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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192509239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250923
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250923
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-09
- Tag1925-09-23
- Monat1925-09
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1925
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Hs des SckulgcbetS und -eS schönen beutsch-chrtstltche« Ehorar- aesanqS! So sein wir wissen, daß über die AuSfüyrung der Einzelheiten nach manche- zu beraten ist, sollten wir christlichen Eltern diese Richtlinien des Gesetzentwurf- nicht freudig begrüßen?! Dabei versteht sich von selbst, was wir um vieler Miß verständnisse willen immer wieder betont haben, was auch in dem Gesetzentwurf erneut »um Ausdruck kommt: Such die Bekenntnisschule (der Ausdruck ist von ihren Gegnern geprägt, umwor ihr gruselig zu machen!) ist keine „Kirchen schule", sondern eine GtaatSschule! Die christliche, in Gon- derheit die evangelische Bevölkerung Sachsen», hat dieselbe bis zur Revolution gehabt. Die Einheit de» Staate» und der Nation ist dadurch nicht im mindesten gefährdet gewesen. Im Gegenteil! Darum muß diese im großen und ganzen bewährte Schule auch in Sachsen wieder erkämpft werden. Jede» Vorgehen der Reichs- und Landesregierung in dieser Richtung wird und muß die christliche Elternschaft auf» lebhafteste begrüßen und ausS nachhaltigste unter- stützen. Der Ausfall der ElternratSwahlcn in Sachsen »nd die kürzliche Anmeldung der Mehrheit aller Leipziger Kin der zum Religionsunterricht hat ernent bewiesen: Die christliche Bevölkerung weiß, was sie will, sie wird nicht rasten und ruhen, bis ihr zuteil wird, was sic von Recht» wegen für ihre Kinder beanspruchen darf: Ehristliche Schul- erziehnng!" JeulWMmle MlMMMk. vdz. Am Dienstag sprach Reichstagsabg Rerchert über „Die neuen Handelsverträge". Er be gründete die Haltung der Dcutschnationalen beim deutich- ipanischen Handelsvertrag, wo au» taktischen Gründen die Partei da? Kabinett nicht im Stiche lassen konnte, und legte die Gründe dar, au» denen die Dcutschnationalen den Handelsverträgen mit Amerika und England zuge stimmt hätten. Nach kurzer Erörterung deS deutsch-bel gischen Handelsvertrages wandte er sich zu den mit Frank reich und Polen schwebenden Verhandlungen, über deren Abschluß er sich sehr pessimistisch äußerte. Schließlich erörterte der Redner die programmatische Stellung seiner Partei zu den Fragen des Außenhandels und erklärte, „wir wünschen keine vorübergehende, sondern eine dauernde Preissenkung". Auch verwahrte er die Partei dagegen, daß sie handelspolitisch mit dem Säbel rassele. Der Redner stellte eine Reihe von Leitgedanken zur Han delspolitik auf, die nn Sinne seiner Ausführungen gehal ten waren. An den Vertrag knüpfte sich eine rege Aus sprache, in deren Verlauf u. a. angeregt wurde, daß in Zukunft die Gründe der deutfchnationalen AuSschuymit- glieder für ihre Haltung in Handelsvertragsberatungen rechtzeitiger bekannt gegeben werden sollten. — Landrat D r. Gericke svrack über das Thema „Steuer- und F in a n z f r a g e n". ^Er schilderte dre neuen Steuergesetze m ihren Grundzügen und bemerkte grundsätzlich, daß die Deutschnationalen die wesentliche Herabsetzung der Ein kommensteuersätze begrüßt hätten. Eingehend verweilte der Redner bei der Herabsetzung der Umsatzsteuer. Gerade die Sozialdemokraten hätten seinerzeit diese Steuer in ihrer unerträglichen Höhe festgesetzt. Bei der Biersteuer hätte man der Banerischen Volkspartei entgegenkommen müssen, damit nicht das ganze Steuerkompromiß scheiterte. Der Redner wies die den Deutschnationalen wegen ihrer Hal tung zu den Verbrauchssteuern gemachten Vorwürfe als unberechtigt zurück und verteidigte schließlich auch die vorläufige Regelung des Finanzausgleich? zwischen Reich und Ländern. Auch an diesen Vortrag schloß sich eine län gere Aussprache, in der u. a. vom LandtagSabgeorbneten Dr. Kaufhold die Forderung erhoben wurde, die Einkom men- und Vermögenssteuern den Ländern zurückzugeben. Weiter sprach Abg. Paul Becker über „Die Deutsch nationale Volkspartei und die Presse", wo bei er zunächst allgemeine Ausführungen über Wesen und Hildas Wangen brannten, in ihren sonst so sanften Augen lohte ein starkes Licht. Sie war in diesem Augenblick schöner al« je, reifes leidenschaftlicher. Da» noch halb kindliche Mädchen war zum Weid «mporgewachsen in diesen Tagen voll Sorge, Angst und Grauen. Unweit von den beiden raschelte etwa». E» klang, al» ob dort auf dem schmalen Wege jemand ginge. Im selben Moment taucht» auch schon über dem Busch« werk, das die Wege trennte, ein blasses Männergesicht auf, zwei dunkle Augen hafteten eindringlich auf dem Antlitz Hilda Wentheims. Sie hob den Blick und sah gerade in diese zwingenden Augen. Mit einein unterdrückten Schrei fuhr st« zurück. Drüben rauschten die Büsche auf. Der Kopf de» Manne» taucht« unter: fein Schritt verklang. Erich Günther zog das Mädchen rascher fort. Gr halt« sofort den Fremden erkannt, der früher vor der Bank ge kniet hatte. Und wieder beschlich ihn da» Gefühl de» Grauen», der Abneigung gegen diesen Unbekannten, eine Empfin dung, die sich bei jedem neuen Zusammentreffen verstärkte. »Laß nur," sagte er beruhigend zu Hilda, .«« war ja nichts! Ein Fremder" — .Nein" — sie schüttelte den feinen Kopf — .kein Frem der. Ich habe ihn schon gesehen, ich kenne ihn. Er war auch da — damals, in dem Hellen fonnendurchleuchteten Zimmer, al» die schöne, junge Frau sich über mich beugte. Aber er war ganz anders damals : so jung, so dunkel da« Haar — und die Augen — die Auaen." Eie suchte nach Worten. Die alten Erinnerungen und die neuen Eindrücke, olles verband sich miteinander, über stürzte sich, wurde in ihrem brennenden Kopf zu einem wirren Chaos. .Da," sagte Erich, .da ist di» Bank. Willst du dich nicht «ine Minute ausrasten?" Sie standen nun schon fast vor der Buche. Ein starke» voldrot gliibte am Himmel und warf einen Hellen Schein über den Platz unter dem alten Baum und über da» Herz, da« einst einer in seliger Stunde da elngeschnitten. Rosig leuchtete der Name herab auf Hilda Wentheim. Um den Namen aber schlang sich ein frischer Kranz blasser Feldblumen und dunklen, ernsten Efeus. Und Blumen lagen zu Füßen de« Baume», Blumen auf der Bank, Blumen auf dem Wge. E» war, al» hätte hier jemand eine Erinnerungsfeier gehalten. — Hilda Wentheim setzte sich nicht. Sanft löste sich ihre Hand a«, der Erichs, dann kniete st« hin, wie man vor einem Heiligenbild kniet. „Mutter l" rief sie, .Mutter, du hast ja auch alle» hingegeben für dein Leben l Hilf mir, Mutterl Um Gotteswillen, hilf mir!" D»r Wind ging mit leisem Raunen durch di« Aest« unv hob da» Ende der Dlütenranke; in goldenem Glanze leuchtete der Name herab auf das Kind, welche» sich mit seinem Leid zur Mutter flüchten wollte. Zur Mutter, di« dereinst hier an dieser Stelle ihr junges Glück gefunden hatte, diese» süße, heiße Glück, welche» die Menschen Sünde nannten. Bedeutung der deutschen Presse machte Em großer Mangel sei da» Feisten eine? großen deutlcknotionalen Partei- organS in der Hauptstadt Für eine große zentrale Partei - zcitung fehlten aber heute die Mittel In der Debatte über diesen Vortrag forderte ein Redner au» Twinemünbe taktvollere Haltung mancher deutschnativnaler Zeitungen m bestimmten Fragen, um nicht Verwirrung in den Reiben der Wähler zu schassen. M W W »le Mm Mr WMmr Ii Wi M» ÜWkdlW. E» liegt in der Art beS Eisenbahnbetriebe», baß sich die öffentliche Meinung mehr für die Borkomwnifse im Eisen bahnbetrieb interessiert, als für iraend einen anderen Privat betrieb. Diese Feststellung trisst namentlich dann zu, wem» di« Eisenbahner Forderungen erbeben, betreffs Erhöhung der Löhne und Gehälter. Ost kann man bei Gesprächen be obachten, daß Nichteisenbahncr sich über da» Einkommen der Eisenbahner unterhalten, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wie fürstlich bas Einkommen der Eisenbahner ist. Schreiber dieser Zeilen mußte gelegentlich feststtllen, daß selbst Arbeiter, die in der Privatindustrie beschäftigt sind, in der Hoffnung leben, daß ein bei der Eisenbahn beschäf tigter Arbeiter von aller Not und Sorge erlöst, ein glänzen- de» Dasein hat. Heute kann noch sestgeftellt werden, daß immer noch sehr viel in der Privatinbustrie beschästtgt« Arbeiter Gesuche machen, um bet der Eisenbahn eingestellt zu werden. Diese Gesuchsteller glauben, daß sie bei der Eisenbahn neben gutem Lohn auch eine Lebensstellung er worben haben. Wie sieht es nun mit dem Verdienst bei der Eisenbahn au»? Ein Bahnunterhaltungsarbeiter wird nach Lohngruppe Vl des Lohntarifvertrages bezahlt. In Riesa, Ortsklasse S mit 8 Prozent Ortslohnzulage, erhalten die Bahnunter haltungsarbeiter sowie die Güterbodenarbeiter, die über 21 Jahre alt sind, 51 Psg. die Stunde. Alle im Betriebs dienst beschäftigten Arbeiter, wie Rangierarbeiter, HilsS- weichenwärter, Maschinisten, HilsSrottensührer, HilsSschass- ner, Maschiuenputzer, Kohlenlader usw., werden nach Lohn- griwpe V bezahlt und erhalten einen Stunbenlohn von 58 Psg., dazu pro Tag SV Psa. Schicht,Uschlag. Der Schicht- zuschlag wird de-halb gewährt, weil btese Arbeiter keine Ueberstunden bezahlt erhalten. Alle Handwerker, mit Aus- nähme der Vorarbeiter, werben nach Lohngruppe HI bezahlt und erhalten pro Stund« 65 Psg. Die Orte Rvderau, Zeit hain, Priestewitz, Lommatzsch, kurz alle Orte um Riesa herum, sind in der Ort-klasse 6 und v. Der Sohnunterschieb von Ortsklasse zu Ortsklasse beträgt 1 Psg. pro Stunde. All bi« angeführten Orte erhalten di« 8 Prozent OrtSlobn- »nlage nicht. Hier beträgt der Lohn eine- über 24 Jahre alten Arbeiter- in der Lohngruppe vH 44 Psg., Lohngruppe VI 48 Psg., Lohngruppe V 48 Psg., Lohngruppe HI, also der Lohn der Handwerker, 58 Psa. Zu den ausgezählten Löhnen wirb den verheirateten Arbeitern ein Frauen, uud Ktnderzuschlag von je 8 Pfg. pro Stunde bezahlt. Bei den Lohnverhanblungen erklärt« die Hauptverwaltung, daß in Ostsachsen, wozu all die aufgezäülten Orte gehören, der Lohn der Eisenbahner genau so hoch sei, als der Lohn in der Privatinbustrie. Ein« Feststellung bewci wie unzutreffend diese Behauptungen der Hauptverwaltung der Eisenbahn sinh. Wie steht e- nun mit der sogenannte» Lebensstellung bet der Eisenbahn aus? In der Bahnunterbaltuna werden heute Zeit, und Aushilfsarbeit« eingestellt. Die Zeit arbeiter sollen nicht über 6 Monate und die AuLhilfSarbetter nicht über 8 Wochen beschäftigt werden. Ist btese vorae- schriebene Zeit um, so wird den Zeitarbeitern, die eine siebentägige Kündigung haben, gekündigt und sie dann al» SuShilfSarbetter weiter beschäftigt. Die AuShilsSarbeiter haben eintägige Kündigung und könne» jederzeit entlassen werden. Setzt im Winter der Frost ein, so entläßt die Eisen- Mit zitternden Gliedern erhöh sich Hilda Wentheim und schritt jetzt rascher neben Erich dem Schloss« zu. Und hinter ihr versank in dem schnell «inbrechenden, kahlen Dämmerlicht die Stell«, wo «inst zwei jung« Herzen heiß aneinanderschluaen, wo Lucie von Freydeck den kurzen Traum ihrer Jugend getröunst ' tte. 7. Kapitel. Li« Spuren verfolgend. Di« klein, LMa, welch« der pensioniert« Oberst von Kirchbach bewohnt«, lag ganz einsam an der Fahrstraße gegen Heidenheim zu, knapp am Rand« de« Waldes, der sich hinter dem zierlichen Häuschen gegen den HSHenrückei» z^eit langen Jahren war das Hau» Eigentum de» alten Herrn. Al» er sich, noch im besten Mannesatter stehend, feine» schlimmen Sichlleiden» wegen pensionieren lasse» mußt«, hatte es ihn nicht mehr draußen in der Wöll ge litten. — Er war verbittert und unglücklich, denn für ihn war der Berus da» erste im Leben gewesen, und er entbehrte ihn schwer. E» traf sich, daß sein Schwiegersohn, d« Ingenieur Max Güntyer, an Stell« einer großen Schuw di« Fabrik nächst Heidenheim übernehmen mußte. Da war r» nur natürlich, daß der Oberst in di« Nähe seiner ältesten Tochter zog. Hier war auch Julie von Kirchbach herangewachsen, hier hatte sie ihre Iugendjahr« verträumt. Ihr ganzes Leben hatte sich fast nur hier abgespielt. Außer Käthe Gerlach besaß sie keine Freundin. Julie war keine anschmiegende Natur und verlangt« wenig Geselligkeit. Den Freuden, welchen andere Mädchen zustrebten, Tanzen, Sport, oder Umgang mit Gleichalterigen, gitig st« eher au» dem Wege ,al» daß sie diese sucht«. Zwilchen ihrem Later und Max Günther lebte sie ihr nach außen so stille» Leben. Aber sie schien zufrieden. War sie e» wirklich gewesen, oder hatte sie nur den Schein erwecken wollen, e« zu sein? Ueber diese Frage sann Käthe eifrig nach, al, si, jetzt am späten Abend allein in dem MSdchenstübchen Julie, saß. E» war «ine Helle, klar« Mondnacht, wie der Herbst sie in unserer Gegend häufig mit sich bringt. Der kleine Garten vor dem Fenster stand in einem beinahe märchenhaften Glanze; wie seiner Silberregen ding sich da» Licht an Ast und Zweig, die Höhenkuppen lagen in feierlicher Helle. Der Wind hatte sich gelegt, nur sein letzter Atem zittert, manchmal in einem jähen Aufrauschen der Büsch« durch die Nacht, wie die Seufzer eine» schlafenden Kinde». Da« Zimmer Julie» lag im oberen Stockwerk be im Schweizers«! erbauten Hause». Die angrenzenden Räume waren von jeher sehr wenig benützt worden und dienten nur Aufbewahrung»zweck«n. Hier wurden Kleider, Obst und Dorrüt« aller Art verwahrt. Der alte Oberst hatte häufig den Wunsch au-ge- babn sofort alle Zeit- und AuSdils-arbeiter und gibt sie dem Elend preis Dabei wird dann noch aus ein Vorhalt bemerkt, daß die Leute ja Arbeitslosenunterstützung be- zieben. Zuiammevgcsaßt muß doch gesagt werben, daß rin schlechtere» Arbeit-Verhältnis wobl kaum irgendwo besteht. Wir ralrn jeden in der Prinalindustrie beschäftigten Ar beiter, sich ja restlich zu überlegen, ob er unter diesen Be dingungen noch gewillt ist, bei der Eisenbahn in ein ArbeiiS- verhältni» etnzutrrien: Nun wird mancher Arbeiter denken, daß ja ein Eisen- bahner später Beamter werden kann und daß er bann weit mehr verdient. Die Aussichten, Beamter zu werden, sind so, daß bald alle jetzt im Eisenbahnbienst beschäftigten Ar- beiter die Hoffnung, Beamter zu werben, aufgegeben haben. Wieviel verdient nun ein Beamter in Riesa? Da» Gro» der Beamten wird nach der Besoldungsgruppe III bezahlt. Ein lediger Beamter hat in der Besoldungsgruppe Hl ein NnsangSgchalt von monatlich 116,50 Mark, nach IN Beamtenjahren erreicht der Beamte -a- Höchstgehalt, was sage und schreibe 156 Mark beträgt. Ein Beamter, der verheiratet isi, erhält pro Monat 12 Mark mehr al» Frauen zuschlag, 18 Mark für ein Kind unter 8 Jahren und 28 Mark für ei» Kind biS 28 Jahre. In Stundenlohn umaerechnet, erhält ein lediger Beamter 58 Psg. pro Stunde im AnfangS- aehalt und 82 Pfg. pro Stunde im Endgehalt. Da sich auch die Gehälter nach Ortsklassen abstusen, erhalten die Beamten, die in -er Ortsklasse 6, v und L beschäftigt werben, ent sprechend weniger. Auch für die Beamten bat der jetzige Reichstag eine Gehaltserhöhung abgelehnt. Bet den statt- gefundenen Lohnverhanblungen erklärte der Vorsitzende der Verhandlungskommission, daß die Reichsbahnvcrwaltung durch ihre Rückständigkeit und Hartnäckigkeit angesichts der großen Skvtlage ihres Personals sich ein Denkmal der Schande errichtet habe. Mit der Erklärung kann eS, nach dem sich auch noch ein Schlichter gefunden hat, der durch Schiedsspruch jede allgemeine Lohnerhöhung abgelehnt Hai. nickt bewenden. Die Eisenbahner werben, gezwungen durch die Not, weiter kämpfen müssen. Diese Zeilen sollen dazu beitragen, die Oessentlichkeit über die wirkliche Not der Eisenbahner aufzuklären. EinheitSverbaub der Eisenbahner Deutschlands, Ortsgruppe Riesa. Die Kosten des polnische« Militarismus. Nach den bisherigen Berechnungen kosten die Manöver Set Thorn und Broby gegen 1H Millionen Zloty, von denen 588888 Zloty auf Transportkosten entfallen. Die prunk vollen Empfänge der auSländsschen Militärs sowie die Kosten für die Manöver von Grodno sind dabei nicht mit- etngerechnet. ES sei hier daran erinnert, daß der Boran- schlag für den Unterhalt eines stehenden Heeres von Polen — 388 888 Mann — 888 Millionen Zloty beträgt, also eben soviel, wie brr Sachverständige Noung für da» gesamte Budget des polnischen Staates ausgestellt hat. DaS gegen wärtige Budget beläuft sich jedoch auf über 2 Milliarden Zloty, so baß daS Budget deS Kriegsministeriums mehr als ein Drittel deS GesamtbubgeiS ausmacht. Zu dem Gedan ken eine» Abbaues des polnischen Militarismus ringt sich allmählich auch die polnische linksgerichtete Presse durch. Go schreibt die Krakauer „Naprzob": „Mit eiserner Konse quenz, tritt uns die Wahrheit vor Augen, daß man endlich eine Einschränkung der Hauptausgaben für daS Heer her- -etführen muß. Die Armee muß unbedingt reduziert werben, obwohl die Verteidigungskraft des polnischen Staa te» nicht berührt werden darf. DaS FrtedenSkonttngeni der Armee von 888 888 Mann muß auf 188 888 reduziert werbem denn Polen ist nicht in der Lage, sich den Luxus eine» Friedensheeres von 388 888 Mann zu gestatten. ES ist viel zweckmäßiger, alljährlich Ersahreserven zu einer achtwöchigen Ausbildung einzuberufen. Zu diesem Schritt muß man sich möglichst bald und rasch entschließen." sprachen, Julie möge lieber eins der unteren Zimmer be ziehen, in der Nähe seines eigenen Schlasraume». Aber in dieser Beziehung hatte Julie «inen eigenen Starrsinn gezeigt. Sie liebt« überhaupt die Einsamkeit mit einer bei saugen Menschen sehr seltenen Leidenschaftlichkeit, und wen« sie nicht um ihren Dater bemüht war oder in Gün ther» Hause «ach dem Rechten sah, saß si« am liebsten still hier oben ln ihrem Zimmerchen, lesend oder eine der steinen Handarbeiten vornehmend, die sie alle selbst ersann und nach selbstentworfenen Mustern ausführte. Auch ihre Blumen hatte sie hier oben an die nach Süden gerichteten Fenster gestellt, wo sie prächtig gediehen. Sie hatte viel Liebe und eine sehr geschickt« Hand für di« Pflege dieser zarten Lieblinge de« Lichtes. Im bunten, farbenfreudigen Glanze standen sie überall umher, auf Fensterbrettern und Stellagen. Unwillkürlich sah Käthe immer wieder hin nach der leuchtenden Pracht. E» ging ein wohltuender Friede, eine große, stille Ruhe au» von all den weißen und farbigen Kelchen und den schöngehaltenen Blattpflanzen, auf denen heute aller dings schon ein« leichte Schicht Staube« lag. Käthe hob das feine Näschen. Ein leiser Dust wehte sie an — ein schwerer, süßer Geruch. Hatte Julie denn hier auch Hyazinten gezogen? Aber Käthe Gerlach entsann sich deutlich, daß Julie von jeher eine stark ausgeprägte Abneigung gegen eben diese Blumen gehabt hatte, eine Abneigung, welche sie oft kaum überwinden konnte. Der Geruch mache sie unruhig und aufgeregt, hatte sie wiederholt geäußert. Nein, Julie von Kirchbach hatte ganz bestimmt nie mals selbst Hyazinthen gezogen. Und doch — der Dust war da. Er war unverkennbar und so stark, daß Käthe e, gar nicht begriff, daß sie ihn «tcht augenblicklich gemerkt hatte. Das jung« Mädchen nahm mit einem tiefen Seufzei die Schlüssel zu all den Kästen und Laden de» Zimmers, welche, vereint zu einem Bunde, vor ihr auf der dunklen, glänzenden Schreibtischplatte lagen. Der ast« Oberst hatte si« ihr gegeben, dem Wunsch« ihre« Bater» entsprechend. .Hier, lieb«, Kind," hatte er gesagt, .sehen Sie doch droben einmal alle» nach! Geheimnisse dürfte Julie kaum gehabt haben, und vielleicht finden Sie doch einen Anhaltspunkt, eine Er klärung für den mehr als seltsamen Umstand, daß mein arme» Kind in rauher, regnerischer Herbstnacht mutter- seelenallein, in leichter Ballkleidung, am Abend vor ihrer Hochzeit da» Fest verläßt und im Forst« planlo» umherirri. Mehr al, alle» ander« quält mich der Gedanke, das, Juli« da» Opfer «ine» teuflischen Derbrechen« geworden sein könnte. Der alte Rat Steamann besteht ja auch auf seiner Meinung, daß mehr Menschen auf der Brücke gewesen seien. — Und dann da» Haar, da» lange, goldrote Haar-wischen Julie» Fingern I Kind, e» wäre ein Verdienst, wenn jemand hier Klarheit schaffen würde l" (Fortsetzung folgt.)
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