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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.11.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19011102017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901110201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901110201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-11
- Tag1901-11-02
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s o. « b»0. - - u - u. L cluvoaeuk» - L S.Xo».v?0^I0: > U. ld«,7äO. u. u. <ott.u.a> > ü > L. >.-^< eße«. - s. c 6. 6. Bezugs-Preis in der Hauptexpcdition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark» Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Moraen-AuSgabe erscheint um '/»? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Re-action un- Lrpe-ition: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm s Sortim. Umversitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katbarinenstr. 14, part. und KSnigsykatz 7. Morgen-Ausgabe. MipMcr TaMatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Notizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Nr. 559. Sonnabend den 2. November 1901. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclamen unter dem Redactionsstrich (-1 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten (0 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung VO.—, mit Postbesörderung ./ü 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Iahraano. u. v. s. . w.Op.SS 6. w.Op.r.- o. 8. 8. z. r. j. e. ttttiiea. >. lioue». j. S00L r»r.vL7:— KOL Das große und das klrine „E". Wenn man in Deutschland hie und da von dem „großen und dem kleinen B" spricht, so könnte man mit viel mehr Fug in Eng ¬ land von dem großen und dem kleinen C sprechen: von jenem größten Staatsmann Englands, Cromwell, der die Weltmachtstellung dieses Landes begründete, und von dem sich groß dankenden aber kleinen Staatsmanne Chamberlain, der im besten Zuge ist, Englands Weltmachtstellung von Grund aus zu vernichten. Chamberlain traf eine viel günstigere Zeit an, seinem Vater lande zu dienen, als Cromwell. Als er E'mfluß auf die englische Politik gewann, stand England auf der Höhe seiner Macht, die sich in dem Jubiläumsjahre 1897 — vielleicht zum letzten Male — so großartig repräsentirte; als Cromwell die leitende Rolle spielte, war England durch Verfassunaskämpfe und Religions kriege verwüstet und in zwei feindliche Lager getheilt. Cromwell vermochte es trotz der Kämpfe im Innern, das Ausland zum ersten Male die Macht Englands fühlen zu lassen; Chamberlain hat es trotz völliger Ruhe im Innern bis jetzt nicht vermocht, ein kleines Volk niederzuwerfen. Wenn irgendwo, so sieht man bei diesem Vergleiche die ge waltige Bedeutung der Persönlichkeit. Alle Verhältnisse waren gegen Cromwell, aber seine große Persönlichkeit besiegte die entgegenstehenden Verhältnisse; Alles schien mit Chamberlain zu sein, aber die Kläglichkeit seiner Persönlichkeit machte kleine Hindernisse zu großen. Cromwell's Ehrgeiz fand seine Grenre an seiner tiefen Frömmigkeit und Sittlichkeit, die ihn jedes Mal zwangen, zu prüfen, ob sein Vorhaben auch gerecht und no?h- wendig wäre. Schon äußerlich war er ein vollenveter Gegensatz zu dem jetzigen „großen" Staatsmanne Englands. Er hatte mit Deutschlands großem B die Schlichtheit der Erscheinung uno die Ungeschmücktheit einer Rede gemeinsam, die schön war durch die Tiefe der Gedanken, die Größe und Originalität der Ziele, nicht durch die Gefälligkeit der Form. Chamberlain ist der Typus jener modernen Staatsmänner, deren Rede ebenso glatt und elegant ist, wie ihr Ueberrock, bei denen man aber, wenn sie einmal Gedanken oder Pläne Vorbringen, r eroolioretio clo tu sMkoimilS besser unterläßt. Denn jener Imperialismus, als dessen Vater sich Chamberlain gern rühmen hört, stammt nicht von ihm, sondern von Disraeli-Beaconsfield, nur daß dieser klüger und vorsichtiger war und sich vor Allem davor hütete, das Ausland unnütz vor den Kopf zu stoßen und dadurch die Situation Englands als eines schon um seiner Machtstellung und Ausdehnung willen viel angefeindeten Staates noch zu er ¬ schweren. Solche Bedenklichkeiten stören dm schneidigen Joe durchausnicht. Er hat es neulich in einer einzigen Rede fertig gebracht, gleichzeitig Deutschland, Rußland, Oe st erreich und Frank reich zu beleidigen und obendrein noch die ohnehin schon ge reizten Iren durch die Ankündigung der Verkümmerung ihrer politischen Rechte zu erbittern. Für eine einzige Rede eine ganz hübsche Leistung! Er hat bekanntlich gesagt, Englands Vorgehen in Südafrika werde sich an Brutalität und Grausamkeit nie dem nähern, was Deutschland im Kriege von 1870, Rußland in Polen und im Kaukasus, Oesterreich in Bosnien und Frankreich in Tvnking gethan hätten. Was die Iren anbelangt, so drohte er ihnen an, daß die Zahl ihrer Parlamentssitze verringert werden wurde. Die Angriffe gegen die anderen Mächte mögen diese zurück weisen, die Drohung gegen die Iren diese beantworten: uns geht hier nur der Vergleich mit dem Kriege von 1870 an. Dieser Vergleich hat mancher Engländer innerhalb der zweijährigen Dauer des südafrikanischen Krieges schon wiederholt gezogen, aber er wird sozusagen von Mol zu Mal unverschämter, denn da die englische Heeresverwaltung, wie die ganze civilisirte Welt weiß, bei ihrerKrieasführnng immer neueNiiederträchtigkeitön und Grausam keiten ausheckt, so wird ein Vergleich mit der deutschen Kriegs führung immer frecher. In ihren Plünderungen, muthwilligen Zerstörungen von Orten, Hinrichtungen von Kriegsgefangenen, vor Allem in der genialen Erfindung der Ausrottung einer feind lichen Rasse durch Concentrationsloger stehen die Engländer, das mögen sie schon glauben, unerreicht da. Nur ein Vergleich mit dem deutsch-französischen Kriege ist möglich. Di« Engländer haben etwa ebenso viel Angehörige des feindlichen Volkes umS Leben gebracht, wie damals die Deutschen, nur daß die Deutschen ausnahmslos nur Gegner tödteten, die die Waffen gegen sie richteten, während neun Zehntel "der eng lischen „Jagdbeute" aus Frauen und kleinen Kindern besteht. Da die englischen Soldaten zu schlecht schießen, um mit der Kugel die kämpfenden Doeren vernichten zu können, so lassen sie die Kinder verhungern, damit kein Boerennachwuchs vorhanden ist, der di« Legende von der Ueberlegenheit der englischen Waffen abermals so gründlich zerstören könnte, wie es die Boeren im gegenwärtigen Kriege gethan haben. Als Cromwell starb, richtete er ein ergreifendes Gebet an Gott, worin er um Vergebung seiner Sünden bat; Chamberlain, der Mann mit dem leichten Herzen, wird sich diese Mühe nicht geben und braucht sie sich nicht zu geben: seine Sünden kann auch der sangmitthigste Gott nicht verzeihen. Parlamentarische Unbegreiflichkeiten. (AuS einem Wiener Briefe.) I 1 Als in einer der letzten Sitzungen deS Abgeordnetenhauses der Abg. Choc eine lange tschechische Rede hielt, rief der Abg. I s Wolf: „Herr Präsident, spricht der Redner zur Sache?" Vice- Präsident Kaiser, der den Vorsitz führte, machte unter der Heiter- I » leit deS HauseS dir Gebärde vollkommenster Rathlosigkeit. Es W k kommt zuweilen vor, daß tm österreichischen Abgeordnetenhaus« M lange Reden in tschechischer, polnischer oder slowenischer Sprache U gehalten werden. Dann ist der Präsident in «iner sehr üblen i Lag«, da er in der Regel keine dieser Sprachen versteht. In sol- W i chrn Fällen läßt der Präsident den fremdsprachigen Redner ge- W Z währen, der in Folge dessen sprechen kann, waS er will. Bei W i solcher Praxi» kann natürlich die Geschäftsordnung ungeahndet M l gemißbraucht werden. Sollten die fremdsprachigen Reden zu» I > nehmen, so würde in Oesterreich daS Parlament seinen eiaent- U ' lichen Zweck, den Vertretern deS Volkes Gelegenheit zur Der- M s fiäirdiguna zu geben, geradezu entgegenarbeiten. M i Indessen aiebt e» im österreichischen Abgeordnetenhaus« noch W X bedeaklicher« Unbegreiflichkeiten. Fast all» Redmr sprechen vom M Platze aus. In Folge der schlechten Akustik können aber weder der Präsident, noch der Schriftführer, noch die Stenographen dem Redner folgen. Um nun die stenographische Berichterstattung zu ermöglichen, hat sich der Brauch herausgebildet, daß, wenn ein Redner beginnt, alsbald vier Stenographen, die als solche durch eine Feder im Knopfloch gekennzeichnet sind, durch das Haus eilen, vier Abgeordnete aus der Nähe des Redners wegdrängen, deren Plätze besetzen und nunmehr stenographiren. Es ist höchst merk würdig, diest Sl..wgraphen zu beobachten, die sich so frei im Hause bewegen können, als wären sie selbst Abgeordnete, die be ständig unterwegs sind und von einem Redner zum anderen laufen. Ich bemerkte einmal, wie der verstorbene Abgeordnete Vaschaty, gefürchtet wegen seiner langen und ermüdenden Reden, mitten in dem Vorlesen seines Manuskripts aufhörte und dieses den Stenographen zuwarf, um ihnen die Arbeit zu erleichtern. Aus dem stenographischen Berichte war dieser Zwischenfall natür lich nicht ersichtlich. Während die österreichischen Abgeordneten ihre Reden halten, sitzt der Präsivent hoch oben auf seinem Platze. Da er in den allermeisten Fällen nicht verstehen kann, was gesprochen wird, namentlich, wenn tschechische oder slowenische Reden gehalten werden, so nimmt er sich in der Regel gar nicht die Mühe, den Reden der Abgeordneten zu folgen. Er beschäftigt sich mit Pa pieren, die vor ihm liegen, oder unterhält sich mit Abgeordneten, die ihn fortwährend besuchen. Nicht selten kommt es vor, daß der Präsident nicht gleich bemerkt, ob der betreffende Redner ge endigt hat. Man macht ihn Dann darauf aufmerksam, und er er- theilt dem nächsten Redner das Wort, um sodann seine gänzliche Passivität gegenüber der neuen Rede weiter zu bekunden. Ueber- schreitet im Wiener Abgeo dnetenhaufe ein Redner die Grenzen des parlamentarischen Anstandes, jo wird er später zur Ordnung gerufen, entweder auf Verlangen einiger Abgeordneter, die die betreffenden unparlamentarischen Ausdrücke zufällig gehört haben, unter Heranziehung des stenographischen Berichts, oder auch später nach dem nachträglichen Studium des stenographischen Berichts durch das Präsidium. Nur bei Abgeordneten, von denen der Präsivent annimmt, daß sie leicht unparlamemarisch werden, versucht er, der Rede zu folgen, um womöglich alsbald mit einem Ordnungsrufe vorzugehen. Wenn man die Consequcnzen dieser Praxis zieht, so läßt es sich denken, daß die ganzen parlamentarischen Verhandlungen auf schriftlichem Wege at^emacht werden. Der Präsident könnt« fast ebenso gut schriftlich die Verhandlungen leiten und hätte den Rednern, denen er das Wort ertheilt, die Stenographen ins Haus zu senden, denen dann die betreffenden Abgeordneten ihre Rede dickiren oder wohlftilisirt übergeben könnten. Nur bei Ab stimmungen wäre die persönliche Anwesenheit der Abgeordneten im Sitzunqssaale nothwendig. Im Allgemeinen erlangt man aus den Zeitungsberichten kein richtiges Bild der Parlamentsverhandlungen. Zunächst müssen die Zeitungen die Reden kürzen, was nicht immer verständniß- voll und unbefangen erfolgt. Sodann liegt es in der Natur der Dinge, daß die Zeitungsberichterstatter die Zwischenfälle, Zwischenrufe und dergleichen im Parlament mit besonderer Sorg falt behandeln und unverhältnißmähig scharf hervorheben, um die Aufmerksamkeit ihrer Leser zu fesseln. Wer im österreichischen Abgeordnetenhaus Den Sitzungen beigewohnt hat, die in den Zeitungen als skandalös bezeichnet wurden, wird die Ueber- treibung empfinden. In Wirklichkeit verhallen die Zwischenrufe, sie werden nur über Gebühr aufgebauscht, und wenn sie auch viel fach die Stimmung einzelner Abgeordneten kennzeichnen, so be einflussen sie doch den Gang der Verhandlungen, wie das Bild der Sitzungen nur in geringem Maße. Viele Zeitungsbericht erstatter arbeiten hier wie ein photographischer Apparat, sie können nicht die richtige Perspective herausbringen, sie retouchiren und setzen vie schärfsten Lichter auf, um ihre Berichte möglichst interessant zu machen. Oer Krieg in Südafrika. Wortbrüchigkeit gegen für Lüdnfrika angrwor'ienc Soldaten Aus Montreal, 16. Oktober, schreibt man uns: Die nach Südafrika gesandten Contingent« kanadischer Frei williger sind sämmtlich längst zurück, di« kanadische Re gierung hat es seither stets abgelehnt, weitere Truppen auf ihre Rechnung hinauszuschicken und sich den vielen An zapfungen von London aus stets ablehnend gegenüber verhalten; die einzige Concession, die sie ertheilte, war die Erlaubniß, daß englisch« Officiere in der Dominion Canadier zum Dienste in der englischen Armee und unter englischer Disciplin anwerben durften, doch machte die hiesige Regierung ausdrücklich darauf aufmerksam, daß sie als solche mit der Sache nichts zu thun habe und keinerlei Verantwortung übernehmen könne. Aber den Werbern gelang es doch unter Versprechungen aller Art, etwa 800 b i s 900 von jenen Leuten, die niemals alle werden, zusammen zu bringen, und sie nach Capstadt zu trans- portiren; schon lange ist es hier öffentliches Geheimniß, daß es diesen Leuten sehr schlecht geht, daß die ihnen gemachten Ver sprechungen nicht gehalten worden sind, peinlich Genaues darüber erfuhr man aber erst gestern, als zwei, an Gesundheit gebrochene Mitglieder auf ihrer Rückkehr nach der Hrimath in Manitoba, in Ottawa, Aussagen machten, von deren Schwer« sie als alte Soldaten (sie hatten schon mit dem ersten Contingent« 1899/1900 gedient!) überzeugt waren, und die hier sehr bös«S Blut machen müssen. Als „Troopers" für die berittene „South African Consta- bulary" seiner Zeit hier angeworben, erklären die Beiden etwa Folgendes: Neun Zehntel unseres Corps sind unzufrieden, und sie würden sofort heimkehren, wenn sie ihre Entlassung erhalten, d. h. s i ch loskaufen könnten; wir Canadier sollten als berittene Constablerim Verbände bleiben; dieses Versprechen veranlaßte einen großen Theil d«r Canadier, mitzugeh«n; aber kaum in Capstadt angelangt, wurden wir nach allen Wind richtungen hin verthei lt; wir kamen in ein reguläres Linien - Infanterie - Regiment und unser ganzer Constablerdienst bestand im Graben von Laufgräben und Auf schichten von Dämmen; auch das hätten wir schließlich noch ge- than, wenn wir nur eine auch nur annähernd leidliche Verpflegung erhalten hätten, ab«r der harte Zwieback, da» bischen „Jam" und Fleisch mag gut zum AuSbeißen der Zähne sein, zur Ernährung de» Körpers kann e- jedenfalls nicht genügen; wäre der beliebte General Baden-Powell, der unser Tomman. dirender sein sollt«, hier unten, dann würde für un» wohl besser gesorgt werden, aber leider ist er noch immer m England, und da finden wir kein» Abhilfe. HoheLöhne waren uns in Canadä zugesagt worden, wir freuten uns, daß wir nach Ablauf des ausbedungenen Jahres so viel hätten zurücklegen können, daß wir es aushalten konnten, ein paar schlechten Tagen daheim Stand zu halten, aber für a b - solut nothwendig« Extraausgaben wurden uns solche exorbitante Preise abgenommen, daß Der jenige, welcher am Ende des Monats noch ein paar Cents llbria halte, glücklich zu Preisen war. Wir sind unter falschen Vorspiegelungen nach Afrika verlockt worden, wir haben keine schwere Arbeit gescheut, die Kriegsmedaille, die wir tragen, beweist, daß wir im ersten kanadischen Contingente unsere Pflicht ehrlich gethan haben, aber wir und unsere Landsleute wurden durch Ueberarbeit und schlechte Ernährung derart herunter- ge bracht, daß schwere Krankheiten die nothwendige Folge waren. Aus dem Lazareth entlassen, wurden wir zur Heimfahrt nach Capstadt gesandt, wofür uns ein neuer Civilanzug, so wie Passage in der zweiten Cajüte zugesagt waren; den Anzug hat man uns niemalsgegeben, und dann wur den wir wie das liebe Vieh ins Zwischendeck abgeschoben; eine Dame an Bord Des Dampfers, die mit unserem Aussehen und unserer Bekleidung wohl Mitleid empfand, veranstaltete ein Concert, von dessen Erlös, ca. 4 Lstrl., wir uns wenigstens die arg benöthigten Schuhe kaufen konnten! — Soweit die Aussagen der beiden, Troopers, mit Namen M. Puncett aus Moose Jaw (Aniniboca) und C. Davis aus Sydney (Manitoba), die damit ihrem eigenen Lande einen wesentlichen Dienst geleistet haben, weniger aber dem so biederen Old-England. Wir begreifen danach wohl die Schlußbemerkung der beiden Troopers: „Unsere Leute drücken sich fortwährend zu Zweit undDritt (Krankheiten simulirend) und wenn das Dienstjahr herum ist, werden nur noch sehr Wenige der Angeworbenen in Südafrika zufinden sein; — allen jungen Canadiern geben wir aber den «rnstlichsten Rath, zu Hause zu bleiben; wir hoffen, daß dieser Rath auch durchweg befolgt werden wird, und daß alle Ver suche der Werber, neue Opfer für Südafrika zu finden, von nun ab scheitern werden." * Haag, 1. November. (Telegramm.) Vr. Leyds ist beute hier wieder eingetrofsen; er hatte eine neue Besprechung mit der Boerendeputation. * Paris, I. November. (Telegramm.) Aus Marseille wird berichtet, daß dort eine Abordnung von Dockarbeitrrn aus Amsterdam eingetrofsen ist, um für die Boycottirnng der englischen Schiffe zu agitiren. In einer Versammlung der Hafenarbeiter von Marseille wurde einstimmig beschlossen, an der Bewegung der Amsterdamer Dockorbeiter sich zu beteiligen. Nach dem „Petit Journal" hat eine Abordnung der Amsterdamer Tockarbeiter auch in Havre, Bordeaux und Cette erfolg reich aqitirt. * Landau, I. November. (Telegramm.) John Morley hielt gestern Abend eine Ansprache an seine Wähler in Nrbroath. Nach einer Rückichau auf die Geschichte des Kriege» mißbilligte er in scharfen Ausdrücken die Politik der Strenge, die, wie er behauptete, für die Verlängerung des Kampfe- verantwor lich lei. Wenn der Krieg in der Weise fortgesetzt werde, müsse er zum Vertilgungskampf ausarten. Wäre es nicht möglich, zweckentsprechende endgiltige Friedensbedingungen ausfindig zu machen, ohne Alles den Soldaten zu überlassen? Wenn dir gegenwärtige Regierung über keine anderen Hilfsquellen verfügt, würde der König in nicht ferner Zeit andere Rathgeber wählen müssen, die mit besserer Einsicht in die Tkatsachen wohl- wallenderen Sinn verbinden, wie er angesichts der gefährlichen ver wickelten Lage deS Landes erforderlich sei. (Voss. Ztg.) Deutsches Reich. Berlin, 1. November. (Arbeitslosigkeit.) Zu den Sorgen der Zeit hat sich die gesellt, wie der bereits vor- hartd«n«n und noch weiter zunehmenden Arbeitslosigkeit zu be gegnen sei. Staatliche und kommunale Behörden wetteifern mit einander, um geeignete Maßnahmen anzuregen oder zu treffen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten ist bemüht, einem Theil der Industrie Aufträge zuzuweisen, die stäotischen Verwaltungen werden nach dem Vorgang Danzigs der Frage näher treten, was auch sie dazu thun können, um die Noth der Arbeitslosigkeit zu mindern und zu mildern. Vor Allem scheint es geboten, daß über 'das ganz« Reichsgebiet ein Handinhandarbeiten möglichst vieler Stellen für Arbeitsnachweis Platz greift. Vor Allem wird hierbei auch die Landwirthschaft mitwirken müssen. Die Vandwirth- haben jetzt die beste Gelegenheit, die Rück wanderung eines Theiles der Jndustriearbeiien nach dem Platten Lande zu unterstützen und durch Bekundung ihres Interesses für sortal« Fürsorge namentlich auch auf dem Gcbiete des Wohnungs wesens eine Neigung zur größeren Seßhaftigkeit und zum Haßten an der Scholl« zu verstärken, nachdem ein Ansatz dazu auch bei den Wanderlustigsten sich herausgebildet hat. Natürlich erschwert di« Aussicht auf die wachsende Arbeitslosigkeit das Eintreten für einen erhöhten Zoll schuh der heimischen Agrar produkt«. Andererseits aber ist nicht zu bestreiten, daß, wenn die Landwirthe in social-reformerischer Hinsicht leistungs- und opferfähiger sich zeigen sollen, «s das denkbar Verkehrteste sein würde, ihnen gerade jetzt die Aussicht auf lohnendere Gestaltung ihres Gewerbes zu nehmen- Je längere Zeit du Ursachen an- dau«rn werd«n, alS deren eine Wirkung die Arbeitslosigkeit er scheint, um so dringender ist die Verpflichtung Aller, die berufen sind, an dem Zustandekommen des Zolltarifs mitzuwirken, sich gegenwärtig zu halten, daß dabei die Hauptsorge ist und bleibt, bessere Bedingungen der E r w e r b s m ö g l i ch k e i t zu gewinnen. — Die Versuche, welche hier und da, namentlich in der Schweiz gemacht sind, auf dem Wege der Versiche rung den Arbeitslosen zu Helsen, ähnlich wie den Kranken und Invaliden, haben bis setzt nicht den Grad von Anerkennung gefunden, welcher zur Nachfolge ermuntern könnte. Insbesondere sieht Professor Schanz in Würzburg die gewöhnlich« Der- sicherungSform al- ganz unverwendbar an und schlägt die Ein führung ve» T-ar-vang- vor, den man auch obligatorisch« s , ' . Selbstversicherung nennen könnte. Von manchen Seiten wird ihm widersprochen. Die „Preußischen Jahrbücher" aber heben von dem Neuen, das er vorbringt, cüL am interessantesten hervor, daß die Führer der Socialdemokratie in Bern sich ihm angeschlossen halben. „Von dieser Partei nahm man bisher an", sagen sie, „daß sie dem Sparzwange unbedingt widersprechen Werve, aber der Berner Arbeitersekretär Wassiliew hat er klärt, in Vieser Frage wolle seine Partei auch als „Socialreformer" arbeiten, unbeschadet der Principien." Er hat selbst Vorschläge über die Verbindung von Sparzwang und Versicherung gemach:. Ob sie werth sind, in Erwägung gezogen zu werden, müssen die Fachleute entscheiden. Berlin, 1. November. (Angeblicher Neutrali tätsbruch.) Von mehreren Seilen wird wiederum Klage erhoben, daß Deutschland sich im südafrikanischen Kriege eines Neutralitätsbruches durch Sendung von Lebensmitteln nach Südafrika, die erwiesenermaßen für England angekauft seien, schuldig mache. Es wird insonderheit auf die großen Kartoffelaufkäufe in der Sprottauer und Saganer Gegend hingewiesen. Sehr wahrscheinlich würden jene Landwirthe ihre Produkte lieber den Boeren verkaufen, als den Engländern, wenn sich eben die Möglichkeit böte, den Ersteren auf dem Seewege Lebensmittel zukommen zu lassen. Der Vor Wurf jedoch, Deutschland, d. h. die deutsche Regierung, mache sich eines Neutralitätsbruches schuldig, ist durchaus un begründet, da die deutsche Regierung keinerlei rechtliche Hand habe besitzt, Privatpersonen daran zu hindern, mit den krieg führenden Parteien Handel zu treiben. Das könnte nur durch ein allgemeines Ausfuhrverbot geschehen. Aber man mache sich die Folgen einer solchen Maßregel klar: abgesehen davon, daß sofort Frankreich, Rußland, Oesterreich u. s. w. in die von Deutschland dann freiwillig gerissene Lücke cintreten würden, müßte doch ein erbitterter und in seinen Wirkungen un absehbarer Handelskrieg mit England daraus entstehen. Wie wir schon gelegentlich der Reichstagsdebatten über die Ehrhardt'schen Kanonenlieferungen betonten, ist es Sache der Empfindung und des Taktes, wenn deutsche Firmen im gegenwärtigen Kriege das zahlungsfähige England bevorzugen, wohin ohne Risiko geliefert /verden kann. In dem Falle der Kartoffelsendungen spielt die Ironie des Schicksals den Agrariern, die sich durch besonders scharfe Verurtheilung der englischen Kriegführung Hervorthun, insofern einen schlimmen Streich, als gerade von ihrer Seite den Engländern nach Südafrika Lebensmittel zugeführt werden. Berlin, 1. Novcmber. (Die NeicbStagsersavwabl in Breslau-West.) Durch den Tod des NeichstagS- abgeordneten l)r. Schönlank ist schon wieder eine Nachwahl zum Reichstage, die dritte in kurzer Zeit, notbwendig ge worden, und zwar im Wahlkreise Breslau-West. In dem Jahrzehnt 187 k—8 l ständig im Besitz der Fortschrittspartei, ging der Wablkreis l88l in der Stichwabl an die Social demokratie verloren, da von der ReichSpartei nur ein Theil für den fortschrittlichen Kandidaten eintrat. Seitdem bat die Socialdemokratie den Wablkreis mit der einen Unter brechung im Jabre 1890 bebauptet. Schon 1893 wurde l)r. Schönlank gleich bei der Hanptwabl gewäblt und das Gleiche war bei der letzten allgemeinen Wahl im Jahre 1898 der Fall. Trotzdcm kann man nicht sagen, daß der Wablkreis Breslau-West unter allen Umständen und für alle Zeit der Socialdemokratie verfallen sei. Wie im Jabre 1890 der Deutsch-Freisinnige Vollrath mit 13 599 Stimmen gegen 13 282 socialdemokramcke daS Mandat gewann, so war auch der nationalliberale Bewerber im Jahre 1887 mit 10 205 Stimmen dem Siege überaus nabe, weil damals für den Socialdemokraten nur 10 779 Stimmen abgegeben wurden. Leider ist in BreSlau-West einerseits die Zersplitterung der bürgerlichen Parteien, andererseits die Wahl- entbaltung ungemein groß. Bei der letzten Hauptwahl deS Jabres 1898 stellten die Nationalliberalen, die freisinnige Volkspartei, das Centrum und die Antisemiten besondere Cankidaten auf, für welche, einschließlich 53 veutsch- conservative Stimmen, insgesammt rund 13 000 Stimmen abgegeben wurden, während sich 14 896 auf den Socialremo- kraten vr. Schönlank vereinigten. Ta aber die Anzabl der Wahlberechtigten in dem genannten Jabre 4l 997 betrug, so ergiebt sich die Stimmenthaltung von über 14 000 Wählern. Daß dieses Mal das Bild der vollkommenen Zersplitterung auf Seiten der bürgerlichen Parteien einem erfreulicheren Platz machen werde, erscheint angesichts der wirtbschaftSpolitischcn Lage leider sebr fraglich. Desbalb wird das Ergehniß der Nachwahl höchstwabrfcheinlich wieder in einem Siege der „Socialdemokratie" besteben. * Berlin, 1. Novcmber. (Ultramontane Landwirth- sckaft.) Der Ring in den gegenwärtig sich so herrlich offenbarenden Bestrebungen, für Ultramontane nur katholische, das heißt ebenfalls ultramontane Lehrmeister zu verlangen, würde eine Lücke aufweisen, wenn die Forderung darin ge fehlt bätte, auch die Leiter der lantwirthsckaftlichea Schulen müßten Ultramontane sein, vermuthlich weil nur eine auf ultramontaner Grundlage vorgetragene Praxis der Frucht folge oder Düngerlebre den richtigen Erfolg haben kann und weil nur aus einer ultramontanen lantwirtbschaftlicben Schule bcrvorgegangene Landwirthe die dicksten Kartoffeln ziehen könnten. Das in Aachen erscheinende „Echo der Gegenwart" läßt sich nämlich „Aus dem Kreise Malmedy" schreiben: In dein Landstädtchen St. Bith wird am 4. November d. I. «ine neue Winterschule eröffnet werden. Für die Hebung der Laad- wirthschast kann eine derartige Einrichtung nur förderlich sria, und wir heißen sie an und für sich gut, wie wir überhaupt alle Be strebungen begrüßen, welche auf einen besseren materiellen Wohl- stand unserer Landleute hinzielen. Ob die neu« Winterschale in St. Bith ein Bedürfniß und ob ihr Fortbestand und ihr Ge deihen gesichert ist, wollen wir nicht untersuchen, von gewichtiger Seite ist da- Bedüriniß bestritten und der Bestand der Schule, namentlich auch rücksichtlich der in Imgenbroich schon bestehenden in starken Zweifel gezogen, ja sogar bestritten worden. Doch hierüber wird die Zukunft entscheiden. Wa» wir aber sehr be- dauern und waS un- auch die Feder in dir Hand gedrückt hat, ist der Umstand, Laß man, so hören wir erst jetzt nachträglich, mit der Leitung der Schule einen Protest anl en betraut Hot, obgleich unser Krel» ganz katholisch ist. E- steht wohl außer allem Zweifel, daß manche Eltern ihr» Söhu« nicht «ng,meldet hoben würde», »en« st« d»r«us bezügll
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