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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192503060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250306
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250306
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-03
- Tag1925-03-06
- Monat1925-03
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1925
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er HapSslure und Treppen seine» Grundstücks nicht dauernd vis 8 Uhr abends beleuchtet erhielt, dieser Bestimmung zu- widcrachandelt. Im Geocnsatz zu früheren Bestimmungen, die mit Rücksicht auf den Brenuftvssmaiigel eine Beleuchtung nur bis u bezw. 7 Uhr »»liehen, setzt die derzeitig geltende Bekanntmachung eine veleuchtungöpslicht vom Eintritt der Dunkelheit bis zur Schließung des Hauses, in jedem Falle, auch wenn die Haustüren verschlossen sind, bis 8 Uhr abend fest. Nach Art. 153 der Rctchöverfassung ist das Eigentum nur de» Beschränkungen unterworsen, die ihm durch Gesetz auferlcgt sind. Zu diesen gesetzlichen Beschränkungen ge» hären die innerhalb ihrer Machtbefugnis ergangenen Maß nahmen der Behörden. Die Grenzen dieser Machtbefugnis sind gesteckt durch das Recht und die Pflicht, Borkehrnngen zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ord nung, Wohlfahrt, sowie der öffentlichen Gesundheit und Si cherheit zu treffen, «et der gerade in der heutigen Zeit herrschenden allgemeinen Unsicherheit würden namentlich bei nicht ausreichender Straßenbeleuchtung in Dunkelheit ge hüllte HanSsluren und Treppenaufgänge unlauteren Ele menten willkommene Schlupfwinkel bieten, es würde auch das im Hause verkehrende Publikum Unfällen aller Art aus gesetzt sein und die Allgemeinheit könnte schweren Schädi gungen ausgesetzt sein. Dieses allgemeine Interesse an der HauSbclenchtung entfällt aber dann, wenn die Haustüren ständig oder vor Eintritt der Dunkelheit abgeschlossen ge halten werden. Die RatSbckanntmachung überschreitet die der Polizei gegebenen Machtbefugnisse. Sie ist deshalb, weil gegen Art. 153 der ReichSvcrfassnng verstoßend, ungesetzlich. Deshalb wurde der Angeklagte freigesprvchen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das ObcrlandcSgericht Dresden l>- Strafsenats das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Perhandlung und Entschädigung an die Borinstanz zurückverwicscn. Nach Art. 153 der ReichSvcrfassnng ist daS Eigentum nur den Beschränkungen unterworfen, die dnrch Gesetze vvrgeschricbcn sind. Zu diesen Gesetzen gehören auch die Pvlizeivervrdnnngen. DaS Regu lativ verstoße auch nicht gegen die allgemeinen RechtSgrund- sätze. Sowohl »ach dem A.-Gcsetz als auch nach dem Bau gesetz seien die Polizeibehörden znm Erlaß von Borschriften zur Fürsorge der allgemeinen Sicherheit berechtigt. DaS Gericht habe die Frage der Zweckmäßigkeit und Notwendig leit solcher Beiordnungen nicht nachznprüfen. Gleichwohl sc: der Amtsrichter in eine solche eingetrctcn, anstatt sich lediglich ans die Frage der Rechtsgültigkeit zu beschränken. Deshalb glaube der Senat, daß die Frage nicht anders zu entscheiden sein wird, als dies in einer Entscheidung dcS Senats vom Jahre 1!N0 geschehen ist. Brandstiftung, nm zu einer Frau zu kommen. Am Abend des 1. Januar brannte die Scheune des Gutsbesitzers Richard Aßmus in Ocüsensaa! bei Dahlen bis auf den Grund nieder. Es entstand der Beröacht, daß AßmuS seine Scheune selbst angezündet habe. Er ivnrde in Haft genvmmen. Jetzt hatte Aßmus sich wegen vorsätzlicher Brandstiftung zu ver antworten. Ans dem Aiigeklagien war kein Wort hcrauS- zubringen. Nach dein Geständnis, das Aßmus am Tage nach dem Brande dem Gendarmerieronnnissar aus Dahlen abge legt bat, sollten in der Scheune Geireidevorräte, Stroh und landwirtschaftliche Maschinen und Geräte im Gesamtwerte von 10 000 M. gewesen sein, in Wirklichkeit war der Wert indessen etwa 1'200 Mari. Als Beweggrund zu seiner Tat hat Aßmns angegeben, daß er eine neue Scheune auf seinem Gute hätte haben wollen. Mau habe ihn mit der alten Scheune immer gehänselt: mit so einer alten Bnde bekomme r — a .... - —— er niemals eine Frau auf feinen Hof. Nach dem Gutachten des GertchtSmediztnalrat» Dr. med. Schütz ist der Angeklagte Aßmus geistig gesund und vollkommen zurechnungsfähig, linier Zubilligung mildernder Umstände und Anrechnung von zwei Monaten der erlittenen Untersuchungshaft, wurde Aßmus zu einem Jahr Gefängnisstrafe verurteilt. Snnst und Wissenschaft. «««fische L»«be»büh«e, «. «. Graf Seebach ist von seinem Amte als Vorsitzender der sächsischen Lanbesbühnc zurückgetreten, ebenso hat Kommerzienrat Palmie sein Amt al» Mitglied de» Finanzausschusses der Sächsischen Landes bühne nirbergelegt. Ei» «unftftreit i» Halle. In Halle soll eine große Stadthalle, die für Beranftaltungen, Tagungen und Kon gresse dienen soll, gebaut werden. Der Magistrat hat das städtische Hochbauamt mit der Ausführung diese» Planes betraut. Hiergegen hat nun der Wirtschaftsverband bilden der Künstler durch Unterschriften seiner ersten und berühm testen Mitglieder Stellung genommen und überzeugend dar gelegt, daß bei der außerordentlichen Wichtigkeit dieser Bau aufgabe die Ausschreibung eines Wettbewerbs unbedingt er forderlich sei. SS sei Pflicht der Behörden, bei Plänen von so erheblicher Bedeutung die lebendigen künstlerischen Kräfte der Zeit in größerem Umfange zur Beratung und Beteili gung heranzuziehen. Zudem hat ein Neubau des obener wähnten Hochbauamts erst kürzlich scharfe Kritik hervorge- rufen. Neue Untersuchung«« Über die Blutbeschaffenheit deS Menschen. Die Blutbcschaffenheit des Menschen läßt sich mit Bestimmtheit nur durch Zählung der roten Blutkörper chen seststcllcn. Solcl>e Zählungen wurden auch schon öfter ausgeführt, gleichwohl hat der Moskauer Forscher Komacki in jüngster Zeit wieder eingehende Blutuntersuchungen vor genommen. Diese Untersuchungen, die er an Männern wie auch an Frauen ausfiihrte, gingen einesteils dahin, die Zahl der roten Blutkörperchen fcstzustellcn, andernfalls aber suchte er noch den Hämoglobingchalt im Blute dcS ge sunden Menschen zu bestimmen. Was die Hämoglobinprü- sungcn betrifft, so ergab sich, daß der Höchstgehalt im Blut des Mannes 07 v. H. und im Blnt der Frau 82 vom Hundert betrug. Vergleiche mit Zahlen, die Versuche an Einwohnern der 515 Meter hoch gelegenen Stabt Bern seinerzeit geliefert hatten, zeigten merkwürdigerweise keine Unterschiede in den Höchstzahlen dcS Hämoglobingehaltes im Blut der Bewohner von Moskau und Bern. Nnr leben in Bern mehr gesunde Menschen als gegenwärtig in Mos kau. Der Mindestgehalt an Hämoglobin betrug bei Män nern 80 v. H., bei Frauen 70 v. H. Die Zählung der roten Blutkörperchen ergab, daß sich im Blut vollkommen gesunder Männer im Alter von 20 bis 10 Jahren in einem Kubikmilli meter Blnt 5 500000 bis 6 600 000 rote Blutkörperchen befin den. Tas Blnt gesunder Frauen enthält 5 000 000 bis 6 000 000 rote Blutkörperchen aus das Kubikmillimeter. Schon etwas geringere Zahlen lassen vermuten, daß die Ge sundheit nicht ganz fest ist, während noch kleinere Zahlen ! auf Erkrankung schließen lassen. Bon der Annahme eines einheitlichen Gehaltes des menschlichen Blutes an roten Blutkörperchen muß man schon deshalb absehen, weil die Zahlen bei Männern und Frauen, wie die Zählungen er- gaben, verschieden sind, wie denn daS Blnt überhaupt als Gewebe betrachtet werben muß und auch ander« Gewebe tm mrnfchltchen Organismus selbst bei ganz gesunden Men sche» durchaus nicht gleich ausgebildet sind. Auch die Zahl der weißen Blutkörperchen tm Blut deS Menschen ist sehr verschieden. Wichtig ist die ZählungSmethode der Blutkör perchen vor allem für jene Fäll«, , in denen leichtere Grade von Blutarmut vorltegen und zu bestimmen sind. Denn die Blässe der Haut und der Schleimhäute zeigt immer nur di« stärkere» Grade der Blutarmut an. Sin wettliche» Gch»-r»r>- t» Finnland ist da» erst« Land in Europa gewesen, das den Frauen volle Mitbiirgerrechte etnräumte. Dadurch, daß t Frauen in den Kämpfen um die kulturelle Selbständigkeit dieses Landes Seite an Seite mit de» Männern stritten, er warben sie sich auch das Recht, bei der SttmmrechtSreform mitberücksichttgt zu werden. Für diese Emanzipation der finnischen Frau haben vor allem Frauenrechtsverctne ge wirkt, von denen die beide» grüßten noch heute eine segens reiche Tätigkeit entfalten. Wie Jenny As ForselleS in der Finnland gewidmete» neuesten Nummer der »Leipziger Jllustterte» Zeitung" ausführt, ist der ältere brr beiden Vereine mit dem prosaischen Name» „Martha" hauptsächlich der praktischen Durchbildung des weiblichen Geschlechte» ge widmet. Interessanter ist der zweite Verein, der eine mili tärische Form hat und in den Zetten des Freiheitskriege» entstand. ES ist der Lotta-Svärd-Berein, sogenannt nach einer Frauengestalt in dem finnischen NationalepoS „Fähn rich Stahls Erzählungen" von Runeberg. Lotta Svärb, die Marketenderin, ist eine rechte „Mutter der Soldaten". Als nun der Freiheitskrieg in Finnland ausbrach und daS Bauernhccr in einer Winternacht ans dem Boden wuchs, do mußte für daS leibliche Wohl der kämpfenden Krieger ge sorgt werden. Jeder taugliche Mann stand ja im Feld, und die Kochkunst der Männer war gering. Da übernahmen Frauen die Verpflegung, wie sie schon früher, als man den Kampf nahen sah, an der Herstellung der AuSrüstungsgege». stände gearbeitet hatten. Wer nur einigermaßen ausgebildet war, widmete sich dem Sanitätswesen. Dicht hinter der Front wirkten die Frauen, und wenn diese sich vorschob, zo gen sie mit, böse und gute Tage mit den Soldaten teilend. Nach dem beendigten Kampfe blieb die freiwillige Bürger wehr, das „Schutzkorps", neben dem eigentlichen -Heer be stehen, und als weibliche Organisation schloßen sich dem Schutzkorps die Lotta Svärd-Vereine an. Sic haben ein« stramme, ganz dem Schutzkorps angepaßtc militärische Or ganisation. Jede SchutzkorpStruppe lmt ihren Lotta Svärd- Verein, der in 4 Gruppen arbeitet: Sanitätswesen, Verpfle gung, Ausrüstung und Sammlung von Geldern, da der staatliche Zuschuß nur einen kleine» Teil der Ausgabe» deckt. Dieses weibliche Schutzkorps ist aber eine selbstän dige Organisation, die nur dem Oberbefehlshaber der Schutz- kvrpStruppen unterstellt ist. „Es gehört nicht wenig selbst loser Opfermut nnd zähe Ausdauer dazu," sagte die Bev- safserin, „den Geist im Schutzkorps auf der Höhe zu halten, aber die Mitglieder der Lotta Svärd-Vereine tun ihr Bestes, das heilige Feuer zu schüren. Und wie im Schutz korps der Professor und Arbeiter Schulter an Schulter stehen, so arbeiten ihre Frauen und Töchter zusammen im Lotta-Svärd-Vercin, und alle tragen im Dienst das gleiche > praktische graue Lobenklcid." „Ich hatte seit cc». 1 Vs Jahren im Ge- v W.-MMr V —sicht eine Anzahl Pickel unb Mitesser, die weder durch den Gebrauch von Schwefel-, Teer- und Kräuterseifen, M Ws Salben, noch durch innere Mittel, wie Trocken'hefe, Homöopathie und dergl. zu beseitigen waren. Von die- xx sen Pickeln bin ich nun durch fünf- tägigen Gebrauch Ihrer „Aok-See- sand-Mandelkleie" befreit. H. Sch., G." — Aok-Seesand-Manbelkleie 1,— und 2,50, Probe 0,20. In allen Fachgeschäften erhältlich. Erterikultur G. m. b. tz., Ostseebab Kolberg. NgM-KNlMIl. Bastler-Kasten für 1—4 Rühren-Apparate sowie alle Einzelteile liefern AellMMWMWllkNM.MO Goetbettrast« »5. . 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Sie wollte Eickes Gesinnung erforschen, um, ihr ferneres Verhalten danach richten zu können. Eine ganze Auswahl von schauspielerischen Künsten hatte sie in Bereitschaft, mit deren Hilfe sie Eickes Wider stand zu überwinden hoffte. Und es war nichts dergleichen notwendig gewesen, um Zeinen Widerstand zu brechen; ihre Tränen, ihr leidoolles Aussehen, ihre eindringlichen Worte hatten ihn besiegt. Aber nun sollte auch alles anders, besser werden, seine Nachgiebigkeit ihn niemals reuen. Sie war ja nicht mehr die unerfahrene, törichte Frau, welcher es hauptsächlich darum zu tun war, ihren Willen durchzusetzen; sie hatte eine Leidenszeit hinter sich, die ihr wie eine Schicksalsmahnung stets in Erinnerung bleiben würde. Als Eugenie schon im Bette lag, lachte und weinte sie noch vor sich hin in überflutender Seligkeit, und es war ihr zumute, als schaukele sie auf hochgehenden Wogen. Wieder und wieder fanden sich ihre Hände zusammen, und sie gelobte, gut zu sein. Wenn sie freilich der kleinen Gundel gedachte, kam ein Hatter Glanz in ihre Augen; aber auch dem fremden Kinde gelobte sie, gerecht zu werden. Und so schlief sie, von rosigen Träumen umflossen, endlich ein, und das Erwachen am nächsten Morgen war noch schöner und beglückender al» da» Einschlafen. Da» Weihnachtsfest kam. Die Dienstboten, welche geglaubt hatten, daß in diesem Hause Weihnachten absolut „nicht» los" sein werde, sahen sich angenehm enttäuscht. Man merkte es kaum noch, daß der Tod hier vor wenigen Monden «in schwere» Opfer gefordert. Und wäre Klaras Seele leise klagend durch die Räume geirrt, in denen ft« alle» zurückgelassen, wa» ihr lieb und wert, die Seufzer der Abgeschiedenen wären übertönt worden durch de« Jubel der Kinder, der sich so laut äußerte, wie e» unter Klara» sanftem Regiment nicht üblich gewesen war. Schon Eugenie» strahlende« Lächeln mußte siegreich auch den Schatten «ine» Schatten» oettretben. Sie blühte auf in ihrem eigenen Haus«, in der Liebe zu ihren Kindern, die sie nun wieder in ihrer Obhut wußte. Noch hafteten frisch die Erinnerungen an ausgestan dene Qual, ein tiefes Dankbarteitsgefühl herrschte noch vor in ihr, und doch war ihr Sinn nicht mehr so zur Versöhn lichkeit geneigt, wie vor einigen Wochen; sie sah in Klara die Aufdringliche, die Störenfriedin, welche sie, di« „recht mäßige Frau", um alles gebracht, ihr auch das Herz des Gatten entwendet; und sie begann die Tote zu hassen, und in ihr das Kind, Klaras Ebenbild, in welchem Eicke seine geliebte Tote ehrte und vergötterte. Freilich, klug war sie geworden, die Frau mit dem herrischen, launenhaften Sinn; sie hatte es gelernt, dem Gatten ein gleichmäßig freundliche» Gesicht zu zeigen, auf seine kleinen Eigenheiten bereitwillig einzugehen. Den Vorteil, welchen ihr diese List einbrachte, lernte sie als bald schätzen. Was aber in Eickes Gegenwart gewaltsam zurückge dämmt, heimlich in ihr fortgärte und rebellierte, das wandte sich, sobald der Hausherr nicht daheim war, gegen Gundula. Noch war eine Schranke vorhanden, welche der Willkür und zügellosem Groll nicht erlaubte, heroorzubrechen und das unglückliche Kind zu überfluten, die Frau hatte noch nicht wieder festen Fuß gefaßt tm Hause, und sie hatte Eicke respektieren, ja fürchten gelernt. Wenn aber die Ge wöhnung an das Wohlleben und das Uebergewicht, welche» sie mit Hilfe ihrer Klugheit langsam über ihren Mann zu erringen hoffte, eine» Tages jede Beherrsch»»», überflüssig machte, dann mußte da» mutterlose Kind erst zu bedauern sein. In Eickes Absicht hatte es gelegen, die« Weihnachtsfest ohne Feier vorübergehen zu lassen. Die Dienstboten sollten reichliche Geldgeschenke erhalten, im übrigen aber da» Fest der Einkehr, dem stillen Gedenken an die geliebte Tote^ gewidmet sein. Davon wollte aber Eugenie nicht» wissen, weil eine solche Uebergehung der Ehristfeier all ihre Pläne umftieß. Gerade Weihnachten wollt« sie einen kleinen Kreis Hoch stehender, tonangebender Menschen um sich versammeln, sich offiziell in die Gesellschaft wieder einfahren, zu der sie al» Bankiersgattin gehörte. Sie hütete sich jedoch, hiervon etwa» zu äußern. Die Kinder waren ihr Mittel zum Zweck. Man dürfe doch den kleinen di« Weihnachtsfreud« nicht rauben, sie plauderten von nicht» anderem mehr al» vom heiligen Christ, sähen schon in ihren Träumen da» geputzte Bäumchen vor sich und hätten bereit» lang« Wunschzettel geschrieben. Eicke» gütiger Sinn gab nach. Er spendete eine be deutend« Summe und überließ die Verwendung derselben ganz seiner Frau. Rur um di« ein« Rücksichtnahme, ihn möglichst wenig von den glänzenden Vorbereitungen sehen zu lassen, bat er «och. Äa» konnte der Srau willkommener s«lv al» dieser Wunsch! Durste sie nun doch ihre beiden Lieblinge nm reizenden Geschenken überschütten! Sie wählte und kaufte, und nichts war ihr zu kostspielig, glaubte sie, ihren Kindern noch eine besondere Freude damit zu bereiten. So glücklich war sie nie zuvor gewesen. Sie blühte förmlich auf, erschien um viele Jahre verjüngt. Schemenartia tauchten zuweilen die einzelnen Vor kommnisse der letztverflossenen Jahre vor ihr auf. Dann schoß eine heiße Glutwrlle durch ihren Körper, und ein Rausch erfaßte sie. Dann hatte Gundula einen guten Tag; denn die Stiefmutter war weniger kurz und hart gegen sie. Die heimliche, kaum eingestandene Furcht vor der Strafe de» Schicksals, wenn sie hart und lieblos gegen das Kind war, rüttelte dann an ihr, aber wie rasch ginge« solche Anwandlungen vorüber! Eicke paßte jetzt weniger denn je in den glänzenden Rahmen der Häuslichkeit, wie Eugenie ihn liebte und be anspruchte. ' Er war zufrieden mit der letzten Wendung, die sein Geschick genommen, froh in dem Gedanken, ,daß Eugenie hier als Hausfrau waltete und die Verantwortung für den Haushalt von seinen Schultern genommen hatte. Daß sie an seine Person keine Ansprüche erhob, dankte er ihr im stillen noch ganz besonders, war freigebig, lieb und aufmerksam. Am wohlsten aber fühlte er sich in der Einsamkeit seines Zimmers, und sobald er, ohne Eugenie zu verletzen, sich dorthin zurückziehen konnte, geschah es. Gundula pflegte ihm nachzuschleichen; für sie war in Papas Stube eine Spielecke hergerichtet, wo sie ungestörl ihr kindliches Wesen treiben konnte. Eugenie war freilich jedesmal pikiert, wenn sie den Gatten und die Stieftochter dort beisammen wußte, aber zu sagen wagte sie nichts. Sie hatte es gelernt, sich zu beherrschen und mit bestimmten Tatsachen abzufinden. Für Eicke und sein Töchterchen aber waren es unver geßlich schöne Stunden, wo sie ungestört von der toten Maina plaudern, der glücklichen Zeiten gedenken durften, wo die Mama noch bei ihnen gewesen war. Was Eugenie noch besonder» rastlos machte, war die Sehnsucht nach ihrem Jungen. Sie hatte ihn nun noch nicht wiedergesehen, und Eicke hatte gewünscht, daß es bei einer oberflächlichen brieflichen Mitteilung bezüglich seiner Wieder verheiratung bleibe, Erwin wußte noch nicht, daß es seine rechte Mutter war, welche wieder ihren Einzug in seine» Vaters Haus gehalten. Aber nun hatten die Ferien begonnen, und Hewin wurde erwartet. Eugenie fuhr mit ihren beiden Töchterchen zur Bahn, ihr Herz klonst« gewaltig. Seit vier Jahren hatte sie ihren Sohn nicht gesehen. Ob er sie gleich er kanntes Ob er ebenso an ihr hängen würde wie Dera? Der Zug fuhr ein. Auf dem Bahnsteig herrschte ein große» Gedränge. Biele Mütter erwarteten ihre Söhn« und Töchter. grorstetzuna folgt.)
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