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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.12.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041209014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904120901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904120901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-09
- Monat1904-12
- Jahr1904
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BezugS-PretS i« der Hauplexpedttto» oder bereu Ausgabe- stellen abgeholt: vierteljährlich 8.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung tu» Haus 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.V0, sür die übrigen Länder laut Zeitung-Preisliste. Diese Nummer tostet auf allen Bahnhöfen und III I bet den ZeitungS-Berkäuseru I * «edattion und Srpeditiom 1b3 Fernsprecher 22L Johannisgasse 8. Haupt-Filiale Dresden: Martenstrahe 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlgv Lüyowstraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603h Nr. 826. Morgen-Ausgabe. ApMrr TaMalt Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamles der Ltadt Leipzig. Freitag den 9. Dezember 1904. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petttzeüe 25 Reklamen nut« »em tstedakttonsslrtch (4orsvalt,n> 7K nach de» Familiennach- richlrn GgespaUen) bO -H. — Tabellarischer und Ztssrrnsah werden entsprechend NNdri be- rechnet. — Gebühren für Nachwniui^eu and Ossrrlenannahme 2b Annahmeschlutz für An,et,eu: Abend »Ausgabe: vormittags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets au dte Llpebttion zu richten. Ertra-Veila,eu luur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die orprdtrion IP wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend- 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Vr. B„ R. ch W. ikltakhurdth 98. Jahrgang. insbesondere größere Geschäftsempfehlungen bitten wir uns möglichst schon heute zu überreichen, da mit auf wirkdngsvollen Satz und gute Plazierung größtmögliche Sorgfalt kann verwendet werden. Anzeigen,»r »«< < Ssnntags-Nunrnrev Var Nichtigste vom Lage. * Wie verlautet, sind die Untersuchungen der Professoren Koch und Schütz über die Schutzimpfung gegen Tuberkulose nunmehr abgeschlossen und haben zu einer befriedigenden Methode der Schutzimpfung geführt. (S. Letzte Nachr.) * Cornelius Vanderbilt wird nicht Sekretär der amerikanischen Botschaft in Berlin. (S. Dtsch. Reich.) * Die Reichstagsstichwahl im Wahlkreise Jerichow zwischen dem Lehrer Mertens (freis. Vp.) und dem Stadt verordneten Voigt (Soz.) findet am 16. d. M. statt. * Zum Unterstaatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten wurde der Landeshauptmann Ge heimer OberregierungSrat Holle-Münster (Westfalen) er nannt. (Nat.-Ztg.) * Der treulose Sekretär der Pariser Freimaurerloge, Bidegain, der das Material zum Sturze Andros lieferte, wurde in Lüttich erkannt (S. Ausland). * Die 50. Wiederkehr der Verkündigung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis wurde in Rom durch eine vom Papst gelesene Messe und durch Illumination gefeiert. (S. Ausland). * Der französische Deputierte Syveton, defskn Prozeß heute vor dem Schwurgericht beginnen sollte, wurde gestern nachmittag in seiner Wohnung durch Gas getötet aufgefunden. * Der italienische Schatzminister zeigte das Projekt eines mit der Schweiz, Deutschland und Frankreich zu schließenden Zollvereins der an der Seidenweberei interessierten Staaten an. (S. Ausland.) * Die Unionregierung hat gegen den amerikanisch, englischen Tabaktrust, der die Pflanzer schädigt, ein ge richtliches Verfahren eingeleitet. (S. Ausland.) * Im Hafen von Port Arthur ist der „Retwisan" gesunken. (S. russ.-jap. Krieg.) Var steichrgerimadeitramt. Nach Artikel 4 Ziffer 15 der Reichsverfassung unter* liegen der Gesetzgebung und Aufsicht des Reiches die Maßregeln der Medizinal- und Deterinärpolizei. Ein zelne hierher gehörige Vorschriften wurden in der Ge werbeordnung und im Strafgesetzbuche erlassen. Eine um fassendere Gesetzgebung wurde aber mit dem Rinderpest gesetze eingeleitet. Diesem folgten das Impfgesctz, das Gesetz, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbcförderung auf Eisenbahnen, das Gesetz, be treffend Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote, das Gesetz, be treffend den Verkehr mit Nahrungsinittcln, das Gesetz, betreffend die Abtvehr und Unterdrückung von Viehseuchen, das Gesetz, betreffend Anfertigung von Zündhölzern, das Gesetz, betreffend den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegenständen, das Gesetz betreffend Verwendung gesundheitsschädlicher Farben bei Her stellung von Nahrungsinittcln, das Gesetz, betreffend den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter. In neuerer Zeit sind dazu gekommen das Süßstoffgesetz, das Weingesetz, das Gesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, und das Reichsgesetz zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. Man sieht, welche reiche Tätigkeit das Reich auf diesem Gebiete entfaltet l)at. Der Vollzug dieser Rcichsgesetze liegt, soweit nicht strafrechtliche cder zivilrechtlickje Fälle in Betracht kommen, den LandcSverwaltungsbehördcn ob. Die Aufsicht über den Vollzug dieser Gesetze übt aber das Reich, wie es die Verfassung bestimmt. Es ist nun nicht zu leugnen, daß sich mehr und mehr ein Bedürfnis nach gleichförmiger Durchführung der Reichsmedizinal - und Veterinärgesctze geltend macht. Man Imt zwar in: Jahre 1876 das Rcichsgesundhcitsamt ins Leben ge rufen. Diese Behörde hat aber keine Verwaltungs geschäfte zu erledigen. Sie soll den Reichskanzler nur bei der Ausübung der NeichSaufsicht unterstützen und beraten und ist dem Reichsamte des Innern unter- geordnet. Sie kann und wird sich aber sicherlich ein mal von der bloß begutachtenden, zu der wirklich ver waltenden Behörde entwickeln. Die reichsgesetzliche Regelung der Nahrungsmittelpolizei hat man bereits ins Auge gefaßt. Heißt es -och in 8 10 des Reichsgesetzes vom 24. Mai 1901 betr. den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähn lichen Getränken: „Bis zur reichsgesetzlichen ein heitlichen Regelung der Beaufsichtigung des Verkehrs mit Nahrungs- und Genußmitteln treffen die Landes regierungen darüber Bestimmung.." Auch die Seuchen. Polizei muß m absehbarer Zeit reichsrechtlich einheitlich geregelt werden. Tas Bedürfnis dazu ist unabweisbar. Das Reichsgesetz vom 30. Juni 1900 betr. die Bekäm pfung gemeingefährlicher Krankheiten wird zwar de»« notwendigsten Anforderungen vorerst gerecht. Aber es zeigt gerade, wie schwierig eine sachgemäße Regelung hier ist, solange die Seuchenpolizei nicht vom Reiche selbst ausgeübt oder wenigstens einer obersten Neichsinstanz mit weitgehenden Befugnissen unterstellt ist. Man nehme an, daß in den aneinandergrenzenlden Gebieten verschie- denerBundcsstaaten eine gemeingefährliche Krankheit um sich greife. Zur Bekämpfung werde»« fetzt alle Bundes staaten nach dem Rcichsgesetze vom 30. Juwi 1900 tätig. Es besteht aber die Gefahr, daß bei >der für ihr .Handeln gebotenen Schleunigkeit die getroffenen Maßnahmen einander beeinträchtigen. Würden die Maßregeln von einer Zentralstelle des Reichs ausgchen, so würde eine solche Gefahr ausgeschaltet sein. Zur Abstellung derar tiger Mißstände gibt 8 41 des Gesetzes vom 30. Juni 1900 nur eine unvollkommene Handhabe: er bestimmt: „Wenn zur Bekämpfung der gemeingefährlichen Krank heiten Maßregeln erforderlich sind, von welchen die Ge biete mehrerer Bundesstaaten betroffen worden, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Kommissar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in den An- ordnungen der Landesbehörden zu sorgen und zu diesem Behufe das Erforderliche zu bestimmen, irr dringenden Fällen auch die Landesbehorden mit Anweisungen zu versehen." Man darf hoffen, daß sich die Rcichskommissa- riate zu ständigen Behörden austvachsen. Denn wem« die Rcichskommissare nach dem Ausbruche oder den» Auf- leben einer Seuche erst neu ernannt und hinausgeschickt wenden, wird bis zu ihrer Einarbeitung im Seuchen gebiete viel wertvolle Zeit verloren gehen. Dieser Tage ist ein solcher Neichskommissar zur Typhusbekämpfung ii« einein größeren Gebiete Westdeutschlands ernannt worden. Hoffen wir, daß hiermit die Entwicklung eines Systems von Reichsgesundheitsbehörden beginne. I)r. LI. Der rurriscd-japanücde Weg. Der Admiral Alade» über die Flotte. Die Petersburger Gesellschaft ist beunruhigt durch eine Artikelserie, die der russische Maüinekapitän Kladeo, der zum Geschwader des Admirals Roschdjestwenski ge hörte, von Vigo aber zurückkehrte, um in der Dogger- bank-Affäre Aussage zu machen, in der vorigen Woche in der „Nowojc Wremja" veröffentlicht hat. Sie gipfeln, nach der „Franks. Ztg.", in einer schweren Anklage gegen die Marineverwaltung, die angeblich in keiner Weise den Ansprüchen der gegenwärtigen schweren Zeit gewachsen sei»« soll. In« besonderen sei die Absendung des Rösch- djestwenskischen Geschwaders in seinein jetzigen Bestände ein höchst bedenklicher Fehler. Es sei der japanischen Seemacht nicht gewachsen, habe im fernen Osten keine Verstärkung zu erwarten: denn was dort an russischen Kriegsschiffen noch vorhanden sei, käme nicht ernstlich in Betracht und entbehre einer Basis, so daß sehr zu be fürchte»« sei, es werde den Japanern unterliegen. Sei aber erst dieses Geschwader besiegt, dann habe Rußland zur See gar keine Hülfsmittcl mehr und wäre rettungs- los verloren: denn dann könnte auch die Absendung der noch in Europa vorhandene»« Schiffe nichts mehr nützen. Man hätte das Geschrvader daher von vornherein in viel stärkeren« Bestände und in viel besserer Ausrüstung ab* senden müssen und, Sa dies nicht geschehen, so müßte man jetzt unverzüglich ein d r i t t e s G e s ch wa d er absenden, damit es sich mtt dem zweite»« vereinigen kann, noch ehe letzteres auf dem Kriegsschauplätze angekommen ist. Für die „Nowojc Wremja" ist das Wasser auf die Mühle. Aber auch sonst lzaben diese Darlegungen, wie gesagt, hochgradige Beunruhigung hervorgerufen, namentlich weil mail allgemein glaubt, daraus auf schwere Mißstände im Marineressort schließe»« zn müssen. Zur Beschlagnahm« be» bentfchen Dampfer» „Veteran" teilt die „Franks. Ztg." mit, daß der Dampfer ain 19. November auf -er Höhe von Jentas von einem japanischen Kanonenboot „Tassusa" f e st g e h a l t e n worden war. Er hatte nach Angabe des japanischen Marincamtes eine große Menge Winterkleider, Decken, Medizin und konserviertes Fleisch an Bord. Der Kapitän hatte damals erklärt, er fahre nach Niutschwang, doch wurde die von ihn» verfolgte Route und die Art der Schiffsladung als Verdacht erregend angesehen, und der Dampfer nach Sasebo gebracht. Der „AapltLn Menzell". Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt, daß in der An gelegenheit des Knrhavener Kohlendampfers „Kapitän Menzell" zwischen der deutschen und der eng lischen Regierung keinerlei Meinungs austausch stattgefunden hat. Dl« Mitteilungen be» rnilisehen Marlne- agenten Gu«nzb«rg Über die Kohlenvorsorgnng von Port Arthur werden dem „L. A." selbst von japanischer Seite als unrichtig be zeichnet, soweit sie „einen Bruder de s M r n «st e r- präsidenten Katsura betreffen. man nach Port Arthur auch japanische Kohlen versäum habe, sei wohl möglich, aber dies ssi kann» durch »apa- nische Kaufleute, sondern durch ausländische Erporteure geschehen. Bei den Mitteilungen des Herr»« Guenzburg mag dann wohl eine Personenverwechslung unterlaufen sein. Man wird abzuwarten haben, ob er im übrigen seine Angaben aufrechterhült. Di« allgemrln« Offensive der Japaner wird immer unwahrscheinlicher. Der Zweck ihrer nriß- glücktenUnternehmungen gegen dieAbteilungenRennen kampfs ist nicht ersichtlich. Ein Frontalangriff er scheint dem Berichterstatter des „L.-A." jetzt unaus führbar und ein Angriff westlich des Hunho aus poli tische»« Gründen nicht ratsam. Bei den letzten Gefechten R e n n e n k a in P f s erbeuteten die Nüssen über 800 Gewehre. Zur Zeit verlängern beide Armeen ihre Fronten nach Osten. Die gesunkenen Schiffe im Hafen von spsrt Arthur. Der Kommandant des japanischen Schiffs artilleriekorps l»at nach Tokic berichtet, die Beob achtung vciu 203 Meter-Hügel am 7. Dezember nach mittags habe ergeben, Saß der „Retwisan" augen scheinlich soweit weggesunken ist, daß er auf dem Grunde steht. „Pobjeda" hat sich beträchtlich nach Backbord übergelegt, der Schifssrumps ist unter halb der Wasserlinie nach Westen hin sichtbar. Deutsches Keich. Leipzig, 8. Dezember. * Karikaturen. Die „Süddrsch. Reichskorresp." bringt folgende auffällig höfliche offiziöse Ermahnung: „Der Londoner „Punch" brachte kürzlich unter der Uederjchrift Xinckreck gpirits ot' Go „8tronuous Ulke" Zerrbilder Ldaiser Wilhelms und des Präsidenten Roosevelt. Bald darauf las man in einer englischen Zeitung, es sei in Berlin die Polizei gegen den „Punch" in Bewegung ge setzt worden. Dieser Behauptung muß widersprochen werden. Die Behörden haben der Sache keine Bedeutung beigelegt, und der Verkauf der betreffenden Nummer des „Punch" ist unbehelligt geblieben. Auch die Annahme, man habe sich höheren oder höchsten Orts über das Bildchen geärgert, kann nur von jemandem ausgehen, der schlecht unterrichtet ist. Kaiser Wilhelm liest den „Punch" regelmäßig, hat aber niemals an seiner Satire Aergernis gencmmen und über die neueste Leistung, wie über manche früheren, nur gelacht. Das letzte Einschreiten der hiesigen Polizei gegen den „Punch" liegt mehr als zwanzig Jahre zurück. In anderen Ländern «st man empfindlicher gegen Karikaturen. Der Sammelsport, der aus deutschen Witzblättern sich Hefte »nit Zerrbildern fremder Souveräne anlegt, treibt noch immer seine Blüten. Solche Hefte lassen sich auf kaiserliche, königliche und mini sterielle Schreibtische praktizieren, in einem fürstlichen oder amtlichen Lesezimmer wie zufällig vergessen! Der politischen Verhetzung wird dann noch durch die Insinuation nachgeholfen, deutsche Negierung»- kreise seien für diese Pretzerzeugnisse, wenn nicht un mittelbar, doch mittelbar verantwortlich: denn sie könnten derartiges, wenn sie nur wollten, verhindern. Das ist bekanntlich eine grobe Unwahrheit: es gibt kein anderes Mittel, die Scharfen unserer Witzpresse gegen ausländische Menarchen und Regierungen zu mildern, als einen freiwilligen Verzicht der betreffenden Zeichner und Schriftsteller auf die letzten Pointen. Daß an gesichts der vergiftenden Ausbeutung der deutschen Satire gegen die deutsche Politik ein solcher Verzicht sehr erwünscht wäre, bedarf für einen aufmerksamen Beob achter der uns feindlichen Treibereien in« Auslände keiner weiteren Darlegung." Wir glaube»« nun freilich nicht recht an die großen Vorteile, die mit Liner völligen Zähmung der Auslandskritik verbunden sein sollen. Wem« der deutsche Kaiser sich nicht ärgert, haben es schließlich die ausländisckzen Herrschaften auch nicht nötig. Jndessei« könnten manche witzlose Ueber- treibungen wirklich besser unproduziert bleiben. * Agrarische Wahl-Zargen. Den Konservativen, bezw. Aarariern ist der Ausfall der Neichstagsersatzwabl inSchwerin- WiSmar sehr wider den Strich gegangen. Es war ihnen schon nicht recht, daß der Abg. Droescher sein Mandat niederlegte, um eine UngiltigkeitSerklärung seiner Wahl ui vermeiden, aber dies ließ sich schlechterdings nicht umgehen. Man hatte auf konservativ-agrarischer Seite nun doch wenig stens in die Stichwahl zu kommen gehofft und da wurde plötzlich diese Hoffnung zu nichte: mit nur drei Stimmen blieb der Konservative in der Minderbeit, statt seiner kam der Nationalliberale Dr. Blising in die Stichwahl und da mit in den Besitz des Mandats. Nun sind aber bei der Wahl Unregelmäßigkeiten vorgekommen— wie auch wir be richteten, sollen an einem Orte drei Wähler noch nach Schluß der Listen in diese eingetragen sein —, flugs macken sich Konservative und Bündler dies zu nutze und wollen Protest gegen die Wahl einlegen. Die „Meckl. Nachr." schreiben dazu: „Dle Wahl ist selbstverständlich wieder ungültig. Ob dieselbe von lkonservativrr Seite angefochten werden soll, darüber wird die Generalversammlung des konservativen KreiSwahlvereiii« Beschluß fassen. Die Stimmung ist, so viel wir hören, geteilt. Wahrend einige mit großer Entschiedenheit für die Anfechtung elntrrtrn, möchten andere davon Abstand nehmen, um den Wahlkreis nicht noch einmal der Aufregung eine« Wahlkampfe« auszusetzen. Biele erwarten freilich, daß der Web. Finanzrat Büsing eine Wahl, deren Ungültigkeit ihm als erfahrenen Parlamentarier und früheren Präsidenten nicht gut zweifelhaft sein kann, gar nicht annehmen wird. Aber wir glauben, daß sie irren!" Noch kräftiger stößt die „Dtsch. Tagesztg." ins Kriege horn, indem sie sich folgendermaßen vernehmen läßt: Unseres Erachtens ist es zweifellos eine unabweisbare Pflicht, Wahlvrotest zu erheben, falls tatsächlich und nachweirbar Unregel. Mäßigkeiten vorgekommen sind, die das Wahlergebnis beeinflußt haben. Daß der Kreis dadurch nochmal« in die Unruhe einer Wahl hineingetrieben würde, ist bedauerlich, kann aber für die politische Beurteilung der Sachlage nicht in Betracht kommen. Ebenso wie man liberalersetts es für pflichtmäßig erachtete, nach der letzten allgemeinen Wahl einen Protest gegen die Wahl des Herrn Dr. Droescher einzureichen, ebenso dürfen nach unserer lieber- zeugung die Konservativen in diesem Falle nicht davon abjehen, das Gleiche zu tun. Das ist tatsächlich eine politische Pflicht, der sich die politischen Führer nicht entziehen dürfen. Würde das Bündlerblatt auch so schreiben, wenn-der nationalliberale Kandidat mit demselben Stimmverhältnis unterlegen wäre? Ueberhaupt machen die Ersatzwahlen den Herren vom Schlage der „Dtsch. TageSztg." viel Kopf schmerzen, und natürlich sind eS wieder die bösen National liberalen, die daran schuld sind. Jetzt haben sie wieder in Jerichow gesündigt und werden dafür in der „Dtsch. Tgztg." wie folgt gerüffelt: Tie Konservativen werden nicht umhin können, aus den in Jerichow gemachten Erfahrungen die naheliegenden Lehren zu ent nehmen und die selbstverständlichen Schlüsse zu ziehen. Sie haben in Jerichow den Dank sür ihre Selbstentäußerung geerntet, die sie in Frankfurt a. O. geübt haben. Trotz dieser Srlbst- losigkelt und obwohl sie im unbestrittenen Besitztum waren, wurde ihnen doch der Erfolg durch eine nationalliberale Souderkandidatur genommen. Es würde kaum verständlich sein, wenn sie sich nochmals dazu bergeben wollten, dem nationalliberalen Parteiinteresse irgendwo und irgendwie alS Vorspann zu dienen oder Gefolgschaft zu leisten. Sollten die Konservativen aus den Vorgängen in Jerichow wirklich und nachhaltig lernen» so hätte die Reichstagswahl, deren Ergebnis tief bedauerlich ist, wenigstens eine wohltätige Folge. Mit Verlaub: seit wann und mit welchem Rechte haben denn die Herren den Wahlkreis Jerichow in Erbpacht? * Tie „LeipMer Volkszeitung" wirft uns „Perfidie" (auf deutsch Teulosigkeit!) vor, weil wir anläßlich ihrer jüngsten Schimpfleistungen an die „Vorgänge der Südekum-Nouz" zu erinnern uns erlaubten. Es freut uns, die wunde Stelle getroffen zu haben. Dann nimmt das Blatt aber für sich das Recht in Anspruch, sich in Bekämpfung seiner Gegurr „keine weiteren Schranken auhuerlegen oder auserlegcn zu lassen, als diejenigen, die das Strafgesetz zieht*. Die« ist natürlich Flunkerei, denn das Organ beS „psycho logischen Rätsels" Mehring weiß ganz genau, daß es sich einer strafgesetzlichen Ahndung aussetzt, wenn eS von dem „Strolch v. Kardoff" redet. Es baute aber bei seinen terroristischen Beschmutzungen — so unglaublich das klingt — auf den An st and seiner Gegner. Weil die meisten ernsthaften politischen Männer sich für zu gut halten, gegen dies von seineu eigenen „Genoffen" zuletzt in Bremen genügend gekennzeichnete Blatt Strafantrag zu stellen — nur deshalb wagt es die Volkszeitung, jeden zu besudeln, der als Gegner mit ihr zu tun hat. Dabe» ist die- Organ noch so über alle Maßen dreist, gelegentlich wegen Beleidigungen mit dem Strafrichter zu drohen! Es hat daS übrigens mit dem Parteihaupt Bebel gemein, der noch die schöne Charakterseite hat, die schwersten persönlichen Verdächtigungen unter dem Schutze des ReichtagSmandals vorzubringen und sie auch nicht zurückuinehmen, wenn ihm ihre Halllosigkeit nachgewiesen wirk. Fürwahr: einer herr lichen Kultur möchten uns die „VolkSzeitungS"-Genossen ent- gegensühren, denn die Schranke, die jetzt noch das Strafgesetz zieht, würde dann ja wohl auch noch gefallen und damit alles Volk der „Volksztg." preisgegeben fein. * Berlin, 8. Dezember. * Vom beinah Sekretär gewordenen Vanderbilt. „Standard" erfährt aus New Aork: Kapitän Francis Landon ist zum Sekretär der amerikanischen Bot schaft in Berlin ausersehen und nicht, wie erwartet wurde, Cornelius Vanderbilt. * lieber die Aussichten der Börsengrsebnovelle er- fahren die „Hamb. Nachr " aus gut unterrichteter Onelle: Obschon dw ani Mittwoch abgeschlossene erste Lesung des Entwurfes in der Börsengesetz-Kcmmission düe Annahme der Regierungsvorlage in wesentlichen Punkten und damit ein Resultat ergeben k»at, das keineswegs mit Sicherheit erwartet werden durfte, wird das Gesetz siir die zweite Lesung der Vorlage, die unmittelbar nach den WeihnachtSserien begonnen werden soll, lebhafter Anstreirgungen der Freunde des Ent wurfs (Abzig. Kaempff, Dove, Dr. Seniler) bedürfen, um eil« positives Ergebnis herbeizuführen. * Nicht Landesverrat, sondern unlauterer Wettbewerb? Nickt um Landesverrat oder Verrat militärischer Geheimnisse, sondern lediglich um Verrat eines Geschäftsgeheimnisses soll eS sich in der Angelegenheit deS verhasteten Chefs der Geheimkanzlei der Germaniawerft, Barkemeyer, bandeln. Nach einem Privattelegramm des „B. T" wird Anklage wegen unlauteren Wettbewerbs erhoben werden. — Ueber dir Krankheit des Abgeordneten Eugen Richter wird nntgrteilt, daß sich an seinen Augen Staibildnn^ infolge vorgeschrittener Zuckerkrantbcit zeigt. Unter diesen um ständen kann Herr Richter nicht an eine Wiederaufnahme feiner Tätigkeit denken. * * Vreslau, 8. September. Der wirtschaftspolitische Aus schuß des schlesischen Bauernvereins hat an die der schlesischen Lanvwirlschaft nahestehenden Mitglieder ves Hauses der Abgeordneten di« Bitte gerichtet, der Kanalvorlage ihre Zustimmung zu versagen. * Stuttgart, 7. Dezember. Vom Ministerium des Innern ist nunmehr bei der hiesigen Stadtverwaltung die G e n e st m i g u n g zur Errichtung nnd zum Betrieb eines Krematoriums in städtischer Reaie eingctrofsen. Tie Bedingungen sind die bereits früher mitgeteilten. Aus die Wünsche der bürgerlichen Kollegien
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