01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040615019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904061501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904061501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-06
- Tag1904-06-15
- Monat1904-06
- Jahr1904
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Bl^ln?>drelS n: Hnuol^iperUlvn odcc veren SluSgabr- ii<-ll>n> nl,,,tholk: vietlestoyrlich >1 3.—. bei zweimalige iäqlichei Zuiielluna in-HauS 3 7n Durch die Post bezogen sur Deulsch- lend u. Legeireui, vierlelchbrlich -/t 4.50, inr die übrigen Zauder laui ZeilvnqSpreislisle. Rei>atl>o»: Jvhaumsgaffe tt. Sprech stunde.- 5—6 Uhr Nachm. Feriispiecher: 153. Expedition: IobailiilSgasje L Fernsprecher: 222. AtltalcrpedtNonea: AlfrrdHahn, Buchhandig., UntversitStSskr. 3 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, jkatharinrn» siraße 44 (Fernsprecher Str. 2935) n. Königs platz 7 (Fernsprecher Str. 7505). Haupr-Atltale Dresden: Marienstrahe 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 4713). Haupt-Filiale Berlin: TarlDu n cker,Herzgl.Bayr.Hofbuchkandlg., Lutzowstraße 40(FernsprecherAmtVI Nr.4603.) Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates «nd des Nokizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (-gespalten) 75 -4, nach den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 -H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahine 25 Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l> 60.—, mit Postbesörderung >4 70.—. «nnahmeschlutz für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: vormittag- 40 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zurichten. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet »oa früh 8 bis abends 7 Uhr. Truck and Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Kltukhardt). Nr. 3»«. Mittwoch den 15. Juni 1904. 98. Jahrgang. Var Mchtigrie vom Lage. * Der Reichstag hielt in dritter Lesung der Münz gesetznovelle seinen Beschluß betr. Ausprägung von Dreimarkstücken aufrecht, obwohl Reichsschatzsekretär v. Stengel erklärt hatte, die verbündeten Re gierungen würden einem solchen Beschlüsse nicht zu st im men. (S. Bericht.) * Fürst Ferdinand von Bulgarien wird am 28. k. MtS. in Koburg erwartet und wahrscheinlich auch Berlin besuchen. (S. Dtsch. Reich.) * Leutnant a. D. Bilse hat seinen Braunschweiger Per leger verklagt auf Entschädigung wegen Ueberschrei- tung seiner Rechte. (S. Dtsch. Reich.) * Der König von Italien empfing gestern den Militär attache bei der deutschen Botschaft, Flügeladjutanten Major v. Chelius, in besonderer Audienz. * Von den in Alicante anläßlich des Anschlages gegen den Ministerpräsidenten Maura verhafteten Personen sind neun wegen Mangels an Beweisen aus der Haft entlassen worben. Vie knmedung aer täcbr. evang.-rorial. Vereinigung. Im Jahre 1898 hielt ich beim Stiftungsfest des aka- öemisch-theologischen Vereins zu Leipzig die sogenannte Fcstwissenschaft über das Thema: „Die Aufgabe der Kirche gegenüber der religiös-sittlichen Gedankenwelt unserer Industriearbeiter". In diesen» Vortrag wurde chars betont, daß die evangelische Kirche wohl soziale Ge sinnung pflegen solle, daß sic aber nicht irgend welche politischen Ziele verfolgen dürfe, sondern daß sie anch gegenüber den durch den Sozialismus dem Glauben ent fremdeten Arbeitcrschichtcn nur die eine Aufgabe habe, dahin zu wirken, daß denselben so viel wie möglich daS Evangelium wieder nahe gebracht werde, und als ein Mittel zu diesem Zweck wurden volkstümliche religiöse Diskussionsabende vorgeschlagen, die in Gasthofssälen zu halten seien und die eine regelmäßige Einrichtung der Kirche werden müßten. Die in diesem Vortrag ent wickelten Gedanken waren also im wesentlichen dieselben, welche nach fünf Jahren in der sächsischen evangelisch sozialen Vereinigung lebendig wurden. Damals aber fanden sic ein lebendiges Echo nur bei einem Manne, bei Pastor Liebster in L.-Nolksmarsdorf. Derselbe kam einige Monate später zu mir nach Schönefeld, wo ich da mals Hülfsgeistlicher war, und erklärte, er wolle solche öffentliche religiöse Disknssionsabende veranstalten, wenn ich mitzuhelfen verspräche. Ich sagte zu, nachdem er versichert hatte, daß politische Nebenzwecke nicht dabei verfolgt werden sollten. Und es fanden dann im Winter 1898/99 einige derartige Abende in Leipzig-Ost statt. Tie dabei gemachten Erfahrungen waren insofern durch aus ermutigend, weil sie zeigten, daß in Arbeiterkreiscn viel Interesse für religiöse Fragen vorhanden ist. Wenn trotzdem dem guten Anfang damals kein guter Fortgang folgte, so war dies nicht die Schuld des Veranstalters, sondern rührte von Umständen her, die hier besser nicht dargelegt werden. Im Herbst vorigen Jahres aber erschien im , Neuen sächsischen Kirchenblatt" ein Eingesandt eines Un- bekannten, welches unter Hinweis auf den Ausfall der letzten Reichstagswahlen zur Gründung einer sächsischen tirchlich-sozialen Konferenz auffordertc. Daraufhin er griffen in demselben Blatt, ohne ihre Namen zu nennen und ohne sich darüber verständigt zu haben, Liebster wie ich das Wort und legten in wesentlicher Uebcreinstimmnng dar, daß dieser Verein, wenn er ein kirchlicher sein will, den rein religiösen Zweck verfolgen möchte, die der Kirche entfremdeten Arbeiterschichten so viel wie möglich wieder mit dem Sauerteig des Evangeliums zu durchdringen. Es fanden nunmehr an verschiedenen Orten unseres engeren Vaterlandes Vorbesprechungen von Männern statt, welche sich für evangelisch - soziale Fragen inter essierten. Davon lehnte z. B. die eine mit allen gegen eine Stimme es ab, der zu gründenden Vereinigung das Ziel zu geben, das Proletariat für die Kirche zurück- mgewinnen. Dagegen gewannen bei einer anderen der artigen Besprechung in Zwickau, an der elf Pastoren und ein Mann aus dem Lehrerstande teilnahmen, alle Er schienenen die Freudigkeit, dies Ziel in etwas erweiterter Fassung (anstatt Arbeiterschichten Volksmassen) als Richtschnur einer zu gründenden sächsischen evangelisch sozialen Vereinigung aufzustellen. Sie nahmen ferner fünf prinzipielle Paragraphen an und ernannten ein Attionscomit«, an dessen Spitze Pastor Bemmann- Glauchau trat. Ter rührigen Tätigkeit dieses Eomitvs und ins besondere seines Vorsitzenden gelang es, in kurzer Zeit ctwa 8t) Personen für diese Vereinigung zu gewinnen, die dann im Februar dieses Jahres in Chemnitz an den fünf prinzipiellen Paragraphen einige formelle Acnde- rungen voxnahmen, ein Organifationsftatut hinzufügten und sich als sächsische evangelisch-soziale Vereinigung konstituierten. Wenn bei dieser Versammlung eine Resolution an genommen wurde, welche zu einigen aktuellen sozialen Fragen in religiös-sittlicher Weise Stellung nahm, so war das durch die bekannte Tatsache veranlaßt, daß eine von kirchlicher Seite zunächst als Privatbrief erschienene Auslassung, die sich zu denselben Dingen in wesentlich anderer Weise äußerte, veröffentlicht worden war und weit über die Grenzen Sachsens hinaus großes Aufsehen erregt hatte. Hätte nun die sächsische evangelisch-soziale Vereinigung nicht öffentlich betont, daß sie um des Evan geliums willen über diese Dinge ganz anderer Meinung sei, so würde ihr sicherlich dec Ernst sozialer Gesinnung abgesprochen worden sein, nnd zwar nicht bloß in sozial demokratischen Arbeiterschichten. Aus diesem Grunde also haben wir zu sozialen Tagesfragen in evangelisch sittlicher Beleuchtung durch eine Resolution Stellung ge nommen, aber es ist keinem von uns in den Sinn ge kommen, solche Resolutionen als ein wesentliches Stück unserer Arbeit zu betrachten, sondern wir waren und sind darüber einig, daß unsere Hauptaufgabe auf einem ganz anderen Gebiete liegt. Und selbst die Verbreitung gründ licher sozialer Kenntnisse in unseren Reihen und sogar die Schärfung des sozialen Gewissens in den kirchlichen Kreisen unseres Volkes ist uns nur ein, aber nicht das hauptsächlichste Mittel zu unserem eigentlichen Zweck, denn wir wissen wohl, daß für die Gewinnung der der Kirche Entfremdeten das eine große Hauptmittel darin besteht, nicht bloß auf alte Weise und mit alten Mitteln, sondern auch auf neue Weise und mit neuen Mitteln das Evangelium unserem Volke in Kopf und Herz, ins Ge dächtnis und Gewissen zu schreiben, auf daß die Menschen unserer Tage und auch die durch den Sozialismus gegen über dem Glauben kalt gewordenen Arbeiter den Pfad zurückfindcn zu dem alten Gott, der sich in Jesus Christus als Vater aller Menschen offenbart hat. O. W. Friedrich, Zschorlau, z. Zt. Vors. der sächs. evangel -soz. Vereinigung. Der Humana üer Herero. Vie Denkschrift -er Ansie-ler-Abor-nung. Die Ursachen des Hereroaufstandes sucht die zur Zeit in Berlin weilende Abordnung der dcutsch-siidweftafrikanischen Ansiedler in einer soeben im Verlag von Wilb. Baentsch in Berlin erschienenen Broschüre in folgender Weise dar zulegen : Die Hauptursache des Ausstandes ist lediglich in dem Hasse der Herero gegen die deutsche Fremdherrschaft nnd dem Wunsche, diese Herrschaft abzuschütteln., zu erblicken. Nur mit Misttrauen begleiteten die Eingeborenen das Fortschreiten der Besiedelung nnd die Ausbrei tung des deutschen Einflusses in Südwestasrika. Es wird nun Wert darauf gelegt, daß die Gründe, die den Aufstand verursacht, nnd die jenigen, die seinen Ausbruch lediglich beschleunigt haben, auseinander gehalten werden. In dieser Hinsicht führen die Ansiedler folgendes aus: Die Erbitterung gegen die Fremdherrschaft erreichte ihren Höhe punkt, als die Regierung eine Maßregel trasi die an sich verständig und wohlgemeint war nnd die auch wohltätig hätte wirken können, wenn die Regierung die zu ihrer Durchführung erforderlichen Macht mittel besessen hätte. Um nämlich die Reibungen zwischen den sich ständig mehrenden Ansiedlern und den Herero möglichst zu verhindern, beschloß die Regierung, und zwar hauptsächlich auf Betreiben der Mission, sogen. Eingeborenen-Reservate zu bilden: Es sollte für jeden Stamm ein Teil seines Gebietes abgegrcnzt nnd ihm zur alleinigen Benutzung überlassen, Ansiedler aber sollten in diesen Reservaten nicht zugelassen werden. Ein solches Reservat war für den Stamm der Otjimbingner Herero unter dem Häuptling Zacharias geschaffen worden und war auch für den Bezirk Dkahandha in Aussicht genommen. Als zündender Funke in das Pulverfaß fiel nun die als un glückselig zu bezeichnende Verordnung der Regierung, daß alle Forderungen an die Herero mit dem April verjähren sollten. Die den Gläubigern bemessene Frist war eine sehr kurze, und es konnte deshalb nicht ausbleiben, daß die Beitreibung der Forderungen für die fast ausschließlich das Vieh der Herero in betracht kam, vielfach von Härten begleitet wurde. Tie Herero glaubten ihren wirtschaftlichen Untergang vor Augen sehen zu müssen. Auf der einen Seite stand das Gespenst der Reservate, das ihnen den Verlust eines großen Teils ihres Gebietes zumutete, während ans der anderen Seite der Gläubiger ihnen mit bisher nicht ge wohnter Rücksichtslosigkeit Vieh abzunehmen drohte. Als unbe gründet wird der Borwurf znrückgewiesen, daß die Ansiedler etwa die Eingeborenen ungerecht und grausam behandelt hätten. Zahlreiche der ermordeten Farmer und Häudler waren wegen ihres menschenfreundlichen Verhaltens bei den Eingeborenen in hohem Maße beliebt, und doch sind sie in grausamer Weise hin geschlachtet worden — weil sie Deutsche waren. Dagegen sind Händler, die sich durch ungesetzliches und ausbeuterisches Vorgehen unbeliebt gemacht haben, verschont geblieben — weil sie Boercn oder Engländer, also Nichtdeutsche waren. Die Abordnung der An siedler bezeichnet als Signal für den Ausbruch des längst de schlossenen Aufstandes die durch Abberufung der Kompagnie Franke aus Omaruru herbeigeführte völlige Entblößung des Damaralandes von Schutztrnppen. ver kuzzizch japanische Krieg. Immer rückwärts. London, 14. Juni. „Daily Mail" meldet aus Niu- tschwang vom 30. Mai: Gestern langte ein Teil der bei bei Kaitschu besiegten russischen Truppen in Niutschwang furchtbar ermattet und äußerst niedergeschlagen an. Viele hatten Säbelwunden im Gesicht. Abends wurde eine starke Abteilung abgesandt, um den Rückzug der klebrigen zu decken. General Stössel schwer verwandet? Paris, 44. Juni. General Stössel soll einer Peters burger Privatmeldung zufolge, als er letzten Freitag einen Ausfall von Port Arthur befehligte, am Oberfchenlel ver wundet worden sein, worauf ihm angeblich ein Bein abge nommen werden mußte. Deutsches Keich. * Dresden, 14. Juni. * Ter versiegelte Ballhaussaal. Tie Tatsache, daß der Besitzer des Ballhaus-Etablissements, der Petroleum-Großhändler Everth, welcher dasselbe an den Wirt Puhlmann verpachtet hat, den großen Saal des Lokales durch den Gerichtsvollzieher versiegeln ließ, um die Abhaltung einer sozial demokratischen Versammlung zu ver hindern, ist mehrfach dahin kommentiert worden, daß der Besitzer seine der Sozialdemokratie feindliche Ge sinnung habe dokumentieren wollen. Dem ist indessen nicht so. Ter Pächter war mit dem Besitzer in Differenzen geraten, da er außer stände war, den Pachtzins aufzu bringen (er zahlte jährlich 18 000, während der Vor pächter 16 000 .// gezahlt hatte), nnd handelte mit der Hergabc des Saales an eine sozialdemokratische Ver sammlung direkt gegen die Interessen des Besitzers, da er wußte, daß dieselbe das M i l i t ä r v e r b o t für das Etablissement, in dessen Nähe die Dresdener Kasernen liegen, unabwendbar herbeigesührt haben würde. Um dies zu verhüten, ließ Everth, ^er schon mit einen, neuen Pächter verhandelte, den Saal gerichtlich ve'-siegetn, wozu er. ho der Pachtvertrag durch Nicht- ernhaOOng üer Pacnizwümig als anfge'.wi gelten .stutzt», berechtigt war. * Berlin, 14. Juni. * Ter Kaiser begab sich heute morgen von Berlin aus im Automobil nach dem Truppenübungsplatz Doeberitz, stieg dort um 53/4 Uhr zu Pferde, besichtigte zunächst das Gardc- Kürassier-Regiment und exerzierte sodann die Garte Kavallerie- Division. Die Division ritt zwei größere Attacken: bei der ersten markierte die Leibgendarmerie den Feind, bei der zweiten wnrde dieser von dem Ziethen- Husaren-Regiment dargestellt. An der Uebung nahmen reitende Batterien, auch diejenigen für Süvwest-Afrika in ihrer Tropen-Ausrüstung und die Maschinengewehr-Abteilung teil. Zum Schluß nahm der Kaiser einen Vorbeimarsch der be teiligten Truppenteile ab und ritt mit dem Garde-Kürassier-Regi- ment nach dem Doeberitzer Lager, wo um 14 Uhr ein Frühstück im Offizier-Kasino eingenommen wurde. Der Kaiser kehrte später mit Sonderzug nach Berlin zurück. Der Uebung wohnten u. a. bei: der Kronprinz, Prinz Friedrich Leopold, Minister v. Podbielski, General-Oberst v. Hahnke, die Generalität des Garde-Korps, die Herren des Hauptquartiers, der Stellvertreter des Chefs des Militärkabinets, Oberst v. Oertzen und mehrere fremdherrliche Offiziere. * WohnungS-Fürsorgc. Eine Denkschrift betreffend die „Wohnungs-Fürsorge im Reiche und in den Bundes staaten" ist seitens des Reichsamtes des Innern jetzt dem Reichstage zugegangen. Der Reichstag hatte im vorigen Jahre eine Resolution beschlossen, in welcher eine solche Denk schrift gefordert wurde. Der Denkschrift ist ein sehr umfang reicher Anlagenband beigcgeben. Wir kommen aus diese Arbeit zurück. * Ein Wort zur rechten Zeit. „Ihre Majestät die Kaiserin hat von den Vorgängen, die im Pommernbankprozeß zur Sprache gekommen sind, mit tiefem Bedauern Kenntnis genommen, und wir können bestimmt versichern, daß man Mittel und Wege finden wird, um die betreffenden Summen, die von den Herren Schultz und Romeick au den Obcrhofmeister Frei herrn von Mirbach ausgehändigt worden sind, derart zu- rückzuzahlen, daß sie zur Befriedigung der Gläubiger der Bank verwendet werden können. Herr von Mirbach hat gestern sein Amt niedergelcgt." Diese Meldung erwarten wir seit einigen Tagen jeden Morgen an der Spitze der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" zu finden. Leider vergeblich. Augenscheinlich ist man sich an der maß gebenden Stelle noch nicht über die volle Tragweite der Angelegenheit klar geworden. Diese Angelegenheit ist nickst etwa nur eine private, sie ist eine hochpolitische, und es ist Pflicht des Reichskanzlers, den Kaiser darauf auf merksam zu machen, daß hier für die Sozialdemokratie ein Agitationsstoff geliefert worden ist, wie er seit langem nicht vorlag. Es ist durckmus notwendig, daß die Krone das Geld zu rücke, sta tt et, denn Herr von Mirbach hat im Namen der Kaiserin gehandelt. Es muß ein erlösendes Wort gesprochen werden. Vor allen Dingen aber muß dies schnell geschehen. Ganz er staunlich ist es, daß Herr von Mirbach noch nicht Anlaß genommen hat, seine Demission zn geben. Das eine wird Herrn von Mirbach doch klar sein, daß er seine Ver trauensstellung bei der Kaiserin verscherzt hat. Uebrigens hat sich Ihrem Vertreter gegenüber schon vor Jahren eine fürstliche Persönlichkeit, die damals die Stellung einer obersten Hofcharge bekleidete, mißbilligend über das Ver halten des Herrn von Mirbach ausgesprochen. ES kann aucp wohl kaum schroff genug verurteilt werden. Gerade die Persönlichkeit der Kaiserin, die sich so vieler Sym- vathien erfreut, darf nicht in Debatten gezogen werden, in denen notgedrungen mehr oder weniger scharfe Kritik geübt wird. Je mehr der Kaiser mit Einsetzung seines ganzen Wesens in die Arena tritt, desto mehr ist es wünschenswert, daß wir von der Kaiserin niemals anders sprechen können, als im Sinne aufrichtiger und Herz- licher Verehrung. Nun kann ja gewiß in dieser An gelegenheit auf die hohe Fran kein Vorwurf fallen, aber es ist unvermeidlich, daß sie in Verbindung nut Geschäfts machinationen genannt wird, die einen unsauberen Charakter tragen, und es wird nicht immer leicht sein, die minder Einsichtigen davon zu überzeugen, daß nur Neber- eifer des Herrn von Mirbach die unliebsamen Vorgänge verschuldet hat. ES ist nun Zeit, und zwar allerhöchste Zeit, daß die Krone zu der Angelegenheit Stellung nimmt. Der Kaiser wird sich auch hoffentlich den munteren Herrn von Podbielski kommen lassen und ihn fragen, wie es möglich war, daß der Minister von den unerhörten Vorgängen Kenntnis erhielt, ohne die allerhöchste Stelle sofort davon zu unterrichten. Herr von Podbielski hätte den Skandal vermeiden können und vermeiden müssen. * (tzcnosfen unter sich. Das Schiedsgerichtsver fahren gegen den Genossen Dr. He inr. Braun hat mit folgendem Spruch geendet: „Tas Schiedsgericht ist nicht zu der Ueberzeugung gekommen, daß Genosse vr. H. Brann sich eines groben Verstoßes gegen die Grundsätze des Parteiprogramms, noch einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht hat, der Antrag des Genossen Freiwaldt ans Aus schluß des Genossen vr. H. Braun aus der Partei wird hiermit abgetehnt." Das Schiedsgericht bat indessen dem Genoffen Braun schärfsten Tadel, Mißbilligung und scharfe Rüge wegen verschiedener Handlungen ausgesprochen, die den Gegenstand der Anklage bildeten. Die Wafsergesetzvorlage kommt * Braunschweig, 44. Juni. (Eigene Meldung.) Leutnant v. d. Bilse verklagte den Verleger Satter hier auf Entschädigung für vertragwidrigen Mehrdruck des Romans „Aus einer kleinen Garnison", ferner auf Entschädigung für Verkauf des Verlagsrechts nach Wien. * Eoburg, 13. Juni. Die „Coburger Ztg." meldet: Fürst Ferdinand von Bulgarien wird auch am dies jährigen 26. Juli, dem Todestag seines Vaters, hier er wartet. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß ver Fürst ge legentlich dieser Anwesenheit in Deutschland dem Berliner Hofe einen Besuch abstatten wird. * München, 13. Juni. Man nimmt an, daß der Land tag mit dem Budget und der Beamtenvorlage bis Ende Juli oder Anfang August zu Ende kommen dürfte, wenn er in den letzten Wochen das noch zu erledigende Material „durchpcitscht". Die Wassergesetzvorlage kommt dann nickt mehr daran, und auch die Wablgesetzvorlage wird kaum mehr an die Abgeordnetenkammer gelangen. Die noch immer fortgesetzten Bemühungen, das Wahl gesetz in der Kammer der Reichsräte so zu gestalten, daß die Zweite Kammer sich nochmals mit ihm beschäftigen könnte, gelten für aussichtslos. Eine Nach session ist endgültig aufgegeben. Damit ist auch ausgeschlossen, daß für diesen Landtag noch ein Gesetzentwurf über die Pfalzbahnen kommt, einerlei wie die Beschlüße der General versammlung am 18. Juli ausfallen. In keinem Fall ist noch Zeit zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs. Es könnte also keinenfalls eine Ueberleitung zum kommende» Jahres wechsel stattfindcn. Wie ich höre, macht die Regierung neue Vorschläge bezüglich der Pfalzbakmen nicht. Unter Umständen wäre sie geneigt, Konzessionen an die Beschlüsse der General versammlung zu machen, doch gilt es als sicher, daß die Regierung die Lißmannschen Propositionen nicht annehmen will. Huslana. Belgien. * Brüssel, 13. Juni. Die Erklärung deS englischen Staatssekretärs Lord Percy, daß die Kongoregierung die Einsetzung einer internationalen Untersuchungs kommission grundsätzlich bereits angenommen babe, hat hier die größte Aufregung hervorgerufen nnd man hofft zuversichtlich, daß sich diese Behauptung als un richtig Herausstellen wird. Wahrscheinlich hat die britische Regierung die Zusage, daß die Kongo regierung unter Zulassung englischer Beisitzer das engüscbcr- scils vorgelegte Belastungsmaterial zur gerichtlichen Verhand lung bringen werde, als Zugeständnis angenommen. Ein solches ist jedoch noch weit entfernt von der Unterstellung der Kongovcrwaltung unter eine internationale Untersucbungs- kouimifsion, was ja in Wahrheit die Aufgabe der Un- abbängigkeit des Kongostaates bedeuten würde. — Völlige Klarheit über die zu beobachtende Haltung herrscht in Brüssel schon deshalb nicht vor, weil König Leopold augenblicklich au Bord feiner Jacht „Alberta" einen Ausflug auf der Nord see unternommen hat und vor dessen Rückkehr keine Entschei dung getroffen werden kann. Großbritannien. Laudon, 13. Juni. Die englische Regierung wird den Gesetzentwurf, welcher die Einwanderung von Fremden gewissen Beschränkungen unterwirft, vorläufig zurückziehen. Da fick' das Gesetz hauptsächlich gegen die Einwanderung unbemittelter Inden aus Osteuropa richtete, hat das unter dem Vorsitz des Lord Rotdschilr stehende jüdische Hülfseomitö für London Ost die Verpflich tung der Nederwachung aller jüdischen Einwanderer über nommen. Das Comirä wird rie persönlichen Verhältnisse aller zureifendeu Juden genau prüfen nut nötigenfalls für jeden in London verbleibenden eine Bürgschaft für dessen Wohlvcrbaltcn auf zwei Jabrc ül-ernebuien. Rußland. * Tic russische Revolutiouspartci bat eine neue Kund gebung veröffcntlichl, die folgendermaßen lautet: Die Schmach und Schande des Zarentums ist vor der ganzen
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