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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041220017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904122001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904122001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-20
- Monat1904-12
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BezugS-VretS t» der tzauptervedttto» ob« der« LnSgabo- stellen ob,«holt: vierteljährltch ^S , bei pv«t«aU«a töglicher tznstetlnng MStza»» ^ltz-7L. Durch die Potz bezog«» für Dentlch- lanb n. Oesterreich viertrlsLdrllch ^l <ÜO, für die übrige» Länder laut Zeit»»,«Preisliste. Liefe Nummer tostet ü /ß tN L auf alle» Bahuhüfeu uub all I bet de» ZeitungS-L«rkä»ter» I * Nedattio» Grtzeüttts« 1LS Ferufprecher Wü Johauutrgaffe L Haupt-KU tat, DreSdeu: Marieastrah« 84 (Fenrsprocher Amt I Nr. 17131. H«upd-Kiltate Berlin TarkD»»cker,Herzal.BaqrHofbuchb<mdlg^ Lüyowslratzr 10 (Feruspmcher Ami VI Nr. 460S1 Sir. 64K. Morgen-Ausgabe. MpMrr.TaMM Anzeiger. Amtsblatt -es Königliche« Land- und Ses Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates «nd des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Dienstag den 20. Dezember 1904. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Peruzeile 28 Stotlam«, «uer de« SttdatttonSftrtch UaefpaNru) 7L »ach dou FaurUtennaL- richten iSgespall«) SO 4. — Tabellarische- uub Zisferüsa» werd«» entsprechend höher be rechnet. — Gebühre» für Rachwetfuugra und Ossertenanncchm« LS Amurtzmefchlutz für kl uzet, n». I Nb«ah-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. I Marge »«Ausgabe: nachmittags s Uhr. ! Auzetgr» ft»b tzets a» dteitrpedttto» zu richten. EnnmOeU«^» ürur mit Mr viargea- Ausgab«» »ach befouderer verrtubarnag. Die StzPedttt«, tp »ocheutaa» nnuntrrdrochen geüffuet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck mtd Verlag »0» G. Pol- t» Leipzig (Ach. I-r. -tl. Si. ch W. »lt.kdardtl 98. Jahrgang. Var Aichtzgrle vsm läge. * Die deutsch-österreichischen Handelsvertrags verhandlungen Werren am Mittwoch in Beilin wieder ausgenommen. (S. Dtsch. Reich.) * Bei dem HauSeinsturz in Bremerbavcn sind lO Arbeiter um- Lebe» gekommen. 4 liegen noch unter den Trümmern. (S. A. a. W.) * Nach Madrider Meldungen soll auf Betreiben des neuen Ministers Aguilar Campo« der König im Februar auch Berlin besuchen. (S. Ausland.) * Der Senator Naryschkin bat bei einer Revision fest gestellt, daß der Hauptbevollmächtigte des Russtschen Roten Kreuzes für Ostasten Rechnungsbücher nicht geführt hat. und daß die Ausgaben die Einnahmen ständig überschritten. (S. russ.-zap. Krieg.) * Im Staatsrat soll der Zar erklärt haben, er wolle seinem Sohne und Thronfolger das autokratische Systein unverändert hinterlassen. (S. Ausland.) LonOonrr Vries. (Von unserem -o-Korrespondenten.) London, am 17. Dezember. Die Rede, die Mr. Ehamberlain nach den Vor- bereittmqen eines rührigen Ausschusses am letzten Don nerstag in Lime House, in der Edinburgh Castle Hall ge halten hat, wird — das ist nun einmal unumgänglich — auf Wochen, vielleicht auf Monate hinaus alle anderen Fragen der englischen Politik beeinflussen. Größere Auszüge sind notwendig, wenn das Material nicht lücken haft werden soll. Niemals, selbst in Luton nicht, hat Chamberlain mit so unglaublichem Geschick operiert: niemals wird sein Name so oft in den Spalten der Zei tungen aufgeführt werden, wie eS setzt der Fall ist. Die agitatorische Wirkung ist zehnfach so groß, alS man dachte: sie wäre fünffach so groß gewesen, hätte der „falsche Prophet von Birmingham", wie der Arbeiter- sekretär John Burns ibn genannt hat, nicht, frei von Skrupeln, sich kapitalkräftige, neue Bundesgenossen für diesen Winterfeldzug gesucht. Sein „Chairman" in der Edinburgh Castle Hall war der schwergewichtige Mr. C. Arthur Pearson, der Verleger des „Daily Tele graph", der nun auch den „Standard" besitzt und dieses ernsthafteste aller englischen Parteiorgane zum Kniefall vor der Tarifreform-Liga gezwungen hat. Darum wird jetzt an der Stelle, wo sonst mit logischer Konsequenz, in anständiger, dafür um so gefährlicherer Polemik auf die oolitischen Schwächen des Kabinett» Balfour hingewiesen worden ist, das Evangelium von Birmingham gepredigt. Es wird gesagt, daß etwa 3500 Besucher in die „Arbeiter"-Versammlung gekommen seien, und daß eine Menge von 15 000 bis 20 000 Köpfen in den schwarzen, nassen Straßen des Ostends gewartet habe, um nur einen Blick Seiner Gnaden zu erhaschen. Von anderer Seite hört man, das Volk habe, zischend und johlend, die Pferde des Herrn Chamberlain scheu gemacht. Im Saale herrschte, so viel ist wahrscheinlich, eine gereizte Stim mung, trotz der äußersten Sorgfalt, womit man das Arbeiterpublikum aus den Automobil-Eigentümern des Westends und auS Parteigängern zusammengesetzt hatte, denen es ein großer Vorzug sein mußte, daß ihnen Billetts nicht abgeschlagen worden waren. Polizisten wurden von dem Versammlungskomitee in aller Hast ver langt: aber sie wurden nicht bewilligt, und sie waren auch überflüssig. Mr. Chamberlain wurde von seiner Gattin und von Mr. Pearson begleitet: das hochgemute Bewill- kommungslied: „„k'or lies a zoll? sxooä kellov" gab ihm zu verstehen, wie sehr man ihn schätze. Im „Stan dard" heißt eS deshalb auch, es sei eigentümlich, daß der Imperialismus sämtliche nationalen Melodien an nektiert habe: man könne sich zum Beispiel nicht denken, daß Mr. Campbell-Bannerman, das unpatriotische Haupt der Liberalen, irgendwo mit einem: „Rule Lrlinnvia" begrüßt würde. Gegen diesen Parlamentarier richtete Mr. Chamberlain auch sofort persönlichste Angriffe, nach- dem ihm der getreue Pearson auch in prosaischer Rede den „London-Wilkkoim" gewünscht hatte. Der Ex- kolonialminister ist nicht her Mann der indirekten Taktik. Er sagte den zwar nicht in der Halle, aber doch in der Lust um ihn herum gelagerten Arbeitermassen, alles Uebel sei für sie durch die veraltete Politik des liberalen Fiskalsystem» verursacht. Die Campbell-Bannerman und Asguith seien Widersacher nicht bloß der Gegenseitig keit im Handel, sondern auch in der Höflichkeit: ihre Mittel seien die Mittel der „Vulgarität", der Niedrig keit, und er habe nichts mit ihnen zu schaffen. Während die Fraktionen noch immer in Verwirrung sind und keine recht weiß, waS die kommenden Generalwah - len ihr bringen, sprach Ehamberlain da» herausfor dernde Wort: „Je eher, desto bester:" Zwei Fragen wolle er dann dem Lande vorlegen, ob ein« sechszig Jahre alte Politik nicht unter den gegenwärtigen Bedingungen un- möglich sei, und was im Verhältnis Englands zu den Kolonien geschehen solle. Nie habe selbst der rückstän digste Tory zu einer so ungesunden Politik der Stag nation sich bekannt, wie heute die englischen Radikalen sie betrieben, die von ihrem Dogma des Freihandels und der freien Einfuhr nicht lassen wollten. Der Redner zog den wirtschaftlichen Fortschritt der fremden, schutzzöllnerischen Nationen an: die Theorie des „Jeder für sich" will er über Bord werfen und den Schwachen gegen den „überwältigenden Druck der Umstände" helfen. Als Mr. Chamberlain dies anSeinandersetzte und etwa» von Arbeiterschutzgesetzen redete, wurden vereinzelte, doch freiwillige Rufe: „Hört! Hörti" in der Versammlung laut, die vorher, sehr absichtlich, die Nennung Campbell- Bannermans mit „Schandei" und „Lüge!" beantwortet halte. Für den Fall, daß das liberale Wirtschaftspro- gramm nicht beseitigt werde, verhieß Chamberlain den Arbeitern die Alternative niedriger Löhne oder des Ver- lusts der Arbeitsstellungen: denn Freihandel und Schutz der Arbeit seien unvereinbare Dinge. Der Redner be schäftigte sich, so wie es seine Gewohnheit ist, mit der Entwicklung der Vereinigten Staaten, der Kolonien und desDeutsäsen Reiches: hier entkräftete er die Be hauptungen de» Cobdenklubs. der sich geberde, als lebe der deutsche Industriearbeiter seit dem Fürsten Bismarck von Schwarzbrot und Pferdefleisch, mit den Resultaten der Untersuchungen des Professors Ashley (von denen wir Notiz nahmen. T. Red.). Es folgte der Haupt trumpf, den Chamberlain als imperialistischer „M i s - si 0 na r", wie er sich bezeichnet, bisher ausgespielt hatte, um Proselyten aus den „rvoilcruen" um sich zu scharen: „Ihr leidet unter der unbegrenzten Einfuhr bil liger Waren", zweitens aber: „Ihr leidet unter der unbegrenzten Einwanderung von Auslän dern". Mit dieser Verbindung hatte Chamberlain den Abend gewonnen, und er wußte sogleich, daß er siegen würde: denn laute, häufige „Cbeers" erschollen, dem Agitator leistete sein Publikum, auch das nicht bestellte/ keinen Widerstand mehr Man muß sich vergegenwärtigen, in welchem Milieu der Exkolonialsekretär seinen Trick benutzt hat, in dem selben Londoner „Easiend", das von den Elendesten der Elenden, namentlich von russisch-jüdischem Proletariat, bereits wimmelt. Er agitiert gegen diese Schwärme in einer Zett, wo der nationale Haß der Londoner Klein bürger, der Angestellten und ssgar der Industriearbeiter durch das Einwanderungsgesetz erregt ist: er wagt gegen die ausländische „Invasion" das. was in der Heber- schrift des „Standard", am ersten Platz, mit Fettdruck als „strilciue äenuneiation" der Fremdengefahr aufmar- schiert. Hinter den Leuten, die Englands Boden betreten hätten — so eiferte er, indem er den „Fanatismus der Freihändler" in der Tat denunzierte — drängten sich Millionen, die nur der Spur nachzuwandern brauchten, die ihnen die zehn Tausende des Anfangs ge zeigt hätten. Ein Staatsmann sei, wer dein Uebel ein Ziel setze, ehe eS auf den a r b e i t e n d e n Kl a s s e n mit einer Wucht laste, die über alle menschliche Erfin dung sei. Nicht nur aus dem Londoner Distrikt, son dern auch von Städten wie Leeds und von einigen Teilen Schottlands seien Klagen über die Fremdengefahr zu ihm gekommen. Mr. Chamberlain aber ist ein Philan- throp: ohne Philanthropie arbeitet selbst dieser Englän der nicht. Er bemitleidete die russische Judenschaft, die schon den Anblick ganzer Londoner Straßen verändert habe, er beschuldigte Rußland das sie brutal verjagte. Sie sollen dadurch gerettet werden, daß ihnen eine Heimat in Ostafrika gegeben wird, wohin soeben gemäß den Plänen des Baseler Zionistenkongresses und des verstorbenen Tr. Herzl, dessen Persönlichkeit Cham berlain zu bewundern vorgab. eine zionistische Siede- lungs-Kommission abreist. Inzwischen will der Ex kolonialsekretär die englischen Arbeiter vor dem „fürchter lichen" Wettbewerb dieser Fremdlinge bewahren, die, ohne eS zu wollen, Verbrechen, Krankheit mrd hoffnungs lose Armut verbreiten. Die Exekutivregierung soll größte Machtvollkommenheit erhalten. Für Cham- berlain ist eS gewiß, daß die Partei der „kree iwpor ters" auch in der nächsten Session da» neue Einwande- rungSgesetz zerstören wird, aber man rücke ja den Generalwahlen näher. Ob sie dann den Mut ihrer Ueber- zeugungen haben wollten? Diele Zuhörer schrien: „Nein, nein!", und Chamberlain fuhr fort, die Devise der Frei- Händler zu höhnen: „Arbeiter, kaust auf dem billigsten Markt: setzt eure Lebenskosten herab; hofft auf billige Hemden und auf Arbeitslosigkeit!" Später legte Cham berlain seiner Nationalökonomie da» Buch des Dr. Karl PeterS, „eine» in der Kolonialwelt wohlbekannten Mannes", zu Grunde, um an besten Bemerkungen über die englische Fabrikatton zu demonstrieren, daß diese Fabrikation zurückgegangen sei. Die Tarifreformfrage, so folgerte der Kolonialminister, sei nicht eine „Frage de» reichen Manne»": der profitiere vielleicht mit, aber» er verliere Wohl mehr, al» daß er gewinne. Mr. Chamberlain hat für bester befunden, im dritten, im letzten Teil seiner Rede von der volkswirtschaftlichen Plattform abzuspringen und rein politische Lehren über das politische Machtproblem Großbritanniens feilzu bieten. Er sagte der Versammlung, daß die Majorität der Wähler den Ausschlag gebe: „Ich wette, daß mein ärgster Feind nicht leugnen würde, daß ich Vertrauen ins Volk setze. Was ich bm, dazu hat mich das Volk gemacht — meine lieben Landsleute in Birmingham — da» Volk, dem ich alles schulde, was ich bin, das Volk, da meine ganze Vergangenheit kennt, und dem ich beson ders verantwortlich bin." Die englischen Arbeiter feien langsam, wenn man sie zu Schiedsrichtern über Theorien aufrufe: aber wenn er ihnen große Prinzipien voi ge tragen habe, dann habe er. der Mr. Chamberlain, sich nie in ihnen geirrt. Das „imperiale Ideal" proklamierte er, mit der heimlichen Absicht, auch seinem einstigen Nebenbuhler im Unionismus, den Earl of Rosebery, etliche Hiebe zu verabreichen. Er versuchte, durch Witz zu blenden, und nannte den Geistvollen eine „hinschwin dende Figur", die mit momentanem Glanz gekommen und mit momentaner Plötzlichkeit gegangen sei. „Er hat nichts getan", warf einer dazwischen, als Chamberlain auf Rosebery, der die Glocke geläutet habe und dann fort gelaufen sei, volkstümliche Spottverse anwandte. Ter Redner von der Edinburgh Castle Hall war seines Publi- kums so sicher, daß er die Zollabmachung als ein „kolo- niales Angebot" an Großbritannien empfahl, daß er die Zweifel an der Kolonialkonferenz als „mon ströse Prätentionen" preisgab. und daß er äußerte, in das Angebot nicht zu willigen, würde idiotisch sein. Er endete seine Kilometerrede mit dem folgenden Satze, worin er den Mr. Asquith koramierte: „Kein Sieg, auf den er in seinen sanguinischsten Augenblicken hoffen kann, wird gültig sein, wenn er nicht sichert, daß in Zu- kunst eine ernste, aufrichtige Anstrengung zu engeren Be ziehungen zwischen unseren Kolonien und unS gemacht wird, zu Beziehungen, die auf das Vorzugssystem ge gründet sein müssen, durch die jedermann innerhalb des Reiches von seinen Mituntertanen eine bessere Behänd- lung erfährt, als er den Fremden gibt, durch die der Fabrikant im vereinigten Königreich mindestens dieselben Rechte empfängt wie seine ausländischen Mitbewerber, und durch die jeder englische Arbeiter vor dem geschützt wird, was jetzt für ihn die drängendste Gefahr ist — da vor, daß er auS seiner gesetzlichen Stellung durch den un billigen Mitbewerb unterbezahlter Arbeit gestoßen wird." Frenetischer Beifall, einhellige Annahme der Dankes- resolution. Der „Standard" bescheinigt dieser Zollrede, daß sie für Industrie und Handel Zukunftsbahnen auf gezeigt habe, und die „St. James Gazette" lobt den „Trachentöter", der die Fremdengefahr bekämpfen werde. Für deutsche Zuschauer ist diese Verschiebung der C 0 ulissen ein Omen. ver ffnkrtana in ZiiOwertattitza. Hauptmann Frank«» Rückkehr. Hauptmann Franke, der frühere Führer der 2. Kom pagnie der Sämtztruppe in Südwestafrika, ist in Ham burg eingetroffen. Hauptmann Franke war es, der in den ersten Wochen des .Hercroaufstandes an der Spitze seiner tapferen, kriegserprobten Neiterschar Windhuk und Okahandja befreite, dann sofort nach Omaruru vorrückte und von dort den Feind nach zehnstündigem Kampfe ver trieb. Später zwangen ihn Rücksichten auf seine Ge sundheit, längere Zeit in Omaruru stillzuliegen, doch nahm er an den Kämpfen bei Waterberg wieder teil. Vor seiner Abreise von Srvakopmund brachte ihm die Bürger schaft einen Fackelzug und Rechtsanwalt Wasserfall feierte den berühmten Ritt der Kompagnie Franke, der ihr einen unvergeßlichen Namen in der Geschichte der Schutz- truppe zusichere. In seiner Erwiderung sagte -Haupt mann Franke, daß es ihm schmerzlich sei, in diesem Augenblick nicht mehr an der Spitze der Leute zu stehen. Aber nur ein Teil von ihnen sei noch im Sattel, so man chen habe die feindliche Kugel gefällt, so manchen habe Krankheit hinweggerafft. Aber jüngere Kameraden seien an ihre Stelle getreten, um dem Beispiel ihrer Vor gänger rühmlichst nachzueifern. Jene Leute zu befeh ligen, sei eine wahre Freude, und keine Anerkennung, die der zweiten Kompagnie gezollt werde, würde ihr un verdient zuteil. Er gehe jetzt in die Heimat; wenn ihn auch als Soldat der Wunsch erfülle, nach seiner Rückkehr noch einmal dem Feinde entgcgenzntreten, so müsse er doch mehr wünschen, daß dieser unselige Krieg, der die Kolonie verwüste, bald beendet werde. Hauptmann Franke begibt sich von Hamburg nach Berlin. Ein Mann von seiner Kompagnie befindet sich unter den Heimgekehrten, von den Offizieren ist, außer dem Chef, niemand mehr am Leben. Vck« der Grenz« 8«r Anpk»l«nl«. Tie unbewaffneten Kapburen an der Grenze von Deutsch-Südwestastika sind völlig den gut bewaffneten aufständischen Hottentotten vreiSgegeben, die in Banden das Land durchstreifen. Unter der Landbevölkerung herrscht große Bouirulüguna wegen der engen Bezieh ungen zwischen Kaphottentotten und den aufständischen Hottentotten tn Teutsch-SUdwestafrika. Eine Anzahl der letzteren wurde im Buretzkriege von den Engländern al» Kundschafter verwandt. Oer nirrircb-japimirche Weg. Vi« Verpflegung der rnsflfche« Aren««. Ein Artikel der „Nowoje Wremja" über die Ver- Pflegung der russischen Armee erregt, nach einem Tele gramm aus Mukden, großes Aufsehen. Das Heer wirv darin als eine hungernde, zerlumpte und barfüßige Horde geschildert. Demgegenüber be tont der Korrespondent, daß selten eine Armee im Kriege so gut verpflegt worden ist, wie die russische. Dieses be stätigt vollauf der deutsche Militärattache Major vonTettau, einer der hervorragendsten Kenner der russischen Armee. Tettau hat seit Beginn des Krieges an den Operationen verschiedener Armee korps tcilgencnimen. Niemals, auch unter schwierigen Verhältnissen und während mehrtägiger Schlachten, hatte er unter Verpflegungsschwierigkeiten zu leiden. Feldküchen und Brotkolonnen rückten, de» feindlichen Feuers ungeachtet, bis in die vordersten Schlachtlimen vor. Tie Verpflegung sei der einzige Lichtpunkt in diesem Kriege. Weihnacht««. Der Korrespondent der „Birshewija Wjedomosti" telegraphiert aus Mukden vom 17. d. Mts.: Es werden umfangreiche Vorbereitungen getroffen, damit die Sol daten das Weihnachtsfest angenehm verleben. Bei allen Truppenteilen lverden für die Soldaten Weih- nachtsbäume hergerichtet: besondere Vorräte für das Fest sind in großer Menge eingetroffen. Von d«r Front. Nach Telegrammen der Londoner Sonntagsblätter, die die „M. Ztg." verbreitet, melden in Tokio ein gegangene Depeschen, daß am Donnerstag 3000 japa nische Freiwillige unter General Hwatajan eine große russische Abteilung überrumpelten, die Len Versuch machte, die Japaner nach einem Punkte nordwestlich von Hsinchang hinzulocken. Es kam zu einem heftigen Zusammenstoß. Die Russen wurden gezrvuugen, sich nach Mukden zurückzuziehen. K« tz«n U»t«rs<hl«if«« vsim »»sfisch«« rst«« A»««z teilt Li« liberale, jetzt von Stuttgart nach Paris übergesiedelte „Oswoboschdenie" wieder ein inter- essawtes Aktenstück mit. Eine Sitzung der Aufsichts kommission der Gesellschaft vom Roten Kreuz, in der die Tätigkeit des Hauptbevcllmächtigten in Ost- asien, Kammerherrn Alexandrowski, und daS von diesem eingeführte Abrechnungssystem besprochen wurde, faßte den Beschluß, Herrn Alexandrowski abzuberufen. Nach dem er bereits bei der Expedition in China das Rote Kreuz geleitet und bisher noch keine Ab rechnung vorgelegt batte, ließ nun das Komitee eine Revision vornehmen. Zu diesem Zweck wurde Senator Naryschkin nach Ostasien gesandt, -er die schlimmsten Befürchtungen bestätigt fand. Alexandrowski hat Rech- nungsbücher überhaupt nicht geführt und vermochte nur nachzuweisen, daß ditz Ausgaben di« Ein nahmen ständig überschritten haben. veutrcver Keich. Lechzt», IS- Dezember. * Mehring gegen Vebel. Auf die immerhin »och ganz hübsch aggressive Erklärung Bebel« im „Vorwärts" gegen die „leichtgläubigen" Parteiredakteure im allgemeinen und die der „Leipziger Volkszeitung" im besonderen antwortet heute in seinem Blatte F. Mehring in einem recht ruhigen Artikel mit Unterschrift. Wir verzichten von vornherein darauf, unsere Leser mit all dem Kleinkram zu langweilen, in den der Streit des rohesten Blattes Deutschlands mit der Fraktion sich allmählich auflöst. ES handelt sich immer mehr um belanglose Einzelheiten: Ob Bebel gesagt hat, er könne den berüchtigten „Sauherden"-Artikel „nach keiner Richtung bin" verantworten (Bebel scheint diesen ver schärfenden Zu>atz im Korrekturabzug deS stenographischen Be richt« gestrichen zu haben) ist noch eine der wichtigeren davon. Dafür enthält die Mehringsche Erwiderung eine Reihe von versteckten Bosheiten. Ihr Zusammenhang mit der eigentlichen Streitangelegenbeit ist zwar nur recht lose, aber sie sind an sich interessant. Eine haben wir schon registriert, die zwischen den Zeilen angedeutete Bebelsche „Korrektur". Weiter legt Mehring seinen alten Protektor Bebel auf die ^Leipziger VolkSztg." in aller Form fest, indem er erzählt, am 14. Dezember habe in Berlin die vom Parteivorstande an beraumte Konferenz stattgefunden, bei der die Leipziger BolkSzeitungSlcute durch vier Personen, darunter natürlich Mehring selbst, vertrrten waren. Es seien dabei keine „Menschlichkeiten" (Bebelscher Ausdruck) festgestrlll werden, außer der Nervosität eines Redakteurs infolge von Uebrrarbeitung. Dann aber heißt eS weiter: Die Leistungen der „Leipz. VolkSztg." hätten sich großer Anerkennung zu erfreue» gehabt und Bebel habe die Zeitung sogar sem „liebstes Parteiblatt" genannt. Gerade deshalb aber müsse er es unnachsichtlicher kritisieren al« jedes andere. Wir vermuten, diese nicht für dieOeffentlichkeit bestimmte Aeußerung de«Partei papste« wird das alte innige Verhältnis zwischen „Vorwärts" und „VolkSztg." noch herzlicher gestalten. Ein nettes Geständ nis wird dann noch so ganz beiläufig von Mehring abgelegt: Er, der Chefredakteur, hab» an der Form de« Artikels, der dem Faß den Boden auSgeschlageo, auch manche« au-zuietzeu gehabt. Nun wissen die Leipziger wenigsten«, wie der Cbef- revakteur der „Volkszeitung" über sein eigene- Blatt denkt. Am Schluß seines Artikel» wirst Herr Mehring mit groß- artigem Schwünge die mit Recht so sehr beliebte Toga der alten Herren Römer über seine Schultern und spricht von dem peinlichen Konflikt, in den er geraten. Sollte er Rück sicht nehmen ans seinen Beschützer Bebel, der ihn in Dresden gerettet, oder sollte er seinen Pflichten gegen die Leipziger Genoffen die Treue halten? Da« war die große Gewissen-- frage. Und Herr Mehring enffchied sich also: Um meiner persönlichen Beipflichtungen «Ulen, seien sie «ch so berechtigt und mir so teuer, wie i» diesem Fall«, darf ich
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