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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040613022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904061302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904061302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-13
- Monat1904-06
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ret hätte, sondern ohne jede Lttausel und Bedingung. I« deftiger die nationalen Leidenschaften toben, desto abso- lullscher gestaltet sich die Regierung, desto mehr wächst ihre Macht. Es ist möglich geworden, ohne Zolltarif über den Vertrag mit Deutschland zu verbandeln, ohne Parlament ein provisorisches Uebereinkommen mit Italien zu schließen, ohne Sicherheit für die Deckung von den Delegationen vierhundert Millionen zu erhalten. Und wenn diese Deckung aufgebracht werden soll, und das Parlament auch nur im geringsten muckst, so wird eben ein neuer Paragraph sich einstellen und eine Ver- orönungSarlleihe wird das nötige Kapital besctwffen. So weit hat es die Obstruktionspolitik der Tschechen ge- gebracht. Wenn die Herren Körber und Tisza dikta torische Neigungen haben, so werden sie gut tun, den in tellektuellen Autor der tschechischen Politik, den Abge ordneten Kramarz, zu einer hohen Auszeichnung zu em pfehlen. Für alle Parlamentarier aber enthalten die Vorgänge m Oesterreich die warnende Lehre, daß die Parteien im Kampfe widereinander den Bogen nicht Überspannen sollen, weil sonst die Regierung nur der lachende Dritte ist, dem ihre Streitigkeiten zu gute komme». Zar Lage in Serbien. Am 11. Juni war eia Jahr verflossen, seit die serbi schen Mordpatrioten in das Schlafzimmer Alexanders und der Draga Maschin drangen und das Paar nieder metzelten. Zur Feier des Tages hat man in Belgrad einen Festball veranstaltet und auch an anderen Orten wird es koch hergegangen sein. Es ist eine ungemein finnige Idee, diesen welthistorischen Akt zu feiern, indem die Untertanen das Tanzbein schwingen, weil gerade vor einem Jähr die Gesalbten hingeschlachtet worden sind. Jedem Anhänger des Legitimitätsprinzips muß sich daS Herz im Leibe umdrehen. Aber nicht nur mit Juchheissa und Juchhei ist der Tag begangen worden, sondern es hat auch ein Requiem für den Oberstleutnant Naumovicz stattgefunden, der auf Seiten der Verschwörer stand und durch eine Dynamitpatrone getötet wurde. Dem Requiem wohnten der Ministerpräsident und zahlreiche Spitzen der Behörden bei. Unter diesen Umständen müßten eigent lich die Gesandten der Mächte das Land wieder verkästen, das sie vor kurzem erst betreten haben; denn es liegt ja klar zutage, daß die Gewalt noch immer in den Händen der Verschwörer ist. Eine hochstehende Persönlichkeit, die vor einigen Monaten vom König Peter empfangen wurde, erzählte Ihrem Vertreter, do^ während der ganzen Audienz, die etwa dreiviertel Stunden währte, dieTür zum Zimmer des Königs geöffnet blieb. Man kann aus dieser Tatsache ersehen, welchen Druck die Umgebung des Königs ausllbt und mit welchem Miß trauen sie ihm gegenüber steht. Es ist klar, daß der König unter solchen Verhältnissen kaum in der Lage ist, rine persönliche Politik ui betreiben. Man nimmt denn auch in diplomatischen Kreisen an, daß die Abberufung der Gesandten dem Könige nicht allein sehr gelegen kam, sondern daßdieJdeedazuvonihm selb st an geregt worden sei, und zwar auf dem Umwege Montenegro-Italien. Der König sah eben voraus, daß die Verschwörer einen unerträglichen Truck auf ihn aus- üben würden und beabsichtigte von vornherein, die Hal tung der Großmächte zu benutzen, um sich von diesen ge fährlichen Freunden zu befreien. Das ist allerdings bis her nicht gelungen. Indessen, was nicht ist, kann noch werden. Ter König ist noch sehr rüstig, ein Mann von flottem, sportmänni'chem Gehaben, in besten Hand man unwillkürlich die Reitpeitsche vermißt, und seine Nerven find augenscheinlich der Lage gewachsen. Für die Zu- sunst der Dynastie ist freilich damit noch nicht viel ge sagt. Die Obrenowitsch, d. h. Milan, haben noch immer Anhänger im Lande, und ein neues Rinnen der Tnnastien, 'n welchem dann Milans unehelicher Sohn im Vorder gründe stehen würde, ist keineswegs ausgeschlossen. Deutsches Zeich. * Berlin, 13. Ium. * Aufsichtsamt für Privatversicherungcn Die Zahl der Versicherungsbeiräte beim kaiserlichen AuffichtSamt für Vrivatversicherungen wird vom 1. Juli ab aus 48 erhöht. * Ter Zentralvorstand der nationalliberalen Partei hielt Sonntag in Berlin unter dem Borsitze des Herrn Or. Häm in ach er eine sehr zahlreich besuchte Sitzung ab. Eingangs derselben widmete vr. Hammacher dem verstorbenen Mit glieds des Zentralvorstandes, Herrn Ernst Krupp, Königstein i. T., einen warmherzigen Nachruf. An Stelle des Herrn Abgeordneten vr. Blankenhorn, welcher von vornherein seinen Posten nur provisorisch übernommen und seinen Rücktritt erklärt hatte, wurde einstimmig Abg. Bassermann zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralvorstantes gewählt. Zugewählt wurden in den Zeutralvorstand die Herren Landgerichts direktor Boisly-Halberstadt, Fabrikbesitzer Huffmann- Essen und Reg.-Rat Itt. Leidia-Charlottenburg. Nach einem erschöpfenden Referate des Avg. vr. Friedberg über ^ehen aus- Ieymann, toter Buchstabe, darauf Nach- dann unteren dafür Sorge tragen, daß sie ihrerseits planmäßig unterrichtet werden. Dafür werde vor allem in Betracht kommen, daß die Gemeindevorstände und, was noch wichtiger, die Amts- Vorsteher anaewieseu werden, über die in Betracht kommenden Fälle regelmäßig zu berichten. DaS Verständnis und Interesse der Gemeindevorstäud« würde wesentlich gesteigert werden, wenn ihnen möglichst an der Hand konkreter Fälle begreiflich gemacht würde, daß die Uebernahme des Heilverfahren« unter Umständen eine erhebliche Entlastung deS Armenver- baudeS zur Folge habe. Ferner werde eS sich empfehlen, mit den ärztlichen BerusSvereineu, tunlichst auch mit den Kassenvorständeu und den Kaffen-, Fabrik- und Armenärzten Fühlung zu nehmen, den KreiSphysikuS und durch ihn die Aerzteswaft des Kreises zu unteressierea, etwa auch die Be sitzer größerer gewerblicher Unternehmungen und die Vertreter der privaten Armenpflege zur Mitwirkung heranzuzieheu. Die Behandlung, welche die Versicherungsanstalten den Heil- versahrensanträgeu angedeihen lassen, weicht von einander ab. Die Untersuchung der kranken Versicherten erfolgt bei ver schiedenen Anstalten durch einen mit der Vornahme der Untersuchung besonders betrauten Arzt am Sitze der Anstalt und unter Bedingungen, die namentlich von demjenigen An tragsteller schwer getragen werden, der vielleicht schließlich eine Abweisung erfahrt. Eine wirksame Abhülfe dürste auf dem Wege zu erreichen sein, daß die vertrauensärztliche Unter suchung der kranken Versicherten nicht immer am Sitze des Vorstandes der Versicherungsanstalt, sondern durch den für den Wohnort deS Antragstellers zuständigen Arzt erfolgt. * Die deutschen Gen offen und -er Streik in Holland. Der große Streik der Diamautarbeiter in den Nie derlanden, welcher auch schon 560 000 gekostet hat, liegt der Soziald emokratie Deutsch laudS etwas schwer im Magen. Denn die Streikenden haben an die deutsche Solida rität sich gewandt und um pekuniäre Unterstützung gebeten. Die Streikenden gebrauchen wöchentlich 42 000 und diese sind nicht aufzubringen. Trotz aller Aufrufe sozialdemokratischer Führer ist für die niederländischen streikenden Diamantarbeiter aus Deutschland so gut wie nichts gekommen; der deutsche Tabakarbeiterverband in Bremen gab jetzt 500 der den Schul« »trag erzielte eine sechsstündig«, lebhafte Aus sprache die höchst erfreuliche Beseitigung der entstandenen Mißverständnisse. Dieses Ergebnis faßte folgende mit allen gegen fünf Stimmeu angenommene Resolution zusammen: „Dor Zeutralvorstand «kennt an, daß der im preußischen Ab- geordneten Hause eingebrachtr Schulau trag sich im Einklang befindet nett derjenigen Stellungnahme, wrlche die oattoualltberal» LandtagS- staktto» io Preußen in den Jahren 1892, 1806 und noch 1903, ohne Widerspruch in der Partei zu finden, in der Schulfrage ein genommen bat. Er spricht di« durch alle Erklärungen der Landtags fraktion gerechtfertigte Erwartung auS, daß sie bei Ausgestaltung de- Gesetzentwurfes bestrebt sein wird, der Simultanschule eine rechtlich« Stellung zu verschaffen, die nicht nur die gesetzlich und tatsächlich bestehenden Stmultaoschulen unverändert aufrecht «hält, sondern auch di« Weiterentwicklung diese» Schulsystem» auf der Linie seiner grundsätzlichen Gleichberechtigung »Sglich macht." vr. Hammacher, der in unermüdlicher Ausdauer und Frische die sechsstündige Debatte mit gewohnter Umsicht ge leitet hatte, gab seiner Genugtuung über da» erzielte Er gebnis io herzlichste» Worten für die nationalliberale Partei Ausdruck. Die Resolution ist sehr matt uud entspricht durchaus nicht dem Empfinden weiter Kreise der nationalliberalen Partei. Mit der olosiea „Erwartung, daß die Fraktion „bestrebt sein wird, der Simultanschule eine rechtliche Stellung zu ver schaffen, die di« Weitereutwickelung dieses Schulsystems auf der Linie seiner grundsätzlichen Gleichberechtigung möglich machte", ist eS mcht getan, eS muß klipp und klar gesagt werden, daß die Partei jede Politik verwirft, die darauf ge richtet ist, die Schule der Kirche auszuliefern. Die Gefahr, daß dies geschieht, wird aber durch die Fassung deS Kompromiß»» trage« gerade»» heraufbeschworeu. Aus diesem Grunde hat auch am Sonntag der nach Offenburg eiuberusene außerordentliche Vertreter tag der zwanzig jungliberalen Vereine von Baden ans Grund mehrstündiger Beratung in einer einstimmig an genommenen Resolution erklärt, daß die Einführung der Simultanschule in ganz Deutschland eine der wichtigsten Auf gaben der liberalen Parteien ist. Er mißbilligt daher die Haltung der liberalen Partei im preußischen Landtage, welche Professor Metzger in Heidelberg für weder liberal noch national erklärt und halt auch di« von der preußischen LaodeSfrattion für ihre Haltung vorgebrachteo Gründe nicht für überzeugend. * Anträge auf Einleitung des Heilverfahrens. Nach dem neuen Invalideu-Versicherungsgesetz sind die unteren Verwaltungsbehörden verpflichtet, Anträge er krankter Versicherter auf Einleitung eines Heil verfahrens entgegenzuuehmen. Die Ansichten über den Umfang der Verpflichtungen, die sich für die unteren Ver waltungsbehörden aus dieser Vorschrift ergeben, geh ° einander. Einer der Ausleger des Gesetzes, W meint, die Vorschrift bleibe ein t'"— wenn die unteren Verwaltungsbehörden sich beschränken, die zufällig an sie gelangenden richten weiterzugeben; die Vorschrift werde lebendige Kraft bewähren können, wenn die Verwaltungsbehörden auf zweckmäßige Weise Verband der sozialdemokratischen Bergarbeiter 2000 Diese Gaben haben unter den Tabakarbeitern uud Bergarbeitern viel böse« Blut gemacht, sie verstehen nicht recht, weshalb da« Geld, was sie mühsam gesammelt, für ausländische Streik« fortgrworfen wurde. E« wird deshalb noch zu scharfen Auseinandersetzungen kommen. * Danzig, 12. Juni. Die nächstjährige Landwirt schafts-Ausstellung findet io München statt. Prinz Ludwig von Bayern wurde zum Ehrenpräsidenten derselben gewählt. * Elberfeld, 12. Juni. DieAngestellten derSchwebe- bahu streiken seit heute. Anlaß zu dem Streik gaben Lohnbifserenzen. Die dadurch herbeigeführte Verkehrsstockung ist um so größer, als zum heutigen rheinischen Feuerwehrtag Zehntauseude von Fremden anwesend sind. * Jeu«, 12. Juni. Die »ltramootaae Erfurter „Souu- tagsztg." berichtete auS Jena: „Die Leser der „SonntagSztg." dürfte eS interessieren, zu erfahren, daß die s. Z. in das Kneiplokal der „Sugambria" eiugedruugenen Korps studenten (es handelte sich nm eine protestantische Demonstration gegen das Farbeatragen dieser ausgesprochen katholischen Verbindung. D. Red.) die Strafe für ihre rohe Tat schon empfangen haben. Ein Teil wurde mit mehrwöchigem Gefängnis, die übrigen mit hohen Geldstrafen belegt." Hierzu bemerkt der „Erfurter Allg. Auz.": ,/Die Nachricht beruht auf frivoler Erfindung. Es hat weder Klage noch Verhandlung stattgefunden. Eine Verurteilung konnte daher auch nicht erfolge«. Die Angelegenheit ist in ultramoatanen Blattern furchtbar aufgebauscht worden. Sie wurde schon am folgenden Tage beigelegt. An die Wirtin deS „Sugam- bria"-LokalS wurden 50 bezahlt. Wegen eines nicht er laubten Umzuge« wurden einige Korpsstudenten mit geringen Karzerstrafeu belegt. DaS ist alles!" (Bekanntlich verbot der Akademische Senat der Universität Jena infolge deS Vor falls daS Farbeatragen rein konfessioneller Verbindungen. Red.) * Gera, 12. Juni. In der letzten LandtagSver- handlung wurde von den Sozialdemokraten eme Ab änderung des Steuergesetzes im Fürstentum verlangt. Bei dieser Gelegenheit betonten die ländlichen Abgeordneten, daß die oberländischen Landwirte zu scharf zu den Steuern herauaezogen würden, waS der Abhülfe bedürfe. Daß sich die Landwirte des reußischen Oberlandes in ungünstigen Verhältnissen befinden, sei darauf zurückzusühreu, daß dort die kleinen Landwirte zu wenig eigenen Grundbesitz haben, da der größte Teil von Grund und Boden fürstlicher Domänenbesitz sei. Anfangs der 1870er Jahre trat der Staat die gesamten Domänen an die fürstliche Kammer ab als Ersatz für die Civilliste des Fürstlichen Hauses. Die Domänen bringen jährlich ein Einkommen von reichlich 2 Millionen Mark der fürstlichen Kammer, wofür circa 70 000 jährliche Steuer entrichtet werden. Man ist der Meinung in Abgeordnetenkreisen, daß man damals dem ländlichen Besitz hätte besser unter die Arme greifen müssen, was heute leider nicht möglich ist, wenn von der fürstlichen Kammer nicht selbst der Sache Wohlwollen ent- gegeogebracht wird. slone. " Schiffsbewegungen. S. M. Tpdbt. „S 90" ist am 8. Juni in Shanghai eingetrosfen. S. M. Tpdbr. „Ta ku" ist am 8. Juni in Shanghai eingetroffen. Die abgelösie Besatzung von S. M. S. „Bussard" ist mittels Dampfer „Stutt gart" am S. Juni in Neapel eingetroffen und hat am 10. Juni die Reise nach Genua fortgesetzt. S. M. Flußkanonenboot „Vaterland" ist am 10. Juni in Hankau eingetroffen und verläßt am 13. Juni wieder diesen Hasen. Der Äb- lösrmgstranSport für die Schiffe des Kreuzergesch Wa der» ist mittel» Dampfer „Main" am 11. Juni in Hong kong eingetroffen und fetzt an demselben Tage die Reise nach Shanghai fort. S. M. S. „St o sch" ist am 10. Juni in Saßnitz eingetroffen und geht am 14. Juni nach Kiel. S. M. S. „Stein" ist am 10. Juni in Äßnitz etngetrofsen und geht am 15. Juni nach Kiel. S. M. S. „Moltkreist am 10. Juni in Saßnitz eingetrosfen und geht am 13. Juni nach Kiel. Fluslanck. Oesterreich - Ungarn. * Der Abgeordnete Graf Albert Apponyi, der Führer der ehemaligen Nationalpartei, legte gestern in Jasz- Bereny vor seinen Wählern einen Rechenschaftsbericht ab, in dem er entgegen den verbreiteten Gerüchten über seinen Rücktritt vom politischen Leben erklärte, daß er da nach trachten werde, das Programm der ehemaligen Na- tionalpartei durchzuführen. Dieses halte an der Gemein- samkeit mit Oesterreich und dem Dualismus fest, enthalte ledoch eine besonders ausgeprägte Erweiterung des nationalen Gedankens durch Betonung der gesonderten staatsrechtlichen Stellung des Königs von Ungarn, sowie nationale Forderungen auf militärischem und wirtschaftlichem Gebiete. Als neuen Programm punkt stellte Apponyi die Trennung der Zollge meinschaft mitOe st erreich auf. * Vernichtungskampf gegen eine deutsche Schule. Mit ausdrücklicher Bewilligung der Gemeinde und der Be- zirksbehörden hat in Chlumib im Bezirk Wittingen der deutsche Schulerhaltungsverein von Josefstal einen Bau zur Unterbringung einer deutschen Schule errichtet. Zu Anfang Oktober vorigen Jahres erhielt der Verein nach Fertigstellung des Baues auch den fchulbehördlichen Benützungskonsens. Nun aber begann ein geradezu niederträchtiges Ränkesviel gegen die Eröffnung der deutschen Schule. Zunächst verweigerte unter haltlosen Vorwänden die tschechische Gemeindeverwaltung den bau- behördlichen Benützungskonsens. Dann tat die tschechische Bezirksverwaltung dasselbe. Die Deutschen, nach drei viertel Jahren immer noch außer Stande, die fertige Schule ^u eröffnen, wandten sich hierauf hülfesuchend an den Landesausschuß. Dieser hat nun, wie wir in den „Mitteilungen des Allg. Deutschen Schulvereins" lesen, seine Entscheidung gefällt. Auch er verweigert den Deut schen die Erlaubnis, ihre aus eigenen Mitteln errichtete Schule zu benützen, derselbe Landesausschuß, der oft genug deutsche Gemeinden zur Errichtung überflüssiger tschechischer Schulen genötigt hat. Frankreich. * Tas französische Mittelmeergeschwader, das unter dem Befehle des Vizeadmirals Gourdon gegenwärtig in den levantinischen Gewässern Besuche abstattet, besteht nach einer uns aus Konstantinopel zugehenden Meldung aus sechs Panzerscksiffen, drei Panzerkreuzern, einem Kreuzer dritter Klasse „Lionois" (an besten Bord Vize admiral Gourdon, ein Kontreadnural und 15 Offiziere die Fahrt nach Konstantinopel zurllcklegten) und sechs Kontre-Tourpilleurs. Flaggenschiff des Kontreadmirals Gourdon ist das Panzerschiff „Suffren", das des Kontre admirals Barnam das Panzerschiff „J6na" und das des Kontreadmirals Antoine der Panzerkreuzer „Desaix". Die französische Kolonie in Konstantinopel hatte große Feste zu Ehren der Offiziere des Geschwaders vorbereitet. Spanien. * Madrid, 12. Juni. Der Ministerrat hat be schlossen, in Centa und Melilla arabische Schulen zu errichten, sowie für die mohammedanischen und ffidifchen Marokkaner konfessionelle Schulen zu gründen. * Barcelona, 12. Juni. Das Gericht verurteilte den Bedienten Arial, welcher am 12. April d. I. auf den Ministerpräsidenten Maura einen Mordanschlag verübt hat, zu 7 Jahren 4 Monaten Gefängnis. Schweden und Norwegen, * Die russenseindliche Bewegung in Schweden. Gestern fanden in Stockholm und 14 anderen Städten Schwedens Massenversammlungen statt, in denen scharfe Einspruchsbeschlüste gegen das schroffe Vor gehen der Stockholmer Polizei gegen die finländischen Re dakteure gefaßt wurden. Sämtliche Redner erklärten unter lautem Beifall der Versammlungen, die Polizei und die Gerichte Schwedens seien nicht dazu da, dem Zaren tum, ivelches sich dem finnischen Volke gegenüber als eid brüchig bewiesen habe, noch Schergendienste zu leisten. Die Finnen hätten vollen Anspruch darauf, in Schweden ein Asyl zu finden. Rußland. * „Höllenmaschinen in ZarSkoje Selo*. Aus London wird uns geschrieben: Auf der hiesigen russi- schen Botschaft weiß man nichts von der angeblichen Ent deckung von zwei Höllenmaschinen im Schlosse von Zarskoje Selo und hält die ganze Geschichte — natürlich — für eine Erfindung des bekannten „Daily Mail"-Kor- respondenten, der nicht einmal in Rxtersburg sitzt, sondern sich in Eydtkuhnen aus allerlei, meist polnischen Blättern und von einigen ganz verbindungs- und be ziehungslosen Reportern deren „Nachrichten" und „In formationen" sensationell zurechtstutzt. Ein Teil dieser Nachrichten wird auch aus Lemberg, Wien und .... Berlin bezogen. Deren Gleichwertigkeit ist zur Genüge bekannt. Hier wird darauf hingewiesen, daß schon die Angabe, die Höllenmaschinen seien im Salon und dem Empfangszimmer des Zaren während der Nacht entdeckt worden, das Ganze als Erfindung stempele. Der Zar empfange, außer bei feierlichen Gelegenheiten, in seinem Arbeitszimmer, und das erwähnte „Empfangszimmer" existiere als solches überhaupt nicht. Auch „der" Salon existiere ebensowenig. Es gebe deren eine ganze Anzahl, wie selbstverständlich, aber ein besonderer Salon, den der Zar gewissermaßen bewohne, sei nicht vorhanden, und der „Salon", in dem er fick' meist aufbalte, sei bekanntlich der der Kaiserin. Daß der Korrespondent selbst diese bekann testen Dinge nickt wisse, beweise schon, daß er, ein ganz Fernstehender ohne jedes persönliche Wissen, entweder einfach erfunden oder ficki von einem Manne, dem es um einige Rubel zu tun gewesen sei, habe anlügen lasten. Feuilleton. Theater. Leipziger Schauspielhaus. Gastspiel von Agathe Barsescu. Die früheste von Schillers Iambentragvdien, der große Familienzwist im Königshause des katholischen zweiten Phi lipp von Spanien, ging am Sonnabend in einer guten Auf führung als elfter Abend des Klassikerzyklus iu Scene. Was an dieser Aufführung des „Don Carlos" besonders interessierte, das war die Leistung der k. k.Hosburgschauspielerin Agathe Barsescu alsEboli. In den beiden voraufgegangenen Gastspielabeuden haben wir die Dame als eine Darstellerin von Tempe rament unv ausgereifter Technik kenneu gelernt, künstlerische Tugenden, die sich auch am Sonnabend bewährten. Vor allem das „Seelenvolle", das Carlos an der Prinzessin findet, das war in vollem Maße zur Stelle, und Fräulein Barsescu schöpfte die Rolle nach Seiten des Gefühls uud res Verstandes bin vollkommen aus. Die tändelnde Koketterie mit dem Lauteustziel uud der Absicht, überrascht zu werden, rann der breite Erguß, als sie ibre Liebe bekennt, die Schrecken der schnell hereinbrechenden Enttäuschung, daS Grübeln nach der Nebenbuhlerin, die Ausrichtung im Rachedurst und schließlich die Zerknirschung der Entlarvten, das alle« ging in warmen Akkorden über die Zuhörer bin. — Die Königin Elisabeth des Fräulein Marie Im misch war eine Leistung, die sich über den Durchschnitt nickt erhob. Indes muß es der Darstellerin zugute gehalten werden, vaß sie in letzter Minute für die erkrankte Elisabeth Kirch einge'prungen ist. Auch der Marquis Posa des Herrn Otto Mauren ist an dieser Stelle noch nicht besprochen. Die Annäherung an den lebenswahren ruhigeren Ton, den uns das moderne Schauspiel gegeben, ist sehr auzuerkenneu, unv was der Künstler erstrebte, ist ihm, von einigen Momenten de« Verflachens abgesehen, auch recht gut gelungen. So fabre er weiter. Der Carlos eeS Herrn Direktor Hartmann, der Domingo de» Herr» Eggeling, der in manchen Zügen vortreffliche Philipp des Herrn Bornstedt sind bekannt. Auch die Leistung, die Fräulein Agathe Barsescu am Sonntag als „Odette" in Sardous gleichnamigem Pariser Sittendrama gab, fügte sich dem, was wir bis dahin von ihr gesehen, würdig an und gab in dem Be reiche ihrer Darstellungskunst ungefähr eine Ergänzung nach Seiten der psychischen Spezialerscheiuuugen m dem Wesen großer Frauen. Sarkasmus und Genußsucht, Duldsamkeit und die stolze Fähigkeit, ein Unrecht jahrelang stumm zu tragen, die Heißbegehrende Liebe, die in ihrer ae- kränlten Leidenschaft nicht vor dem Verbrechen Halt macht, daS war es, was die Künstlerin an drei Abenden jeweils in großen Zügen vortrug. Am vierten als Odette gab sie schließlich die moderne, etwas stilisierte Pariserin, die den Freuden der großen Welt nachtjagt, iu der aber schließlich daS Muttergefühl siegt und die innere Reinigung berbeiführt. Virtuos" wie m den voraufgehenden Abenden gab sich Fräulein BarseScu auch gestern und WaS über ihr Können gelegentlich der Besprechung ihrer voraufgegangenen Leistungen gesagt ist, das läßt sich hinsichtlich der Odette nur wiederholen. Vr. V. 8 Shakespeare und dte deutschen Bühnen. Neber die Häufigkeit der Aufsübruug Shakefpearescher Werke uud damit über die größere oder geringere BeUebthett einzelner Stück« beim Publi kum gibt das demnächst rrscheiueude Jabrbach der Deutschen Shakespeare-Gefellfchaft (Verlag von Langenscheidt tu Berlin) interessant« Ausschlüsse. Im Jahr« 1902 wurden 25 Shake- fpearrsche Werke tu 785 Aufführung«, zur Darstellung gebracht; 1903 habe» ebenfalls 25 Werke 977 Ausführungen «lebt. E» ist somit ein lebhaftes uud erheblich wachsendes Interesse für die Shakrspearr-Dramen vorhanden. Während im Jahre 1902 nach der Anzahl der Aufführungen „Hamlet" da» meist aufgefübrte Werk war, kam die» 1903 erst an fünfter Stelle. Im Jahre 1903 ist folgend« Ordnung zu verzeichnen: 1) Die bezähmte Widerspenstige (1902 au vierter Stelle). 2) Othello (wie 1902). 3) Der Kaufmann von Venedig (wie 1SO2I. 4) Romeo und Julia (1S02 au fünfter Stelle). 5) Hamlet (1902 au erster Stelle). 6) Ein Sommernachtstraum (wie 1902). 7) Was ihr wollt (1S0L au vierzehnter Stelle). 8) viel Lärm um Nichts (1902 an dreizehnter Stelle). 9) DaS Winter märchen <wie 1902). 10) Julius Cäsar »1902 au fünfzehnter Stelle). 11) König Lear (1902 au siebenter Stelle). 12) König Heinrich lv, 1. Teil (1902 an elfter Stelle). Danach haben Othello, Der Kauf- mann von Venedig, Tin Sommernachtstraum und Das Winter märchen ihre Stelle behauptet, d. h. sich in beiden Jahren der gleichen Gunst des Publikums zu erfreuen gehabt. Bon 1894 bis 1901 war Othello das meist aufgeführte Werk, nur einmal (1898) wurde eS durch „Die bezähmte Widerspenstige,, verdrängt. Mrrftk. * Die CorneltuSfeier in Weimar. Man schreibt uns aus Weimar: Heller Jubel, unzählige Hervorrufe, nicht enden wollender Applaus belohnten am Freitag abend alle mitwirkenden Faktoren in Peter Cornelius' genialer komischer Oper „Der Barbier von Bagdad". Wie ist eS möglich, daß dieses so künstlerisch-abgerundete, fein-humoristische, geradezu entzückende Bühnrnwerk noch nicht ein bleibendes Repertoirestück aller deutschen Theater geworden ist? Wer aber dieses Mal die Aufnahmefähigkeit, die Musik— und Humorfrcudig- keit des Publikum» miterlebte, muß kein großer Prophet sein, um weissagen zu können, daß die Zeit nicht mehr ferne ist, wenn dieses urdeutschr Meisterwerk so populär fein wird wie die vertstischen Kraftmeiereien der Herren Mascagnt und Co. Amen! Die Aufführung war im großen ganzen eine mustergültige und überraschte durch eine seltene Deutlichkeit und Klarheit der Boraänge, des musikalischen Ausdrucks und der Aus sprache. Und dazu trug wesentlich die diskrete, reizende, geschmack voll«, nie aus dem Rahmen fallende Instrumentation des Dichter- Komponisten bei. MU dieser ureigenen, aus dem Herzen gequollenen Begleitung muß die Oper aufgeführt werden, um so packend, so unmittelbar zu wirken, wie es gestern abend der Fall war. Nicht ein Wort, nicht eine Pointe wurde vermißt, uud auf der Bühne wie im Orchester ging alle- glatt von statten, ohne ein Zeichen der pein lichen Krastaostrengung, vt« soust in modernen Opern an der Tages- orduuua ist. — Besonder» hervorznheben sind die Leistungen des Herr» Kammersänger»Sommer au»Berlin, dessen herrlicher Tenor und geschmeidige Bühneuroutiue den verliebten Jüngling Nureddin ganz ausgezeichnet verkörperte uud die originelle, urkomische, doch sie»- vornehme Durchführung der Titelrolle durch Herrn Gmür. Nur ein paar tiefere Töne fehle» dem ausgiebigen and sympathischen Organ diese» begabten Sänger», um seine Gestaltung de» ergötzlichen Abul Hassan zu einer vollendete» zu machen. Alle anderen Parti- cipantru, di« Damen v. Scheidt uns Saak, die Herreu Strathmann und v. Szpinger, sowie die Chöre verdienen auch lobend erwähnt zu werden. Ebenso Herr Wiedey, durch dessen Rrgiekuust da» flotte Tempo der Aufsulirung »och mehr accrutuiert wurde. Mit der Wiedergabe der Lriginalvartitnr, welch« seit 1858 nicht mehr benutzt wurden «rang Hoftopeluaetper KrzyhmrowSki und sein Orchester einen unbestrittenen Erfolg. Auch wurde die nur einmal bei der ersten Aufführung vorgctragene Ouvertüre in LmoU gespielt und wird diese Einleitung bei einem sehr lebendigem Tempo ihre Wirkung nie verfehle». Ain Schluß der Vorstellung, welche die Cornelius- feier beendete, wurden den Darstellern und Hotkapell meister Krzyzanowski rauschende Ovationen zu Teil. Der anwesende Sohn des Meisters, vr. Cornelius, wurde ebenfalls hervorgejubelt und viele Enthusiasten riefen noch vergebens nach Generalintendant v. Vignan und nach Max Hasse, dessen unermüdlicher Eifer oieje Aufführungen in der einzig richtigen Originalform ermöglichte. b'ranli vau cker 8tuelcou. -l- lieber Parfifal-Bandalen in New-Park schreibt der ehe. malige Direktor der Niederländischen Oper in Amsterdam, van der Minden, der seinerzeit eine Parsivalpartitur auf die Reise nach New Dort mitneymen wollte, daran jedoch durch die Rotterdamer Polizei verhindert wurde, folgendes: „Nachdem Direktor Conricd einen so riescnl-aften finanziellen Erfolg er zielt hatte, war der Schleier der Heiligkeit von „Parsifal" weg- gcrisscn und begann die Schandung. Die erste „volkstümliche" Aufführung fand in Minneapolis statt. Ein für diesen Zweck aus 30 Mann „ausgebreitetes" Orchester bildete im Verein mit hervorragenden örtlichen Kräften die Anziehungskraft. Gleich darauf folgte die Aufführung in Brooklyn, wo inan dies Wcihespicl so zugesrutzt hatte, daß es nur 2s/, Stunden dauerte. Ein Teil wurde gesprochen und im übrigen spielte das kleine Orchester so gut wie möglich „arrangierte Wagner- musit". Eintrittspreis 10 und 25 Cents I Nun folgte das Wcstcndthcater in Harlem (Vorstadt von New Uork). Dort führte nmn „Parsifal", nach amerikanischem Geschmack um- acarbeitct, als Drama auf. Der Uebersetzer batte einige Per sonen binzugedichtet. Natürlich war dem „snow", in diesem Fall Klingors Zaubergarten, die meiste Sorgfalt gewidmet Das Vorspiel mußte schließlich ganz wcggelassen werden, da daS Publikum die Musik zu langweilig fand. Die 100 000 Dollars, die Conried in der ^letropolitsn Opera mit Wagners Lieb- lingswerk verdient hat, haben den Bankers die Köpfe total ver dreht. Das neueste in den Musikalien-Etalagcn ist augenblick lich „Ifiover Wal« krom parsikal". Jeder Organist kündigt in der Kirche Parsifal-Fragmeitte an. Und um das Maß voll zu machen, harren unser noch „Parsifal-Teancen", durch den Kinematogravhen angefüllt mit „Lebenden Bildern". Müssen nicht, angesichts solck>cr Tatsachen, selbst die heftigsten Gegner bon „Bayreuth" zur Uebcrzeugung gelangen, daß Frau Cosima Wagner, die die Gefahr ahnte. Recht hatte, als sie sich der Auf führung deS „Parsifal" in Amerika widersetzt«?"
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