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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192505080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250508
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250508
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-05
- Tag1925-05-08
- Monat1925-05
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.05.1925
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F- lOtt. 8. Veileee m« Ales«« Tezevlett. ffreltee, 8. Mei 1»?s, abends. 78. Netzrz. Aiis den LandtasSanSschüffe«. slk. Dre « d en. Jin HantzhaltauSschnst » des sächsischen Landtag« ftandr» die Anträge Bert,. Bervfändnng der EMenbabn, gnd Echlffmann, Wahrung der Reckt« Sacks««» del dem Nebergang der Eisenbahn auf da- Reich, zur Beratung. Nach einleitende» Darlegungen des Berichterstatters Ilbg. Dr. Kastner fand eine mehrsti'mdige Aussprache statt. Die Regierung gab znnäcktt einen Neberdlick über di« gefamte «ntwiiklun» der ReichSeisenbabnen, die durch da« Dawes-Gutachten bekanntlich «in völlig selbständiges Unternehmen geworden lind. Der Einfluß des Reiches und noch mehr der Länder ist dadurch äußerst gering geworden. Sachsen ist es gelungen, einen Auslegungsvertrag »um LtaatSvertrag von 1V2O mit dem Reiche abzusckilietzen. Ueber die Bezahlung des Reltkausgeldes für die Eisenbahnen schweben noch Verhandlungen mit dem Reiche. Es ist i» Aussicht genommen, einen entsprechenden Anteil an den Aktien der Reichsbahnaeselllchaft zu übernehmen. Für die Wahrung der Interessen des Personales habe sich die Regierung wiederholt und auch erfolgreich eingesetzt. Hin- sichtlich der Stillegung mehrerer Neubaustreckrn. die Ein stellung notwendiger BahnbofSumbanten, der Gestaltung des Fahrplanes, der Tarifspolitik, der Einführung von Triebwagen, des Dualismus in Leipzig, der Verbindung Leipzig—Merseburg—Leuna, der Auftragserteilung an die sächsische Industrie, der Personalfragen, des Vorortsausflugs« und Autoverkehrs usw. fanden im Ausschuß Auseinander setzungen mit der Regierung statt. Die Negieruugsoertreter versprachen weitgehendste Nnterstütmng der Anregungen und Wüniche. Tie Berufung des Amtshauptmanus Buck in den Verwaltungsrat der Reichsbahngesellichaft ist durch das Reichsfinanzministerinm direkt erfolgt. Die Be» spreckungeil fanden ihren Niederschlag in der einstimmigen Annahme des Antrags Schiffmann, der n. a. besagt: „Der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu ersuche», über die Reichsregierung bei der deutschen Reichsbahnaekellschait dabin zu wirken, daß dem ReichSbabnpersonal alle Rechte auch in Bezug ans Nrlanbsgewäbrnng usw. unbedingt gewährt werde», die sie sich erworben haben und die den Beamten, Angestellten und Arbeitern des Reiches znstehen. * Im Rechtsansschuk wurde die Beratung der Novelle zur Gemeindeordnung fortgesetzt und die Bestimmungen bis zum 8 69 erledigt. Eine lange AuSivrache entwickelte sich über einen Zusatz m 8 60, in dem es heißt: „Verletzt ei« Gemeindever ordneter oder ein Mitglied eines Slnsschnsfes, der nicht Gemeindeverordneter ist, die Amtsverschwiegenheit, so könne« die Gemcindeverordneten oder die Beschluß behörde Ordnungsstrafen bis z« 1!»0 Mark oder den Ausschluß auf die Dauer bis zu «t Monate« und de« Verlust der Aufwandsentschädigung für die Dauer des Ausschlusses beschließen". Er wird angenommen, des gleichen eine Bestimmung, wonach hiergegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim OberverwaltungZgericht möglich sein soll. — Interessant ist die Haltung der Kommunisten zur Frage der Schweigepflicht der Gemeindeverordneten. Sie wollen die diesbezüglichen Gesetzesbestimmungen ganz gestrichen haben. Gegenüber dem gegenwärtigen Staat und Gesellschaft, so sührte ihr Sprecher ans, anerkennen die Kommunisten keine Ehrenpflicht, sie kennen solche nur gegenüber be« Proletariat, (!!) Bezüglich des Wahl« rechte« zu den Gemeindevertretungen batte diese Seite gefordert, das Wahlaller mit L8 Jahre» bebaue» taffe«. Da« Wahlrecht solle nur an produktiv Tätige verliehe» werden. Geistliche und Ehefrauen, di« Dienstboten halten, müßten z. v. ausgeschlossen werden. Dresdener Pferde-A«sfte>«»t 1VS5. Am 2«. und 27. Mai werden eS kill Jahre, baß da« Ko mitee für die Dresdner Pferbe-Ansstellungen erstmalig mit einer Ausstellung an die Oesfentlichkeit trat. Nachdem be reits im Jahre 1874 die Vorarbeiten begonnen hatten, wur de tm Jahre 1875 das Komitee gegründet, das dann 188ll die Rechte einer juristischen Person erwarb. Der Zweck der Bereinigung war wie auch heute noch, die Pferdezucht in Sachsen zu heben, gutes Pferdcmaterial zn verbreiten und das Interesse am Pferdesport zn heben. Die Bedeutung des Unternehmens kam schon dadurch zum Ausdruck, daß an seine Spitze führende Persönlichkeiten auf dem in Frage kommenden Gebiete traten. Fast jeder sächsische Landstall- mcister gehörte dem Komitee an. Sv war der Landstall- meistcr von Mangold Mitgründcr und erster Vorsitzender, Nach ihm wurde Landstallmeister Graf Münster Vorsitzender, seine Nachfolger Landstallmcistcr a. T. Ernst und Earl Graf Münster sind noch heilte Mitglieder des Komitees. Von den Gründern seien genannt Direktor des Zentral- vichhvss Koch, Direktor des Omnibusvereino Brückner, der ehemalige Stallmeister der Königin von England, William Meier, Gras Wilding-Königsbrttck, Geheimrat von König, Oberst Schlabcrg n. a. Letzterer ist der einzige noch lebende Gründer, der als Ehrenmitglied dem Komitee noch heute angehört. Bereits die erste Ausstellung war ein voller Er folg. Sie war von ea. tim Pferden beschickt. So wurde die Veranstaltung der Ausstellung eine alljährlich wicdcrkch- rendc Einrichtung, die nur während der Kriegsjahre eine Unterbrechung erlitt. Sic erfreute sich einer immer größe ren Beliebtheit und wurde in Verbindung mit den gebote nen sportlichen Vorführungen ein sportliches Ereignis, das von allen Kreisen der Bevölkerung besucht wurde. Insbe sondere bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung hat sie sich stets einer großen Beliebtheit erfreut. Im »fahre iE wurden die Ausstellungsräume in Dresden-Seidnitz ange legt, die auch heute noch benutzt werden und die bei der im Herbst ftattsindende» sächsischen landwirtschaftlichen Aus stellung den Mittelpunkt bilden werden. Nach Landstallmeister von Mangold wurden Vorsitzende Graf Wilding v. Königsbrück, Oberst Schlabcrg, Kammer herr von Stammer und seit IM", Kammerherr Freiherr von Burgk, der bereits seit 1839 Mitglied des Komitees ist. Stellvertretender Vorsitzender ist seit 1894 Gras Münster- Linz, technischer Leiter seit 1929 Gras Hallwyl, geschäfts führendes Mitglied seit 1914 Justizrat Tr. Meding. So feiert das Komitee sein -Djähriges Jubiläum wie derum durch Veranstaltung einer Ausstellung in den Dagen vom 9. bis 11. Mai 25 in Seidnitz. Wenn auch die schwie rigen Verhältnisse der Jetztzeit gewisse Beschränkung aufcr- legen, so wird doch die Ausstellung wieder gut beschickt wer den. Haben doch Firmen Anmeldungen auf M und mehr Pferde ergehen lassen. Auch die Ausstellung von Sport gegenständen und landwirtschaftlichen Maschinen wird gut beschickt sein. Vor allem ist cs dem Komitee eine besondere Freude, Firmen, wie Z. Bialaschcwski, Franz Augustin, die. zum Teil schon über 20 Jahre regelmäßig ausstellcn und andere treue Aussteller wieder begrüßen zu können. Ter Besuch der Ausstellung ist dringend zu empfehlen. Tas Programm sieht vor, daß am Sonnabend die Prä miierungen und nachmittags Vorführungen stattfinden. Am Sonntag und Montag werden von 2^ Uhr die prämiierten Pferde, Gespanne usw. vorgeführt. Auch wirb das Geschütz vorfahren der Reichswehr wie immer und Trabfahren und Preissprtngen besonderes Interesse beanspruchen. Die Kapelle des Obermusikmeisters Stock wird von 3 Uhr an konzertieren. Die Gastwirtschaft ist in vollem Be trieb. Der AusstelliingSplah ist mit der Linie 12 und mit der Eisenbahn (Haltestelle Reickj zu erreichen, Maikäfer. Maikäker flieg! Dein Vater ist im Krieg! Deine Mutter ist in Pommernland, Dommernland ist abgebrannt. Maikäfer flieg! - Wie oft haben wir nicht selbst al« harmlose Kinder und später als Erwachsene eine herzliche Freude empfunden, wenn die krohe Kinderschar im Wonnemonat Mai die ersten auf geariffene» Maikäfer auf der Hand emvorhielt und da« alte Lied anstimmte. Wie luftig gebärdeten sie sich dann wenn diese plumpen, scheinbar unbeholfenen Bursche» ihr, Fühler ansstreckten und die Fühlerplättchen auseinander« spreizten, wenn sie die rötlickbraunen Flügeldecken empor- hoben nud mit ihren beiden verhältnismäßig langen Flügeln eiligst davonflogen nach dem ersten Baum, um sich an seinen Blättern gütlich zn tun. Wer aber vermag all die Verluste zu schätzen, welch« dieser kleine Nimmersatt in manchen Jahren unseren Gärte» Felder» und Wäldern znsüat! lind dock ist der Maikäfer nickt allein der Schuldige. Wir selbst sind seine nnsreiwil- ligen Mitschuldigen; denn durch die Bearbeitung des Erd bodens tragen wir viel zu seiner Fortpflanzung bei. SS ist bekannt, daß der Maikäfer vier Jahre gebraucht, um sein« Umwandlung zu vollenden und seine Laufbahn auss neu« zu beginnen, während die meisten übrigen Insekten ihr« Entwicklung schon im Laufe einer Jahreszeit oder höchstens in einem Jahre vollziehen. Wenn der eigentliche Maikäfer iin Mai fliegt rind sich auf die Blätter der Bäume und Sträucher stürzt, «m sie gierig zu ver,ehren, so richtet er gewiß großen Schaden an, namentlich dann, wie es zuweilen vorkommt, wenn er in solchen Massen aiiilritt, daß die Blätter schwarz voll sitz«» Tie eigentlichen Vermüllungen richten schon dir Engerling« an. aus denen sich der Maikäfer entwickelt, indem er di« Wurzeln aller möglichen Pflanzen anfritzt. Seine LebenS- bedingungen werden durch die Auflockerung des Boden« verbessert, ja erst geschaffen. Aber doch können wir des Un holds halber nicht darauf verzichten, das Land zu bebauen Es bleibt uns daher nur übrig, uns nach anderer Mitteln umzuschcn, um diesen Schädling zn bekämpfen Tas Vertilgen der Engerlinge allein ist wenig wirksam, zu mal er nur wenig natürliche Feinde hatte. Aber der Fang und das Vertilgen des MnikälerS selbst verspricht eher Er folg. Tötet man ein .fläicrwcidchen, so vernichtet man da mit zugleich 30 bis 40 Engerlinge, denen es das Leben ge geben haben würde. Tritt daher der Maikäfer in irgend einer Gegend in so großen Manen auf. daß er großen Schaden anrichtct, so lohnt cs sich durchaus, gegen den Maikäser in den Krieg zn ziehen. -st. Vermischtes. Vier Jahre A l ko h o l v e r b o t. Vier Iain.' sind jetzt verflossen, seitdem das Alkoholvcrbol in Amerika zum Gesetz für das ganze Land erhoben wurde. Aber die Anhänger der Autialkohol-Beweguug sind mit den Er gebnissen nicht befriedigt, und in Newnorker Blättern werden aus diesem Anlaß die Haiivthinderuisse hervor gehoben, die der strengen Durchführung des Verbotes 3. Deutscher Muttertag — am Sonntag, Sen 19. Mai. Der Wächter. Humoristischer Roman von Archibald Ehre, Frei bearbeitet von Helmut tan Mor. 28. itorljevung. Nachdruck verboten. 21. ... . -f Unten in, Frühstückszimmer, in einem Armsessel machte sch mir mein Bett, stellte die Zigaretten, die mich wach halten sollten, neben mich auf den Tisch und begann zr» warten, was die Nacht bringen würde. Ueber meinem Kopfe hörte ich die Prinzessin hantieren. Eine Zeitlang schien sie immer von einem Ende des Zimmers zum ander» zu gehen — ein Zeichen, daß sie sich noch nicht beruhigt hatte. Was würde sie tun? — Würde es eine nächtliche Szene geben? — Vielleicht wollte sie unr die Schlüssel des Hauses rauben, während ich schlief — wer konnte es wissen? Ich hoffte jedoch, daß sie wie eine wohlerzogene junge Dame sich ruhig niederlegen und nichts tun würde, das sich mit dem Range einer Prinzessin schlecht vereinigen ließ. Dann kam mir der Gedanke, daß sie wohl versuche» könnte- aus ihrer Bettwäsche einen Strick zu knoten (ich hatte irgendwo etwas derartiges gelesen) und sich daran ans dem Fenster in den Garten niederzulassen. Wenn sie das tat, würde sie sich vermutlich das Genick brechen — und diese Vorstellung wirkte auf mich wie ein heißes Bad. Ich versuchte mich damit zu beruhigen, daß sie zu furchtsam sein würde, ein so gc- sährliches Experiment zu wagen — aber die Angst war ein mal da und ließ sich durch alle Gründe der Vernunft nickt beseitigen. Ich warf die Decke zur Seite, in die ich mich ge hüllt hatte, stand auf und öffnete das große Fenster, um hinausznspähcn. Ter Lichtschein ans ihrem Zimmer fiel auf die Blumenbeete unter niir und hatte in feiner ruhige» Stetigkeit etwas ungemein Anheimelndes und Tröstliches. Das Feyster über mir war geschlossen, und cs war oben weit ruhiger ge- worden. Ich sah den Jnseftcu zu, die anfgestöit durch dc» Lichtschein ynichten, beebmhlete die Fledermäuse, die wie dunkle' Schatten umherglitteu — bis die Lampe in der Prinzessin Zimmer erlosch, und bis mir die tiefe Ruhe, die nun ein trat, sagte, daß sie sich zu Bett gelegt habe. Ich schmeichelte mir mir der Hoffnung, daß sich darin ihre Ergebung in unab änderliche Dinge AU erkennen gab, und legte oder setzte mich vielmehr ein wenig getröstet nieder. ' Natürlich hacke ich die feste Absicht gehabt, in dieser Nacht stin Äuge zu schließen, hatte geglaubt, daß mein Kummer und meine Schmerzen mich zu keinem Schlafe würden kommen kaffen — und ebenso natürlich schlief ich schon nach kurzer Zeit «in. Aber ein ruhiger Schlummer war mir frei lich nicht vergönnt. Wirre, phantastische Träum«, in denen die Ereignisse des Lebens als düstere Schrecke» austraten, peinigten mich «naushörlich, und bänfia genug wachte ich auch aus. Dann ging ich wohl an da» Fenster, um mir die erquickende kühle Nachtlust um die Stirn wehen zu lassen, netzte die heißen Schläfen mit kaltem Wasser und ging so lang« tm Zimmer umher, bi» ich mich wieder müde gemacht hatte und nuu westcrfthlafei» ^konnte. Einmal anch schlich ich muh §uk den Fuöspchen die Truppe hinauf, um droben au der Tür der Geliebten zu lauschen — aber es war still und ruhig drinnen, ich konnte ihre gleichmäßigen, tiefen Atemzüge vernehmen — und getröstet begab ich mich in das Frühstückszimmer zurück. Die Nächte sind um jene Jahreszeit nur kurz — diese Nacht aber dauerte drei Ewigkeiten und ein wenig darüber. Als ich zum sechsten oder siebenten Male aus einem qual vollen Traum cmporfuhr, zeigte mir ein Blick auf die Uhr, daß die zweite Stunde um ein weniges überschritten war; und jetzt vermochte ich nicht wieder einzuschlafcii. Ich beobachtete, wie der erst schmale und unbedeutende Helle Streifen am Horizont breiter und breiter wurde, wie das Licht sich all mählich über den Himmel ausbrcitete; ich lauschte ans die ersten Regungen des wiedererwachenden Lebens im Park, hörte den ersten Schrei einer Krähe, das erste, zaghaft süße Flöten einer tramnbesangeneu Amsel und wünschte Len Gang der Sonne beschleunigt, die noch immer auf sich warten ließ. Um drei begann sich der Saum des maitfarbigen Himmels tuches rosig zu färbe«, um eine Viertelstunde später im flammendsten Purpur zu strahlen. Wie Freudenfackeln standen ein paar brennend rote, schmale Wolkcnstrcifen über den Bäumen des Waldes. Dann trat in das tiefe Rot ein sattes, reiches Gelb — und in herrlicher Majestät stieg der Sonnen ball empor, die Welt mit Glanz und Licht zn überfluten. Ich stand am Fenster und sog in tiefen, durstigen Zügen die würzige Morgenlust ein. Da schlich sich unten sehr scheu und sehr gedrückt die magere, dünne Gestalt eines Mannes vorüber, in dem ich unschwer den biederen Mac Cree er kannte. f „He! - Kommen Sie mal her!" Er hatte mich offenbar schon vorher gesehen; denn er wußte sofort, woher dcr Ruf gekommen war. Mit einer setir zerknirschten und sehr ängstlichen Miene stand er unter mir. > „Sie wissen, was ich Tommy gejagt habe?" ' „Jawohl, HerrH „Und Sie wissen auch, was Sie zu erwarten haben, wenn Sie sich nicht strikte an meine Vorschriften halten?* „Jawohl, Herr!" kam es sehr demütig zurück. > „Na, dann werden Sie sich ja wohl hüten, meinen Zorn heranszufordern. Sie gehen jetzt also in Ihre Wohnung und halten sich da ganz still, bis ich Sie rufe. Sie kommen auch nickt hierher, wenn Sie etwa einen Lärm hören sollten oder Hilferufe — das hat nichts zu sage». Wir — wir wolle» hier ein kleines Theaterstück anssühren. Habe» Sie mich ver standen?' " „Jawohl, Herr!' „Dann gehen Sie.* Dieser Aufforderung kam er außerordeiM-ch rasch nach. Ich ging in mein Zimmer hinüber, wusch mich und vervoll- kommuete meine Toilette. Dann warf ich mich aus eine Ottomane, «m ein wenig nachzudenken. - Würde ich in der Lage sein, noch einmal eine» Sonnen aufgang zu beobachten? — Wo würde ich mich in der nächste» Nacht befinde»? Würde ich rnliig in meinem Bett schlafen, wie es rinein ordentlichen Bürger zukoimiit — wurde ich .wacker», wie iu der Nackt, die nun liiiilec mir lag, oder aber . Es war doch recht fatal, dieses „oder"! So hekden- haft ich Mich im Dunkel dcr Nacht gesuhlt habe, so ernüchternd wirkte der lichie Morgen auf meine todes-freudigen Gedanken. Nicht, daß ich meinen Entschlüssen untreu geworden wäre, d..ß ich geschwankt hät.e; aber bei dem Gedanken, daß ich vielleicht schon nach wenigen Stunde» anfgehört hatte, dk Schönheit der Welt zu empfinden, Licht und Freude, Dunkel heit und Kummer unterscheiden und erfassen zu können — i» diesem Augenblick, da dcr Morren tauseudsülttges Leb«n wach- gerusen halte, erschauerte ich leise. Ich wehrte dem Grauen, so gut ich's eben vermochte, und festigte mich in dem Entschluß. Wilhelm den größtmöglichsten Widerstand entgegenzusetzen und mich meiner Haut nach Kräften zu wehren. Es wäre» am Ende doch ein paar sehr ungleiche Kämpfer, die sich da gegen überstehen sollten. Seine Bewaffnung bestand in einen» durch dringenden Verstand, einem rasch erfassenden, rasch arbesten- den Witz und in zwei kräftigen Armen — und ich hatte dem nur zwei leidlich tüchtige Fäuste entgegenzustellen. Jedenfalls aber sollte es chm nicht gelingen, mich noch einmal zu ün- pieren. Gegen Worte — mochten sie nun geschrieben oder gesprochen sein — war ich nun glücklich gefeit; die schönsten Versprechungen, die blendendsten Lügen würden wirkungslos an mir abgleiten. Wußte ich doch au» bitterster Erfahrung, daß die gcjchri.benen Worte gefälscht, die gesprochenen un wahr und heuchlerisch sein würden. Nichts, das er tun oder sagen würde, konnte uiich veranlassen, die Prinzessin gehen zu lassen — nichts als eine Gewalt, dcr rS gelang, mich odu- mächtig zu machen. Wenn der Graf käme, würde ich ihm mein Amt zurückgebe» und seine» Weisungen folge« — den Worten anderer aber würde ich nicht mehr vertrauen. Ich befand mich in einem Zustand fieberhafter Ungeduld i— das Warten erschien mir beinahe unerträglich. Die Sonne stieg langsam empor, aber viel, viel zu langsam für mein« Wünsche. Es sollte sich irgend etwas ereignen — irgend jemand sollte kommen, irgend jemand sollte mit mir kämpfen — oenn auf das Kämpfen war ich nun einnial verseffen. Immer lebhafter ging's draußen zu in der von Sonnenlicht erfüllten Natur. Allerlei freches gefiedertes Volk flatterte kreische»»-, zwitschernd, jubelnd, singend durcheinander; Karls unglücklicher Hund hatte sich mitten in «in Blumenbeet gelegt, um du Son« auf das „geschorene" Fell scheinen zu lassen, «uh beachtet« es nicht, daß ein schöner schwarzer Kater in kecken Bogen mn chn herstrich. Aus Mac CreeS Hütte stieg eine fein«, -iin« Rauchwolke auf, die sich in beträchtlicher Höhe zerteilte und in Dunst zerging, und ich hörte den zerknirschten Sünder «in freche» schottische» Lied singen. So hielt ich'S bi» Pins Uhr «uw. vulw ab« uverwaittgre mich die Langeweile. Jch best-l««, irgend «was zu tun, um meine Gedanken und meine Handtz zft beschäftigen, und kam darauf, das Frühstück zu läMtz Wir nmren hi« auf dem Lande stets sehr früh aufgestiuchma und die Prinzessin würde wohl gerade heut« kein« AnllnahM machen; daß di« beiden Mägde jedoch um dies« Zeit neck nickt ms den Betten zu bringen w«e»», davon war ich M überzeugt. So gmg ich möglichst leise zur Küche hinanf und stadiertk all dir unbekanntm Gegenstände, die da ausaesveick«» w«««
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