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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190406123
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040612
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-12
- Monat1904-06
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1904
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BezugS-PreiS t» der tzailptexveditiou oder deren Ausgabe- stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellnna tu« Hau- 8.7K. Durch die Post bezogen str Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich LLO, für die übrige» Länder laut AeitvnqSpreiSIiste. NetzaM»«: Johmmisaaffe 8. Sprechstunde: 8—« Uhr Rachm. Fernsprecher: 1K3. Gxpedttta«: JohmmtSgafie 8. Feöchmcher: 222. Uick»«rsttäMr.S «NfredLahn iAernspr. Rr. 4t HanptrKtliale Tresdr«: Marienstrah«-4 (Fernsprecher Amt I Nr. 1718). Haupt-Filiale Berlin: CarkDuncker, Herzgl-BayrHochuchbandlg, Lützowstraße lOsFerusprecherAmt vl Nr.4603.) Nr. 2S5. kiprigkrTagtblatt Anzeiger. Amtsblatt des Äomgkichen Land- und des Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Vnzeigen-Prets die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktiomtstrich (4 gespalten) 7K -H, nach den Famtlieauach- richtrn (6gespalten) KO -H. Tabellarischer und Hisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahm« Ä Ertra-Beila^n (gefalzt), nur nrtt der Morgen.Ausgabe, oh»e Pastbefürderung -4l 60.—, »it Postbefvcderuug 7V.—. Annatznusthtui, siir Ln^en: Abend-Ausgabe: vormittag« X) Uhr. Marge«.Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Die Ervedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 3 bis abends 7 Uhr. Druck und Berlag von G. Paiz tn Leipzig (Inh. Dr. V., R. L W. Klinkhardt). Sonntag den 12. Juni 1904. S8. Jahrgang. Vs« MMgrtt vsm rage. * Da« Befinde« des Königs war während de« gestrigen Tage« gut. Der Husten Hst nachgelassen. Abend« wurde Professor Vr. Eurschman» qus Leipzig zur Kousultation erwartet. (S- «Hachsen.) * Die Leiche der Prinzessin Marie von Hannover wurde gestern im Mausoleum zu Gmunden beigesetzt. * Der Streik der Arbeiter der Metallspielware»- brauch« zu Nürnberg ist durch Perg le ich beigelegt. * Die türkische Negierung erklärt die englische Meldung, der Sultan babe der russischen Schwarzen Meer-Flotte die Durchfahrt durch die Dardanellen gestattet, für erfunden. ülochrnrrda«. Alljährlich, wenn das Korn in die Aehreu schießt, die Menschheit am Meeresstraudc und in den Bergen den Leib stärkt und den Geldbeutel schwächt, pflegt auch der Gang -er Politik sich diesem Erholuugsbediirfnis gefällig anzuschmiegcn. Heuer anscheinend nicht. Eigentümlich, sehr eigentümlich war die Mache der rnjsisciien Presse, so weit sie ausgesprochen panslawistisch gefärbt ist und das ist der größte Teil —, aus der Tat eines Narren, dem Attentat -es Fürsten Tolgoruki auf den Grasen Lams-orff, eine Staatsaktion zu machen. Man darf zum Verständnis dieser offenen Hetze gegen den russischen Premier nicht vergessen, daß die Politik Lamsdorffs feit dem Mürzsteger Abkommen den Herren Panslawisten sehr unbequem war, trotzdem diele Konvention zwischen Oesterreich und Rußland den Russen die Ruhe am Balkan wenigstens garantierte, als Japan ihnen im fernen Osten an die Kehle sprang. Wenn man daher heute die Tat Dolgorukjs, der »ach Verdienst und Gebühr heute im Narrenhause sitzt, als den Ausfluß einer politischen Stim mung in Rußland selbst hinznstellen sucht mit der deut lichen Nutzanwendung, daß der öffentlich also bloßgestellte Lamsdorff sein Portefeuille abgebcn müsse, so ifi das eine ebenso alberne als gefährliche Farce, die lediglich deshalb bisher keine Folgen hatte, weil der Zar selbst sich mit der Politik Lamsdorffs einverstanden erklärt. Da gegen setzt merkwürdig prompt die Agitation der inter essanten Herrschasten am Balkan ein, da eben noch augen blicklich Friede und Gerechtigkeit sich küssen, da man nach berühmten Mustern in Nisch eine Entrevue in Scene setzte, welche den Balkanbnnd inaugurieren sollte. In dieses Idyll hinein platzte das Dynamitattentat nnd die neuerwachtc Agitation der Koinitatschis, welche nun ein mal dem unglücklichen Makedonien keine Schonzeit be willigen wollen. Wenn also die Panslawisten, die sonst nur in der „germanischen Gefahr" das Unheil nahen sehen, auf neues Schinden und Schänden, Sengen und Brennen gerechnet haben, um hier die echt bojarischen Minen nach alter Weise springen zu lassen, so dürften sic bald am Ziele ihrer Wünsche sein. Die vielgepriesenen Reformen scheinen, wie alle Jrades, wieder lediglich ein interessantes Pergament werden zu wollen, wenigstens hört man nichts Erbauliches vom Wirken der Herren, welche von den Mächten als Friedensleiter nach Make donien gesandt wurden. Lediglich der nötige Pump für ihre Sporteln ist durch die Banauc ottomane gesichert. Jedenfalls dürfte Ferdinand Eoburg-Kohary sich indes täuschen, wenn er hofft, durch die heimliche Begünstigung des Bandenunfugs zu einem Stück Makedonien zu kommen, eher marschiert Oesterreich nach Saloniki — qunnck meine, und selbst mit doppelter Armeesprache! So wenig ertrculich also -en Hetzern an der Newa die Tinge am Balkan liegen, ebenso gering dürfte ihre Wonne über die Entwickelung der Kämpfe in Ostasien sein. Nach Jalu Kintschan, Port Arthur immer enger zerniert, Kuropatkin noch immer ohne Lorbeer und die Heiligenbilder ohne jede pcrnichtende Wirkung auf die gelben Herden, das sind keine erfreulichen Noten. Um so weniger, als es auch von der neuen 800 Millionen An leihe Rußlands sehr still geworden ist. Tic Börse hat eine feine Witterung, Kuropatkin scheint dort leine steigende Tendenz zu baden. Wohl aber wird von selt samen Mären gesungen und gesagt, wenn inan die Lon doner Presse über die Politik Rußland gegenüber orakeln hört. Die Kieler Woche wird da in ihren beabsichtigten Wirkungen in ein höchst merkwürdiges Licht gesetzt. Der alte Kantus von der englisch-russiscl)en Annäherung wird an der Themse wieder einmal angestimmt, angeblich ist in Tibet das Einvernehmen zwischen dem Zaren und Albion völlig gesichert und die Lamas bezahlen die Kosten des Verfahrens, und in einzelnen Antiphonien tönt diese Weise von Petersburg wider. Wie weit hier der Wunsch der Vater des Gedankens war, läßt sich einstweilen nicht übersehen, nur die Tendenz ist die alte: Deutschland in einer heilsamen Angst zu erhalten. Diese Politik, in früheren Jahren mit besonderer Liebe in Kopenhagen ge pflegt, ist ja nickt neu, und bei der bekannten Gesinnung King Edwards gegen un« wäre e« töricht, zu glauben, daß er aus einem wirklichen Herzensbedürfnis nach Kiel kommt. Ebensowenig aber darf, man an eine wirkliche Herzlichkeit zwischen London und Petersburg glauben, es kann momentan einmal Oel auf die Wasserwogen ge gossen werden, aber -er tiefe, nicht nur in politischen Gegensätzen, sondern im Rassenbewußtsein, in völker psychologischer Antagome wurzelnde Gegensatz zwischen Rußland und England von Tschili bis Konstantinopel wird nicht dauernd durch die Staatskunst üperhrückt. England bleibt Rußlands Gegner in aller Welt, und russisch-englische Herzlichkeit würdx hellte lediglich den Zweck haben, Japan -en Chinesen in die Arme zu treiben und in Konstantinopel die ungeheure Gefahr eines isla mitischen Krieges in der ganzen Welt auszuschalten — und zu solchem Experiment ist England zu klug. Es liegt also in dieser ostentativen Sclxmstellung russisch eng lischer Konnivenz lediglich die Absicht, unsere Politik nach einer bestimmten Richtung hin zu beeinflussen wohin, hat erst die Zeit zu lehren, wenn die letzten Regatten ge regelt sind Eins darf man indes nicht vergessen, daß nämlich seit den Zeiten des siebenjährigen Krieges nie mals der Wille Europas, uns lahmzu- l e g e n , ein so einhelliger gewesen i st, wie heute, und wenn heute schon von Petersburg und Paris aus mit einer künftigen Freundschaft Oester reichs nnd dessen Austritt aus dem Treibunde gerechnet wird, so werfen hier Tinge ihre Schatten voraus, die nach dem Tode Franz Jo'efs sehr leicht zum Ereignis werden können. Im englischen Parlament brachte die abgelausene Woche eine neue Hetze gegen den K o n g o st a a t. Man will an der Themse anscheinend doch nicht die Souveräne des Kongo zur Ruhe komme» lassen, die SchattenRabincks und Stokes schweben wieder durch die Hallen oes House of Commons, und wenn Mr. Percy versichert, daß die Regierung in der Kongofrage lediglich und nicht sehr nach eigenem Wunsche dem Willen des englischen Volkes gehorche, wen» sie auf -en Bericht ihres Konsuls E lle- ment eingche und die Klage wider die Kongomagnaten erhebe, so ist das eine sehr geschickte Verbeugung gegen die „befreundete Regierung in Brüssel" — seit einem Jahr zehnt sind alle Regierungen „befreundet", besonders, wenn in den Parlamenten geredet wird — und eine deut liche Ankündigung, daß England nach Niederwerfung der Buren nuu Appetit nach einem Teile des Kongo staates verspürt, in dein bisher „Fiinffiugerkautschuk" den belgischen Aktien eine so fabelhaft hohe Dividende sicherte. Man wird nnn natürlich am Kongo exempla risch Gericht nnd Gerechtigkeit walten lassen, und mancher Agent, der die Nilpferdpeitsche schwingt, dürfte zu seinem Erstaunen merken, daß man in Boma und Matadi be ginnt, „menschlich" zu werden — aber das wird auf die Dauer nichts an -er Tatsache ändern, daß England Appetit nach dem Kongo spürt, und Belgien wir- trotz allen Sträubens ihm einen Platz an diesem Tisch gönnen müssen. Ob wir dort ebenfalls einen Sitz erwischen? — „Igrcke vcillentikns oss»!", wie in Marokko, wo Herr Naisuli ein so anmutiges Spiel mit Sr. schorifischcn Majestät selbst, mit dem glücklichen Frankreich und dem großen Uncle Sam spielt. Oder sollten die maßlosen Optimisten Recht haben, welche mit Raunen und Flüstern davon munkeln, Deutschland bekomme einen Westhafen in Marokko — Mogador oder Sasfi oder einen anderen! Man denke, Teut'cklland unter Bülow — das wäre eine Tat, des Fürstentitels wert! Aber die Menge der Erfahrenen verweist solche hoch fliegenden Wünsche in das Reich der Ideale, die gegen- wärtig in Gestalt des Frauenweltbundes in Berlin eine bestimmte Verkörperung erhalten haben. Auf der Kanzel hat Mrs. Anthony von den Erfolgen der Frauenbe wegung gesprochen, in der Versammlung werden wir programmatisch die Forderungen des gleichen Rechtes für Mann und Frau wieder vernehmen, und man wird in der kommenden Woche viel glänzenden Verstand neben viel Gefühl — dem stärksten Teil des Weibes — zu ver stehen Gelegenheit haben, aber gleichwohl wird auch diese glänzende Tagung praktisch keinen Einfluß bei uns gewinnen, und Graf Posadowsky hat bei der Frage der kaufmännischen Schiedsgerichte rechtzeitig über feine Gesinnung keinen Zweifel gelassen, soweit es sich dort um die Gleichberechtigung von Mann und Frau handelte. Der Frauenkongreß ist das große Ereignis der kommenden Woche, die abgelausene hatte nicht eigentlich ein solches, wohl aber eine Sensation, eine echte und rechte Sensation, als die Person Sr. Exccllcnz des Herrn von Mirbach in die Enthüllungen des Pommcrnbank- Prozesses gezogen wurde und das Trachten Sr. Exccllcnz nach dem Reiche GotteS und nach der allerhöchsten Gnade in ein Licht gebracht wurde, das nicht immer so klar und rein wie eine Glorie strahlte. Die Herren Schultz und Romeick mit dem Scheckbuch als Männer, die den Zehnten von allen,, was sie haben, dem Gotteskasten opfern, und Herr von Mirbach in dieser Gesellschaft mit der frohen Botschaft t om Hofbankier — just kein Bild, an dem nian fein Wohlgefallen haben kann. Mag auch das „nnn ölst" oftmals im praktischen Leben ein Wort von Bedeutung bleiben müssen - als Motto über einer Kirchentür macht es sich am alle Fälle schlecht, -und wenn eS selbst einer Excellenz gefiele. ver Aukrtsna aer firrero. Sun, Ha« Lrstha veröffentlicht die „Nvrdd. Allg. Ztg." folgendes Dementi: In der Presse taucht abermals die Behauptung auf, das; die Depesche des Zeitungsberichterstatters Danubauer, in der aus Windhuk vvm st. Mai der angebliche Entschluß des Obersten Leutwein, nach Deutschland zuriickzukehren, als Folge der Entsendung des Generalleutnants v Trotha gemeldet wird, nicht ohne vorherige ttenntnis des Reichskanzlers veröffentlicht worden sei. Die Meldung sei „vorher in der Wilhelmstraße ge lesen worüen, nicht etwa von einem Geheimrat, sondern vom Reichs kanzler selbst, ebe sie gedruckt worden sei". Wir stellen nochmals fest, daß der Reichskanzler von jener Depesche und ihrem Inhalt vor ihrer Veröffentlichung keinerlei Kenntnis gehabt hat. Diese Noti; durste allein wenig Wirkung babeu, denn ri: „Zutunft" kenn;eichnek ja die erste offiziöse Notiz als „min destens objektiv unwahr". Unter diesen Umständen ist es nicht unwahrfchemlich, daß wir einem neuen Prozeß gegen die „Zutunft" eiilgegensehen können; denn es wiro dem (prüfen Bülow auch der höchsten Stelle gegenüber wichtig fein, sich von dein Bexdqchl zu entlasten, als ob er eine Pole mik gegen Entschlüsse des Kaisers unterstütze oder mindestens gewahren lasse. Uns scheint aber ein anderer Weg als eine ge richtliche Verhandlung in diesem Falte nicht zum Ziele zu führen. Uebrigeus liegt hier ein starkes öffentliches llnteresse vor, denn es ist siir das ganze deutsche Boll von Wichtigkeit, zu erfahren, ob die „Zukunft" recht Hal oder nicht. Der deutsche ririegrptan. D i e P c r i o d e d e s A b w a r t e n s i m s ü d w e st- a f x i k a u l j ck; e n Feldzüge wird vom General v. Francois un „M i t i t ä r - W o ch e n b l a t t e" eingehender erörtert. Pas Abwarten hatte für uns zu nächst de» Vorteil, daß die Hereros sich sicher suhlten und in ihren Lagern blieben; vadurch wurde es leichter, sie aufzuikudeu und feslzuhalteu. Ferner Hal; das Ab warten über die Regenzeit hinweg, die sowohl für die Menschen wie für die zum größten Teil frisch eilige- führten Pferde ungemein gefährlich ist. Sodann ergab das Abwarten für die Trup p e und für ihre Organi sation Vorteile: Tie Truppe tonnte gut belehrt, einge- übt und eingeteilt werden. Namentlich die Artillerie dürfte von der Neueinteilung profiliert haben, da sie ur sprünglich wegen der mannigfachen Geschützarten ein ganz buntes Bild bot. Machten also Klima, Gesundheit und Organisationsbedürfnis das Abwarten wünschenswert, so wurde letzteres durch die Transportschwierig- k e i t e n, die u n z u r e i ch e n d e n B e f ö r d c c u n gs- niittel, die U n t e r k u n f t S v e r h ä l t n i s s e und den Busch geradezu erzwungen. Tie Eigenheiten der Tornbuschfeldcr beleuchtet General v. Fraiwois ausführ- lich, indem er Illustrationen hinzusügt; auch verbreitet er sich über die zweckmäßigste Methode des Buschkampfes. Seinen sonstigen Ausführungen sei noch die bemerkens werte Einzelheit entnommen, daß von, Mai bis zum An fang Juli dieSchntztruppeaufetwa 506 Offi ziere und obere Beamte und auf 7100 Mann gebracht werdensoll. V«n -er Nerdgreuze des Schutzgebiet». Von gut informierter kolonialer Seite wird der „Teut- fchen Warte" zu den Klagen über die nördlichen Grenz verhältnisse in Deutsch-Südwestasrika geschrieben, daß man vgr allen Dingen berücksichtigen muß, daß der nörd liche Grenzdistrikt vor dem Hererokriege noch nicht seitens der Verwaltung übernommen worden war. Aus diesen Gründen wurde auch vor dem Betreten dieser Gegenden gewarnt, und die Unsicherheit derselben war allgemein bekannt. Daß unter diesen Umständen natürlich dem Waffcnschmuggel vor und während des Krieges durch portugiesische und wohl auch englische Händler nicht Ein halt getan werden tonnte, liegt ans der Hand, und ebenso konnte der Transport von Munition durch Ovambos, die zu den Hereros am Waterberg stießen, nicht gehindert werden. Durch mehrere Blätter ging nun die Nachricht, daß die Händler nicht nur durch Vieh, soudcru auch durch Sklaven bezahlt wurden, lvas auch seit längerer Zeit vor deni Aufstande geschehen sei. Tie Sklavenausfuhr sollte sich aus dem deutschen Schutzgebiete über Runeuc nach Angola hin erstrecken. Tort gälten diese emgeführten Sklaven als „freie Arbeiter" nnd würden meist nach den portngiesischen Inseln im Busen von Guinea verschleppt. Es sollten sich auch Beweise für diesen Handel in den Händen des Gouvernements unseres Schutzgebietes in Gestalt von Geschäftsbriefen, in denen ganz offen die Lieferung von Munition und Waisen gegen Eintausch vou Sklaven behandelt wird, finden. Hierüber ist aber an den zuständigen Stellen nichts bekannt. Tic ganze Dar stellung ist jedenfalls nur erfunden. Es kann bei der herrschenden Unsicherheit in den nördlichen Grenz distrikten und auf portugiesischem Gebiet wohl Vor kommen, daß einzelne Leute von Räubern weggeschleppt und gefangen gehalten werden, aber ein organisierter Sklavenhandel, wie er beschrieben wurde, existiert in Wirklichkeit nicht. Für die dort in Wahrheit herrschenden Zustände kann jedenfalls dem Gouvernement keine Schuld beigemcsscn werden, denn an Verwarnungen für Weiße, das Grenzsan- zu meiden, bat cs nicht gefehlt, und die Eingeborenen haben dort oben noch freie Hand in ihrem Tun und Treiben. Wünschenswert erscheint eS dagegen, wenn man die Forderung erbebt, daß die Reichs- regierung endlich einmal ein ernstes Wort mit Portugal über den stetig betriebenen Wastenschmuggel von Portu- giesisch-Afrika au» spricht, denn bis jetzt finden Verhand lungen mit dieser Regierung weder wegen einer Landung deutscher Truppen m Port Alexandre zum Vorgehen gegen die Ovambos von Norden her, noch wegen des Grenzschmuggels statt. In beiden Fällen würden andere Staaten wohl nicht ermangeln, mit der nötigen Energie vorzugehen. Die Lntschädig«ng»fruAe. Eine Abordnung der geschädigten Ansiedler ist aus Südwestafrika in Berlin eingetroffcn, um ihre Inter- essen persönlich zu verfechten. Diese Ansprüche und deren Begründung sollen, wie schon gemeldet, auch der größeren Oeffentlichkcit durch eine Denkschrift zugäng lich gemacht werden, die, von dem Farmer F. Erdmann ans Haris verfaßt, in den allernächsten Tagen die Truckerpresse verlassen wird. Die „Deutschen Stimmen" kommen ans Grund dieser Denkschrift zu dem Urteil: „Der Entschädigungs anspruch der Ansiedler ist begründet." Der erste Ab schnitt der Erdmannschen Denkschrift „Die Ursachen des Aufstandes" legt uns dies dar: Es ist der Haß der Hereros gegen die fremde Schutzhcrrschast au sich, der den Knoten geschürzt hatte. Fehler der Verwaltung haben die Eingeborenen gereizt, daß sic den Aufstand bei erster Ge legenheit herbeiführten. Man setzte nicht den rechtmäßigen Erben des Häuptlingsstammes, sondern einen Verwandten, den Säufer Samuel Maharero, als Häuptling ein, als der Führer posten erledigt war. Dazu kam die Einrichtung der Reservate und schließlich auch die Verordnung, wonach am 1. April 1904 alle Forderungen an die Hereros verjährt sein sollten. Ob dies kolonialpolitischc oder wirtschaftliche Notwendigkeiten waren, das braucht die Ansiedler nicht zu kümmern. Reichsvcr- waltungsniaßregeln tvarcn es, die den Aufstand hcrbeiführten. Während des Aufstandes mußten die Ansiedler als Reserve und Landsturm unter die Fahne, konnten also nicht mal ihr eigenes Besitztum verteidigen, wiewohl sie mit wenigen Mann schaften auf Wochen hinaus dazu fähig gewesen wären. Genug, das Reich hat den Anfstand zu vertreten. Nun konnte man ja die Ansiedler an die Hereros usw. verioeisen; die haben den Schaden angerichtet, mögen also dafür eintretcn. Ganz zutreffend. Aber die Regierung annrktiert ja das Land der Herero, also iKrade das Vermögensobjekt, an welches die Ge schädigten sich halten müßten, wenn sic wieder zu ihrem Geld» kommen wollten. Da ist cs in der Tat so, wie die Regierung es von vornherein verstanden wissen wollte, wenn sie auch den Rein,srag über die letzten Gründe im Unklaren ließ: die An siedler sind zu ihrem Entschädigungsanspruch berechtigt, und das Reich kann nm so williger zahlen, als ihm das Vielfache an Werten im Laufe der Jahre aus dem Verkauf der Ländereien zuflicßt. * Verlustliste. In Swakopmund am Typhus ge storben ist am 1, Juni der Reiter Wilhelm Brück, der bei dem Eisenbahn-Regiment gedient hat und als Freiwilliger sich im Januar für die Schutztruppe ge meldet hatte. Der Mutter des B., die in Rathenow wohnt, wurde der Tod vom Oberkommando mitgeteilt. Gleichzeitig wurde ihr das vom Kaiser gestiftete Trost- bild ausgehäudigt. Aus Freiwaldau in Schlesien wird über den in Süd westafrika von den Herero ermordeten Maler Fritz Kloffka berichtet: Kloffka war 35 Jahre alt. Er war in Riemberg in Preußifch-Schlesien geboren, absolvierte seine Malstudien an verschiedenen Akademien in Deutschland und wandte sich vor etwa fünf Jahren nach dem Kapland, wo er Verwandte besaß. Im Vor jahre begab er sich nach Deutsch-Südwestastüka. Seine in Freiwaldau lebende Mutter und sein gleichfalls dort wohnender Onkel, der Grundbesitzer Robert Unger, er hielten seit Weihnachten von ihm kein Lebenszeichen, bis am Sonntag von dem deutschen Kolonialamte die Mit teilung von der Ermordung Kloffkas in Freiwaldau einlangte. Mutter und Onkel weilen nun in Berlin, nm näheres über den Tod Kloffkas in Okahandja zu erfahren. ver niKsteb-iapanirche Krieg. Die Durchfahrt durch die Dardanellen. Nach einer Petersburger Laffan Meldung fall Ruß land die Einwilligung der Türkei für die Durchfahrt der Schwarzen Meer-Flotte durch die Dardanellen erhalten. Vier Schlachtschiffe und zwei Kreuzer werden binnen kurzem die Ausfahrt: aus dem Schwarzen Merr an treten. Diese Petersburger Laffan Meldung wird durch mehrere in London eingetrosfcne Telegramme bekräf tigt. In einem heißt cs, die Durchfahrt sei unter der Bedingung bewilligt worden, daß die russischen Kriegs schiffe unter keiner Bedingung jemals wieder in das Schwarze Meer zurückkehren dürfen. Tie Nachricht klingt unwahrscheinlich, da der Sultan diese Erlaubnis nur unter Zustimmung der übrigen Vertragsmächte er teilen kann. Am 13. Juli 1841 wurde zu London ein Vertrag zwischen den fünf europäischen Großmächten und der Pforte unterzeichnet, nach dem in Friedens zeiten kein nichttürkisches Kriegsschiff in die Dardanellen einlaufcn darf. Die Vcrtragsmächte durften nur je ein leichtes Kriegsschiff im Dienste der Gesandten durch fahren lassen. Im ersten Anhang ;u den Pariser Frie denöartikeln von 1856 wurde der Vertrag von 1841 der Hauptsache nach bestätigt; doch bebielt sich der Sultan vor, je zwei weiteren leichten Kriegsschiffen der fremden Mächte die Turchfahrt zu gestatten, damit sie an den Donaumündungon die Schiffabrtsfrcibcit airf der unte- ren Donau überwachen könnten. Nachdem das Lon doner Kabinett vom 13. März 1871 die seit 1856 bestehende Schließung der Dardanellen für Kriegsschiffe aufgehoben batte, indem die Dardanellen und der Bos- porus im Frieden den Kriegsschiffen aller be freundeten und verbündeten Mächte geöffnet werden durften, legte der Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878
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