Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192506292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-06
- Tag1925-06-29
- Monat1925-06
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1925
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1V. Sächsischer Meinhandelstag in Riesa. An den gastlichen Mauern RiesaS fand am gestrige« Sonntag der 10. Sächsische Rleiuhandeldtag mit anschließen» de» Vertretertag de- La»desa«»sch«sscs de- Sächsische« Kleinhandel» e. «. samie der 1». Stautag d«S Ga«eS Lachse« i» verdaud der HaxdelSschntz, ««d Radattsparverei«« Deutschland- s«. V.s Vertretung »a« Handel «ud ««werde statt. An- allen Plauen Lachsen- waren die Vertreter von Handel und Gewerbe erschienen, »m in wichtigen Beratun gen zu den brennenden Fragen dcr Zeit Stellung zu nehmen. Der Haupttagung ging am Sonnabend abend eine Listing de- v»rsta«de- de- Landesausschusses des sächsischen Kleinhandel» voraus, die interner Natur war. Am Abend fand in der „Elbterrasse" ein zwangloser vegrttsiuugSabend statt, veranstaltet von dem gastgebenben Verein für Handel und Gewerbe für den Rmt-gericht-bezirk Riesa und ttmg., der einen sehr netten und anregenden verlaus nahm und zu dem als Vertreter der Stadt Riesa Herr Stadtrat Dr. Lchroeter erschienen war. Musikalische Darbietungen »nd Ansprachen teils ernster, teil- heiterer Art wechselten einander ab und boten eine willkommene Unterhaltung. * Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die qrotze Kundgebung am Sonntag mittag l Uhr im Saale des Hotel „Höpfner", die einen starken Besuch aufwies und zu der als Redner die Herren LandtagSabgcordncter Jähnig, Mittweida, Lanb- tagSabgeordnctcr Zitier, Dresden und Reichdtagsabgcorduc- ter Beqthie«, Hannover, gewonnen waren. Die Tagung eröffnete dcr Vorsitzende des LandesauS- schusseS des Sächsischen Kleinhandels Stabtrat Köhler- DreSden. Er Inest die Erschienenen, insonderheit die statt liche Anzahl der anwesenden Ehrengäste, herzlichst willkom men und wies kurz auf die segensreiche Tätigkeit mährend der verflossenen zehn Geschäftsjahre des Verbandes hin. Unter den Ehrengästen bemerkte man n. a. Herrn OberregicrungSrat Dr. v. Buch als Vertreter des Wirt schaft»- und des Finanzministeriums, sowie des Ministe rium» des Innern, Herrn Stadtrat Dr. Schrocter als Vertreter dcr Kreishauptmannschaft und der Stadt Riesa und gleichzeitig in Vertretung deS beurlaubten Ersten Bürgermeisters Herrn Dr.Schcidcr, ferner Herrn Reichstags abgeordneten Findeisen, Herrn LandtagSabgeordnetcn Schüppcl-Bnrkhardtsdorf, ferner Vertreter der Handels kammern Planen und Zittan, Vertreter der Landesgewcrbe- bank Dresden, der Gcwerbckamincrn Dresden, Leipzig und Zittau, Vertreter des Drogisten-Vcrcins Dresden und des Edeka-VcrbandcS Berlin: auhcrdem waren als Ehrengäste zugegen Herr Studiendirektor Oehme, sowie die Herren Stadtv. Asbeck, Billtng, Rühling, Schinkel, Schmidt, Stein bach, Tröger und Weckbrodt. Dcr JnnungsauSschuß war vertreten durch die Herren Obermeister Billing, Harz, Mam- mitzsch und Pietzsch. Als Vertreter des Arbeitgeber-Schutz- verbandes wohnte Herr Fabrikant Horde dcr Tagung bei, alS Vertreter der Gcwerbcbank Riesa :var Herr Dcchert anwesend, austcrdem hatte an dcr Ehrentafel noch Herr Bankdirektor Romberg Platz genommen. Mehrere kurze Ansprachen, in denen u. a. Herr Stadtrat Dr. Schrocter den Teilnehmern herzlichsten WillkommcnSgrust namens der Stadt entbot und in denen die besten Wünsche für einen guten Erfolg der Tagung zum Ausdruck gebracht wurden, leiteten über zu den drei Haupt vorträgen. Landtagsabg. I ä h n l g - Mittweida sprach über »Allgemeine mittelftändige Zeit- und Wirtschaft-fragend Er forderte zur Geschlossenheit auf gegen die Trusts und Syndikate, die verteuernd auf die Preispolitik ein wirkten und worunter der Kleinhandel als Lctztvertciler gegenüber dem Verbraucher besonders zu leiden hat. Be sonders geißelte Redner die einseitige Anwendung dcr Preis- und Wuchcrgesetzgebung Kleinhandel und Gewerbe gegenüber, während Trusts und Syndikate von schikanösen gesetzlichen Bestimmungen dieser Art verschont seien. Durch die noch immer in Anwendung befindliche Preis- und Tuchergesetzgebung werde das Vertrauen zwischen Händ ler und Verbraucher dauernd gestört und es sei ein Ge bot der Stunde und Zeit, gesetzgeberisch« Maßnahmen, die durch die Verhältnisse überlebt sind, fallen zu lassen. Redner übte weiterhin Kritik an der ungeheuren Steuer last, unter der insbesondere Handel und Geivcrbc seufzen, habe doch ein Hausbesitzer, dcr zugleich Gewerbetreibender sel, nicht weniger als 70 Steuer-Erklärungen im Jahr abzugcbcn und auch Steuerzahlungen zu leisten. Redner wandte sich noch gegen die Auswüchse, wie sie sich tin Hausier- und Stratzenhandcl und in Wanderlager-Vcr- käufen geltend machen und forderte zur lebhaften Unter stützung der Kreditgenossenschaften auf, die im Kampf um die Wiedergesunduug des deutschen Wirtschaftslebens eine große Rolle spielen würden Die 3>._, Millionen Gold mark, die man dem gewerblichen Mittelstand zustehe, reichten bei weitem nicht aus, das Kreditbedürfnis zu decken. Aber auch der Zinsfuß sei noch zu teuer. Redner mahnte, man müsse darnach streben, wieder einen Spar groschen zu schaffen, dies sei um so notwendiger, weil der gewerbliche Mittelstand leider noch nicht an den sozialen Segnungen teilnimmt. Handel und Gewerbe haben noch eine Menge Auswüchse auszurotten. Aber in allen diesen Kämpfen, so versicherte der Vortragende, haben Sie uns an Ihrer Seite. Ohne einen gesunden Mittelstand ist ein Wiederaufbau Deutschlands unmöglich. Die sehr trefflichen Ausführungen beschloß der geschätzte Redner mit Fichte's Worten: Du sollst an Deutschlands Redner mit Fichte's Worten: Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben! In diesem Sinne an die Arbeit! Glück auf, Sächsischer -Kleinhandel! »Lad Wirke« deS selbständigen Mittelstände» vor, während ««d nach dem Kriege" behandelte in instruktiver und tiefgründiger Form Herr Landtagsabg Ziller-Dresden. Er führte etwa folgen de» aus: Die Periode des gestellten Themas umfasse eiuett Zeitraum von 15 Jahren. Man urteile über das Ver gangene ruhiger und deshalb objektiver, doch müsse «in Bild entrollt werden, das Grau in Grau erscheine und nur wenige Lichtblicke aufwcise. Das Merkmal des Jahres 1S11 ist an dcr Hand der Jahresberichte der Gewerbekam mer Dresden für die gesamte Wirtschaft ein zufrieden stellendes geivcsen. Kleinhandel und Handwerk habe« daran ihren Anteil gehabt. Trotzdem könne selbst in die sem guten Jahr weder von einer Hochkonjunktur, noch von einer stark ansteigenden Kurve gesprochen werden. Dem Aufstieg hätten aber so starte Hemmungen entgegenge standen, daß der Gewinn absorbiert worden sei. Da» Gesamturteil lasse sich wie folgt zusammenfassen. Der Mittelstand bewegt sich auch in seinen besten Jahren nut weNensörmig über da» allgemeine Niveau. Ein starker, bleibender wirtschaftlicher Erfolg ist ihm versagt. Kon sumenten und Kleinhandel sind so eng verbunden, von emander abhängig- ia durch bl« enae Beziehung gerade ¬ zu zusammengeschwertzt Der Kleinhandel ist die Vorrats kammer der Hausfrau. Sein Umsatz und Gewinn steigt oder fällt je nach der Entlohnung oder Avlohnung der tverktätigen Bevölkerung. Diese gegenseitige Abhängig« kett und da» Aufeinanderangewiesensem ist ein feste» Fundament der Wirtschaft, da» weder durch Theorien, noch Gesetze umgestoßc» werden kann. 1914 bringt einen sarbcnsreudigcu Lichtblick. Die innere Einstellung des Mittelstand«», sein Gemüt, Charakter und Pflichtgefühl gegenüber Staat und Volk ser in der Entscheidungs stunde des deutschen Volkes geradezu erhaben zum Aus druck gekommen. Das ist keine Ueberhebung gegenüber anderen Berufen, denn alle Schichten des Volke» hätten ihre Pflicht erfüllt. Aber in der Zeit der Irrungen de» Volke» war der Mittelstand geläutert und habe treu zu seinen Idealen gestanden. Die wirtschaftliche Lage de» Kleinhandels in der KriegSzeit sei schwer gewesen, müsse aber in den Kauf genommen werden. Die Nachkriegszeit habe jede, auch die bescheidenste Hoffnung zunichte gemacht. 1920 sei ein Martyrium gewesen. Der Redner schildert den Kampf der Wirtschaftsministerien im Reich und rn Sachsen gegen die Wirtschaft und den Kleinhandel im besonderen. Der Kampf wurde eröffnet mit wirtschafts fremden Tarifverträgen, die stets von dem Demobil machungskommissar für verbindlich erklärt wurden. Ein Todesstoß sollte dem Kleinhandel durch die Wirtschafts kartelle versetzt werden. Ein weiteres Attentat lag in dem Beschluß der damaligen Volkskammer, durch ein Ge setz den Zwischenhandel auSschalten zu wollen. Die Wan- derlager und das Landesprcisamt erhöhten die Schune rigkritcn. Dcr Entwurf eines Gesetzes über eine Bcrbrau- cherkammer, die sich einseitig aus Konsumenten zusammen setzen sollte, war eine weitere Verirrung, mit dcr sich je eine Regierung blamiert habe Heute erst übersehe man den ganzen Umfang dcr damaligen Gefahr, in der die Wirtschaft schwebte. Ter wilde Handel, in dem Hehler und Schieber die sinkende Moral des Volkes unbehelligt ausnützen konnten, war em weiteres Glied in der Kette der Hemmungen Um die gleiche Zeit mutete die Regie rung dein Handel und Kleinhandel zu, Erwerbslose nach träglich in eine Lehre zu nehmen, nm eine sogenannte Umschulung der Erwerbslosen hcrbeizuführen. Ein wei terer Vorstoß des Reichswirtschaftsministcriums gegen die Wirtschaft wurde unternommen und versucht, den Aufbau dcr Arbeit»- und Wirtschastsrätc durchznsühren und über diese Einrichtung die Handels- und Gcwcrbekammern zu besetze». Auch dieser Vorstoß ist erfolgreich abgewehrt wprdcn. Endlich wird nn Dezember 1920 dcr Wunsch dcr Wirtschaft, in dcr bekannten Sozialifierungskommission vertreten zu sein, von dcr Regierung mit der Begrün dung abgelehnt, der Wunsch sei eine Verkennung des Wesens der Soziallsierungskommission, denn diese bestehe aus emer Gruppe von Spezialisten Die drei Abschnitte dcr Friedens-, Kriegs- und Nachkriegszeiten erbringen den Beweis, welchen schweren Kampf um die Existenz der Mittelstand führt. Im Jahre 1914 hatten sich 49,62 Proz. des Kleinhandels mit einem Einkommen unter 1400 Mk. begnügen müssen, 83,57 Prozent init einem Einkommen von Ä)1 bis 3000 Mark. 1900 seien cs 78,38 Prozent gewesen. Der Mittelstand dürfe und wird nicht verzagen, «seine Ideale werden ihn erhalten. Sein Ziel ist, den Mittelstand zu einem Eckstein der Wirtschaft des Volkes und Vaterlandes zu gestalten. Die Freiheit, wie sie der Mittelstand verstehe, liege m dcr freiwilligen llcbcrnahmc der Pflicht, Diener am Volke zu sein. In Überzeugender Weise sprach sodann Senator a. D. ReichStagSabgeordnetcr Beythien-Hannovcr über daS Thema: »Die Beschwerde» des Kleinhandels, Regierung «nd Reichstag." Seinen Ausführungen sei folgendes entnommen: Mit Riesenkraft ringe das trotz des Selbstbestimmungs rechts der Völker um Land beraubte und mit schweren La sten bedrückte Volk und Vaterland um seinen Wiederauf stieg. Ein Blick in die Vielgestaltigkeit seiner Wirtschaft habe den Hoffnungsglauben an eine neue Zukunft. Auf ein Volk, wie das deutsche, das sich anschicke, mit zäher Energie aus dem Zusammenbruch wieder emporzuarbcitcn, müße man mit Bewunderung aufschauen. Die Eigenschaften deS deutschen Volke» stärken uns den Glauben an eine bes sere Zukunft. Biele allerdings haben den Glauben an die Zukunft verloren. Man müsse aber dessen eingedenk sein, daß wir nicht mit Lamentationen, sondern nur mit Ent schlüssen vorwärtskommen. Man dürfe auch nicht leichtfertig über die Tätigkeit der Parlamente hiweggehen. Den Kampf mit dem Leben dürfe man nicht untergehen lassen. Die Wiederanfrichtung des Kleinhandels und Gewerbes ist möglich durch gesetzliche Hilfe und Selbsthilfe. Die Hoff nung auf gesetzliche Hilfe ist nicht groß, da zu viele egoistische Klüfte zu überwinden wären. Kleinhandel und Gewerbe haben keine Sonderwünsche. Ihr Tun und Wollen wird geleitet von dem Blick auf das Gesamtwohl. Der eigenen Selbsthilfe sind Schranken gesetzt, denn alle Tüchtigkeit und individuelle Kraft zeitigt nur TageSerfolge: dagegen ist die Gesamtheit der Kräfte eine bedeutende Macht. ES ist des halb Pflicht, znsammenzustehen in deutscher kaufmännischer Ehrbarkeit. Im Reich-Parlament sind leider noch zu wenig Geschäftsleute, weil st« von ihrer eigenen Tätigkeit zu sehr in Anspruch genommen sind,- der Reichstag ist jedoch Vesser als sein Ruf, denn er leistet trotz manchem Entgegenstehen- den doch viel sachlich« Arbeit. Aus dem sittlichen Zusammen bruch kann eben erst «ach und nach wieder Gute» entstehen. Nn« gilt e», die guten Grundlagen zu erhalten und auszu- bauen. Ganz besonders ist jetzt das Augenmerk auf eine gute Erziehung de» Nachwuchses zu richten, wobei Schirle, Fortbildung in Verbindung mit der Praxis und genaue Üeberwachung der seelischen Triebe in Betracht kommen. Glücklicherweise ist «» heute schon nicht mehr so, daß dl« Prinzipale gewisse Befürchtungen gegen ihre Angestellten hegen müssen, vielmehr sicht die Mehrzahl doch auch schon wieder darauf, daß das Wohlwollen deS Prinzipals oder Meister» emporhilft. Demut und Frömmigkeit sind Tugen den, die sich wieder mehr und mehr durchsetzen müssen. Nur wer selbst Achtung vor der Autorität empfindet, wird die höchste Kunst des richtigen Befehlen« erlernen. Anscheinend ist die Einschachtelung der ArbeitSmöglichkeiten überwunden, und die Ausnutzung der Kraft und die Pflichterfüllung kom men wieder mehr zur Geltung. Go bedeutete wohl die Einbringung de» verunglückten Antrages auf gesetzlichen «-Uhr-Ladenschluß den letzten Ver such d«rer, dir da» Liebäugeln mit der Masse der gesunden Wirtschaftlichkeit vorzteben. Der Staat könnte garntcht» Vesser«» tu«, al» den kleinen Geschäftsleuten und den Mei stern daS Wiederaufrichten zu erleichtern. Nun e» wieder ehrliche» Gelb gibt, erwacht auch die Freude an -er Arbeit wieder. Leider aber ist die Kaufkraft schwach, und die Kre- ditau»stchten sind trüb«. Kurzfristige Kredite verursach«« mehr Schaden wie Nutzen. Wenn der Landwirtschaft hohe Kredite gegevrn werden, dann haben auch die kleinen Ge- schäfttleüt« und Gewerbetreibenden Anspruch darauf. Nun hat der wirtschaftliche Konkurrenzkampf wieder auf der gan ze« Ante eingesetzt. Man gebrauche aber nur edle Mittel zur Anpreisung der Waren, ahme nicht die Schwindelmanö ver vieler Großftadtfirmen nach. Der Konkurrenzkampf hat aher auch et» Gute»: er reguliert die Preise und steigert den Wert der ehrlichen Arbeit. Auch die Konkurrenz der Konsumvereine gegen die Kaufmannschaft macht sich wieder mehr fühlbar, aber c» muß sich zeigen, daß sich der tätige, tüchtige Geschäftsmann zu behaupten vermag. Nicht gegen die Form der Konsumvereine ist etwa» etnzuwenden, aber gegen die Agitation. Auch die Beamtenschaft, die doch zum Bürgertum gehört, zeigt sich vielfach al» Gegnerschaft des Kaufmanns. Daneben stehen noch da» Hausierer- und däS Wanderlagerwksen sowie der Straßenhandel und nicht zu letzt das unsinnige Zugabewesen. Die Gewerbeordnung gibt nur dem Menschen mit verminderter Arbeitskraft da» Recht zum Hausieren, nicht aber Automobilbesitzern, die viel fach sogar über der Grenzc die Waren einkaufen und sie ohne Entrichtung von Umsatzsteuern absetzen. E» ist LeS> halb ein Antrag eingebracht, das Hausieren im Großen, be sonders mit Automobilen, zu verbieten. Auch der Straßen- bandel ist durch Kontrollvorschriften einzudämme». Ei» weiterer Antrag verlangt, daß vor Zulassung von Jahr märkten die örtlichen WirtschastSkreise zu hören sind. Der Behördenhandel ist schon gesetzlich verboten, doch wird daS Verbot, das das Gammeln von Bestellungen in Behörden stuben untersagt, vielfach noch nicht genügend beachtet. Leider läßt sich bis jetzt die Reichsbahn, die sich jetzt als Pri vatunternehmen betrachtet, immer noch nicht z» einem Ver bot bewegen. Der Beamte hat durch seinen Anspruch auf Pensionierung eine Stütze fürs Alter und Arbeitsunfähig keit: der kleine Kaufmann und der Handwerker haben diese nicht, weshalb für sie iede Beeinträchtigung ihrer Existenz möglichkeiten besonders empfindlich ist. Die Zwangswirt schaft ist nach Meinung aller bürgerlichen Parteien reif zur Abschaffung. Bezüglich der Besteuerung muß gesagt werden, daß die Sage der MittclstandSkrcisc nicht genügend berücksichtigt wird. Vor allem ist es falsch, die Steuer nach dem Umsatz, nicht nach dem Verdienst zn berechnen. Das neue Stcuer- überleitungSgesetz gibt Grund zu großer Enttäuschung. Bet Steuervorauszahlungen zuviel gezahlte Steuern werden nicht zurückvergütet, denn der Gesetzgeber sagt: Wer schafft mir Ersatz? Nur dicienigc» haben jetzt das Recht auf Zurück forderung, die nachweisen, im vorigen Jahre durch Unglücks fälle u. dergl. Vermögcnsvcrlnstc erlitten zu haben. Dies alles schafft große Erbitterung im Mittelstand. Tic Ge meinden verlangen das Recht auf Erhebung von Einkom- mensteuerzuschlägcn, die wohl das Richtige wären: dcr Reichstag jedoch meint, das, ein Teil dcr Gemeinden und Gxmeindeverbände besser dasteht wie der andere, wodurch eine Ungleichmäßigkeit geschaffen würde. Hinsichtlich dcr Umsatzsteuer ist zu hoffen, daß sic auf 1 Prozent gesenkt wird. Eintz interessante Eigentümlichkeit ist es, daß sich die Einnahmen des Reiches aus der Umsatzsteuer durch ihre Herabsetzung nicht vermindert haben. Nicht zu verstehen ist cS, daß Konsumvereine und dergl. von der Umsatzsteuer, wie im Rcichsrat wieder beschlossen, befreit bleiben sollen. Hin sichtlich der HauszinSstcucr und der von ihr erhofften Be endigung der Wohnungsnot ist zu sagen, daß der Weg in die Freiheit vorzuziehen wäre, denn die öffentliche Hand hat zn viele Zwischenintereffenten. Die AufwertungSfrage geht nun ihrer Erledigung entgegen. Dem betreffenden Aus schuß sind über 27V0 Petitionen zugcgangcn. Dcr deutsche Mittelstand hat in dieser Sache einen ganz besonderen Schutz notwendig. In all diesen Gefahren des Wirtschaftslebens ist die Selbsthilfe das Gegebene. Treues Znsammenstehcn in Organisationen und fleißiges Arbeiten in örtlichen Ver tretungen tut den Kleinhändlern wie auch den Gewerbetrei benden besonders not. Gemeinsamer Einkauf und die Lie ferung bester Waren zu möglichst niedrigen Preisen in Ver bindung mit aufmerksamster Bedienung müssen die Haupt grundsätze sein. Dem Rabattsparmarkenmcsen ist besondere Beachtung zu schenken, denn gerade die Nabattgewährung gibt den Konsumvereinen gegenüber eine kräftige Stütze. Der deutsche Kaufmann, der deutsche Mittelstand muß sich nur selbst treu bleiben in seinen Grundsätzen und seinem Hoffnungsalaubeu. Dann geht cs wieder aufwärts. Nutzen Sie alle Mittel der Selbsthilfe und der Zusammengehörig keit ans. Glauben Sie an diejenigen, die als Ihre Führer berufen sind. Redner schloß: Glücklich Has Zeitalter, welches uns wieder zeige, daß das, was wir wolle», zur Tat wird! Stürmischer, langanhaltender Beifall folgte den Aus führungen der Vortragenden. Im Anschluß an die Vorträge wurden nachstehende Entschließungen von der Versammlung einstimmig angenommen. Mii einem begeistert aufgenommcnen Hoch auf unser geliebtes Vaterland erreichte die Kundgebung gegen Uhr ihr Ende. Die heute, am 28. Juni 1925 in Riesa zum 10. Säch sischen Kleinhandelstag versammelten ca. 400 Vertreter von weit über 40000 im Üandcsausschuß des sächsischen Kleinhandels organisierten Geschäfts-Inhaber sind ein mütig der Ucberzeugung, daß die Ucberhandnahmc des Hausier- und Straßenhandels, des Wanderlagerunwcscns, sowie des grasseste Formen angenommenen illegalen Han dels den Verbraucherbelangen nicht dienlich ist, da sich hierbei nicht selten die Konsumenten zu Einkäufen ver leiten lassen, die aus wirtschaftlichen Gründen besser unterblieben. Eine Eindämmung dieser zum Schaden des Volksganzen sich mehr und mehr einbürgernden Versor gung unter Ausschaltung dcr seßhaften Gewerbetreiben den, die mit Wiedcrkehrcn der Kundschaft rechnend, sich jederzeit auf den tatsächlichen Bedarf cinstellcn müssen, ist sowohl im volkswirtschaftlichen Interesse, wie auch aus steuerlichen Gründen dringend geboten. Die bestehenden Gesetz«, in Sonderheit die in Ansehung der ueuzeitigen Entwicklung als völlig unzeitgemäß und abwegig anzu sprechende Rcichsgewcrbeordnung, sind nicht ausreichend, der ungesunden Entwicklung, noch viel weniger den Ent- artungen wirksam zu begegnen, die zum Nachteile der Ver braucherschaft in neuerer Zeit bei der Volksvcrsorgung zu beobachten sind. Der 10. Sächsische Kieuihandelstag beauftragt deshalb den Vorstand des Laudesausschusses des sächsischen Klein handel». Sitz Dresden, sich an zuständiger Stelle für eine zeitgemäße Aenderung der Rcichsgewcrbeordnung ein- setzen zu wollen und für baldige Durchführung dieser berechtigten Forderung besorgt zu sein. H. Eine im Bezug auf Preisbildung zweckwidrige Gesetz gebung, sowie die aus Anlaß des katastrophalen Wäh rungsverfalles ohne Rücksichtnahme auf wirtschaftlich Schwach* brutal durchgeführten notgesetzlichen Maßnah- men, haben in den am Kleinhandel und Kleingewerbe interessierten Kreisen die notwendige Kapital-Neubildung unmöglich gemacht. Darüber hinaus mußten die noch vor- handenen, an sich germgen Betriebsmittel einer über mäßig« steuerlichen Belastung geopfert werden, «lein-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder