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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040606010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904060601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904060601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
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)L »folge, lpsche wegen U. A. rtag- ädung, !N be- Perdit Frank- n u, A. »baden, isrsiche- stboot" )" «ine )ampf- iienden arden r, aber Schlick- ebenen n alt- esetzt; inben, trink- Jahr- n hei. ,uenz, allein wird rings )ligen c und >e für ichge- >cson- !inen. :inen. Gör» Stau» ähere tung, ndei. Ehren- idevsin, i. Bize- . B»e- ihrerin. BezuflS-PrriS « der HaLptexvedttto» oder deren Ausgabe» stelle» abgrholt: vierteliLhrltch 3.— bet zwetmaligrr tLaltcher Zustell»»« tut Hau« ^l S.7V. Durch di» Pos« bezöge» für Deutsch» luud u. Oesterreich vierteliLyrlich ^ll 4.K0, für di« übrige» Länder laut ZeitungSpreiSlisl«. Repskttonr Johannt«aassr 8. Sprechstunde: k—A Uhr Rach«. Fernsprecher: 1K3. Erstedtttsa: Johannisgaste 8. Fernsprecher: 22L Ftlt«lerpe»tN<nen: Llfrrd Hah », Buchdaadlg., U»iv«rst»üt«ftr.ll iFernspr. Nr. 4046>, L. Lösch«, Katharinen straße 14 (Fernsprecher Nr L93k> u. Königö- ptatz 7 (Fernsprecher Nr. 7K0L). Haupt-Filtale Dresden: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt IRr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDunckrr, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandla- Lützowstraße 10(FernsprrcherAmtV1 Nr.4603.) Morgen-Ausgabe. UtipMer TaMaü Anzeiger. Ämtsktatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 283. Montag den 6. Juni 1904. Anzetgerr-PreiS die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem RedaktiouSstrtch (4gespalten) 7K -E, nach de» Familtrnnach- richten (6 gespalten) KO Tabellarischer und Zisfernsatz rntsprrch«»d höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahme 2b Ertra-Beilaae« (gesalzt), »»r mit der Morgen »Au-gab«, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Annahmeschlutz für A uzet gen: Abend»Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet- au dir Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet »oa früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck and Verlag von S. Polz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Kliukhardt). 98. Jahrgang. Var MGtigrle vom läge. * Ein japanischer Torpedobootzerstörer entdeckte am Sonnabend bei den Sanschantao-Jnseln eine große Mi ne und brachte sie zur Explosion. (S. Letzte Nachrichten.) * Ein Wolkenbruch, der Uber St. Louis niederging, verwandelte einen großen Teil der Ausstellung in einen Sumpf. (S. Ausland.) * In Corning (Nordamerika) ist eine der größten Branntweinbrennereien der Welt durch Explosion zerstört worden. (S. Letzte Nachrichten.) * Im österreichischen Derby zu Wien siegte Graf Trautmannsdorfs „Con Amore". (S. Sport.) ver prearrircke ZcbuHrsmprsmirs- anlrag. Lord Byron erwachte eines Morgens als berühmter Mann. So ist es auch dem Abgeordneten Ern st, einem Mitglieds der freisinnigen Vereinigung, ergangen. Allerdings hat er keine epochemachende Lichtung ver öffentlicht, aber er hat sich doch dem öffentlichen Interesse aufzunötigen gewußt und er steht jetzt im Vordergründe der politischen Arena. Seine Pose ist die des sterbenden Fechters. Er veröffentlicht soeben eine Erklärung darüber, wie es möglich war, daß er trotz seinem Bekenntnis zu freisinnigen Anschauungen dem Schulantrage des be kanntlich nicht ganz so freisinnigen Herrn von Zedlitz bei stimmen konnte Aus dieser Erklärung erfahren wir, daß ein Regierungsvertreter den Herrn Ernst bearbeitet hat. Diese unbekannte Größe hat dem vertrauensseligen Abgeordneten unter andern: mitgeteilt, die Regierung be absichtige eine „gesunde Weiterentwicklung der Simultan schulen". Man sollte meinen, im Hinblick auf Zusammen setzung und Haltung des Ministeriums hätte der Abgeord- nete Ernst sich bei dieser zwerchfellerschütternden Mit teilung vor Lachen den Bauch halten müssen. Er nahm sie aber ganz ernst und erklärte sich bereit, „für seine Person auf der angegebenen Grundlage weiter zu verhandeln". Dann setzte Abgeordneter v. Zedlitz ein. Er konferierte mit Herrn Ernst, nahm von diesem Abänderungsvor- fchläge zu einem Antragsentwurfe entgegen, und während die freisinnige Vereinigung vertrauensvoll auf weitere Verlautbarungen wartete, wurde plötzlich der Antrag ein gebracht, in welchem die Vorschläge des Abgeordneten Ernst „nicht nur keine Berücksichtigung gefunden, sondern auch noch die Erklärungen des Regierungsvertreters eine wesentliche Abschwächung erfahren hatten". Herr Ernst gibt nun fünf Punkte an, die für seine Stellungnahme maßgebend waren. Sie lauten: „1) Eine Neuregelung der Schulunterhaltungspflicht ist absolut notwendig. 2) Nach Lage der Verhältnisse ist die ebenso dringend not wendige Revision des Lehrerbesoldungsgesetzes abhängig von einem Schulunterhaltungsgesetz. 3) Das prinzipielle Festhalten der Freisinnigen am Prinzip der Simultan schule hat nicht zu verhindern vermocht, daß die Para- graphen 14 und 15 des Zedlitzschen Schulgesetzentwurfes von 1892 allmählich im Verordnungswcge nahezu durch geführt worden sind. 4) Ter Kompromißantrag will die Simultanschule, die ich nach wie vor für die beste und m den Ostmarken für die einzig mögliche Schuleinrichtung halte, nicht erdrosseln, sondern ihre Berechtigung — wenn auch nicht ohne Einschränkung — gesetzlich an erkennen, enthält also dem gegenwärtigen rechtlosen Zu» stände gegenüber einen wesentlichen Fortschritt auch in liberalem Sinne. 5) Der Antrag sichert der Lehrerschaft Sitz und Stimme im Schulvorstande. Diese fünf Gründe, so sagt Herr Ernst, hätten ihn zur Beistimmung veranlaßt. Uns erscheinen diese Gründe völlig unzureichend. Allerdings ist eine Neuregelung der Schulunterhaltungspflicht und des Lehrerbesoldnngs- gesetzes absolut notwendig. Indessen muß man sich der Verquickung dieser praktischen Fragen mit den prinzi- piellen Gesichtspunkten so lange wie möglich widersetzen und darf nicht Tendenz und Inhalt des Unterrichts preis, geben, um in der Besoldungsfrage zu einem Fortschritte zu gelangen. Ferner, wenn Herr Ernst erkannt hat, daß die Negierung im Verordnungswege der Schule einen konfessionellen Charakter aufzuprägen weiß, wie konnte er dann so npiv sein, dem Reqierungtzverfreter zu glauben, es werde -ine gesunde Weiterentwicklung der Simultan, schulen beabsichtigt- Weiter will der Kam, promißantrag nicht die Berechtigung der Simul, tanschulen anerkennen, er will vielmehr die Konfessionsschule gesetzlich als das Prinzip fest legen und die Simultanschule nur für Ausnahmefälle zulassen. Daß daS eine wesentliche Verschlechterung dem jetzigen Zustande gegenüber ist, liegt aus der Hand, und alle künstlichen Interpretationen können darüber nicht hinweghelfen. Was endlich den fünften Punkt anbstrifft, so erhält nicht nur die Lehrerschaft, sondern auch die Kirche Sitz und Stimme in der Schuldeputation und im Schul vorstande, und ihr Einfluß dürfte, wie die Dinge einmal liegen, in diesen Körperschaften der maßgebende werden. Wir sind der Ansicht, daß die Kirche weder m der Schul deputation, noch im Schulvorstande etwas zu tun hat. Wir können also beim besten Willen in dem Kompromiß antrage keinen Fortschritt erblicken. Im übrigen liefert der Abgeordnete Ernst ganz augenscheinlich ein Rückzugs gefecht: denn er erklärt schon jetzt, daß er unter gewissen Voraussetzungen gegen den Antrag stimmen werde. Da nun dieser Antrag, wie die Erfahrungen deS Abgeordneten Ernst deutlich beweisen, ganz sicher noch im reaktionären Sinne verschlechtert werden wird, so dürfte dieser allzu ehrliche Makler schließlich doch, trotz seiner fünf Gründe, gegen den Antrag stimmen. Man soll das Gute nehmen, wo man es findet, aber wenn ein Regierungsvertreter und ein Freiherr von Zedlitz mit angeblich liberalen Vor schlägen nahen, so ist das Wort am Platze, das einem Schulmanne vorzugsweise gegenwärtig sein konnte: „Ich fürchte die Danaer, besonders wenn sie Geschenke bringen." vrr rurrircb-ispanirche Krieg. Jamagata, japanischer Oberveset?4*i?ab«r. Nach einer Drahtmeldung, die oer Londoner „Daily Expreß" aus Lotio erhielt, wurde Marquis Jamagata zum Oberbefehlshaber der im Felde stehenden japanischen Streitkräfte ernannt. Seine nächste Aufgabe soll die Er- oberung von Port Arthur sein. Japanische Tsdesverachtung. Der Geist, oer die japanische Armee beseelt, wird in einer Mitteilung des „Standard"-Korrespondenten in Tokio durch das Verhalten des Generals Nogi ge kennzeichnet. Der zweite Sohn Nogis fiel bei dem An griff auf Naoshao. Am Vorabend ieiucr Abreise zur Front erhielt der General die Traucrkunde. Er hiuier- ließ den strengsten Befehl, die Lrauerfeier zu verschieben, bis er selbst und sein anderer Sohn auch tot wären. Die Vorstellung, daß man lebend aus dem Krieg zurück kommen könnte, kann sich der General somit gar nickst machen. wann ist die russische Armee schlagfertig? Ein Berichterstatter des „Morning Leader" will von dem Moskauer Militärintendanten die Auskunft erhalten haben, daß die Mobilisierung und Beförderung der beiden süürussischen Armeekorps nach dem Kriegsschau plätze 9 bis 10 Wochen in Anspruch nehmen werde. Min destens zwei Wochen würden dann noch vergeben, bis diese Verstärkungstrnpven sckstaosertig seien. Hiernach wären die entscheidenden Haupttreffen nicht vor der Zweiten Hälfte des August zu erwarten oder Anfang September, so um den Sedantag herum. Um diese Zeit könnte dann auch die russische Ostseeflotte zur Stelle sein. veulrches sieich. * Leipzig, 6. Juni. * Der Kampf in der „Gartenlaube" hat mit einem Siege der Firma Rudolf Mos se geendet. Die Firmen August Scherl, G. m. b. H. und Ernst Keils Nachf., G. m. b. H. nehmen in der Sonntagnummer des „L.-A." den gegen die Firma Masse erhobenen Vorwurf, sie habe sich dem Verlage der „Gartenlaube" gegenüber eines fortgesetzten Vertragsbruchs schuldig gemacht, mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Auch in H a m - bürg scheint man, wie bei dieser Gelegenheit bemerkt sei, den ScherliSmus doch nur mit gedämpfter Freudczu begrüßen. In einzelnen Kreisen der „A.-G. Neue Börsenhallc" macht sich eine lebhafte Opposition gegen das Aufgehen der Gesellschaft in die Berliner Firma August Scherl geltend. Namentlich die Handelskammer soll wenig Neigung verspüren, den Ende d. Is. ablanfen- den Kontrakt mit der Börsenhalle über Vermietung der oberen Räume des Börsengebäudes (Lesesaal usw.) auf die Berliner Firma zu übertragen. * Altersversorgung der Krankenkassenärzte. In Wien bat die vereinigte große Ortskrankenkasse unterm 10. Dezember 1903 ein Pensionsstatut für alle ihre Ange stellten und Aerzt? eingerichtet. Als Grundgedanken be zeichnete die „Chemnitzer Allg. Z.": 10 Prozent Beitrag von der Kasse, 6 Prozent von den Pensionsberechtigten: Eintritt der Berechtigung nach 10 Jahren mit 40 Prozent Gebaltsbezug und alljährliches Ansteigen um 2,4 Pro- zent Nach fünfunddreißig Dienstjahren und mit sechzig Jahren Eintritt der Vollpension. Weiterhin Witwen- und Waisenversorgung. Wie das genannte Blatt neuer ding mitteilt, will im Königreich Sachsen die Dresde - nerOrtskrankenkasse den ersten bedeu tungsvollen Schritt zur Alt e r s v e r s o r. gung ihrer 120 Aerzfe machen. Eie will über Hy« Wiener Vorbild noch ksinausgehen. Von der Wit- wen- und Waisenversorgung sieht man einstweilen, so lange die Ding» noch nicht überschaubar sind, ab: dafür aber zahlen die Aerzte gar keinen Penfionsbeitrag, die Kasse übernimmt diele Beiträge allein. Im Ganzen lehnt man sich an daß sächsische StaatSdiener-Penston-statut an und will den Eintritt der Berechtigung einer Invaliden. Pension auf 10 Jahr, fixieren. Die Berechtigung zum be- dingungslosen Eintritt der AlterSpension hat man schon nach L5 Jahren in« Auge gefaßt. Das ist mit Rücksicht auf die Beschwerlichksit de» ärztlichen Berufs sehr anzu erkennen. Man hofft binnen kurzem die Vensionskasse der Dresdner Ortskrankenkasicnärzte fertig zu bringen. Das wäre ein nickt unbeträchtlicher Erfolg. * * Vertin, 5. Juni. * Hofnachrichten. Heute morgen besuchten die Majestäten mit dem Kronprinzen und der Prin zessin Victoria Luise den Gottesdienst und die Kom munion. Im Laufe des Vormittags gedachten die M a - jestätensich nach der Matrosenstation zu begeben, dort die Dampfjacht „Alexandria" zu besteigen und auf dieser der Segelregatta des Kaiserlichen Jachtklubs auf dem Wannsee beizuwohnen. Morgen vormittag beabsichtigt der Kaiser nach Neu-Strelitz zur Teilnahme an der Trauerfeier für den Großherzog von Mecklenbnrg- Strelitz in der dortigen Schloßkircbc zu reisen. Der Kaiser wird begleitet sein vom Obcrbosmarschall Grafen A. zu Eulenburg, dem Chef des Civilkabinetts Wirkl. Geh. Rat Ör. v. Lucanus, dem Stellvertreter des Chefs des Militärkabinetts Obersten von Oertzen, dem Kom mandeur des Hauptquartiers General der Infanterie v. Plesien, dem General s ln suits Generalmajor Graf von Moltke, dem Flügeladjutantcn Maior Graf von Sckmcttau und dem Oberstabsarzt Or. Jlbcrg. * „Treikaiser-Bund" odcr „Deutsch russisches Geheim abkommen". Der „Südd. Reichskorrcsp." wird offiziös aus Berlin geschrieben: „Das jetzt wieder in Umlauf ge setzte Schlagwort vom „Dreikaiserbund", der, und zwar auf Betreiben Deutschlands, entweder schon fertig, oder im Entstehen begriffen sein soll, ist geeignet, Verwirrung zu stiften. Wenn ausländische Blätter unermüdlich sind in Hinweisen auf unsere angeblichen Bemühungen zur Kaptivierung des amtlichen Rußlands, auf geheime Unter handlungen oder Abmachungen zwischen Berlin und Petersburg, so geschieht es in der Absicht, das allmählich erstarkende Vertrauen, das in Rußland weitere Kreise während der ostasiatischen Kriegswirren zu der freundlich ruhigen Haltung des deutschen Nachbars gefaßt haben, durch die Besorgnis vor eingebildeten Gefahren zu lähmen, die der Selbständigkeit der russischen Politik von deutschen Anträgen drohen soll. Solche Anträge sind aber überhaupt nicht gestellt worden. Auch Zusagen auf Unter stützung wurden weder von Rußland erbeten, noch von Deutschland erteilt. Die leitenden russischen Kreise wissen sich in der Behandlung deS Streites mit Japan von jeder deutschen Beeinflussung frei. Daß man jetzt diesen Kreisen zu insinuieren sucht, Deutschland verspreche sich Sondervorteile von einer möglichst langen Dauer des Krieges, ist ein ebenso unehrliches Manöver, wie die noch immer nicht verstummten Einslüsterungen, Japan habe Antrieb und Rückhalt für sein Vorgehen gegen Rußland in seinen Beziehungen zu — Deutschland gefunden. — Um aber auf den „Dreikaiserbund" zurückzutommen, so hat allerdings ein gemeinsames Handeln der europäischen Kaisermächtc in neuerer Zeit wiederholt beobachtet wer den können, nämlich in der makedonischen Frage. Den Anstoß dazu gab regelmäßig ein Wunsch der Regierungen Rußlands und Oesterreich-Ungarns, für die Durch setzung einzelner Forderungen auf dem Boden des Mürz- steger Programms Deutschlands Unterstützung zu er halten. Diese Unterstützung ist dann auch, wo cs möglich war, gern gewährt worden. Von einer deutschen Ge schäftigkeit aber, für Fragen des nahen oder fernen Ostens die drei Kaisermächte in eine allgemeine demonstrativ wirkende Verbindung zu bringen, haben die Kabinette von Wien und Petersburg schlechterdings nichts bemerken können. * Alte und neue Handelsverträge. Die Reichs- regieruug beabsichtigt bekanntlich die in den bisherigen Handelsverträgen vorgesehene einjährige Fortdauer ihrer Gültigkeit vom Tage der Kündigung ab zu verkürzen: dazu ist aber die Zu stimmung des Reichstages notwendig, über dessen Stel lungnahme sich heute noch nichts Vorhersagen läßt. Die jenigen Parteien, die möglichst baldiges Inkrafttreten des neuen Tarifs wünschen, werden natürlich bereit sein, einer Verkürzung der einjährigen Frist zuzustimmen: ob damit aber eine Majorität für die Verkürzung gesichert ist, kann doch noch als zweifelhaft erscheinen. Nicht jeder Abgeordnete, der für den neuen Tarif gestimmt hat, wird gewillt sein, auch diesen zweiten Schritt zu tun, der, wie die Kundgebungen im Lande beweisen, von weiteren Kreisen der Industrie und des Kandels als schwere Schädigung ibrer Interessen betrachtet wird. Eine Aus sprache hierüber, aus der aus die Stellungnahme der Parteien geschlossen werden konnte, ist bisher nicht er folgt, die Interessenten haben keinerlei Anhaltspunkte zur Beurteilung der schwerwiegenden Frage, wie dieser Faktor der Gesetzgebung sich stellen wird. Dieser Un gewißheit mit ihren nachteiligen geschäftlichen Folgen ließe fick vielleicht ein Ende machen, wenn die Parteien nach dem bevorstehenden Wiederznsainnientritt des hoben Hauses in irgend einer Form veranlaßt würden, sich über ihre grundsätzliche Stellungnahme aiiszusprechen. * Tte Jagcmannsche Ltaatsreffttsthcorie. Der Heidel berger Professor Max Weber hat in der „Franks. Ztg." die StaatsrechtStbeorie des Herrn v. Iagemann des Näheren untersucht. Wir wollen daraus nicht mehr näher cingehen; denn wir finden, daß die Presse sich schon zu viel mit den AuSvrütunaen des EigenbrödlerS beschäftigt hat, die lediglich unter die Kategorie deS „groben Unfug«" gehören. Aeußerst interessant aber sind die Ausführungen, in denen sich der Heidelberger Gelehrte gegen die Bcrtlcinerer de« Parlamen tarismus wendet; er sagt: „Der Spieß könnt« auch einmal umgedreht werden. Seit bald 1K Jahren lebe» wir unter einem Regime, welche« einen so stark persünUch-monarchtschen Charakter an sich trägt, wie di»« selten irgendwo der Fall war. Würden wir nun fragen, was denn eigent lich dieses Regime geleistet hat, selbst aus demjenigen Gebiete, wo angeblich das monarchische Regiment seine spezifische Leistungs fähigkeit z«igen soll; dem der äußeren Politik — so würde der Ber- gleich mit den demokratisch verwalteten Äroßstaaten ein für uns sicherlich nicht schmeichelhafter iein. Der beispiellose Rückgang des deutschen Prestiges ist kein unverschuldeter, und eS sind ganz andere Instanzen, als etwa die deutschen Parlamente, die ihn verschuldet haben. Genug davon. Tie breiten Schichten des deutschen Bürger- tumS sind, aus guten Gründen, Anhänger der Monarchie als Institution, und, so viel an nns liegt, werden wir es bleiben, auch wenn, wie wir rö erleben mußten, die Monarchie in ihrem konkreten Träger einmal den Erwartungen nicht entspricht, die wir auf sie zu setzen berechtigt waren. Aber wir werden uns auf das entschiedenste auSbitlen müssen, daß man für die parlamen tarischen Institutionen gefälligst ein für allemale das Gleiche gelten läßt. Denn bei der Fortsetzung solcher Debatten würde die Monarchie nicht besser fahren als der Parlamentarismus." Wir wüßten nicht, was sich gegen diese Darlegung eiu- wendeu ließe und freuen unS, datz ein angesehener Gelehrter in unserer teisetretcnden Zeil den Mut gesunden hat, sich so osten und männlich zu äußern. * Der Regierungsrat als Arbeiter. Nach Mitteilungen des „Vorwärts" wird demnächst ein Buch erscheinen, in welchen! der Regierungsrat Kolb Erlebnisse schildert, die er in Amerika als Arbeiter gemacht hat. Zweck dieses Unternehmens war angeblich, gegen die niodcrn c Arbeiterbewegung Material zu ge- winnen, und nun scheint aus dem Saulus ein sozialistischer Paulus geworden zu sein, oder, wie der „Vorwärts" sich in drastischer Antithese ausdrückt, „Herr Kolb, der mit dem Dünkel eines preußischen Regierungsrates nach Amerika ging, ist als Mensch zurückgekehrt. Also ein zweiter Göhre. lieber das Buch können wir natürlich, ehe cs vorliegt, nicht urteilen, und wir werden es mit der gebotenen Urteilslosigkeit prüfen. Sehr wahrscheinlich ist es allerdings nicht, daß das nur wenige Monate wäh rende Experiment des Herrn Regierungsrates objektiv wichtige Ergebnisse zutage gefördert hat. * München, 5. Juni. Das am 1. Januar d. I. ms Leben getretene Ministerium für Verkehrs- a n g c t e g e n h e i t e n hat ein umfängliches Ressort in Verwaltung zu nehmen. ES unterstehen ihm die Staats eisenbahnen mit den ihnen angegliederten Verwaltungs zweigen, nämlich dem Betriebe des Donau-Main-Kanals, der Bodensecdampfschifsahrt und der Kettenschleppschiff fahrt auf deni Main, die Posten und Telegraphen nebst dem Telephonwesen, die Aussicht über die Privateisen bahnen, sowie die Beaufsichtigung des Schiffahrts- bctriebes aus Binnenseen, Flüssen und Kanälen. Dem entsprechen die Wünsche und Erwartungen, die seitens der Handels- und Gewerbckrcisc des Königreichs Bayern an die Neueinrichtung geknüpft werden. So werden Re formen der Pcrsonentarife, eine allgemeine und durch greifende Verbilligung der Gütertarife, sowie eine nutz- bringende Gemeinschaft der Betriebsmittel der deutschen Eisenbahnverwaltungen als diejenigen großen Verkehrs- fragen genannt, deren Lösung in einer das allgemeine Wohl fördernden Weise das Staatsministerium für Ver- kehrsangelegenhciten sich angelegen sein lassen möge. * Karlsruhe, 4. Juni. Die Kommission der Zweiten Kammer hat die Warenhaus st euervorlage mit 8 gegen 4 Stimmen im Prinzip angenommen. Ausland. Oesterreich - Ungarn. * Der Kampf um Budweis. Allenthalben finden zur Zeit, wie wir den Mitteilungen des Allgemeinen Deut schen Schulvercins entnehmen, tschechische Versammlungen zugunsten Tschechisierung von Budweis statt. In ganz Nordböhmen wurden in letzter Zeit in den Städten solche Versammlungen unter dem Protektorat der tschechischen Stadträte abgehaltcn. Nicht immer freilich hatte die Sache den gewünschten Erfolg. So war z. B. die König- grätzer Versammlung sehr schwach besucht. Dafür soll die Sache in Pilsen mit nm so größerem Spektakel in Scene gehen. Dort hat der tschechisch-nationale Klub die Angelegenheit in die Hand genommen. Die tschechische Vi'esie sekundiert mit trefflichen Hetzartikcln. Zur „Auf klärung" hat man sich Herrn l)r. Mansl. den Wander apostel der Budweiser Tschechen, verschrieben, der „über den Kampf der Tschechen in Budweis" sprechen wird. Unter den Protektoren der Versammlung befinden sich nach Angabe des Budweiser Kreisblattes die Pilsener tschechische«) Stadträte und unter diesen eine Anzahl von den Häuptern des Pilsener bürgerlichen Brauhauses, das sich immer so wundert, wenn an seiner Deutschfreundlich seit gezweifelt wird. Belgien. * Ter Generalrnt der sozialistischen Arbeiterpartei be schloß auf Antrag der Fiihrer Vandervclde, Furnc mont und Anseele den A n s ch l u ß d e r S o z i a l i st e n an das liberale Kartell. Wenn dies Kartell wirklich zustande kommt, dann kann ja der KlerikalismuS etwas erleben. Hoffentlich wandern dann die belgischen Klerikalen nicht nach Deutschland aus. Das Gerücht, daß es dort für Leute ihres Schlages jetzt eine Lust zu leben ist, dürfte auch zu ihnen gedrungen sein. Rußland. * Fürst Dolgoruki, der den russischen Minister des Aeußeren ans offener Straße geschlagen baben und jetzt in em Irrenhaus gebracht worden sein soll, ist nach dem Tcmps" ein Abenteurer. Die Familie der Dolgoruki ist eine der ältesten und zahlreichsten in Rußland. Der Uebeltäter ist zwar ein Neffe der beiden bekannten Träger dieses Namens am russischen Hofe, — der eine ist Hof marschall. der andere Generaladsntant des Zaren — allein er bat schon früh wegen seiner Ausschreitungen den Militärdienst verlassen müssen. Vor etwa 15 Jahren erschien er in Konstantinopel, wurde dort alt „hervor-
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