Das wollen wir erst schauen. Vieltausend Märzenbecher — ein Frühlingsznuber ohne gleichen. Du bist erstaunt, entzückt. Du willst in Fülle pflücken. O nein, ius nicht! Denk au die vielen, vielen andern, die auch sich drüber freuen wollen! Deut auch an kommende Geschlechter! Der Hciinatschutz, der Dir bekannt, beschirmt die Pracht mit starker Hand. Auf ein paar Blümchen kvmmt's nicht au? So dachten leider viele. Und so gcschah's, dah vieles schwand, was einst die Heimat schmückte. Und endlich kam ein Schutzgcsetz, das 18 Pflanzen nennt, darunter diese Glöckchen. Zwar Hal die Zeitung ost ermahnt, doch leider meist vergebens. Vielleicht hilft nun die Strenge. Tamil niemand Unkenntnis Vorschüben kann, sollen hier die übrigen 17 geschützten Pflanzen erwähnt und kurz beschrielcn werden. Schon zeitig im Frühjahr^ sehen wir in Gärten nno Gebüschen den Kellerhals (^eidel- bast) blühen, ein Sträuchlein, das an kahlen Acstchen Büschel karminroter Blüten trügt, an deren Stelle später giftige, rote Beeren erscheinen. Geschützt ist weiter das nn März blühende Leberblümchen (Hevatiea triloba), er kenntlich an den dunkelblauen, knrzgestielteu Blüten und den dreifach gelappten Blättern. Auch die jetzt blühende Schnecheidc (Erica carnea), die im Gcgensab zu ihrer violetten Hcrbstschwcster rosarote Glöckchen trägt, gehört hierher. Ferner die Kuhschellen lPulsatilla vulgaris und pratensis) — behaarte, dnnkclviolette Glocken mit gold gelben Staubgefäße». Etwas später kommt das wohl riechende Primel lPrimula vfsicinaliS), das sich von dem geruchlosen Himmelschlüssel «Pr. elatior) durch weisslichen Kelch und sattgelbe Blnmcnkrvne unterscheidet. Auf fench ten Wiesen finden wir stellenweise noch die dottergelb blühende Trollblume (Trollius europaeus), ein Hahneu- suhgewächs, das für eine grohblütige Dotterblume ge halten werden könnte, wenn die Blätter nicht handsörung geteilt wären. Fast ausgervttet ist die rosa blülwnde, wohlriechende Psingstnelle lDianthus caesiuö), deren schmale, lanzettlichc Blättchen graugrün nuSsehen. In der Psingstzeit blühen auch die meisten Knabenkräuter (Orchidaceae), die ausnahmslos geschäht sind. Ihre eigen artig geformten Blüten sind nn Volke unter dem Namen Kuckucksblumen bekannt. Diese Pflanzen haben oft Hand förmige Wurzelknollcn, die zu allerlei Aberglauben An- laß gegeben haben. Die meisten Knabenkräuter blühen violett oder purpurn, einige weiss, gelb oder bräunlich Seltener ist der Sumpsporst (Lednm palnstre), auch Mottenkraut genannt, weil ihn manche wegen seines star ken Geruchs in den Klciderschrank legen zur Vertrei bung der Motten, die aber wenig Respekt vor ihm zu haben scheinen. Der Sumpsporst gehört zu den Heide krautgewächsen und somit zur Verwandtschaft der Alpen rosen. „Die Alpenrose der Sächsischen Schweiz" hat man ihn genannt, und wer ihn an Felswänden der Säch fischen Schweiz in grösseren Beständen im Schmucke der weihen Blutendolden gesehen hat, wird zugeben, dost er dieser Königin der Alpensträucher wohl verglichen werden kann. An die Alpen erinnern auch die Enziane (Gen tiana), welche den Glockenblumen ähneln. Die wenigen Arten, die in Sachsen Vorkommen, tragen blaue oder violette Glocken Auch der Alpenlattich tMulgedinm alpinnm) tritt hier und da an feuchten Stellen auf, eine, meterhohe Stande mit blauen, tranbig stehenden Korb blütcn und eierförmigcn Blättern, die einen spießför migen Endzipiel haben. Das Bcrgwohlverleih -Arnica montana), das gern zu würzigem Aufsatz gesammelt wird, rechnet ebenfalls auf unfern Schutz und ist wohl allgemein bekannt. Wie eine kleine Sonnenrose scheu seine orangefarbigen Korbbliiten aus. Die zu einer Ro sette vereinigten, grundständigen Blätter sind eiiörinig die stengclstündigen mehr lnnzettlich. Roch mehr be kamst ist die weihe Teichrose lNimphaea alba, die des halb Ausrottung befürchten könnte, weil sie massenhaft zu Käuzen verwendet wird. Die kugelige Rapunzel da gegen (Phhieuma orbicnlare) wird nicht so volkstümlich sein. Ihre himmelblauen Blütchen sind zu einem kugeligen Köpfchen vereint. Die unteren Blätter sind am Grande verschmälert und fast herzförmig, ^ie bevorzugt trockene Wiesen. Nasse dagegen liebt d«e Wiesenschwerllilie (Iris sibirico), eine reizende Pflanze, deren violette Blütcn an die bekannten Gartenschwcrtlilien erinnern. Ebenfalls auf Waldwieseu, häufiger aber in Gebüschen treffen wir den Türkenbund an 'Lilium Martagon, eine fleischfarbige, brannpnnknecte Lilie, deren Blistentnillen znrückgerollt und deren lanzettlichc Blätter unten anirlig um den Stengel stehen. Grosser Beliebtheit erfreut sich leider das Silberblalt (Lunaria rediviva), im Volke fälschlich auch Nachtschatten genannt Es ist ein lila blühender, duftender Kreuzblütler mit herzförmigen, ge zähnten Blättern. Im Herbst trügt er münzenförmige, silberige Samen, deren Glanz zur (jnsammenstellung von Dauersträujsen reizt. Dies die 18 geschützten Pflanzen. Die betreffende Verordnung lautet: k. Die vorstehend bezeichneten Pslan zenarlen werden gcichützl. Der Schutz erstreckt sich auf das ganze Jahr. 2. Es ist verboten, die geschützten Pslan zen zn entfernen oder zu beschädigen, insbesondere sie auszngrnben, ansznreihen, abznpflücken oder abznschnei den. Dieses Verbot hat keine Geltung gegenüber den Nutznngsberechligten. st. Verboten ist ferner das Feil hallen, der Verkauf und -die lonstigen Veräußerungen sowie der Anlauf der geschützlen Pflanzen, soweit es sich nicht um Erzeugnisse des Gartenbaues handelt. I. Wer geschützte Pflanzen, Vie nn Garten gezogen worden sind, fcilhull oder verlauft, »ins; im Besitz eines schrift lichen Ausweises der Drtsbehvrde über den Erwerb sein. Der Ausweis hat auch die Zeit des Erwerbes anzngeben ö. Uebertretnngcu dieser Vorschriften werden mit Geld strafe bis zu IstO Mark oder mit Hast bestraft (Min Vo. v. 2st st. lststst — 102 l E. Sächs. Slaatszeitun'g vom 2st. st. >!>2st, Beilage zu Nr. l tttt Hier sind nur die Pflanzen mitgenommen, deren Schutz am dringendsten ist. Es ist aber sehr erwünscht, das; jedermann in Rücksicht auf die Allgemeinheit und unsere Nachkommen im Sinne Vicies Gesetzes alle Pflan zen schützen hilf:, soweit sic nicht Schädlinge sind. Schu len, Kirchen, sjcilnngen, alle, alle möchten hier helfen Bernhard Knanth, Dresden 20. IleSer die KmWteli in WänW-Meo. Es dürste nicht allgemein bekannt sein, das; nicht allein die Art der Krankheiten in den ein;clnen Ländern verschie« den ist, sondern das; auch die inzelncn Menschen bzw. Menschenrassen prädisponiert beziv. nicht verau'agt sind. Gerade für Holländisch-,Indien, das aus den stmeln Java, Sumatra nnd Eelcbes besteht, ist es interessant, näheres darüber zn erfahren, da diese Länder wiegen eines allster ordentlich gesunden Klimas bekannt sind und auch von den Holländern, denen diese Kolonien geboren, alle Kulturein richtungen, besonders aus hngienisthem Gebiet, j„ reichstem Maste geschlissen wurden. Von einem Forschnugsrciscnden werden darüber fol gende interename medizinischx Mitteilungen gemacht. So ist cS z. B. eine noch nicht näher ergründen: Tatsache, dast in dielen Gegenden der Krebs in allen leinen Formen viel seltener als bei uns ansnitt. Hierfür wird von Mcdizinal- statistikern als Ursache angegüen, das; die Lebensdauer der dortigen Eingeborenen im Durchschnitt kürzer sei als in unseren Breiten nnd dast deshalb viele Menschen vorher an einer akuten Inlekrivustrankheit stürben, die bei einem längercn Leben einmal einen Krebs bekommen hätten. Der medizinisch wahr'cheinlicl ne Grund scheint aber zu sein, dast die Eingeborenen, die sich Hanoi sächlich ans Malarien, Javanern und Sndanelen zulammenletzen, zn den söge« nannten hupvvlasriichcn Menschenliwen gehören, also Men- vM8kIwii «na ILonürmsnaen innige in kllvu gülißigsu Parbs», sovvis sämtliche, L-zklvlckunzsstüc.Ico in ckiosen Erstckoo ausALMctznct ^ut ckurobsort-ürt, be.scmclrrL prsis-roit von Tlü. 17.50 bis 70.— bsi - » 2S. -n» » S S Gundula. Roman von Sl. von Trystedt 4. Fortsetzung Nachdruck verboten. Ais Mara diese Worte las, stieß sie einen erschüttern den Schrei aus. Sie war einer Ohnmacht nahe. „Sei tapfer, mein geliebtes Herz, damit die Freude dir nicht schadet," bat ihr Gatte. Sie schmiegte sich nur inniger an ihn, und dann lasen sie zusammen die Schicksale des Verschollenen. Es war die Geschichte vieler Auswanderer, welche mit zäher Beharrlichkeit nach Erfolg streben. Harte, ergebnis lose Kämpfe, wilde Abenteuer, Verzweiflung, und dann doch wieder der unzerstörbare Glaube an eine große Zu kunst, der selten täuschte und auch in diesem Falle in Er füllung gegangen war. Als Otto bereits zu Wohlhaben heit gelangt war, verlobte er sich mit einer Deutschen, welche ihn hinterging und ausplünderte. Er mußte buch stäblich noch einmal von vorn anfangen, und das ver bitterte ihn dermaßen, daß er seiner Mutter keine Nachrichten mehr geben mochte. Nicht eher wollte er wieder von sich hören lassen, bis er es zu etwas gebracht. Als er dann aber wieder ein Kapital zusammen hatte, unterblieb das Schreiben trotzdem, seine geschäftlichen Be ziehungen nahmen ihn so vollständig ein, daß er Mutter und Schwester darüber vergaß. Erst jetzt, wo das Heimweh ihn zu quäken begann, gedachte er seiner einzigen Schwester in der Heimat, daß die Mutter noch unter den Lebenden weile, wagte er nicht mekr zu hoffen. Er bat Klara, wenn sie nicht verheiratet sei, besuchsweise zu ihm zu kommen, teilte aber auch mit, daß er im Laufe der Zeit alle geschäftlichen Beziehungen dort zu lösen gedenke, um dann als reicher, unabhängiger Mann nach Europa zurückzukehren. Doch könnten immer hin ein paar Jahre vergehen, ehe er alles geordnet und das Geschäft — «« handelte sich um Exportumsatz im großen Stil — verkauft habe. Klara möge umgehend Nachricht geben. Er habe die Absicht, ledig zu bleiben, und all sein Reichtum solle einstens der Schwester und ihren Kindern zugute kommen." Nachdenklich faltete Klara da» Schreiben zusammen. „Wenn Otto doch vor sechs Jahren, als Mama noch lebte, jo geschrieben hätte," seufzte sie, „wie glücklich hätte es die Schwergeprüfte gemacht, die sich in Sehnsucht nach ihrem einzigen Sohn verzehrte." Und nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: „Ich freue. mich ja von ganzem Herzen über diese Nachricht, aber ich verstehe es nicht, daß mein Bruder uns jahrelang ohne jeden ersichtlichen Grund so vernachlässigen konnte. Tin solches Verhalten ist unverantwortlich." „Verurteile deinen Lruder nicht zu hart, Kind," wandte Tick« ein, „es gibt Lebenslagen, w< einem alles verleidet Ist, wo man sich nur dadurch behaupten und erhalten kann, daß man sich von den Menschen absondert. Ein stolzer Charakter kann sich weder mitteilen, noch bemitleiden lassen. iet es auch von den nächsten Verwandten. Otto wurde damals uni alles betrogen, um sein Vertrauen und um das sauer Erworbene, sein Selbstbewußtsein hatte einen schweren Schlag empfangen, von dem er sich erst nach Jahr und Tag erholen konnte. In der Verzweiflung verbarg er sich und empfand einen schwachen Trost in dem Be wußtsein, daß weder Bekannte noch Verwandte um sein Elend wußten. Ich kann mich in solche Stimmungen recht wohl hineinversetzen." „Das mag alles sein. Aber wenn du die Tränen meiner Mutter, ihre flackernden Blicke gesehen hättest, die sich in scheuer Hoffnung ans jeden Brief hefteten, der in unser Haus kam, so würdest du anders sprechen. Man kann nicht nur an sich selbst denken, und die Sorge einer Mutter sollte jedem Sohu heilig sein. Diese Empfindungen gelten meiner lieben Toten. Abgesehen davon freue ich mich natürlich-unbeschreiblich über den mir wiedergeschenkteiz Bruder. Wie ich dir schon sagte, harmonierten wir, wie selten Geschwister. Und wenn er eine? Tages heimkehrt, wirst du den besten Freund an ihm haben. Wer weiß, wie er dir noch einmal nutzen kann." „Dergleichen sollte man gar nicht aussprechen, Kind, ich wünsche nichts mehr, als daß ich niemals in die Lage komme, um jemandes Freundschaft benötigt zu sein." Klara verstand sich mit ihrem Manne heute nicht so gut, wie zu jeder anderen Zeit. Sie war aber taktvoll genug, die kleine Verstimmung schweigend zu übergehen. Vielleicht bedauerte er heimlich doch, seinen Jungen, auf den er so stolz war, gezüchtigt zu haben, vielleicht trugen auch geschäftliche Widerwärtigkeiten die Schuld. Jedenfalls verlief der Nachmittag in ziemlich gedrückter Stimmung. Eicke hielt sich in seinem Arbeitszimmer auf, Klara schrieb an ihren Bruder, und Erwin hatte Stube arrest. Der schöne. protze Garten lag verödet da. 5. Kapitel. ^as Weiynacytsfest stand vor der Tür. Unheimlich schnell glitten die Tagesstunden oaniu. Schon um vier Uhr war man gezwungen, die Lampe an zuzünden. Wundersam traulich und licht waren diese Nachmit tagsstunden in der Villa Eicke. Wie ein schöner Traum flössen sie dahin. Unter dem Einfluß der sanftmütigen Hausfrau, die in ihrer stillen Art alles zu schlichten, zu begütigen wußte, war der Geist der Zwietracht und des Klatsches gewichen. Alle liebten die blasse, anmutige Frau, die mit fragen den Blicken regierte, niemals tadelte und doch unbedingten Gehorsam und Respekt erzielte. Dabei entging ihrem klaren Blick kein Versehen, und sie verstand es, die Dienstboten zu musterhafter Ordnung anzuhalten, ihnenPflichttreue und Ergebenheit einzuimpfen Selbst die unartigen, trotzigen Stiefkinder hatten sich ihrem sanften, aber starken Willen gebeugt. Äera hing mit einer schwärmerischen Zärtlichkeit an ihrer Mama, unv auch Erwin war zutraulicher und anhänglicher ge worden. Es vergingen Tage, wo er sich musterhaft führte und brach dann sein zügelloses Temperament wieder durch so enipfand er jedesmal hinterher inttere Reue darüber, das erste Anzeichen eines ernsten Strebens nach Besserung Klara erkannte recht wohl, was in dem Knaben vor ging, und ehrliche Freude über seinen Eifer, sich aus den Banden unerträglicher Fehler zu befreien, erfüllte sie. Sie war ängstlich bemüht, seine Unarten vor dein Vater zu verbergen; denn sie fürchtete mit Recht, daß Eicke dadurch, daß er den Knaben im ersten Zorn hart und un erbittlich strafte, mehr verderben als bessern könne. Seit jener Züchtigung, die Erwin im Garten erhalten wußte er, daß der Varer nicht fackelte, besonders, wenn es sich um eine Ungezogenheit gegen die Mama handelte, und er richtete sich danach. Dadurch aber, daß er Och zusammennahm, sich Müh, gab, wurde ihm ein bescheidenes Wesen zur zweiten Ge wohnheit. Oft strich Klaras weiße, schlanke Hand liebkosend übe, Erwins Scheitel, und zärtlich wallte es dann in dem un gestümen kleinen Herzen auf. In solchen Momenten wär« er für die Mama durchs Feuer gegangen. Aber er war ja noch ein Kind, unfähig, klar zu denken und zu handeln. Und es kam nicht selten vor, daß seine -mausstehlichen Fehler Überhandnahmen, ein Schrecken seiner ' mgebung wurden. Der'Iunge war überaus reizbar, und ein kleiner Anlaß konnte seinen guten Millen vollständig unterjochen, sein böses Blut in gefährliche Wallung bringen. Die kleine Vera dagegen versprach, das geistige Eben bild ihrer herzigen, liebenswerten S.iefmutier zu werden Für sie waren dies beneidenswert glückliche Kindertage. Wie ein Schmeichelkätzchen war sie um die Mama herum, ihre Bewegungen, ihre. Worte nachahmend, doch auf di, Wünsche ihres Bruders gleichzeitig achtend. Einen Zug von Hochmut und Willkür hatte auch si« in ihrem Wesen, das war noch die Nachwirkung von Eugenies Launen und Taktlosigkeiten. Aber mit herzinniger Freude beobachtete Klara die reizende Entwicklung des kleinen, bezaubernden Geschöpfes. Vera versprach, dermaleinst eine außerordentliche Schönheit zu werden. Die prachtvollen, dunklen Augen und der samtweiche, rosige Teint bildeten im Verein mit dem rosigen Mund, dem dunklen, eigenwillig gelockten Haar einen Gesamteindruck, der schon jetzt bestrickend wirkte. Heute sollten Nüsse vergoldet werden. Auf dem großen runden Eichentisch im Wohnzimmer lag alles dazu bereit. Die Kinder dursten helfen. Erwin batte gebeten, seinen Freund Adolf, den Sohn des Kutschers, einladen zu dürfen, und Klara hatte es gern erlaubt; denn Adolf war ein be scheidener, wohlerzogener Junge von acht Jahren, der eine gute Schule besuchte. Wie ein Lichtstrahl glitt Klaras weißes Kleid durch di, hellerleuchteten, von Blumenduft durchwehten Räume. Auf ihrem zarten Gelickt laa der Sonnenglanz reinsten Herzens-
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