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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192509020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-09
- Tag1925-09-02
- Monat1925-09
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1925
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Hnnst NN- Wissenschaft. Lpielplanäudcrnng im Dresdener Opernhaus: Don» uerc-iag, -en ;!. September, „Amelia" 7)4 Uhr. (Nicht Tiefland.) Bon der Landeouniversität. Der Studtenrat an der -eutschcn -Hochschule fiir Leibesübungen i» Berlin, Dr. Hermann Altrocl ist zum ttnivcrsitäio-Turn- und Sport lehrer und zum uichtplanmäßigen anherordentlichen Pro- fcssor in der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt worden. Höhlcnwunder in den Dolomiten. Der B. Z. wird aus Vien gemeldet: Der Reichsdeutsche Hühlengeologe Professor Otcichciibcrg hat in einem Werte die Behauptung ausge stellt, -ah sich in den Südtiroler Dolomiten gewaltige Hühlcnräume befinden mühten. Diese Voraussage hat eine glänzende Bestätigung gefunden, da eine Anzahl natnrbe- gctstcrter Bergsrennde unter .Rührung von Andreas Fcli- zetti seht von zwei Stellen ans ein unterirdisches Höhlcn- snstem von großartigster «Gestaltung entdeckt haben, das sich in einer durchschnittlichen Diese von 250 bis 400 Meter in nidnördlicher Ülichtung guer durch den Unterbau des Dolv- mitcnslockes versolqcu läht. Unter Ucberwindung enormer Schwierigkeiten wurden von Schlern aus säst sechs Kilo meter unterirdisch zurückgeiegt. Dann muhten die uner schrockenen Pioniere vorläufig halt machen, obwohl die Entdeckung noch lange nicht beendigt sein dürfte. Gleich- ivohl ist schdn das bisher Entdeckte von unberechenbarer Bedeutung fiir die Wissenschaft. Abgesehen von zwei Büsdvmcu von unübersehbaren Ausmahen, die durch groteske Formcubildung die AdelSbcrger Grotte an Be deutung übertreffen, sah die Expedition einen unterirdi schen See von etwa 160 Nietern Durchmesser und bisher »»ergründeter Tiefe, der von seltsamen langgeschwänztcu, rosafarbigen, augenlosen Lurchtiercn belebt ist und ein stark phosphoreszierendes Licht ausweist. Bücherschau. Sine neue Darstellung der Smden-Fahrten veröffent licht das Daheim. Prinz Franz Joseph von Hohcnzollrrn, -er Torpedo-Offizier an Bord der Emden gewesen ist, be ginnt in Nr. 48 der genannten Zeitschrift die Erzählung seiner Erinnerungen an die Taten unserer unvcrgehlichen „Emden" mit einem spannenden Bericht über den Englän- dcrfang in der Dampferstrahe von Eolombo nach Kalkutta. Unter den dort in kurzer Zeit von unseren braven „blauen Zungen" gekaperten und versenkten großen englischen Schiffen befand sich auch der mit Proviant überfüllte Trans portdampfer „Indus", dessen Ladung an Bord der „Emden" mit Freude begrüßt wurde. Prinz Franz Joseph erzählt: Auf unserem Oberdeck sah cs bald aus wie in einem rie sigen Warcnbause: so ziemlich alles war vorhanden: Seife, Handtücher, Bettwäsche, Konserven, Frischfleisch, lebende Hühner nnd Enten, Feldstecher und «Getränke, nautische Instrumente, ziartcn, Bleistifte, hochwillkommenes Oelzeug, mir dem wir die Kutterbemannuugen und die Wachen für Schlechtwetier vollständig neu auSrüslcn konnten. Nun ging das Bersenkkommandv an Bord des Indus: ein Ingenieur, ein Unteroffizier und drei Heizer. Diese be seitigten den Abschluß des Heizraumes vom Maschiucnraum. indem das sogenannte Schott durchlöchert wurde. Darauf rrfolgie die Oeffnuug der Seevcntilc, wodurch das Wasser in die unteren Näume ungehindert cindringcn konnte. Nach Erledigung dieser Arbeit kehrte das Bcrseukkommando aus „Erndcu" zurück. Neue Befehle: Die Artillerie sollte ihre Tätigkeit beginnen, mit etlichen Granaten den „Indus" hinabbesordcrn. Aber „Indus" wollte noch nicht hinunter, noch nicht. Ueberviel Munition sollte aber nicht vergeudet werden. Untergeben mußte der Engländer doch zufolge Oeffnuug der Seevcntile. lieber eine Stunde währte es, bis der Dampfer langsam zu sinken begann. Langsam, aber sicher. Zuerst eine Steigung zur Seite, wobei „Indus" gehörig Wasser schöpfte, dann senkte sich der Bug, nnd mit einem Male sauste das Schiss gurgelnd in die Tiefe. Die eingeichlosscue Lust entwich mit starkem Getöse, schleuderte eine Menge Dinge empor, die Masten schnellten mehrere Nieter aus -cm Waner in die Höhe und fielen dann laut klatschend znm Wasserspiegel zurück." Außer den Erinne rungen des Prinzen von Hohenzollern enthält die neue Stummer des Daheim u. a. eine reich illustrierte Schilderung vom „Besuch eines großen Fernsprechamtes", einen Auf satz über die „Hausfrau und geistige Arbeit" und ein inter essantes Kapitel „Deutschkunde" ferner die Fortsetzung des laufenden Romano und eine Novelle. Wie immer zeichnet sich das Daheim auch durch die künstlerische Auswahl und Wiedergabe seines Bildschmuckes von allen Zeitschriften für die deutsche Familie aus. Mkl>, Wt, W, Mtnil. 8. RiederelbesLurvgau D. T. Am vergangenen Sonntag wurden folgende weitere AauftbaU-Plltchtspiele au-getragen: Bezirk Oschatz in Oschatz: T. u. Sv. V. 1862 Oschatz 1. argen M. Tv. Oschatz 2. 63:49 Tv. Riesa 2. gegen M. Tv. Oschatz 2. 74:56. Tv. Strehla, T. u. Sv. B. Mühlberg waren nicht an» getreten und verlieren somit kampflos ihre Punkte. 2. Klaffe in Luppa: A. To. Riesa 2. gegen T. n. Sp. B. Luppa 1. 69:62. Tv. Mersckwitz und Tv. Leuben waren nicht angetreten und verlieren somit ebenfalls kampflos ihre Punkt». 3. Klaffe Bezirk Riesa: A. Tv. Riesa 3. gegen Tv. Seerhausen 73:62. Riesaer Sportverein e. V. Riesa. Abteilung für Jugendpflege. Am kommenden Sonntaae ist die Abteilung mit zwei Mannschaften Gast des SV. Nickritz. Ein» größtenteils ans Spielern der 2. Knabenelf zusammenaestellte Mann schaft spielt gegen die 1. Knabeuelf deS TB.Nickritz. Der neugegründeten 1. Juniorenelf des gastgebenden Vereins treten die 2. Junioren deS RTB. gegenüber. Beide Spiele finden am zeitigen Nachmittage auf dem Sportplätze des SV. Nickritz in JahniSbaulen statt. Die 1. Jugend (frühere 1. Knaben Jahrgang 1910/11) spielt nachmittags auf dem städtischen Sportplätze gegen die t. Junioren deS JE. „Wacker" Dahlen, dem Verbands- svielgeguer der 2. Junioren. Auf das Abschnciden dieser Elf, die ihrem Gegner an Körperstärke wohl unterlegen sein wird, taktisch und technisch aber einen Vorteil hat, darf man gespannt sein. Die 1. Junioren sind bis zur Stunde noch spielfrei. D. Straßenrennen „Rund um die Sächsische Schweiz". -5 km. Der Gau Dresden im Bund Deutscher Radfahrer bittet uns, aus die am kommenden Sonntag, den 6. September, von ihm veranstaltete Bcrgprüfungsfahrt „Rund um die Sächsische Schweiz um deu Salcm-Gold-PreiS" aufmerksam zu machen. Das Rennen beginnt in Dresden und berührt auf einer 95 Kilometer langen Rundstrecke die Orte Stolpen, Neustadt, Schandau, Königstein, Pirna nnd Heidenau. Von der Dresdener Zigarettenfabrik Nenidze sind wertvolle Preise für das Rennen gestiftet worden, u. a. stehen für den Sieger 200 Mark zur Verfügung. Tie AlterSfahrer bestreiten auf der gleichen Strecke einen gesonderten Wett bewerb, ebenso die Jugendfahrcr. Die Rennstrecke für die letzteren ist allerdings nur 60 Kilometer lang. Offen ist die Fahrt für alle Herrcnfahrcr des Bundes Deutscher Rad fahrer. Nennungen sind sofort au den Dresdener Gau- sahrwart Otto Dehnel. DrcSden-N., Louisenstraße 67, zu richten (Telephon 22 755). * Sachsen-Rnndfiug 1925. Zur endgültigen Durchführung des Sachsen-Rundfluges fauden sich am 28. August in Chemnitz ca. 35 Vertreter der beteiligten Städte Leipzig, Dresden, Plauen, Zittau, Bautzen, Zwickau, Chemnitz, Glauchau und Großenhain zu einer Sitzung ein. Die nunmebr zur Verfügung stehende Preissumme betrügt Mark 65 000. Eine große Anzahl von Ehrenpreisen ist bereits gestiftet. Diese werden für die Teilnehmer eine besonders schöne Erinnerung sein. Jeder Flugzeugführer erhält n. o. eine kleine Bronzefigur nach einer künstlerischen Plastik von Professor Breuer. Ferner haben bis jetzt Ehrenpreise gestiftet: Ter Chemnitzer Verein für Luftfahrt und Flugwesen e. V., Chemnitz, die Chemnitzer Flughasen-Gesellschaft m. b. H., Chemnitz, der Leipziger Verein für Luftfahrt und Flugwesen e. V., Leipzig nnd der Verein Dresden des Deutschen Luftfahrt-Verbandes, Dresden. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn auch Privat personen, die der Förderung des dentschen Flugwesens Interesse entgegenbringen, sich entschließen wollten, Ehren preise zur Verfügung zu stellen. Die Anmeldungen könnten entweder bei den örtlichen Vereinen oder bei dem Arbeits- Ausschuß fiir den Sachsen-Rundflug, Chemnitz, Lange- straße 22, Telefon 1373, erfolgen. Die technische Durch führung des Fluges wird äußerst sorgfältig vorbereitet, sodaß auch dem Laien die Teilnahme Freude macken wird, da er in der Lage ist, ohne weiteres den Sieger zu erkennen. Hendel «Kd Volkswirtschaft. An der verilinee vvrse war gestern d«r Effektenmarkt nach vorauSgegaggenen Schwankungen znm Schluß wesent lich befestigt. Das Geschäft im ganzen war ruhiger als gestern, da sich die Kaufor-crS des Publikum- vermindert hatten. Größeres Interesse zeigt sich nur für einzelne Spezialwerte, deren Kur- erheblich stieg. So konnten die Aktien der Anglo-Kontinentalen Guano-Aerke um 6 Pro zent anziehen. Auf dem Rentenmarkt besserte sich fünf- prozentige Reichsanleihe bis auf 0,2825 Prozent und Schutz. gebietSanlrihe bis ans 6,10 Prozent. Die fremden Renten zeigten wenig Verändern»««», ebenso Bank- und Eisenbahn, aktien. Bei den Schifsahrtsakiien konnten sich Hamburg. Süd und Norddeutscher Llond befestigen. Roland-Linie gewann 2 Prozent. Am Montanaktienmarkt erzielten Har- pener eine Kursbesserung von 1)4, Hocsch von 8 Prozent, Kaliwerte, chemische Werte und Farbwerte lagen sehr ruhig. Die Elektrizitätswerte hatten Kursrückgänge Ann Teil bis 1)4 Prozent zu verzeichnen. Der Markt bex Maschinen aktien hatte heute nur geringen Umsatz, weny auch einige Werte sicher notierten Der offizielle Satz für tägliches Geld war 0 bis 10)4 Prozent. Die groben Privatbanken sollen aber tägliches Geld schon mit k)4 bis 0 Prozent her- gegeben haben. Der PrinatdiSkont blieb unverändert. — Die Produktenbörse war etwas belebter. Die Haltung war stetig. Der Zoll sür polnischen Weizen. Tie Reichsregierung hat den Zoll sür Weizen polnischen Ursprungs vom Inkraft treten der Geireidezölle, das ist vom 1. September d. I. ab, auf 10 Mark sür den Doppelzentner festgesetzt. Die Motorschissstonnage der Welt. Die außerorbent- lichc Zunahme -er Motorschiffe in der Handelsflotte der Welt in -en letzten Jahren läßt sich aus einer Statistik er kennen, die in „Werst, Reederei, Hafen" mitgcteilt wird. In den Jahren 1914 bis. 1921 stieg die Zahl der Motor schiffe von 297 aus 1478: die mittlere Größe blieb aber so ziemlich die gleiche: sie erhöhte sich von 789 Tonnen auf 848 Tonnen. Bon 1921 bis 1925 stieg die Zahl der Motor schiffe von 1479 auf 2145 mit einer Tonnage, die sich von 1248 800 Tonnen auf 2 714 073 Tonnen erhob. Die Mittel größe der Schiffe nahm aber noch mehr zu, indem sie von 848 Tonnen auf 1266 Tonnen stieg. Die Zunahme der Motorschiffstonnagc des JahreS 1925 ist fast 2!4 mal so groß gewesen wie die des vergangenen, obwohl der Um fang des Wcltschisfbaus sehr gering war: sie stieg von 1 975 798 Tonnen auf 2 714 073 Tonnen. Aus der bedeuten, den Steigerung der Größe der Motorschiffe geht hervor, daß die Schwierigkeiten beim Bau großer Schiffsmotoren jetzt vollkommen überwunden sind. Die MotorschiffSionnage umfaßte in der Mitte dieses Jahres 4,20 Prozent der ge samten Wclischisfsionnage, und damit ist zum ersten Mal die Tonnage der Segelschiffe überholt, die von 3,92 aus 3,50 Prozent zurückging. Bon der Luxemburger Mustermesse. Einer offiziellen Verlautbarung der Leitung der Luxemburger Mustermesse ist zu entnehmen, daß in diesem Jahre (14. bis 24. August) 663 Firmen ausgestellt hatten, und zwar 233 belgische, 146 französische, 117 luxemburgische, 114 deutsche, 24 österreichische, 8 schwedische, 5 englische, 3 bulgarische, 3 amerikanische, Z italienische, 2 schweizerische, 2 holländische, 1 polnische, 1 ar menische und 1 russische. Die Beteiligung der Deutschen hat von 38 im Jahre 1924 aus 114 im Jahre 1925 stark zu genommen. Die seitens der Mcsseleitung bei den Aus stellern angestellteu Erhebungen haben ergeben, daß während der Messe für über 64 Millionen Franken endgültige Ab schlüsse getätigt worden sind, so daß das Ergebnis derselbe» als befriedigend zu bezeichnen ist. » » * Marktbericht«. Amtlich festgesetzte Preise an der Produktenbörse zu Berlin aru I. September. Getreide und Lelsaaten pro 1000 lcg, sonst pro 100 kg. (In Goldmark der Goldanleih« oder in Nentenmark.) Weizen, neuer 2l6 —222, pommerfchet —. Roggen, märkischer 167 — 174, Mecklenburg. —, pommersch. —, Gerste, Futtergerste —, n. Wintergerste 180—185. Hafer, märkischer 174—182, pommerscher —, westpreuß. —, MaiS, loco Berlin —, Waggon frei Hamburg 214—218, Weizenmehl, pro 100 lcg frei Berlin brutto inN. Sack (feinste Marken iiber Notiz) 31,25-34,25. Roggeniuehl pro 100 Lg frei Berlin brutto inkl, Sack 24,25-26,25. Weizenkleie, frei Berlin 12,50. Roggen- lleie, frei Berlin 12,20. Raps 355—360. Leinsaat —- Viktoria-Erbsen 25—31, kleine Speise-Erbsen —, Futter erbsen 21,00 — 23,00. Peluschke» —- Ackcrbohneu —. Wicken 26-29. Lupine», blaue 12,50-14,00, gelbe —. Serradella alle —, neue —. Rapskuchen 16,00 —16,20 Leinkuchen 22,60-22,80. Trockenschnitzcl 12,Oo. Soya-Schrot 21,20—21,50. Torfmelasse 80/70 8,80-0. Kartoffelstöcken 19. Gr sprach die 'Worte weich und zärtlich. Es war etwas sehr Reines, Keusches in dem Klang seiner jungen Stimme, in dem Ton, mit welchem er ihren Namen vor sich hinsagte. Die einsame Frau hinter ihm beugte sich weit vor. Ein Mondstrahl fiel auf ihr weißes Antlitz, auf das rot goldig schimmernde Haar. Es war dieselbe Frau, welche Hugo von Freydeck in der Kirche getroffen hatte. Sie hätte so gern das Gesicht des jungen Mannes gesehen. Da krachte ein Zweig unter ihrem vorsichtig tastenden Fuße. Laut und scharf klang der Ton Lurch das Schweigen. Der junge Mann fuhr herum mit blassem Gesicht. Aber er prallte entsetzt zurück; denn da hob sich hinter ihm eine Gestalt aus dem tiefen Schatten — war mit einigen großen Schritten an ihm vorbeigeeilt und verschwand eben schon in der vollkommenen Dunkelheit, welche in dein Boskett gegenüber herrschte. Er war im ersten Augenblick so erschrocken und er staunt, daß er der merkwürdigen Erscheinung nicht zu folgen vermochte. Mit zitternden Knien lehnte er sich gegen den nächsten Stamm. Wer war das gewesen? Ein Spuk? Ein Trugbild seiner furchtbar aufgeregten Sinne? Oder Loch ein Mensch, jemand, der Hilda und ihn be lauscht hatte, sie vielleicht verraten würde? Die Gedanken flogen nur so durch seinen Kopf. Aber sie verwirrten sich auch, sie überstürzten sich und wurden zu einem Chaos, das ihm immer unklarer erschien. Aber bald raffte er sich auf und ging sehr leise und vorsichtig auf das Boskett zu, in welchem die dunkle, schattenhafte Erscheinung verschwunden mar. Er merkte erst jetzt, daß hier ein ganz kleiner, fast nicht sichtbarer Pfad sich durchschlängelte, der wahrscheinlich in einem weiten Bogen gegen den etwas zurückgebauten linken Seitenflügel des alten Schlosses zulief. Zögernd und doch wie fortgezogen von einer starken Macht ging er weiter. Der Weg war sehr schmal. Dort und da schlügen ihm die Zweige der Gebüsche schmerzhaft ins Gesicht, und die dünnen, dornigen Aeste der Brombeer- und Himbeerge- sirüppe hielten.ihn am Nocke fest. Aber er riß sich immer wieder los und schritt weiter, eifrig nach allen Seiten spähend. Nichts! Nur da« Dunkel gähnte ihm entgegen, und die Oede, die sich be- Ilemnieud ans sein Herz lcgie und ihm von Minute zu Minute cchrimniLucllcr und Lro'.cndcr erschien. Der Mond brach jetzt siegreich durch das flüchtig ziehende Gewölk. Der Helle, glänzende Lichtstrahl fiel voll auf das schmale, sehr bleiche Gesicht des jungen Mannes, und jetzt konnte man auch den ungewöhnlich ernsten, sorgenvollen Zug sehen, welcher um die feinen Lippen lag und dem ganzen Antlitz einen gereifteren älteren Ausdruck verlieh. Das sehr reiche, braune Haar hing lockig in die schöne Stirn, unter welcher zwei warme Augen klug und säst noch knabenhaft weich in die Welt hinein sahen. Diese Augen wußten wohl noch nicht viel vom wirtlichen Leben. Ihr offener Blick hatte trotz der Klug heit und der tiefen Sorge, welche deutlich aus ihm sprach, noch etwas fast kindlich Vertrauendes, etwas jugendlich Verträumtes, obgleich der junge Mann immerhin im Be ginn der zwanziger Jahre stehen mußte. Nun stand er am Ende des schmalen Weges. Dor ihm lag der kleinL, enge Seitenhof des alten Schloß gebäudes, in dem sich meist unbewohnte Räume befanden. Nur in der großen Bibliothek und dem knapp daneben gelegenen Arbeitszimmer des alten Grafen von Frey- deck flammte zuweilen an stillen Abenden eine der Ldmpen auf. Dann suchte der alte Herr irgend ein Buch oder sah die Rechnungen der Verwalter durch. Gewöhnlich aber herrschte auch hier des Abends die tiefste Einsamkeit. Der alte Heer vermied es, wenn es nur irgendmöglich war, in diesem einsam gelegenen Seitenflügel länger als not wendig zu verweilen. Georg Günther, welcher bis vor wenigen Wochen als einziger und unzertrennlicher Spiel- und Jugend geehrte Hilda Wentheims oft hier im Schlosse geweilt hatte, tannte die Abneigung des alten Grasen von Frey deck gegen diese Räume nur allzu gut. Desto seltsamer berührte es ihn, als er nun, da er unschlüssig noch im Schatten der letzten Bosketts stand, plötzlich in dem Arbeitszimmer des alten Herrn einen ganz matten Lichtschein aufflammen sah. Deutlich nahm er den Schatten eines Kopses, welcher groß und dunkel wie eine scharsgeschnittene Silhouette aussah, wahr. Aber Lieser Kopf — wie sonderbar! — war nicht der des alten Grafen. Georg Günther kannte jeden Zug dieses starren, strengen Münncrantlitze» genau; er kannte -ie ganze eigenartige Haltuno des auffallend großen Haup ¬ tes, dem das lang herabwallende, schneeweiße Haar ein besonderes Gepräge gab. Der Kopf aber, welcher sich jetzt dort gegen den schwachen, flackernden Lichtschein ab hob, das war der Kopf einer Frau. Und ,)ieser Kopf neigte sich tiefer, hob sich wieder em por, neigte sich vpn neuem. Suchte jene Frau etwas? Wartete sie auf jemand? Eine ihm selbst ganz unbegreifliche Aufregung über kam den jungen Mann. Wer konnte das sein? Wer hatte jetzt zu so ungewöhnlicher Stunde, wo alles in dem west entlegenen Bordertrakt des Schlosses versammelt war. hier etwas zu suchen? Er dachte angestrengt nach. Er kannte auch die wenigen weiblichen Schloßbewohner genau; da war Hilda Wenthsint, sein junger Kamerad, dis einzige Eükelin des ölten Herrn, die Tochter seiner längst verstorbenen Tochter; da war die Baronin von Berg haus, des alten Grasen verwiwtete Schwester, dann Frau Marie, die langjährige Beschließerin, noch ein paar Mägde — aber jene Frau dort, die glich keiner von ihnen allen auch nur im entferntesten. Das war das Profil einer Fremden; Georg sah deutlich die feine, ganz gerade Nase, die schöne Stirn. Darüber schimmerte dünn und war»» rotblond das Haar auf. Er schlich behutsam etwa» näher. Unklar kam e« ihm znm Bewußtsein- daß es ihm strengsten« verboten war, je wieder hier anfzutauchen, seit sich die einstige innige Freundschaft seines Vaters, des Fabrikbesitzers Max Günther, mit dem Grafen Hugo- dem einzige» Sohn de« alten Freydeck, in einen so seltsamen Haß verwandelt hatte. Georg wußte kein* Ursache für dies« merkwürdige Veränderung. Abrr er hört« noch die schneidende Stimme , des jüngeren Grasen, welcher drohte, ihn mit den Hunden vom Hofe Hetzen zu lassen, fall« er sich hier noch einmal ' blicken ließe. Das wär vor wenigen Wochen gewesen. Und nun stand er doch hier auf Freydeckschem Boden Wenn ihn nur niemand sah l Auch sein Vater durfte nie erfahren, daß er, ienem Verbot trotzend, doch hier- dera,kommen war. (Fortsetzung folgt.)
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